Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.12.2022, Az. 9 AZR 266/20

9. Senat | REWIS RS 2022, 9651

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) EUROPÄISCHER GERICHTSHOF (EUGH) ARBEITSVERTRAG INDIVIDUAL-ARBEITSRECHT URLAUB URLAUBSANSPRUCH VERJÄHRUNG

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Anspruch auf Mindesturlaub - Verjährung


Leitsatz

1. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindesturlaub unterliegt gemäß § 194 Abs. 1 BGB der Verjährung.

2. Bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung der § 199 Abs. 1 BGB, §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 und Abs. 3 BUrlG beginnt die Verjährung allerdings nicht zwangsläufig mit dem Schluss des Jahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist und der Arbeitnehmer über die in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB beschriebene Kenntnis verfügt. Zusätzlich ist erforderlich, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch tatsächlich wahrzunehmen. Die Vorgaben des Unionsrechts, die der EuGH in seiner Entscheidung vom 22. September 2022 (- C-120/21 -) präzisiert hat, bedingen einen "anderen Verjährungsbeginn" iSd. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 21. Februar 2020 - 10 [X.]/19 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten - soweit für die Revision von Bedeutung - über die Abgeltung von Urlaub aus einem im Jahr 2017 beendeten Arbeitsverhältnis.

2

Der [X.] beschäftigte die Klägerin vom 1. November 1996 bis zum 31. Juli 2017 im Umfang von 32 Wochenstunden als Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin. Die Klägerin, die im Kalenderjahr Anspruch auf 24 Arbeitstage Urlaub hatte, erbrachte ihre Arbeitsleistung an vier Tagen in der Woche. Ihr monatliches Bruttogehalt betrug zuletzt 3.962,91 Euro.

3

Unter dem 1. März 2012 bescheinigte der [X.] der Klägerin, ihr stünden zum Stichtag 31. Dezember 2011 insgesamt 76 Arbeitstage Urlaub aus mehreren Jahren zu.[X.] gewährte der [X.] ihr 21 Arbeitstage Urlaub, im Jahr 2013 mindestens elf Arbeitstage, im Jahr 2014 mindestens 16 Arbeitstage, im Jahr 2015 25 Arbeitstage, im Jahr 2016 24 Arbeitstage und im Jahr 2017 sechs Arbeitstage. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte er der Klägerin zur Abgeltung von 14 Arbeitstagen Urlaub 3.201,38 Euro brutto.

4

Der [X.] forderte die Klägerin im Verlauf des Arbeitsverhältnisses weder auf, ihren Urlaub zu nehmen, noch wies er sie darauf hin, dass nicht beantragter Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfallen kann.

5

Mit der dem [X.]n am 14. Februar 2018 zugestellten Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, der [X.] sei gemäß § 7 Abs. 4 [X.] zur Abgeltung weiterer 101 Arbeitstage Urlaub verpflichtet. Die Urlaubsansprüche hätten über die in § 7 Abs. 3 [X.] bezeichneten zeitlichen Grenzen fortbestanden, da der [X.] seinen Mitwirkungsobliegenheiten bei der Gewährung von Urlaub nicht nachgekommen sei.

6

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

den [X.]n zu verurteilen, an sie 23.092,64 Euro abzüglich eines bereits gezahlten Betrags [X.]. 3.201,38 Euro als Urlaubsabgeltung für insgesamt 101 Urlaubstage nebst Zinsen [X.]. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2017 zu zahlen.

