Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.05.2017, Az. I ZR 208/15

1. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 11483

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Gegenstand

Wettbewerbsverstoß: Vorbehaltskäufer als Erfüllungsgehilfe des Vorbehaltsverkäufers bei der Einhaltung einer auf einem Vertragsstrafeversprechen beruhenden Unterlassungspflicht; Verpflichtung des Unterlassungsschuldners zum Rückruf bereits ausgelieferter und mit wettbewerbswidriger Werbung versehener Produkte; Absehen von einem Rückruf ausgelieferter Ware als nur ein Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung - Luftentfeuchter


Leitsatz

Luftentfeuchter

1. Der Vorbehaltskäufer bei einem Eigentumsvorbehalt ist nicht Erfüllungsgehilfe des Vorbehaltsverkäufers bei der Einhaltung einer auf einem Vertragsstrafeversprechen beruhenden Unterlassungspflicht.

2. Die Verpflichtung des Unterlassungsschuldners, bereits ausgelieferte und mit wettbewerbswidriger Werbung versehene Produkte zurückzurufen, setzt nicht voraus, dass ihm gegen seine Abnehmer rechtlich durchsetzbare Ansprüche auf Unterlassung der Weiterveräußerung oder auf Rückgabe dieser Produkte zustehen. Er ist verpflichtet, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf Dritte einzuwirken, soweit dies zur Beseitigung eines fortdauernden Störungszustands erforderlich ist.

3. Entschließt sich der zum Rückruf bereits ausgelieferter Ware verpflichtete Unterlassungsschuldner aufgrund einer einheitlichen, rechtlich allerdings unzutreffenden Überlegung, von einem Rückruf abzusehen, liegt bei einer wertenden Betrachtungsweise nur ein Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung vor.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats des [X.] vom 10. September 2015 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von mehr als 5.100 € nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer des [X.] vom 22. Oktober 2014 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.100 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19. Februar 2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Klägerin zu tragen. Von den Kosten des Rechtsstreits in den [X.] tragen die Klägerin 5/6 und die Beklagte 1/6.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien sind Wettbewerber bei der Herstellung und dem Vertrieb von Luftentfeuchtern.

2

Die Klägerin mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 16. Oktober 2013 ab, weil die Beklagte ihr Produkt "Luftentfeuchter a. -X.  " auf der Produktverpackung mit der Aufschrift "40% mehr Wirksamkeit" beworben hatte. Die Beklagte gab am 30. Oktober 2013 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, mit der sie sich verpflichtete, es zu unterlassen, mit der beanstandeten Aussage zu werben. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung versprach sie die Zahlung einer Vertragsstrafe, deren Höhe sie in das billige Ermessen der Klägerin stellte.

3

Die Beklagte klebte auf den von ihr vorgehaltenen Produkten die beanstandete Aussage ab, nahm die entsprechende Werbung von ihrer Internetseite und sorgte dafür, dass andere Werbemittel mit der beanstandeten Aussage nicht mehr verwendet wurden. Von der Beklagten vor Abgabe der Unterlassungserklärung bereits verkaufte Produkte wurden jedoch nicht anderweitig gekennzeichnet.

4

In der [X.] vom 31. Oktober 2013 bis zum 5. November 2013 war das Produkt, das die Beklagte unter Eigentumsvorbehalt geliefert hatte, mit der entsprechenden Werbung in insgesamt 22 verschiedenen [X.] noch erhältlich; 17 dieser Märkte wurden von der Firma [X.] selbst betrieben, die übrigen fünf Märkte von Franchisenehmern.

5

Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 112.200 € wegen insgesamt 22 Verstößen gegen die Unterlassungsverpflichtung in Anspruch genommen, wobei sie die Höhe der Vertragsstrafen mit 5.100 € pro Verletzungshandlung bemessen hat.

