Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2003, Az. XII ZB 147/02

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2426

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[X.] ZB 147/02vom9. Juli 2003in der [X.]:[X.]: neinZPO §§ 520 Abs. 2 Satz 1, 236 Abs. 2 Satz 2 DZur Frist, innerhalb derer eine versäumte Berufungsbegründung nach [X.] Prozeßkostenhilfe nachzuholen ist.[X.], Beschluß vom 9. Juli 2003 - [X.] 147/02 - [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 9. Juli 2003 durch die [X.], [X.], die Richterin [X.],[X.] Ahlt und die Richterin Dr. [X.]:Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluß des2. Zivilsenats des [X.] Zweibrückenals Familiensenat vom 7. August 2002 aufgehoben.Der Klägerin wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegungder Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familien-gericht - [X.] vom 22. Februar 2002 Wiedereinsetzung inden vorigen Stand gewährt.Der beantragten Wiedereinsetzung in die Frist zur [X.] bedarf es nicht.[X.]: 1.208 Gründe:[X.] am 28. März 2002 beim [X.] eingegangenem Schrift-satz beantragte die Klägerin, ihr Prozeßkostenhilfe für eine beabsichtigte Beru-fung gegen das ihr am 28. Februar 2002 zugestellte Urteil des Familiengerichts- 3 -zu gewähren. Der diesem Antrag stattgebende Beschluß wurde ihr am 14. [X.] zugestellt.Mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihres zweit-instanzlichen Prozeßbevollmächtigten vom 28. Mai 2002 legte die Klägerin Be-rufung ein und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ge-gen die Versäumung der Berufungsfrist.Am 27. Juni 2002 begründete sie die Berufung und beantragte zugleichvorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung [X.].Das Berufungsgericht lehnte die Wiedereinsetzung gegen die Versäu-mung der Berufungsfrist ab und verwarf die Berufung als unzulässig, weil diesenicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des erstinstanzlichen [X.] worden und die Begründung auch nicht innerhalb der Zweiwochen-frist des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO nachgeholt worden sei.Gegen diesen Beschluß richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin,mit der sie ihr Berufungsbegehren weiterverfolgt.II.Die wegen grundsätzlicher Bedeutung zulässige Rechtsbeschwerde(§§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 ZPO) hat Erfolg.1. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der [X.], die sowohldie Monatsfrist für die Einlegung der Berufung (§ 517 ZPO) als auch die [X.] 4 -monatsfrist für deren Begründung (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) versäumt habe,könne nach Bewilligung der innerhalb der Berufungsfrist formgerecht bean-tragten Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung nur gewährt werden, wenn sie in-nerhalb der [X.] des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht nur die [X.] der Einlegung der Berufung nachgeholt, sondern dieseauch begründet [X.] Auch wenn der Wortlaut der zitierten Vorschriften kein anderes Ergeb-nis zuzulassen scheint, hält diese Auffassung der rechtlichen Prüfung [X.].Dabei kann zunächst nicht zweifelhaft sein, daß die Klägerin durch [X.] einem Wiedereinsetzungsgesuch verbundene Berufungsschrift, die [X.] von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung über die Prozeßko-stenhilfe bei Gericht eingegangen ist, hinsichtlich der Einlegung der Berufungim Sinne des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO fristwahrend und auch im Übrigen [X.] tätig geworden ist.Das Berufungsgericht hat den Antrag der Klägerin auf [X.] den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beru-fung daher zu Recht als - für sich gesehen - offensichtlich begründet angese-hen und ihm nur deshalb nicht stattgegeben, weil die Berufung nach seiner An-sicht aus anderen