7

Der [X.] hat die Abweisung der Klage ua. mit der Begründung beantragt, er habe der Klägerin im Jahr 2013 nicht an elf, sondern an 23 Arbeitstagen und im Jahr 2014 nicht an 16, sondern an 22 Arbeitstagen Urlaub gewährt. Der restliche Urlaub sei gemäß § 7 Abs. 3 [X.] verfallen. Der Klägerin, die ihre Urlaubsansprüche habe berechnen können, sei bekannt gewesen, dass nicht genommener Urlaub am Jahresende respektive am 31. März des Folgejahres verfalle. Er habe seine Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten nicht kennen und befolgen können, da sich die diesbezügliche Rechtsprechung erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geändert habe. Soweit die Urlaubsansprüche aus Zeiträumen vor dem [X.] stammten, seien sie verjährt.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Bedeutung - teilweise stattgegeben und den [X.]n verurteilt, an die Klägerin Abgeltung [X.]. 548,71 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die [X.] verurteilt, weitere 76 Urlaubstage mit einem Bruttobetrag [X.]. [X.] Euro nebst Zinsen abzugelten. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt der [X.] die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin die Klage mit Zustimmung des [X.]n zurückgenommen, soweit sie von dem [X.]n im Zusammenhang mit der Abgeltung von Urlaub verlangt hat, an sie Zinsen [X.]. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den Zeitraum vom 1. August 2017 bis zum 6. Februar 2018 auf einen Bruttobetrag [X.]. [X.] Euro zu zahlen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des [X.]n ist unbegründet. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] das Urteil des Arbeitsgerichts - soweit für die Revision von Bedeutung - zu Recht teilweise abgeändert und der Klage stattgegeben. Der [X.] ist verpflichtet, nicht gewährten Urlaub aus den Jahren 2011 bis 2017 mit einem Bruttobetrag iHv. [X.] Euro abzugelten und ab dem 7. Februar 2018 zu verzinsen. Die Urlaubsansprüche aus dem am 31. Juli 2017 beendeten Arbeitsverhältnis sind weder verfallen noch verjährt.

A. Die Klage ist als abschließende Gesamtklage zulässig.

I. Bei mehreren in einer Klage verfolgten Ansprüchen (§ 260 ZPO) muss aufgrund des Bestimmtheitserfordernisses des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erkennbar sein, aus welchen Einzelforderungen sich die Klage zusammensetzt (vgl. [X.] 24. Februar 2021 - 10 [X.] - Rn. 15). Begehrt ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, nicht erfüllten Urlaub abzugelten, der - wie im Streitfall - aus mehreren Kalenderjahren stammt, handelt es sich um eine „Gesamtklage“. Das Abgeltungsverlangen bildet hinsichtlich eines jeden Urlaubsjahrs einen eigenen Streitgegenstand. Anknüpfungspunkt für den Anspruch auf Erholungsurlaub ist gemäß § 1 [X.] das Kalenderjahr. § 7 Abs. 3 [X.] unterwirft den Urlaub einer Fristenregelung, die an das Kalenderjahr als Referenzzeitraum anknüpft. Der durch das Gericht zu beurteilende Lebenssachverhalt ist demnach das jeweilige Kalenderjahr, aus dem der Arbeitnehmer einen Urlaubsanspruch gegen den Arbeitgeber herleitet ([X.] 23. Januar 2018 - 9 [X.] - Rn. 26 ff., [X.]E 161, 347).

II. Werden im Wege einer „Teilgesamtklage“ mehrere Ansprüche nicht in voller Höhe, sondern teilweise verfolgt, hat die [X.] dem Grundsatz nach anzugeben, in welcher Höhe sie aus den einzelnen Ansprüchen welche Teile einklagt. Nimmt der Arbeitnehmer den Arbeitgeber auf Abgeltung von [X.] in Anspruch, der aus mehreren Kalenderjahren stammt, obliegt es ihm daher klarzustellen, wie viele Urlaubstage aus welchem Urlaubsjahr den Gegenstand seines Zahlungsbegehrens bilden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist die sog. „abschließende Gesamtklage“. Erklärt die klagende Partei - wie im Streitfall die Klägerin -, die Klageforderung habe abschließenden Charakter, macht sie weder eine Forderung teilweise noch Teile mehrerer Forderungen, sondern diese sämtlich und in voller Höhe geltend. In einem solchen Falle ist den Bestimmtheitserfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt (vgl. [X.] 27. Juli 2021 - 9 [X.] - Rn. 13; grundlegend [X.] 27. Juli 2011 - 7 [X.] - Rn. 20, [X.]E 138, 360).

B. Die Klage ist begründet.

I. Nach § 7 Abs. 4 [X.] ist Urlaub abzugelten, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann.

II. Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Juli 2017 stand der Klägerin ein Anspruch auf 117 Arbeitstage Urlaub zu.

1. In dem am 1. November 1996 begründeten Arbeitsverhältnis hat die Klägerin nach erfüllter Wartezeit zu Beginn eines jeden Kalenderjahres jeweils Anspruch sowohl auf den vollen gesetzlichen (§§ 1, 3, 4 [X.]) als auch auf den vollen vertraglichen Jahresurlaub im Umfang von insgesamt 24 Arbeitstagen erworben. Ausgehend von 76 Arbeitstagen Urlaub, die der Klägerin ausweislich der seitens des [X.]n unter dem 1. März 2012 erteilten Bescheinigung - und zwischen den Parteien unstreitig - am 31. Dezember 2011 zustanden, und insgesamt 144 Arbeitstagen Urlaub, die in den Jahren 2012 bis 2017 hinzukamen, ergibt sich ein Gesamturlaubsanspruch im Umfang von 220 Arbeitstagen.