6

Das [X.] hat die Beklagte zur Zahlung von 30.600 € nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

7

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe in insgesamt sechs Fällen gegen die Unterlassungsvereinbarung verstoßen und nach § 339 Satz 2 [X.] jeweils eine Vertragsstrafe von 5.100 € verwirkt. Zur Begründung hat es ausgeführt:

8

Zwischen den Parteien sei am 30. Oktober 2013 eine Vertragsstrafevereinbarung zustande gekommen. Die Beklagte habe mit sofortiger Wirkung die Pflicht übernommen, es zu unterlassen, ihr Produkt mit der beanstandeten Aussage zu bewerben. Die Beklagte hafte für Handlungen der [X.], die ihre Erfüllungsgehilfen seien, nach § 278 [X.]. Sie treffe auch eine eigene Haftung, weil sie es unterlassen habe, alles Zumutbare zu unternehmen, um die [X.] Filialen von einer Veräußerung der [X.] mit den beanstandeten Produktverpackungen abzuhalten. Die Beklagte habe die Vertragsstrafe in zumindest sechs Fällen verwirkt. Sie habe vorsätzlich gehandelt, weil sie bewusst davon abgesehen habe, auf die Firma [X.] und deren fünf Franchisenehmer einzuwirken.

9

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben überwiegend Erfolg.

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass durch die Abgabe des [X.]s durch die Beklagte am 30. Oktober 2013 eine wirksame Vertragsstrafevereinbarung zwischen den Parteien zustande gekommen ist.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe in ihrer Abmahnung vom 16. Oktober 2013 eine bestimmte Unterwerfungserklärung verlangt. Das darin liegende Angebot habe die Beklagte durch ihre Erklärung vom 30. Oktober 2013 angenommen. Die von der [X.] vorgenommenen Änderungen an der von der Klägerin geforderten Erklärung hätten nicht zur Folge, dass von einem neuen Angebot der [X.] auszugehen sei. Die Aufnahme des Abschnitts "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, aber rechtsverbindlich" in die Unterlassungserklärung der [X.] habe allein klarstellende Funktion. Soweit die Beklagte ihre Erklärung auf ihr Produkt "Luftentfeuchter a. -X.  " bezogen habe, während die Klägerin eine Unterlassungserklärung im Hinblick auf die Luftentfeuchter der [X.], die in dem Produkt enthaltenen [X.] und das Produkt "[X.]. [X.]" verlangt habe, liege darin keine engere Fassung der Unterlassungsverpflichtung. Es komme deshalb nicht darauf an, ob die Annahmeerklärung der Klägerin der [X.] noch am selben Tag zugegangen sei. Diese Beurteilung wird von der Revision nicht angegriffen. Sie lässt auch keine Rechtsfehler erkennen.

b) Die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe wird nicht schon durch eine einseitige Erklärung des Schuldners begründet, sondern setzt den Abschluss eines Vertrags zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner voraus. Für das Zustandekommen eines solchen Vertrags gelten die allgemeinen Vorschriften über Vertragsschlüsse ([X.], Urteil vom 18. Mai 2006 - [X.], [X.], 878 Rn. 14 = [X.], 1139 - Vertragsstrafevereinbarung). Der Gläubiger, der mit der Abmahnung die Abgabe einer bestimmten Unterlassungserklärung verlangt, macht dem Schuldner ein Vertragsangebot im Sinne von § 145 [X.]. Gibt der Schuldner diese Unterlassungserklärung ab, liegt darin die Annahmeerklärung. Weicht eine vom Schuldner formulierte Unterlassungserklärung von der vom Gläubiger geforderten Unterlassungserklärung ab, liegt darin eine Ablehnung des Angebots zum Abschluss eines strafbewehrten [X.] und zugleich ein neues Angebot gemäß § 150 Abs. 2 [X.] ([X.], [X.], 878 Rn. 15 - Vertragsstrafevereinbarung).

c) Im Streitfall hat sich die Beklagte nicht der von der Klägerin entworfenen Unterlassungserklärung bedient, sondern selbst eine Unterlassungserklärung formuliert. Diese Erklärung stimmt nach der nicht zu beanstandenden Würdigung des Berufungsgerichts inhaltlich mit der von der Klägerin geforderten Unterlassungserklärung überein.

aa) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte die von der Klägerin geforderte Unterlassungserklärung nicht dadurch inhaltlich verändert hat, dass sie ihre Verpflichtungserklärung "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, aber rechtsverbindlich" abgegeben hat. Da in der strafbewehrten Unterlassungserklärung selbst keine Anerkennung der Berechtigung der Abmahnung liegt, hat ein solcher Zusatz eine allein klarstellende Funktion ([X.], Urteil vom 24. September 2013 - I ZR 219/12, [X.], 1252 Rn. 10 = [X.], 1582 - Medizinische Fußpflege).

bb) Die Unterlassungserklärung der [X.] bezieht sich zwar allein auf das Produkt "Luftentfeuchter a. -X.  ". Sie nimmt jedoch mit einer Einblendung der konkreten Verletzungsform sowohl auf den [X.] und die "[X.]. [X.]" Bezug, die Bestandteile des Produkts sind und die die Klägerin in der von ihr vorformulierten Unterlassungserklärung erwähnt. Damit deckt sich die von der [X.] abgegebene mit der von der Klägerin geforderten Unterlassungserklärung. Auf die vom Berufungsgericht hilfsweise angestellten Überlegungen für den Fall, dass die Unterlassungserklärung der [X.] hinter dem Unterlassungsbegehren zurückbleiben sollte, kommt es nicht an.