Gründen, nämlich wegen Versäumung der [X.]sfrist, unzulässig ist.Dem kann nicht gefolgt werden.a) Das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Erfordernis eines wir-kungsvollen Rechtsschutzes (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) gebietet es, den an [X.] Streitigkeit Beteiligten die Möglichkeit zu geben, sich im- 5 -Prozeß mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten. [X.], daß die [X.] grundsätzlich die Fristen ausnutzen darf, die der [X.] für das jeweilige gerichtliche Verfahren typisierend als sachlich ange-messen erachtet hat (vgl. [X.] NJW 1987, 1191).Um die verfassungsrechtlich gebotene Angleichung der Situation bemit-telter und unbemittelter Rechtsmittelführer (vgl. [X.] aaO und [X.], 475) zu gewährleisten, bedarf es daher angesichts der seit dem [X.] geltenden Neuregelung der Berufungsbegründungsfrist einer verfas-sungskonformen Auslegung des § 236 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz ZPO (vgl.auch [X.] SächsVBl. 2000, 95 zum gleichlautenden § 60 Abs. 2Satz 3 VwGO). Dies ergibt sich aus einer vergleichenden Betrachtung der zivil-prozessualen Vorschriften vor und nach der Reform sowie anderer [X.]:b) Die Durchführung des Rechtsmittels der Berufung (wie auch der Revi-sion) vollzieht sich regelmäßig in zwei Schritten, nämlich der Einlegung [X.] und seiner Begründung. Für diese beiden Teilakte sah und siehtdas Gesetz unterschiedlich lange Fristen vor.Nach bisherigem Zivilprozeßrecht (§ 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.) warder Lauf der Begründungsfrist einlegungsabhängig, d.h. die bislang einmonati-ge Begründungsfrist wurde erst durch die Einlegung des Rechtsmittels in [X.]. Dies hatte zur Folge, daß der [X.], die an der rechtzeitigenEinlegung des Rechtsmittels gehindert war, nach Bewilligung von Prozeßko-stenhilfe zwar nur die [X.] des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO verblieb,um die Rechtsmitteleinlegung nachzuholen, was indes unbedenklich ist, da [X.] - im Gegensatz zur Begründung des Rechtsmittels - nurgeringen [X.]- und Arbeitsaufwand erfordert. Sodann verblieb ihr aber die volle- 6 -vom Gesetz vorgesehene Frist von einem Monat ab Einlegung des Rechtsmit-tels, um dieses zu begründen oder eine Verlängerung der Begründungsfristnach § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO a.F. zu beantragen.c) Durch das [X.] ist die Rechtsmittelbegründungs-frist nunmehr in Angleichung an andere, noch zu erörternde Verfahrensordnun-gen unabhängig vom [X.]punkt der Einlegung des Rechtsmittels gestaltet [X.]; sie beträgt nunmehr zwei Monate und beginnt mit der Zustellung der an-zufechtenden Entscheidung (§ 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das hat zur Folge, daßdie arme [X.] im [X.]punkt der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe zu-meist nicht nur die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels versäumt haben wird,sondern - zumindest nach der Auffassung des Berufungsgerichts - auch dieFrist zu seiner Begründung. Eine den Wortlaut des § 236 Abs. 2 Satz 2 [X.] befolgende Handhabung dieser Vorschrift hätte daher die vom Berufungs-gericht angenommene Notwendigkeit zur Folge, auch die Begründung [X.] innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des [X.]) Eine derart einschneidende Verkürzung der Begründungsfrist, wie [X.] das [X.] ([X.]. 1920 Nr. 63 S. 79 a.E.) für unbilliggehalten hat, entspricht ersichtlich nicht der Absicht der Neuregelung des Zivil-prozeßrechts. Der Zwang zur Berufungsbegründung soll auch im Interesse [X.] der Gerichte zu einer gründlichen und sachgerechten Prüfung derFrage anhalten, ob ein Rechtsmittelverfahren durchgeführt werden soll (vgl.[X.]