2. Der [X.] hat die Urlaubsansprüche der Klägerin im Umfang von 103 Arbeitstagen und damit unvollständig erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB).

a) [X.] erteilte der [X.] der Klägerin an 21 Arbeitstagen Urlaub, im [X.] an mindestens elf Arbeitstagen, im [X.] an mindestens 16 Arbeitstagen, im Jahr 2015 an 25 Arbeitstagen, im [X.] an 24 Arbeitstagen und im [X.] an sechs Arbeitstagen.

b) Soweit der [X.] behauptet hat, er habe der Klägerin darüber hinaus im [X.] an zwölf und im [X.] an sechs weiteren Arbeitstagen Urlaub gewährt, hat das [X.] seiner Entscheidung zu Recht den Vortrag der Klägerin zugrunde gelegt, da der [X.] für seinen von der Klägerin bestrittenen Vortrag keinen Beweis angeboten hat. Grundsätzlich hat derjenige, der aus einer ihm günstigen Norm Rechte herleitet, deren tatsächliche Voraussetzungen darzulegen und für den Fall, dass die Gegenseite seinen Vortrag bestreitet, zu beweisen (vgl. [X.] 30. Januar 2019 - 10 [X.] - Rn. 24, [X.]E 165, 220). Diese allgemeine Beweislastregel gilt ua. für rechtsvernichtende Einwendungen wie den [X.] des § 362 Abs. 1 BGB, auf den sich der [X.] im Streitfall beruft. Hiergegen hat er in der Revisionsinstanz auch keine Einwände erhoben.

III. Das [X.] hat zu Recht angenommen, dass die aus den einzelnen Urlaubsjahren resultierenden Urlaubsansprüche nicht am Ende des jeweiligen Kalenderjahres verfallen sind. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub unterlag keiner Befristung nach § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 [X.]. Der [X.] ist den ihn bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs treffenden [X.] nicht nachgekommen. Dies gilt sowohl für die Ansprüche der Klägerin auf den gesetzlichen Mindesturlaub nach §§ 1, 3 Abs. 1 [X.] als auch für die arbeitsvertraglichen Ansprüche auf [X.].

1. Für den gesetzlichen Mindesturlaub iSd. §§ 1, 3 Abs. 1 [X.] schreibt § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] vor, dass der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.]s erlischt der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub (§§ 1, 3 Abs. 1 [X.]) bei einer mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] im Einklang stehenden Auslegung von § 7 [X.] nur dann am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 Satz 1 [X.]) oder eines zulässigen [X.] (§ 7 Abs. 3 Satz 2 und Satz 4 [X.]), wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. Der Arbeitgeber muss daher konkret und in völliger Transparenz dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Er muss ihn - erforderlichenfalls förmlich - dazu auffordern, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub verfällt, wenn er ihn nicht nimmt. Die Erfüllung dieser [X.] des Arbeitgebers ist grundsätzlich Voraussetzung für das Eingreifen der urlaubsrechtlichen Fristenregelung des § 7 Abs. 3 [X.] (vgl. im Einzelnen [X.] 19. Februar 2019 - 9 [X.] - Rn. 21 ff., [X.]E 165, 376).

b) Der [X.] hat die Klägerin weder darauf hingewiesen, dass ihr Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub grundsätzlich auf das Urlaubsjahr befristet ist und nur unter den in § 7 Abs. 3 Satz 2 [X.] bezeichneten Voraussetzungen über das Kalenderjahr hinaus besteht, noch hat er sie aufgefordert, den Urlaub tatsächlich zu nehmen, um einen Verfall des Urlaubs zu vermeiden.

c) Soweit der [X.] geltend macht, im Streitfall träfen ihn keine [X.], da die Klägerin um die Befristung ihrer Urlaubsansprüche gewusst habe, verkennt er, dass die [X.] für die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht den Arbeitnehmer - im Streitfall die Klägerin - traf, sondern allein ihn als Arbeitgeber (vgl. [X.] 19. Februar 2019 - 9 [X.] - Rn. 21, [X.]E 165, 376). Diese Risikoverteilung, die der unionsrechtkonformen Auslegung der Befristungsregelungen zugrunde liegt, gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer von den gesetzlichen Befristungsregelungen Kenntnis hat.