2. Die Revision wendet sich im Ergebnis ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe schuldhaft gegen das [X.] verstoßen, weil die [X.] -Märkte das Produkt der [X.] mit der beanstandeten Aussage nach dem Zustandekommen des [X.] zwischen den Parteien weiterhin zum Verkauf angeboten hatten.

a) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, das [X.] der [X.] vom 30. Oktober 2013 sei in die Zukunft gerichtet und habe ab Wirksamwerden der Unterlassungsvereinbarung gelten sollen. Vertragsstrafe kann der Gläubiger grundsätzlich allein für ab dem [X.]punkt des Vertragsschlusses begangene Verstöße geltend machen ([X.], [X.], 878 Rn. 20 - Vertragsstrafevereinbarung). Im Streitfall haben die Parteien keine davon abweichende Vereinbarung getroffen. Die Beklagte hat sich vielmehr verpflichtet, die beanstandete Werbung "ab sofort" zu unterlassen.

b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass die [X.] und die [X.] -Franchisenehmer, die das Produkt der [X.] unter Eigentumsvorbehalt gekauft und es in der [X.] vom 1. November bis zum 5. November 2013 mit der beanstandeten Werbung im Angebot hatten, Erfüllungsgehilfen der [X.] im Sinne von § 278 [X.] bei der Einhaltung der [X.] waren und die Beklagte deshalb für deren Verhalten einzustehen hat.

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte müsse sich das Verhalten der [X.] nach § 278 [X.] zurechnen lassen. Sie habe vor dem 30. Oktober 2013 unter verlängertem Eigentumsvorbehalt an die [X.] Filialen [X.]n mit einer Produktverpackung geliefert, auf der die beanstandete Werbeaussage angebracht gewesen sei. Da die Beklagte einen verlängerten Eigentumsvorbehalt vereinbart habe, habe sie sich der [X.] -Märkte als Zwischenhändler bedient, um ihre [X.]n an Endkunden zu veräußern. Dadurch hätten sich die Produkte mit der beanstandeten Werbeaussage in ihrer Verfügungsgewalt befunden. Dem kann nicht zugestimmt werden.

bb) Der Schuldner einer vertraglichen Unterlassungsverpflichtung haftet zunächst für eigenes Verschulden. Außerdem haftet er nach § 278 [X.] für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen ([X.], Urteil vom 15. Mai 1985 - [X.], [X.], 1065, 1066 = [X.], 141 - Erfüllungsgehilfe; Urteil vom 30. März 1988 - [X.], [X.], 561 = [X.], 608 - Verlagsverschulden I). Ob jemand als Erfüllungsgehilfe eines anderen anzusehen ist, bestimmt sich danach, ob er nach den rein tatsächlichen Vorgängen des gegebenen Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung der diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird ([X.], Urteil vom 9. Oktober 1986 - I ZR 138/84, [X.]Z 98, 330, 334 - [X.]; [X.], [X.], 561 - Verlagsverschulden I; [X.], Urteil vom 22. Januar 1998 - [X.], [X.], 963, 964 f. - Verlagsverschulden II). Die unternehmerische Selbständigkeit der Hilfsperson steht der Annahme, der Dritte sei Erfüllungsgehilfe, nicht entgegen ([X.], [X.], 561, 562 - Verlagsverschulden I). Eine Werbeagentur, deren sich ein Vertragsstrafeschuldner für seine Werbung bedient, handelt bei ihrer Tätigkeit auch insoweit als Erfüllungsgehilfe des Schuldners, als es um die Erfüllung der vertraglich übernommenen [X.] geht ([X.], [X.], 1065, 1066 - Erfüllungsgehilfe). Dasselbe gilt, wenn der Schuldner bei seiner Werbung ein Verlagsunternehmen und dessen Anzeigenabteilung einschaltet ([X.], [X.], 561, 562 - Verlagsverschulden I; [X.], 963, 965 - Verlagsverschulden II).

cc) Nach diesen Maßstäben hat sich die Beklagte nicht der von ihr belieferten [X.] und [X.] -Franchisenehmer zur Erfüllung der ihr gegenüber der Klägerin obliegenden Verbindlichkeit aus der Unterlassungsvereinbarung bedient.