/[X.] § 520 Rdn. 2); eineVerkürzung der Begründungsfrist liefe diesem Anliegen zuwider. Die [X.] der Begründungsfrist sollte vielmehr die Fristberechnung vereinfachen undso die Zahl von [X.] wegen fehlerhafter Fristberech-nung vermindern; im Hinblick darauf hielt der Gesetzgeber es für [X.] -daß sich im Falle frühzeitiger Berufungseinlegung im Vergleich zum [X.] eine relative Verlängerung der Begründungsfrist ergebe (vgl. [X.], BT-Drucks. 14/4722 [X.]). Daß hingegen auch einemögliche Verkürzung bewußt in Kauf genommen werden soll, erscheint [X.] dieser Begründung ausgeschlossen. Insbesondere war mit der Neure-gelung ersichtlich nicht beabsichtigt, der mittellosen [X.], die die [X.] versäumt hat, die nach bisherigem Recht bestehende Möglichkeit zu [X.], eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu beantragen.Zudem liefe eine solche Verkürzung dem Anliegen, die Zahl von [X.] einzudämmen, erst recht zuwider. Denn sie hätte die ab-sehbare Folge, daß die versäumte Berufungsbegründung nach der Entschei-dung über die Prozeßkostenhilfe in aller Regel nicht innerhalb der Zweiwo-chenfrist für den Antrag auf Wiedereinsetzung nachgeholt werden kann. [X.] müßten daher nicht nur über die Wiedereinsetzung der [X.] inden vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist befinden, sondernregelmäßig auch über einen weiteren, mit Arbeitsüberlastung des Anwalts be-gründeten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die [X.] der Frist, innerhalb derer der Antrag auf Wiedereinsetzung hinsichtlichder versäumten Begründungsfrist zu stellen gewesen wäre.e) Soweit § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Nachholung der versäumten Pro-zeßhandlung innerhalb der [X.] verlangt, konnte dies im Falle deran der rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels gehinderten [X.]nach bisherigem Recht nicht zu einer Verkürzung der ihr zu Gebote stehendenBegründungsfrist führen, weil diese erst mit der Einlegung der Berufung zulaufen begann. Da nunmehr die Versäumung der [X.] durch die ar-me [X.] regelmäßig mit der Versäumung der Begründungsfrist einhergehenwird und im [X.] deshalb beides innerhalb der [X.] von zwei Wochen (§ 234 Abs. 1 ZPO) - ohne die Möglichkeit einer Verlän-gerung der Begründungsfrist - nachzuholen wäre, wäre eine strikte Handha-bung dieser unverändert gebliebenen Vorschrift, die auf diese Folge [X.] nicht zugeschnitten ist, somit nicht gerechtfertigt. Sie bedarfdaher in Fällen, in denen eine arme [X.] (oder eine [X.], die sich für bedürf-tig halten durfte) an der rechtzeitigen Durchführung des Rechtsmittels gehindertwar, einer den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechenden Korrektur(vgl. auch Wagner NJW 1987, 1184), so wie die Rechtsprechung auch bisherschon Korrekturen in der Anwendung der Vorschriften über die Wiedereinset-zung hat vornehmen müssen. So läßt sie beispielsweise die einjährige [X.] des § 234 Abs. 3 ZPO nicht gelten, wenn das Gericht über die [X.] beantragte Prozeßkostenhilfe erst nach Ablauf dieser Frist entschiedenhat (vgl. [X.], Beschluß vom 12. Juni 1973 - [X.]/73 - NJW 1973, 1373unter Hinweis auf [X.] NJW 1967, 1267 f.), und gewährt Wiedereinsetzungauch gegen die Versäumung von Fristen, die nicht zu den in § 233 ZPO be-zeichneten Notfristen und [X.] gehören (vgl. [X.] aaO NJW1967, 1267, 1268 m.N.).3. Eine verfassungsrechtlich bedenkliche Verkürzung der Begründungs-frist auf zwei Wochen seit Behebung des in der (objektiv vorliegenden odervermeintlichen) Mittellosigkeit der [X.] liegenden Hindernisses durch die [X.] ließe sich nach Auffassung des Senats in einer [X.] der Praxis gerecht werdenden Weise - de lege ferenda - am [X.] dadurch vermeiden, daß der [X.], die rechtzeitig ein vollständiges Pro-zeßkostenhilfegesuch eingereicht hat und bedürftig ist oder sich dafür haltendurfte, für die Begründung des Rechtsmittels - oder wahlweise die Beantragungder Verlängerung der Begründungsfrist - erneut