2. Die für den gesetzlichen Mindesturlaub geltenden Grundsätze finden auch auf den arbeitsvertraglichen Urlaub Anwendung.

a) Während der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub arbeitsvertraglichen Dispositionen entzogen ist, die sich zuungunsten des Arbeitnehmers auswirken (§ 13 Abs. 1 Satz 3 [X.]), können die Arbeitsvertragsparteien Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/[X.] gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 [X.] begründeten Anspruch auf [X.] von vier Wochen übersteigen, frei regeln. Ihre Regelungsbefugnis ist nicht durch die für gesetzliche Urlaubsansprüche erforderliche unionsrechtskonforme Auslegung des Gesetzesrechts beschränkt. Für einen Regelungswillen der Arbeitsvertragsparteien, dass der vertragliche [X.] mit Ablauf des Kalenderjahres oder am Ende des [X.] unabhängig davon verfallen soll, ob der Arbeitgeber seinen [X.] entsprochen hat, müssen deutliche Anhaltspunkte vorliegen. Fehlen solche, ist von einem diesbezüglichen Gleichlauf des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und des Anspruchs auf vertraglichen [X.] auszugehen ([X.] 25. Juni 2019 - 9 [X.] - Rn. 21).

b) Die urlaubsrechtlichen Regelungen im Arbeitsvertrag betreffen allein den Umfang des der Klägerin zustehenden Jahresurlaubs. Die Parteien haben weder die [X.] noch die [X.] abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen ausgestaltet.

c) Der Einwand des [X.]n, er habe von seinen [X.] zum damaligen Zeitpunkt keine Kenntnis haben können und genieße deshalb Vertrauensschutz, verhilft der Revision nicht zum Erfolg.

aa) Die Möglichkeiten der nationalen Gerichte zur Gewährung von Vertrauensschutz sind - im Anwendungsbereich des Unionsrechts - unionsrechtlich vorgeprägt und begrenzt. Der [X.] ([X.]) hat über die mit Beschluss vom 13. Dezember 2016 (- 9 [X.] (A) -) gestellten Vorlagefragen des [X.]s mit Urteil vom 6. November 2018 (- [X.]/16 - [[X.]]) entschieden. Er hat die Geltung der von ihm vorgenommenen Auslegung von Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] - wie von Art. 31 Abs. 2 GRC - nicht aus Gründen eines unionsrechtlichen Vertrauensschutzes in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt und eine zeitliche Geltungsbeschränkung damit implizit abgelehnt. Eine richtlinienkonforme Auslegung von § 7 [X.] kann das [X.] nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes nach nationalem Recht auf einen Zeitpunkt nach Inkrafttreten von Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] verschieben (vgl. [X.] 26. Mai 2020 - 9 [X.] - Rn. 29, unter Hinweis auf [X.] 10. Dezember 2014 - 2 BvR 1549/07 - Rn. 40).

bb) Die unionsrechtlichen Begrenzungen der Gewährung von Vertrauensschutz betreffen zwar allein den gesetzlichen Urlaubsanspruch von vier Wochen. Sie sind jedoch auch für den arbeitsvertraglichen Urlaubsanspruch zu beachten, soweit der Arbeitsvertrag - wie im Streitfall der Arbeitsvertrag der Parteien - die [X.] des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs nicht abweichend von den Bestimmungen für den gesetzlichen Urlaubsanspruch regelt.

IV. Zutreffend hat das [X.] erkannt, dass der [X.] nicht nach § 214 Abs. 1 BGB berechtigt war, die Erfüllung der Urlaubsansprüche wegen Eintritts der Verjährung zu verweigern. Die Urlaubsansprüche aus den Zeiträumen vor dem Jahr 2015, deren Abgeltung die Klägerin begehrt, sind nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB war zu dem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis der Parteien endete, noch nicht abgelaufen. Nach der unionsrechtskonformen Auslegung des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Arbeitgeber seine [X.] im Zusammenhang mit der Gewährung und Inanspruchnahme des gesetzlichen Mindesturlaubs erfüllt hat. Dasselbe gilt für den arbeitsvertraglichen [X.], wenn die Parteien - wie im Streitfall - nichts Abweichendes vereinbart haben.

