Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.12.2012, Az. I ZB 7/12

1. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 719

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Gegenstand

Zwischenstreit über die Nebenintervention: Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde gegen das Zwischenurteil


Leitsatz

Das im Zwischenstreit über die Nebenintervention (§ 71 ZPO) ergehende Zwischenurteil ist unanfechtbar, wenn es vom Landgericht als Rechtsmittelgericht oder vom Oberlandesgericht erlassen wird. Dies gilt auch dann, wenn die Rechtsbeschwerde im Zwischenurteil zugelassen worden ist.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen das Zwischenurteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 5. Januar 2012 wird auf Kosten der Streithelferin zurückgewiesen.

Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

[X.]: 1.000.000 €.

Gründe

1

I. Die Klägerin ist eine Vereinigung im Sinne von § 12 UrhWG, deren Mitglieder als Hersteller oder Importeure von Spei[X.]hermedien na[X.]h § 54 Abs. 1 [X.] oder § 54b Abs. 1 Fall 1 [X.] vergütungspfli[X.]htig sind. Die [X.]eklagte ist ein Zusammens[X.]hluss der gemäß § 54h Abs. 1 [X.] na[X.]h § 54 Abs. 1 und § 54b Abs. 1 Fall 1 [X.] anspru[X.]hsbere[X.]htigten [X.] Verwertungsgesells[X.]haften in Form einer Gesells[X.]haft bürgerli[X.]hen Re[X.]hts. Die [X.] haben ihr die ihnen wegen der privaten Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken zustehenden Vergütungsansprü[X.]he übertragen.

2

Die Klägerin hat - na[X.]h Dur[X.]hführung des in § 14 Abs. 1 Nr. 1 [X.]u[X.]hst. [X.], § 16 Abs. 1 UrhWG vorgesehenen Verfahrens vor der S[X.]hiedsstelle - beantragt, zwis[X.]hen ihr und der [X.]eklagten den (näher bezei[X.]hneten) Inhalt eines Gesamtvertrags festzusetzen.

3

Die Streithelferin hat erklärt, dem Re[X.]htsstreit auf Seiten der Klägerin beizutreten.

4

Die Klägerin und die [X.]eklagte halten die [X.] für unzulässig. Sie haben beantragt, die [X.] zurü[X.]kzuweisen.

5

Die Streithelferin hat beantragt, den Antrag auf Zurü[X.]kweisung der [X.] zurü[X.]kzuweisen.

6

Das Oberlandesgeri[X.]ht hat die [X.] dur[X.]h Zwis[X.]henurteil zurü[X.]kgewiesen und die Re[X.]htsbes[X.]hwerde zugelassen. Mit der Re[X.]htsbes[X.]hwerde, deren Zurü[X.]kweisung die Klägerin und die [X.]eklagte beantragen, verfolgt die Streithelferin ihren Zurü[X.]kweisungsantrag weiter.

7

II. Die Re[X.]htsbes[X.]hwerde ist ni[X.]ht statthaft und damit unzulässig. Das Zwis[X.]henurteil, das das Oberlandesgeri[X.]ht - oder das Landgeri[X.]ht als Re[X.]htsmittelgeri[X.]ht - im Zwis[X.]henstreit über die [X.] erlässt, ist ni[X.]ht anfe[X.]htbar.

8

1. Die Re[X.]htsbes[X.]hwerde ist ni[X.]ht na[X.]h § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft.

9

a) Die Re[X.]htsbes[X.]hwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO gegen einen [X.]es[X.]hluss statthaft, wenn das [X.]es[X.]hwerdegeri[X.]ht, das [X.]erufungsgeri[X.]ht oder das Oberlandesgeri[X.]ht im ersten Re[X.]htszug sie in dem [X.]es[X.]hluss zugelassen hat. Diese Voraussetzung ist ni[X.]ht erfüllt. Das Oberlandesgeri[X.]ht hat die Re[X.]htsbes[X.]hwerde im ersten Re[X.]htszug ni[X.]ht in einem [X.]es[X.]hluss, sondern in einem Urteil, nämli[X.]h in einem Zwis[X.]henurteil zugelassen.