eine mit der Zustellung [X.] beginnende Frist von zwei Monaten eingeräumtwird, die derjenigen entspricht, die der Gesetzgeber für das jeweilige gerichtli-- 9 -che Verfahren typisierend als sachlich angemessen erachtet hat (vgl. [X.]aaO NJW 1987, 1191). Die Einräumung dieser erneuten Frist würde zugleichbedeuten, daß es einer Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der - zweiMonate nach Zustellung der anzufechtenden Entscheidung abgelaufenen -Rechtsmittelbegründungsfrist nicht bedarf.Eine nicht gerechtfertigte Besserstellung der armen gegenüber der be-mittelten [X.] wäre damit nicht verbunden. Letztere kann sogleich nach Zu-stellung der in vollständiger Form abgefaßten anzufechtenden Entscheidungalles zur Durchführung des Rechtsmittels Erforderliche veranlassen, so daß [X.] für die Begründung des Rechtsmittels ebenfalls eine Frist von zwei [X.] zur Verfügung steht. Lediglich die [X.], die sie dazu verwendet, sich [X.] schlüssig zu werden, ob sie überhaupt ein Rechtsmittel einlegen will, ver-ringert die ihr dann noch zur Verfügung stehende [X.] für dessen Begründung,während die arme [X.] diese Entscheidung mit ihrem Antrag auf [X.] Prozeßkostenhilfe für die Durchführung des Rechtsmittels bereits grund-sätzlich getroffen hat. Soweit darin überhaupt ein nennenswerter zeitlicherVorteil für die arme [X.] zu sehen wäre, würde dieser jedoch durch [X.] ausgeglichen, der darin besteht, daß sie grundsätzlich darauf [X.] ist, ihr Rechtsmittel mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung zu verbinden,also darauf angewiesen ist, sich eines außerordentlichen Rechtsbehelfs zu [X.], auf den die bemittelte [X.] nur ausnahmsweise zurückzugreifenbraucht (vgl. [X.] aaO NJW 1967, 1276). Auch soweit die Beschränkungendes [X.]s dazu dienen sollen, Mißbrauch und Prozeß-verschleppungen entgegenzuwirken, stünde dieser Gesichtspunkt der vorste-henden Lösung nicht entgegen. Die Gerichte bestimmen durch ihre Entschei-dung über die Prozeßkostenhilfe selbst den [X.]punkt, von dem an das in [X.] liegende Hindernis entfällt. Von da an ist die Gefahr [X.] nicht größer als in jedem anderen Rechtsstreit. Auch das- 10 -Vertrauen der Gegenpartei wird hierdurch nicht in einer mit dem Grundsatz derRechtssicherheit unverträglichen Weise beeinträchtigt. Da sie von dem [X.] regelmäßig in Kenntnis gesetzt und damit vondessen Absicht, die Entscheidung anzufechten, unterrichtet wird, ist es ihr [X.] zuzumuten, sich auf die Folgen einzurichten, die sich aus der rückwir-kenden Beseitigung der formellen Rechtskraft ergeben, wenn der [X.]später - wie im Regelfall zu erwarten - Wiedereinsetzung gegen die [X.] gewährt wird (vgl. [X.] aaO NJW1967, 1268).4. Der mit Schreiben des [X.] vom 29. [X.] - [X.] - 3010/18 - [X.]/2003 - inzwischen vorgelegte Entwurf [X.] zur Modernisierung der Justiz (Justizmodernisierungsgesetz- [X.]) läßt ebenfalls erkennen, daß die geltende gesetzliche Regelung einerÄnderung bedarf. Art. 1 Nr. 7 des Entwurfs sieht vor, dem § 234 Abs. 1 ZPOfolgenden Satz anzufügen:"Die Frist beträgt einen Monat, wenn die [X.] verhindert ist, die Frist [X.] der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde, [X.] oder der Beschwerde nach §§ 621 e, 629 a Abs. 2 einzu-halten."a) Ein Vorgriff auf die vorgesehene Regelung würde indessen die Be-nachteiligung der unbemittelten [X.] nur unzureichend beseitigen und dieverfassungsrechtlichen Bedenken nicht ausräumen. Denn erst ab [X.] Prozeßkostenhilfe ist die unbemittelte [X.] in der Lage, einen Anwalt mitihrer Rechtsverfolgung zu beauftragen, und damit erstmals in der [X.], in der sich die bemittelte [X.] nach Zustellung der [X.] befindet. Ihr verbleibt für die Begründung ihres [X.] -nach der vorgesehenen Regelung aber nur ein Monat, während der bemittelten[X.] nicht nur zwei Monate zur Verfügung stehen, sondern