1. Gemäß § 194 Abs. 1 BGB unterliegt das Recht, von einem anderen [X.] oder Unterlassen zu verlangen, der Verjährung. Soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist, die nach § 195 BGB drei Jahre beträgt, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist ( § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB ) und der Gläubiger von den Umständen, die den Anspruch begründen, und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

2. Mit Beschluss vom 29. September 2020 (- 9 [X.] (A) - [X.]E 172, 337) hat der [X.] den [X.] um Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV über die Frage ersucht, ob das Unionsrecht die Verjährung des Urlaubsanspruchs nach Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist gemäß § 194 Abs. 1, § 195 BGB gestattet, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht durch entsprechende Aufforderung und Hinweise tatsächlich in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch auszuüben. In diesem Zusammenhang hat der [X.] darauf hingewiesen, das Verjährungsrecht bezwecke den angemessenen Ausgleich zwischen dem Schutz des Schuldners vor einer drohenden Beweisnot und möglichem Verlust von Regressansprüchen gegen Dritte und der Notwendigkeit, den Gläubiger vor einem ungerechtfertigten [X.] zu bewahren. Der Schuldner bzw. [X.], der mit der Rechtsverteidigung regelmäßig warten müsse, bis der Gläubiger ihn in Anspruch nehme, trage für anspruchshemmende und anspruchsvernichtende Tatsachen in höherem Maße das Risiko zeitablaufbedingter [X.] als der Gläubiger, der sich gegen [X.] durch die rechtzeitige Geltendmachung des Anspruchs oder entsprechende Beweissicherung schützen könne. Die Anspruchsverjährung sei vor allem Ausdruck des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels, Rechtsfrieden und Rechtssicherheit herzustellen. Das Gebot der Rechtssicherheit als wesentlicher Bestandteil des in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzips und das Gebot des Vertrauensschutzes gewährleisteten im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung. Die Verjährungsvorschriften sollten nicht nur eine Inanspruchnahme aus unbekannten oder unerwarteten Forderungen vermeiden, sondern dienten gleichermaßen dem Schutz vor unbegründeten Forderungen und sicherten damit zugleich öffentliche Interessen.

3. Der [X.] hat durch Urteil vom 22. September 2022 (- [X.]/21 -) entschieden, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und Art. 31 Abs. 2 GRC einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, den ein Arbeitnehmer für einen Bezugszeitraum erworben hat, nach Ablauf einer Frist von drei Jahren verjährt, deren Lauf mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem dieser Anspruch entstanden ist, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht tatsächlich in die Lage versetzt hat, diesen Anspruch wahrzunehmen. Der Zweck der Verjährungsvorschriften, die Gewährleistung von Rechtssicherheit, dürfe nicht dazu führen, dass dem Arbeitgeber aus seinem Versäumnis, seinen [X.] zu genügen, ein Vorteil erwachse, der darin bestehe, dass die Erfüllung des Urlaubsanspruchs in sein Belieben gestellt sei. Wollte man anders entscheiden, führte dies zu einer unrechtmäßigen Bereicherung des Arbeitgebers und liefe dem Ziel von Art. 31 Abs. 2 GRC zuwider, die Gesundheit des Arbeitnehmers zu schützen.

4. Die nationalen Gerichte sind gehalten, das nationale Recht so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen, um das dort festgelegte Ziel zu erreichen und damit den Anforderungen des Art. 288 Abs. 3 AEUV nachzukommen (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 58 f.).

a) Art. 267 AEUV weist dem Gerichtshof zur Verwirklichung der Verträge über die [X.], der Rechtssicherheit und der Rechtsanwendungsgleichheit sowie einer einheitlichen Auslegung und Anwendung des Unionsrechts die Aufgabe der verbindlichen Auslegung der Verträge und Richtlinien zu. Daraus folgt, dass die nationalen Gerichte die Unionsvorschrift in dieser Auslegung (grundsätzlich) auch auf Rechtsverhältnisse anwenden können und müssen, die vor Erlass der auf das [X.] ergangenen Entscheidung des Gerichtshofs entstanden sind (vgl. [X.] 10. Dezember 2014 - 2 BvR 1549/07 - Rn. 26).

b) Allerdings unterliegt der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts Schranken. Die Pflicht zur Verwirklichung eines [X.] im Wege der Auslegung findet ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten. Sie darf nicht als Grundlage für eine Auslegung des nationalen Rechts contra legem dienen. Besteht jedoch ein Auslegungsspielraum, ist das nationale Gericht verpflichtet, diesen zur Verwirklichung des [X.] bestmöglich auszuschöpfen. Ob und inwieweit das innerstaatliche Recht eine entsprechende richtlinienkonforme Auslegung zulässt, haben allein die nationalen Gerichte zu beurteilen (vgl. [X.] 26. September 2011 - 2 [X.], 2 [X.] - Rn. 47; [X.] 19. Februar 2019 - 9 [X.] - Rn. 19, [X.]E 165, 376).

5. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindesturlaub unterliegt zwar grundsätzlich der Verjährung. Bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung beginnt die Verjährung allerdings nicht zwangsläufig mit dem Schluss des Jahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist und der Arbeitnehmer über die in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB beschriebene Kenntnis verfügt. Zusätzlich ist erforderlich, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch tatsächlich wahrzunehmen. Die Vorgaben des Unionsrechts, die der [X.] in seiner Entscheidung vom 22. September 2022 (- [X.]/21 -) präzisiert hat, bedingen bei unionsrechtskonformer Auslegung der §§ 1, 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 und Abs. 3 [X.] einen „anderen Verjährungsbeginn“ iSd. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

a) Der Anspruch des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindesturlaub unterliegt der Verjährung. Nach §§ 1, 3 Abs. 1 [X.] ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer für einen Zeitraum von 24 Werktagen zu Erholungszwecken von der vertraglichen Verpflichtung zur Arbeitsleistung freizustellen und die Vergütung nach Maßgabe des § 11 [X.] fortzuzahlen. Dieses Recht des Arbeitnehmers als Gläubiger ist auf [X.] des Arbeitgebers als Schuldner gerichtet und damit Anspruch iSd. § 194 Abs. 1 BGB.

b) Nach allgemeinen Grundsätzen ist ein Anspruch iSv. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden, wenn er erstmals geltend gemacht und notfalls klageweise durchgesetzt werden kann. Regelmäßig entsteht ein Anspruch im verjährungsrechtlichen Sinne, wenn er nach § 271 BGB fällig ist, weil der Gläubiger von diesem Zeitpunkt an nach § 271 Abs. 2 BGB mit Erfolg die Leistung fordern und den Ablauf der Verjährungsfrist durch Klageerhebung verhindern kann (vgl. [X.] 29. September 2020 - 9 [X.] (A) - Rn. 30, [X.]E 172, 337). Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub entsteht nach Ablauf der Wartezeit (§ 4 [X.]) zu Beginn eines jeden Urlaubsjahres (vgl. [X.] 21. Februar 2012 - 9 [X.] - Rn. 14). Zu diesem Zeitpunkt kann der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber verlangen, ihm Urlaub zu gewähren, dh. ihn unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freizustellen (vgl. [X.] 25. August 2020 - 9 [X.] - Rn. 22, [X.]E 172, 66).

c) Die von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geforderte Kenntnis des Gläubigers ist vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person Klage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht hat, dass sie dem Gläubiger zumutbar ist. Der Verjährungsbeginn setzt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände voraus. Nicht erforderlich ist es in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht (vgl. im Einzelnen [X.] 29. September 2020 - 9 [X.] (A) - Rn. 31, [X.]E 172, 337).

d) Die Vorgaben des Unionsrechts, die der [X.] in seiner Entscheidung vom 22. September 2022 (- [X.]/21 -) konkretisiert hat, erfordern bei unionsrechtskonformer Auslegung der §§ 1, 3 Abs. 1 [X.] einen „anderen Verjährungsbeginn“ iSd. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB, soweit der Anspruch des Arbeitnehmers auf den unionsrechtlich garantierten Mindesturlaub in Rede steht. Die Verjährung beginnt danach erst, wenn der Arbeitgeber seinen [X.] bei der tatsächlichen Gewährung von Urlaub nachgekommen ist.

aa) Durch das Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts vom 24. September 2009 ([X.] 3142), das mit Wirkung zum 1. Januar 2010 in [X.] getreten ist, wurde die bis dahin geltende Fassung des § 199 Abs. 1 BGB um den Restriktivsatz „soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist“ ergänzt. Der Gesetzgeber hat damit klargestellt, dass für die Regelverjährung ein von Abs. 1 abweichender Fristbeginn vorgesehen werden kann (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung [X.]. 16/8954 S. 14). Abweichende „Sonderregelungen“ ([X.]/Deppenkemper BGB 17. Aufl. § 199 Rn. 1) können entweder positiv einen anderen Verjährungsbeginn festlegen (vgl. die Übersicht bei [X.]/[X.]/Hau/[X.]/[X.] BGB 4. Aufl. § 199 Rn. 1) oder negativ vorsehen, dass die Verjährung nicht vor dem Eintritt bestimmter Umstände beginnt.

bb) Eine solche anderweitige Bestimmung des Verjährungsbeginns sieht das [X.] für den Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub vor.