(1) Der Umstand, dass die Beklagte die Luftentfeuchter unter verlängertem Eigentumsvorbehalt an die [X.] -Märkte geliefert hat, ist für die Frage unerheblich, ob diese als Erfüllungsgehilfen der [X.] bei der Erfüllung ihrer Vertragspflichten aus der Unterlassungsvereinbarung mit der Klägerin eingeschaltet sind. Der Eigentumsvorbehalt und seine Verlängerungsformen dienen regelmäßig nur der Sicherung von Lieferantenkrediten ([X.]/[X.], [X.], 76. Aufl., § 449 Rn. 1; [X.][X.]/Westermann, 7. Aufl., § 449 Rn. 1). Die Revision verweist zu Recht darauf, dass die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts und eine damit in Zusammenhang stehende Sicherungsabrede nicht dazu führt, dass der Vorbehaltskäufer in den Aufgaben- und Pflichtenkreis des [X.]s aus der Unterlassungsvereinbarung mit der Klägerin einbezogen wird.

(2) Entscheidend in diesem Zusammenhang ist allein, ob die Beklagte die [X.] -Märkte wie einen Verlag in die Werbung für ihre Produkte eingeschaltet oder sie wie eine Werbeagentur mit der Gestaltung der Produktverpackung mit der beanstandeten Werbeaussage beauftragt hat. Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Hierfür ist auch nichts ersichtlich.

c) Das Berufungsgericht ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte aufgrund eigenen Fehlverhaltens haftet.

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte hätte alles Zumutbare unternehmen müssen, um die [X.] von einer Veräußerung der [X.] mit einer die beanstandete Werbeaussage enthaltenden Produktverpackung abzuhalten. Sie hätte telefonisch zur [X.] -Zentrale oder zu den einzelnen von ihr belieferten Franchisenehmern Kontakt aufnehmen und sich schriftlich bestätigen lassen müssen, dass keine solchen Produkte mehr an Abnehmer gelangen könnten. Stattdessen habe die Beklagte nichts unternommen und die Auffassung vertreten, zu einem entsprechenden Einwirken auf die [X.] Filialen nicht verpflichtet zu sein. Die Beklagte habe aufgrund des Rechtsverhältnisses zwischen Verkäufer und Käufer beim verlängerten Eigentumsvorbehalt über die Produkte verfügen können. Sie habe aufgrund der aus der Sicherungsabrede folgenden Nebenpflichten der Kaufvertragsparteien einen Anspruch gegen die [X.] gehabt, die Veräußerung der Produkte mit den beanstandeten Werbeaussagen zu unterlassen. Im Falle der Missachtung hätte die Beklagte gemäß § 324 [X.] ein Recht zur Kündigung des Kaufvertrages gehabt, weil darin eine schwerwiegende Missachtung der Eigentumsinteressen der [X.] bestanden hätte. Diese Beurteilung ist ebenfalls nicht frei von [X.]. Diese wirken sich jedoch im Ergebnis nicht aus.

bb) Die Verpflichtung zur Unterlassung einer Handlung, durch die ein fortdauernder Störungszustand geschaffen wurde, ist mangels abweichender Anhaltspunkte regelmäßig dahin auszulegen, dass sie nicht nur die Unterlassung derartiger Handlungen, sondern auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands umfasst ([X.], Urteil vom 3. Mai 1974 - [X.], [X.], 666, 669 - Reparaturversicherung; Urteil vom 28. Januar 1977 - [X.], GRUR 1977, 614, 616 - Gebäudefassade; Urteil vom 13. November 2013 - [X.], [X.], 595 Rn. 26 = [X.], 587 - Vertragsstrafenklausel; Urteil vom 18. September 2014 - [X.], [X.], 258 Rn. 63 f. = [X.], 356 - CT Paradies; Urteil vom 30. Juli 2015 - [X.], [X.], 406 Rn. 28 f. = [X.], 331 - Piadina-Rückruf; Urteil vom 19. November 2015 - [X.], [X.], 720 Rn. 34 = [X.], 854 - [X.]; Beschluss vom 29. September 2016 - [X.], [X.], 208 Rn. 24 = [X.], 305). Diese Grundsätze gelten nicht nur bei [X.], die auf einer Verletzung von [X.] beruhen, sondern auch im Bereich des [X.] (vgl. [X.], [X.], 406 Rn. 28 ff. - Piadina-Rückruf).