auch die [X.], fristwahrend Verlängerung der Begründungsfrist zu beantragen.b) Dieses Ergebnis entspräche im übrigen nur im Ansatz den Lösungen,die andere oberste Bundesgerichte für ihre jeweiligen Verfahrensordnungen, indenen das Problem ebenfalls besteht, bereits vorgezeichnet haben. Die Rege-lung, daß die Frist zur Begründung eines Rechtsmittels (oder des [X.]) unabhängig von dessen Einlegung inLauf gesetzt wird, findet sich auch in anderen, älteren Verfahrensordnungen,die dem § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO entsprechende Regelungen über die Wieder-einsetzung enthalten (vgl. § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO in der ab 1. Januar 1991geltenden Fassung, § 67 Abs. 2 Satz 3 SGG in der ab 1. Januar 1975 gelten-den Fassung, § 56 Abs. 2 Satz 3 FGO in der seit 1. Januar 2001 geltendenFassung, § 45 Abs. 2 Satz 2 StPO in der seit 1. April 1987 geltenden [X.] macht es, auch wenn der Ablauf der Frist dadurch um wenige Tagevariieren kann, sachlich keinen grundlegenden Unterschied, ob die Begrün-dungsfrist unmittelbar an das Datum der Zustellung der anzufechtenden [X.] anknüpft (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO in der ab 1. Januar 1991geltenden Fassung: Nichtzulassungsbeschwerde; § 139 Abs. 3 Satz 1 VwGO inder ab 1. Januar 1991 geltenden Fassung: Revision; § 160 a Abs. 2 Satz 1SGG in der seit 1. Januar 1975 geltenden Fassung: [X.]; § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG in der ab 1. Januar 2002 geltenden [X.]: Berufung; § 72 a ArbGG in der ab 1. Juli 1979 geltenden Fassung: Nicht-zulassungsbeschwerde) oder aber so definiert wird, daß sie mit Ablauf der [X.] beginnt, die ihrerseits mit der Zustellung der anzufechtenden [X.] beginnt (vgl. § 317 StPO: Berufung in Strafsachen; § 345 Abs. 1Satz 1 StPO: Revision in [X.] des teilweise identischen Wortlauts der jeweils einschlägigen pro-zessualen Vorschriften ist die Frage, wann die Rechtsmittelbegründungsfrist zulaufen beginnt, wenn Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die [X.] der [X.] beantragt wird, von den obersten [X.] beantwortet worden (vgl. [X.] 1995, 32, 33 m.N.; [X.] NJW2003, 1550, 1551).Für den Fall, daß dem armen Rechtsmittelführer nach der Entscheidungüber die Gewährung von Prozeßkostenhilfe Wiedereinsetzung gegen die [X.] der Rechtsmitteleinlegungsfrist gewährt worden ist, sieht die [X.] zur Begründung der Nichtzulassungsbe-schwerde nach § 160 a Abs. 2 Satz 1 SGG (vgl. [X.] § 67SGG Nr. 13 und § 164 SGG Nr. 9),des [X.] zur Begründung der Nichtzulassungsbe-schwerde nach § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO (vgl. BVerwG NJW 1992,2307) und zur Begründung der Revision ([X.] 310 § 139 VwGONr. 84),des Bundesarbeitsgerichts zur Begründung der Nichtzulassungsbe-schwerde nach § 72 a Abs. 3 ArbGG (NJW 1984, 941)sowie des 2. Strafsenats zur Begründung der Rechtsbeschwerde nach§ 345 Abs. 1 StPO ([X.]St 30, 335, 338) und zur Begründung der Revi-sion ([X.], Beschluß vom 25. Oktober 1989 - 2 [X.] - [X.]RStPO § 345 Abs. 1 Fristbeginn 3),vor, daß dem im Prozeßkostenhilfeverfahren erfolgreichen Rechtsmittel-führer zur Begründung seines Rechtsmittels nach Zustellung der Entscheidung- 13 -über die Wiedereinsetzung in die [X.] zumindest die Frist verbleibenmuß, um die die im Gesetz vorgesehene Begründungsfrist die [X.]