b) Der [X.]undesgeri[X.]htshof ist au[X.]h ni[X.]ht gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO an die Zulassung der Re[X.]htsbes[X.]hwerde dur[X.]h das Oberlandesgeri[X.]ht gebunden. Die [X.]indungswirkung der Re[X.]htsmittelzulassung umfasst bei der Re[X.]htsbes[X.]hwerde ebenso wie bei der Revision nur die [X.]ejahung der in den § 574 Abs. 3 Satz 1 und § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten Zulassungsvoraussetzungen. Die Zulassung des Re[X.]htsmittels kann dagegen ni[X.]ht dazu führen, dass dadur[X.]h ein gesetzli[X.]h ni[X.]ht vorgesehener Instanzenzug eröffnet wird (vgl. [X.], [X.]es[X.]hluss vom 27. Februar 2003 - [X.], [X.]Z 154, 102; [X.]es[X.]hluss vom 6. Oktober 2009 - [X.], juris Rn. 4, jeweils mwN).

2. Die Re[X.]htsbes[X.]hwerde gegen das Zwis[X.]henurteil kann au[X.]h ni[X.]ht in ein statthaftes Re[X.]htsmittel umgedeutet werden. Das Gesetz sieht gegen ein im ersten Re[X.]htszug erlassenes Zwis[X.]henurteil eines Oberlandesgeri[X.]hts kein Re[X.]htsmittel vor. Insbesondere ist dagegen weder die sofortige [X.]es[X.]hwerde no[X.]h die Revision statthaft.

a) Gegen das Zwis[X.]henurteil, mit dem über den Antrag auf Zurü[X.]kweisung einer [X.] ents[X.]hieden wird, findet gemäß § 71 Abs. 2 ZPO zwar die sofortige [X.]es[X.]hwerde statt (vgl. au[X.]h § 135 Abs. 2 und 3, § 142 Abs. 2, § 144 Abs. 2, §§ 372a, 387, 402 ZPO). Die sofortige [X.]es[X.]hwerde ist aber na[X.]h § 567 Abs. 1 ZPO - unter näher bezei[X.]hneten Voraussetzungen - nur gegen im ersten Re[X.]htszug ergangene Ents[X.]heidungen der Amtsgeri[X.]hte und Landgeri[X.]hte statthaft.

b) Die Revision findet gemäß § 542 Abs. 1 ZPO gegen die in der [X.]erufungsinstanz erlassenen Endurteile statt. Gegen das im ersten Re[X.]htszug erlassene Zwis[X.]henurteil ist die Revision daher ni[X.]ht statthaft.

3. Die [X.]estimmung des § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO kann au[X.]h ni[X.]ht dahin beri[X.]htigend ausgelegt werden, dass die Re[X.]htsbes[X.]hwerde gegen ein Zwis[X.]henurteil statthaft ist, wenn das [X.]erufungsgeri[X.]ht oder das Oberlandesgeri[X.]ht im ersten Re[X.]htszug sie in dem Zwis[X.]henurteil zugelassen hat.

Allerdings wird die Ansi[X.]ht vertreten, der Zwe[X.]k des [X.] vom 27. Juli 2001 ([X.] I, S. 1887), den [X.]es[X.]hwerdere[X.]htszug an den Hauptsa[X.]here[X.]htszug anzuglei[X.]hen und mit der Re[X.]htsbes[X.]hwerde au[X.]h bei Nebenents[X.]heidungen die hö[X.]hstri[X.]hterli[X.]he Klärung grundsätzli[X.]her Re[X.]htsfragen zu ermögli[X.]hen (vgl. [X.]egründung des [X.], [X.]T-Dru[X.]ks. 14/4722, [X.] und 116), spre[X.]he dafür, § 574 ZPO beri[X.]htigend dahin auszulegen, dass die Re[X.]htsbes[X.]hwerde au[X.]h gegen Nebenents[X.]heidungen in Form eines Zwis[X.]henurteils statthaft ist (R. [X.]ork in [X.], ZPO, 22. Aufl., § 71 Rn. 8; vgl. au[X.]h S[X.]hnauder, [X.], 162, 168, der ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers vermutet; vgl. weiter Mün[X.]hKomm.ZPO/[X.], 3. Aufl., § 574 Rn. 16).