cc) Entsprechende [X.] setzen entgegen der Ansicht der Revision nicht voraus, dass die Parteien eines [X.] eine ausdrückliche Vereinbarung über eine Pflicht zur Beseitigung treffen.

(1) Bei den Ansprüchen auf Unterlassung (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 UWG) und Beseitigung (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UWG) handelt es sich allerdings um selbständige Ansprüche mit grundsätzlich unterschiedlicher Zielrichtung. Hat eine Verletzungshandlung einen andauernden rechtswidrigen Verletzungszustand hervorgerufen, bestehen jedoch beide Ansprüche nebeneinander. Der Gläubiger hat es in der Hand, ob er den einen oder den anderen Anspruch oder aber beide Ansprüche geltend macht. Er kann bei einer solchen Fallgestaltung auch bereits mit dem Unterlassungsanspruch die Beseitigung des [X.] verlangen. Das folgt daraus, dass bei einer Dauerhandlung die Nichtbeseitigung des [X.] gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung ist (vgl. [X.], [X.], 258 Rn. 64 - CT-Paradies, mwN; [X.], 208 Rn. 28).

(2) Ist der [X.] danach zur Vornahme von Handlungen verpflichtet, kann dies die Verpflichtung umfassen, auf Dritte einzuwirken, um diese zu [X.] oder einem Unterlassen anzuhalten. Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs hat zwar für das selbständige Handeln Dritter grundsätzlich nicht einzustehen. Er ist jedoch gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt, einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss und zudem rechtliche oder tatsächliche Einflussmöglichkeiten auf das Verhalten der [X.] hat (vgl. [X.], [X.], 595 Rn. 26 - Vertragsstrafenklausel). Er ist verpflichtet, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf Dritte einzuwirken, soweit dies zur Beseitigung eines fortdauernden Störungszustands erforderlich ist ([X.], [X.], 258 Rn. 70 - CT-Paradies). Danach muss ein Schuldner, dem gerichtlich untersagt worden ist, ein Produkt mit einer bestimmten Aufmachung zu vertreiben oder für ein Produkt mit bestimmten Angaben zu werben, grundsätzlich durch einen Rückruf des Produkts dafür sorgen, dass bereits ausgelieferte Produkte von seinen Abnehmern nicht weiter vertrieben werden ([X.], [X.], 208 Rn. 30). Dasselbe gilt, wenn der Schuldner durch vertragliche Vereinbarung eine entsprechende Unterlassungsverpflichtung übernommen hat.

dd) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Beklagte habe durch die von ihr vorgenommene Neuformulierung der Unterlassungsverpflichtung bereits erfolgte Abverkäufe und noch vorhandene Aufschriften auf bereits verkauften Produkten vom [X.] ausnehmen wollen; die Beklagte habe sich nur zur Unterlassung der in Rede stehenden Werbung "durch eine geschäftliche Handlung" verpflichtet. Mit dieser Wendung hat die Beklagte auf die gesetzlichen Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs nach § 8 Abs. 1 UWG Bezug genommen. Nichts lässt erkennen, dass sie damit die ihr als [X.]in obliegenden [X.] einschränken wollte.

ee) Es kann allerdings entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte wegen des mit den [X.] Märkten vereinbarten verlängerten Eigentumsvorbehalts eine rechtliche Handhabe gehabt hätte, auf deren Verhalten einzuwirken. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt ist darauf gerichtet, den [X.] gegen den Verlust des Eigentums ohne Erhalt des Kaufpreises zu schützen ([X.]/[X.] aaO § 449 Rn. 1). Es handelt sich um eine Sicherungsform für den Lieferantenkredit ([X.][X.]/Westermann aaO § 449 Rn. 1). Die schuldrechtliche Sicherungsabrede gibt dem [X.] bei nicht bezahlter [X.] dagegen keine Handhabe, dem Vorbehaltskäufer zu untersagen, die [X.] bestimmungsgemäß zu veräußern, wenn sie mit einer wettbewerbswidrigen Verpackung versehen ist.