(1) Das [X.] regelt die Verjährung von Urlaubsansprüchen nicht ausdrücklich. Die Vorschriften des § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 [X.] bestimmen Verfalls-, nicht aber Verjährungsfristen. Die Rechtswirkungen beider Rechtsinstitute unterscheiden sich. Während der Ablauf des in § 7 Abs. 3 [X.] vorgesehenen Bezugs- bzw. [X.] rechtsvernichtende Wirkung hat und von Amts wegen zu berücksichtigen ist, gibt die Verjährung dem Schuldner gemäß § 214 BGB eine Einrede und hindert damit die Durchsetzung der rechtlich fortbestehenden Forderung (vgl. [X.] vom 29. September 2020 - 9 [X.] (A) - Rn. 45, [X.]E 172, 337).

(2) Der Anspruch auf Mindesturlaub ist Fristen unterworfen. Dies sind zum einen die [X.], die der Arbeitnehmer gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 [X.] zu beachten hat, und zum anderen die Verjährungsfristen, die § 194 Abs. 1, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB für die Durchsetzbarkeit des Urlaubsanspruchs bestimmen. Bei einer unionsrechtskonformen Auslegung des § 199 Abs. 1 BGB hängt nicht nur der Lauf der [X.], sondern auch der Lauf der Verjährungsfristen, soweit der gesetzliche Mindesturlaub (§§ 1, 3 Abs. 1 [X.]) betroffen ist, davon ab, dass der Arbeitgeber seiner [X.] bei der Verwirklichung des Urlaubs gerecht wird und seinen Hinweis- und [X.] nachkommt.

(a) Die unionsrechtlich gebotenen Mitwirkungshandlungen unterstützen den vom [X.] intendierten Gesundheitsschutz, der durch die tatsächliche Inanspruchnahme der bezahlten Arbeitsbefreiung gefördert wird. Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über den Umfang des noch bestehenden Urlaubs informiert, ihn auf die für die Urlaubnahme maßgebenden Fristen hinweist und ihn zudem auffordert, den Urlaub tatsächlich in Anspruch zu nehmen, wird ein verständiger Arbeitnehmer seinen Urlaub typischerweise fristgerecht beantragen (vgl. zu § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 [X.] [X.] 19. Februar 2019 - 9 [X.] - Rn. 41). Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich bei der Frist um eine Verfallsfrist handelt oder die Frist allein die Durchsetzbarkeit des Urlaubsanspruchs zeitlich beschränkt.

(b) Dem steht der Zweck des Verjährungsrechts nicht entgegen. Sowohl das öffentliche Interesse an Rechtssicherheit als auch das Interesse des Arbeitgebers, nach Ablauf der Verjährungsfristen nicht befürchten zu müssen, von dem Arbeitnehmer in Anspruch genommen zu werden, treten im laufenden Arbeitsverhältnis nach der für den [X.] bindenden Auslegung der unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und Art. 31 Abs. 2 GRC hinter dem Ziel des Gesundheitsschutzes zurück.

(c) Die Befristung wie auch die Durchsetzbarkeit von Urlaubsansprüchen im laufenden Arbeitsverhältnis beruht demnach - ungeachtet der dogmatischen Unterschiede beider Rechtsinstitute - auf einer Risikoverteilung zwischen dem Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs und dem Arbeitnehmer als dessen Gläubiger. Zunächst obliegt es dem Arbeitgeber, an der Gewährung von Urlaub mitzuwirken, indem er seine [X.] erfüllt. Erst dann wechselt das Risiko, ob der Urlaub bei Untätigkeit des Arbeitnehmers noch zu gewähren ist bzw. noch in Anspruch genommen werden kann, vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer. Dies gilt sowohl für die in § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 [X.] geregelte Befristung des Urlaubsanspruchs als auch für die Fristen, die § 194 Abs. 1, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB für die Verjährung und damit für die Durchsetzbarkeit des Urlaubsanspruchs vorsehen.