Dieser Ansi[X.]ht kann jedo[X.]h ni[X.]ht zugestimmt werden. Im [X.]li[X.]k auf den klaren Wortlaut des Gesetzes, der die Re[X.]htsbes[X.]hwerde ausdrü[X.]kli[X.]h nur gegen [X.]es[X.]hlüsse eröffnet, ist für eine beri[X.]htigende Auslegung kein Raum (im Ergebnis ebenso Musielak/[X.]all, ZPO, 9. Aufl., § 567 Rn. 10 und § 574 Rn. 2a; zur beri[X.]htigenden Auslegung vgl. etwa [X.], Urteil vom 11. Dezember 1961 - [X.] ([X.]) 6/61, [X.]St 17, 21, 25 f.; Urteil vom 13. April 1988 - [X.], [X.]Z 104, 158, 164). Es bestehen au[X.]h keine Anhaltspunkte für ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers.

Dur[X.]h die Anglei[X.]hung des [X.]es[X.]hwerdere[X.]htszugs an den Hauptsa[X.]here[X.]htszug sollen die [X.]es[X.]hwerden gegen erstinstanzli[X.]he Ents[X.]heidungen bei den zuständigen [X.]es[X.]hwerdegeri[X.]hten und die - neu eingeführten - Re[X.]htsbes[X.]hwerden gegen Ents[X.]heidungen im zweiten Re[X.]htszug beim [X.]undesgeri[X.]htshof konzentriert werden (vgl. [X.]egründung des [X.], [X.]T-Dru[X.]ks. 14/4722, [X.]). Ziel des Gesetzes ist also in erster Linie die Konzentration der Ents[X.]heidungszuständigkeit und ni[X.]ht die Eröffnung des [X.] hinsi[X.]htli[X.]h sämtli[X.]her erst- und zweitinstanzli[X.]her Ents[X.]heidungen. Eine sol[X.]he ist au[X.]h ni[X.]ht zwingend geboten. Au[X.]h na[X.]h dem bis zur Neuregelung dur[X.]h das [X.] geltenden Re[X.]ht war das im Zwis[X.]henstreit über die [X.] ergehende Zwis[X.]henurteil des Oberlandesgeri[X.]hts unanfe[X.]htbar (§ 567 Abs. 4 ZPO aF; vgl. zur Vorgängerregelung § 567 Abs. 3 ZPO aF [X.], Urteil vom 27. Februar 1980 - [X.], [X.]Z 76, 299, 301; Urteil vom 11. Februar 1982 - [X.], NJW 1982, 2070).

Eine hö[X.]hstri[X.]hterli[X.]he Klärung grundsätzli[X.]her Re[X.]htsfragen im Wege der Re[X.]htsbes[X.]hwerde ist au[X.]h bei Nebenents[X.]heidungen in Form von Zwis[X.]henurteilen gewährleistet. Ents[X.]heidet das Landgeri[X.]ht oder das Oberlandesgeri[X.]ht in zweiter Instanz als [X.]es[X.]hwerdegeri[X.]ht dur[X.]h [X.]es[X.]hluss über die sofortige [X.]es[X.]hwerde gegen ein Zwis[X.]henurteil, hat es die Re[X.]htsbes[X.]hwerde zum [X.]undesgeri[X.]htshof (§ 133 GVG) na[X.]h § 574 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 ZPO - mit bindender Wirkung (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO) - zuzulassen, wenn die Re[X.]htssa[X.]he grundsätzli[X.]he [X.]edeutung hat oder die Fortbildung des Re[X.]hts oder die Si[X.]herung einer einheitli[X.]hen Re[X.]htspre[X.]hung eine Ents[X.]heidung des Re[X.]htsbes[X.]hwerdegeri[X.]hts erfordert.

III. Dana[X.]h ist die Re[X.]htsbes[X.]hwerde auf Kosten der Streithelferin zurü[X.]kzuweisen. Geri[X.]htskosten für das Re[X.]htsbes[X.]hwerdeverfahren werden gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG ni[X.]ht erhoben (vgl. [X.], Urteil vom 26. Oktober 1979 - [X.], [X.], 203, 204 mwN).

[X.]ornkamm                         S[X.]haffert                          Kir[X.]hhoff

                       Ko[X.]h                             Löffler

Meta

I ZB 7/12

05.12.2012

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG München, 5. Januar 2012, Az: 6 Sch 11/10 WG

§ 71 Abs 2 ZPO, § 574 Abs 1 S 1 Nr 2 ZPO, § 574 Abs 3 S 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.12.2012, Az. I ZB 7/12 (REWIS RS 2012, 719)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 719

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