ff) Die Verpflichtung des [X.]s, bereits ausgelieferte und mit einer wettbewerbswidrigen Werbung versehene Produkte zurückzurufen, setzt nicht voraus, dass ihm gegen seine Abnehmer rechtlich durchsetzbare Ansprüche auf Unterlassung der Weiterveräußerung oder auf Rückgabe dieser Produkte zustehen (vgl. [X.], [X.], 208 Rn. 33). Die Beklagte war zu ihr tatsächlich möglichen und zumutbaren Anstrengungen verpflichtet, um auf das Verhalten der [X.] -Märkte einzuwirken. Selbst wenn ein Rechtsanspruch gefehlt hat, schließt dies nicht die Pflicht aus, einen Rückruf zumindest zu versuchen ([X.], [X.], 365; [X.], [X.], 412). Gegen diese Verpflichtung hat die Beklagte verstoßen. Sie hat sich weder an die [X.] -Märkte gewandt, um sie zu veranlassen, die beanstandete Werbung zu überkleben, oder - falls dies nicht möglich gewesen wäre - die Luftentfeuchter aus den Vertriebswegen zurückzurufen. Das [X.] hat zu Recht angenommen, ein solcher Versuch wäre der [X.] möglich und voraussichtlich unabhängig von einem Rechtsanspruch erfolgreich gewesen, weil im Falle des weiteren Vertriebs der Produkte mit der beanstandeten Werbeaussage auch Maßnahmen der Klägerin gegen die Firma [X.] im Raum gestanden hätten. Auch das Berufungsgericht ist von einer Verpflichtung der [X.] ausgegangen, auf die [X.] -Märkte einzuwirken.

d) Wenn wie im Streitfall eine Zuwiderhandlung vorliegt, wird das Verschulden des Schuldners vermutet, § 339 Satz 1, § 286 Abs. 4 [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 17. Juli 2008 - [X.], [X.], 181 Rn. 35 = [X.], 182 - Kinderwärmekissen; [X.], 595 Rn. 26 - Vertragsstrafenklausel).

3. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe [X.] gegen die Unterlassungsverpflichtungserklärung verstoßen und deshalb jeweils eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.100 € verwirkt. Im Streitfall liegt nur ein Verstoß gegen das [X.] vor.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, es bestehe im Streitfall kein Anlass, von einer nur einmaligen Verwirkung der Vertragsstrafe auszugehen. Dies verbiete sich bereits deshalb, weil die Beklagte nach ihrem eigenen Vorbringen ganz bewusst von einer Einwirkung auf die Firma [X.] und deren Franchisenehmer abgesehen habe, so dass diese Entscheidung vorsätzlich erfolgt sei. Im Falle nur einmaliger Ahndung würde die Vertragsstrafevereinbarung ihrer Sicherungsfunktion beraubt und die Hartnäckigkeit der Verletzungshandlung der [X.] ungesühnt bleiben. Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

b) Das Versprechen, eine Vertragsstrafe "für jeden Fall der Zuwiderhandlung" zu zahlen, kann dahin auszulegen sein, dass mehrere zeitlich nicht zu weit auseinanderliegende Einzelverstöße, die auf fahrlässigem Verhalten beruhen, als eine einzige Zuwiderhandlung angesehen werden. Wenn es zu einer Mehr- oder Vielzahl von Verstößen gekommen ist, ist dabei zunächst zu prüfen, ob diese eine natürliche Handlungseinheit und damit nur eine Handlung darstellen (vgl. [X.], Urteil vom 20. September 1960 - [X.], [X.]Z 33, 163, 167 f. - [X.]; [X.], Urteil vom 25. Januar 2001 - I ZR 323/98, [X.]Z 146, 318, 326 - [X.]; [X.], [X.], 181 Rn. 38 - Kinderwärmekissen). Wenn keine solche Handlungseinheit vorliegt, kann die Auslegung des [X.] ergeben, dass mehrere fahrlässig begangene und zeitlich nicht zu weit auseinanderliegende Zuwiderhandlungen, die in der Weise zusammenhängen, dass sie gleichartig und unter Außerachtlassung derselben Pflichtenlage begangen worden sind, nur als ein Verstoß zu werten sind (vgl. [X.]Z 33, 163, 168 - [X.]; 146, 318, 329 ff. - [X.]; [X.], Urteil vom 9. Juli 2015 - [X.], [X.], 2021 Rn. 29 = [X.], 1214 - Kopfhörer-Kennzeichnung).

c) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen. Es ist jedoch zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass von mehreren Verstößen gegen die Unterlassungsverpflichtung auszugehen ist. Bei wertender Betrachtung liegt nur ein Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung vor.

aa) Die Verstöße gegen das [X.] beruhten im Streitfall auf einem einheitlichen Entschluss der [X.], gegenüber ihren Abnehmern untätig zu bleiben. Dabei ist unerheblich, dass die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 5. November 2013 und vom 22. November 2013 erfolglos darauf hingewiesen hat, in den [X.] -Märkten würden die Produkte mit der beanstandeten Werbung weiterhin zum Kauf angeboten und die Vertragsstrafe sei verwirkt. Die Beklagte ist ausweislich ihres Schreibens vom 6. November 2013 davon ausgegangen, sie müsse deshalb nicht tätig werden, weil sie über die bereits an den Einzelhandel ausgelieferten Produkte keine Verfügungsgewalt mehr besitze. Diese Einschätzung zur fehlenden Verfügungsgewalt war entgegen der Annahme des Berufungsgerichts rechtlich zutreffend, weil die Vereinbarung eines verlängerten Eigentumsvorbehalts die Abnehmer der [X.] nicht verpflichtete, auf der ausgelieferten [X.] die beanstandete Werbeaussage unkenntlich zu machen oder die Produkte zurückzugeben. Die Beklagte hat daraus allerdings in fahrlässiger Weise den rechtlich unzutreffenden Schluss gezogen, aus diesem Grund sei sie aus der von ihr abgegebenen Unterlassungserklärung nicht zum Tätigwerden verpflichtet. Von einem vorsätzlichen und hartnäckigen Verstoß kann danach keine Rede sein.

bb) Die Tatsache, dass die Beklagte insgesamt sechs rechtlich selbständige Unternehmen, die Firma [X.] und fünf ihrer Franchisenehmer, beliefert hat und ihnen gegenüber untätig geblieben ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Entschließt sich der zum Rückruf bereits ausgelieferter [X.] verpflichtete [X.] aufgrund einer einheitlichen, rechtlich allerdings unzutreffenden Überlegung, von einem Rückruf abzusehen, liegt bei einer wertenden Betrachtungsweise nur ein Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung vor. Es würde zu zufälligen Ergebnissen führen, wenn die Anzahl der [X.] Vertragsstrafen davon abhinge, ob die Abnehmer rechtlich selbständig oder Teil eines Filialnetzes sind. Im Streitfall ist die Frage, ob die von der [X.] belieferten [X.] -Märkte von der Firma [X.] oder durch deren Franchisenehmer betrieben werden, für die Entscheidung der [X.] bedeutungslos gewesen, im Hinblick auf bereits ausgelieferte [X.] mit der beanstandeten Werbung untätig zu bleiben.

d) Das Berufungsgericht hat eine Vertragsstrafe in der von der Klägerin geforderten Höhe von 5.100 € als angemessen erachtet. Dagegen erhebt die Revision keine [X.]. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.

4. Der Zinsanspruch ergibt sich in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem [X.] aus § 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 Satz 2 [X.]. Der Anspruch aus einem [X.] ist keine Entgeltforderung im Sinne von § 288 Abs. 2 [X.] ([X.], Urteil vom 17. November 2014 - [X.], [X.], 187 Rn. 27 = [X.], 198 - Zuwiderhandlung während Schwebezeit).

III. Danach ist auf die Revision der [X.] unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben und auf die Berufung der [X.] die Klage abzuweisen, soweit das [X.] mehr als eine Vertragsstrafe und Zinsen in Höhe von mehr als 5 Prozentpunkten über dem [X.] zugesprochen hat. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 und 2 und § 97 Abs. 1 ZPO.

Büscher     

      

Koch     

      

Löffler

      

Schwonke     

      

Feddersen     

      

Meta

I ZR 208/15

04.05.2017

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Düsseldorf, 10. September 2015, Az: I-15 U 129/14

§ 278 BGB, § 339 S 2 BGB, § 449 BGB, § 8 Abs 1 S 1 UWG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.05.2017, Az. I ZR 208/15 (REWIS RS 2017, 11483)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11483

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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