6. Die Regelungen in §§ 1, 7 Abs. 1 Satz 1 [X.], aus denen bei richtlinienkonformer Auslegung die [X.] des Arbeitgebers bei der Gewährung und Inanspruchnahme des gesetzlichen Mindesturlaubs und die [X.] abzuleiten sind, sind als Bestimmungen iSv. § 199 Abs. 1 BGB, die einen anderen Verjährungsbeginn bestimmen, auch auf den arbeitsvertraglichen [X.] anzuwenden. Haben die Parteien - wie vorliegend - hinsichtlich des [X.]s weder die [X.] des Arbeitgebers noch die [X.] abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen ausgestaltet, finden auch für jenen die Bestimmungen des [X.]es - in seiner richtlinienkonformen Auslegung - Anwendung. Dies hat zur Folge, dass der [X.] in verjährungsrechtlicher Hinsicht das Schicksal des gesetzlichen Urlaubs teilt. Zwischen beiden Ansprüchen besteht in diesem Fall ein verjährungsrechtlicher „Gleichlauf“. Dieser Gleichlauf bewirkt, dass die Verjährungsfrist auch für den vertraglichen Urlaubsanspruch der Klägerin erst mit Schluss des Jahres beginnen konnte, in dem der [X.] seine [X.] erfüllte.

7. Im Hinblick auf den Urlaub wurde die Verjährungsfrist von dem [X.]n nicht in Gang gesetzt. Er hat die Klägerin im Verlauf des Arbeitsverhältnisses weder aufgefordert, ihren Urlaub zu nehmen, noch darauf hingewiesen, dass nicht beantragter Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder [X.] verfallen kann.

V. Der 76 Arbeitstage umfassende Urlaub, dessen Abgeltung die Klägerin vor dem [X.] abschließend begehrt hat, begründet einen zwischen den Parteien der Höhe nach unstreitigen [X.] iHv. [X.] Euro brutto. Mit der 2018 dem [X.]n zugestellten Klage hat sie diese Forderung in der Frist des § 195 BGB geltend gemacht. Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung des [X.]s, ob, unter welchen Voraussetzungen und ab welchem Zeitpunkt die Verjährungsfrist im Hinblick auf den Urlaubsabgeltungsanspruch begann.

VI. Der Zinsanspruch iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 7. Februar 2018 folgt aus den Vorschriften über den Schuldnerverzug (§ 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

C. Der [X.] hat die Kosten der Revision zu tragen (§ 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Klägerin hat die Klage lediglich hinsichtlich des [X.] und damit zu weniger als zehn vom Hundert der Gesamtforderung zurückgenommen. Ihre Zuvielforderung war damit verhältnismäßig geringfügig iSd. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (vgl. [X.] 5. Juli 2022 - 9 [X.] - Rn. 55).

        

    [X.]    

        

    [X.]    

        

    Suckow    

        

        

        

    Heilmann     

        

    Thau    

                 

Meta

9 AZR 266/20

20.12.2022

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Solingen, 19. Februar 2019, Az: 3 Ca 155/18, Urteil

§ 194 Abs 1 BGB, § 199 Abs 1 Nr 1 BGB, § 199 Abs 1 Nr 2 BGB, § 1 BUrlG, § 3 Abs 1 BUrlG, § 7 Abs 1 BUrlG, § 7 Abs 3 BUrlG, § 253 Abs 2 Nr 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.12.2022, Az. 9 AZR 266/20 (REWIS RS 2022, 9651)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9651

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

9 AZR 579/16 (Bundesarbeitsgericht)

Urlaub - Mitwirkungsobliegenheiten - Kürzung des Urlaubsanspruchs


9 AZR 488/21 (Bundesarbeitsgericht)

Urlaub - 15 Monatsfrist - Langzeiterkrankung - Tilgung von Urlaubsansprüchen bei fehlender Tilgungsbestimmung des Arbeitgebers


9 AZR 107/20 (Bundesarbeitsgericht)

Urlaub - 15 Monatsfrist - Mitwirkungsobliegenheiten


9 AZR 245/19 (Bundesarbeitsgericht)

Urlaub - 15 Monatsfrist - Mitwirkungsobliegenheiten


9 AZR 259/19 (Bundesarbeitsgericht)

Tariflicher Urlaubsanspruch - Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers - Vertrauensschutz


Referenzen
Wird zitiert von

1 Ca 1284/21

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.