überschreitet, nämlich ein [X.]) Gegen diese Lösung, die Begründungsfrist erst mit der Zustellung [X.] und nicht schon der Entscheidung über [X.] beginnen zu lassen, spricht nach Auffassung des Senats,daß sie in Fällen, in denen nach der [X.] umgehendWiedereinsetzung gegen die Versäumung der [X.] gewährt wird, fürdie arme [X.] im Ergebnis zu einer Verkürzung der vom [X.] von zwei Monaten führen kann, und umgekehrt, daß siein Fällen, in denen das Gericht erst sehr viel später über den Wiedereinset-zungsantrag entscheidet, den Beginn der (einmonatigen) Begründungsfrist innicht gerechtfertigter Weise zu ihren Gunsten hinausschieben würde. Denn diearme [X.], der auf ihren rechtzeitigen und vollständigen Antrag hin Prozeßko-stenhilfe bewilligt worden ist, kann sich von diesem [X.]punkt an der zu gewäh-renden Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der [X.] gewißsein, sofern sie nur innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO Wiedereinsetzungbeantragt und die Einlegung des Rechtsmittels nachholt. Gleiches gilt für die[X.], der Prozeßkostenhilfe versagt worden ist, die sich aber für bedürftighalten durfte. Die [X.] bis zur Wiedereinsetzungsentscheidung stünde ihr daherzusätzlich zu der sich daran anschließenden Monatsfrist zur Begründung [X.] zur Verfügung; für diesen Vorteil im Vergleich zu einer bemittelten[X.] ist eine sachliche Rechtfertigung nicht ersichtlich.5. Das [X.] (DVBl. 2002, 1050) hat lediglich fürden Sonderfall, daß das Berufungsgericht von einer gesonderten Wiedereinset-zung in die [X.] abgesehen hat, die zweimonatige Begründungsfristdes § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO (deren Lauf ebenso geregelt ist wie der Lauf der- 14 -Berufungsbegründungsfrist in § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) mit Zustellung der [X.] über die Prozeßkostenhilfe erneut beginnen lassen und ist damit fürdiesen Fall ebenfalls zu dem vom erkennenden Senat für angemessen gehalte-nen Ergebnis gelangt.Allerdings erscheint die Beschränkung auf Fälle des [X.] von einergesonderten Wiedereinsetzung bedenklich. Da die [X.] nicht voraussehenkann, ob und gegebenenfalls wann das Gericht eine gesonderte Entscheidungüber die beantragte Wiedereinsetzung treffen wird, bliebe sie im Ungewissen,ob die zweimonatige Begründungsfrist mit der Entscheidung über die Prozeß-kostenhilfe zu laufen begonnen hat, oder ob demnächst an deren Stelle eine mitder Wiedereinsetzungsentscheidung beginnende einmonatige Frist treten wird.Dies liefe dem ursprünglichen Anliegen des [X.] zuwider, [X.] von Rechtsmittelbegründungsfristen zu vereinfachen und Irrtümerzu vermeiden. Zugleich läßt diese Lösung die vom [X.] (vgl. [X.] ZIP 2003, 1102, 1109) vermissen.6. Im vorliegenden Fall bedarf es indes keiner abschließenden Entschei-dung, ob bis zu einer Neuregelung des § 234 Abs. 1 ZPO den Erwägungen desSenats (oben zu 3), der Rechtsprechung anderer Bundesgerichte (oben zu 4 b)oder für den hier vorliegenden Sonderfall der Auffassung des Bundesverwal-tungsgerichts (oben zu 5) zu folgen ist.Nach allen drei Auffassungen hat die Klägerin nämlich durch ihre am27. Juni 2002 eingegangene Berufungsbegründung die Begründungsfrist ge-wahrt: nach der Auffassung des Senats - und im Ergebnis ebenso nach [X.] BVerwG DVBl. 2002, 1050 -, weil die zweimonatige Begrün-dungsfrist erst mit der Zustellung der Prozeßkostenhilfebewilligung am 14. [X.] zu laufen begann, und desgleichen nach der oben zu 4 zitierten [X.] 15 -sprechung, derzufolge eine einmonatige Begründungsfrist erst mit der Zustel-lung der vorliegenden Entscheidung des Senats beginnt, die der Klägerin [X.] in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur [X.] der Berufung gewährt.Da die Klägerin die Frist zur Begründung ihrer Berufung somit nicht ver-säumt hat und es der von ihr vorsorglich auch insoweit beantragten Wiederein-setzung nicht bedarf, war die angefochtene, die Berufung verwerfende [X.] des [X.]s aufzuheben.Hahne[X.][X.]AhltVézina

Meta

XII ZB 147/02

09.07.2003

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2003, Az. XII ZB 147/02 (REWIS RS 2003, 2426)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2426

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VI ZB 60/20 (Bundesgerichtshof)

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