Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.05.2011, Az. V ZR 99/10

5. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6396

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Gegenstand

Beschlussanfechtung im Wohnungseigentumsverfahren: Klagefristwahrung durch Zustellung der Klage an den Wohnungseigentumsverwalter; Heilung des Zulässigkeitsmangels unterlassener Nachreichung einer Eigentümerliste


Leitsatz

1. Die Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG wird durch die Zustellung der Klage an den Verwalter der WEG gewahrt. Dass die Namen und die ladungsfähigen Anschriften der zu verklagenden übrigen Wohnungseigentümer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht nachgereicht werden, ändert daran nichts .

2. Werden die Namen und die ladungsfähigen Anschriften der übrigen Wohnungseigentümer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht nicht nachgereicht, ist die Klage als unzulässig abzuweisen. Der Zulässigkeitsmangel kann im Berufungsrechtszug geheilt werden .

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] (Oder) vom 30. April 2010 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen den Beschluss zu [X.] (Wohngeldabrechnung 2008) der Eigentümerversammlung vom 27. Juni 2009 hinsichtlich der Einzelabrechnung für die Klägerin abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft ([X.]). Sie streiten, soweit hier noch von Interesse, über die Gültigkeit der Beschlüsse, die die Wohnungseigentümer auf der Eigentümerversammlung am 27. Juni 2009 zu den Tagesordnungspunkten ([X.]) 2 - Wohngeldabrechnung 2008 und [X.] 3 - Wohngeldabrechnung 2006 fassten. Zu [X.] 2 billigten die anwesenden Eigentümer einstimmig die Wohngeldabrechnung für 2008. Zu [X.] 3 beschlossen sie "zur Begleichung der in 2006 entstandenen Kosten" eine Sonderumlage von 10.000 €, zu tragen nach [X.]. Die Klägerin hat am 27. Juli 2009 bei dem Amtsgericht eine Beschlussanfechtungsklage eingereicht, in welcher sie die gefassten Beschlüsse mit der Begründung angreift, ihr Sondereigentum sei wegen erheblicher Abweichungen der Bauausführung von dem Aufteilungsplan nicht entstanden und auch nicht nutzbar. Deshalb sei sie an den Lasten der [X.] nicht zu beteiligen. Die dem Verwalter zugestellte Klage ist gegen die übrigen Wohnungseigentümer der Anlage gerichtet, enthält aber keine Eigentümerliste. Eine vor der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht vorgelegte Liste weist zwar die Namen, aber nicht die [X.] Anschriften der übrigen Wohnungseigentümer aus. Diese sind erst im Berufungsverfahren (von diesen selbst) mitgeteilt worden.

2

Das Amtsgericht hat unter Abweisung der Klage im Übrigen den Beschluss zu [X.] 3 insgesamt und den zu [X.] 2 insoweit für ungültig erklärt, "als die Klägerin in der Einzelabrechnung mit Nachzahlungen belastet wird". Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision möchte die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen. Die Beklagten beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.

3

Das Berufungsgericht meint, das Amtsgericht habe die Klage als unzulässig abweisen müssen, weil die Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung die [X.] Anschriften der übrigen Wohnungseigentümer nicht angegeben habe. Die Klage sei aber zulässig geworden, nachdem die Beklagten ihre [X.] Anschriften im Berufungsverfahren selbst mitgeteilt hätten. In der Sache habe sie keinen Erfolg. Der gegen die Wohngeldabrechnung für 2008 erhobene Einwand der Klägerin, ihr Sondereigentum sei nicht entstanden, gehe fehl. Das der Klägerin zugewiesene Sondereigentum sei trotz der Abweichungen der Bauausführung von der Teilungserklärung eindeutig abgrenzbar. Der Beschluss zu [X.] über die Sonderumlage könne nicht mit der Berufung auf Fehler in der Einladung angegriffen werden. Auf diesen Gesichtspunkt habe sich die Klägerin innerhalb der [X.] nicht gestützt.

II.

4

Die Revision ist statthaft und auch sonst zulässig.

5

Das Berufungsgericht hat die Revision im Tenor seiner Entscheidung uneingeschränkt zugelassen. Eine Beschränkung ergibt sich auch nicht, was allerdings möglich wäre ([X.], Urteil vom 29. Januar 2003 - [X.], [X.]Z 153, 358, 360 f.) aus der Begründung, die das Berufungsgericht für die Zulassung des Rechtsmittels gegeben hat. Die Zulassung der Revision soll die Klärung der Frage ermöglichen, ob eine Beschlussanfechtungsklage zulässig ist, wenn der Kläger die vollständige und richtige Liste der übrigen Wohnungseigentümer in erster Instanz nicht vorlegt und dieser Mangel erst im Berufungsverfahren geheilt wird. Auf diese Frage kommt es nach dem Urteil des Berufungsgerichts nicht an, weil dieses die Klage im Ergebnis als zulässig angesehen und durch Sachurteil abgewiesen hat. Die Begründung trägt daher zwar die Zulassung nicht, lässt aber eine Einschränkung der dennoch ausgesprochenen uneingeschränkten Zulassung nicht, jedenfalls nicht mit der erforderlichen Klarheit erkennen ([X.], Urteil vom 3. März 2005 - [X.], NJW-RR 2005, 715, 716).

III.

6

Die Revision ist teilweise begründet.

7

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die zunächst unzulässige Klage im Berufungsverfahren zulässig geworden ist und nicht mehr als unzulässig abgewiesen werden durfte.

8

a) Eine zulässige Klage erforderte allerdings nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4, § 130 Nr. 1 ZPO die Angabe nicht nur des Namens, sondern auch einer Anschrift des Beklagten ([X.], Urteil vom 9. Dezember 1987 - [X.], [X.]Z 102, 333, 335), unter welcher er geladen werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 31. Oktober 2000 - [X.], [X.]Z 145, 358, 364). Diese Angaben müssen zwar nach § 44 Abs. 1 [X.] nicht schon in der Klageschrift enthalten sein. Sie können vielmehr bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz nachgeholt werden. Geschieht dies aber nicht oder - wie hier - nicht vollständig, ist die Klage als unzulässig abzuweisen (Begründung der [X.]-Novelle 2007 in BT-Drucks. 16/887 S. 36).

9

b) Die fehlende Angabe einer [X.] Anschrift der beklagten [X.] kann indessen im [X.] nachgeholt, der Mangel der Zulässigkeit der Klage geheilt werden ([X.], Urteil vom 9. Dezember 1987 - [X.], [X.]Z 102, 333, 336). Dazu reicht es aus, wenn die beklagte [X.] ihre ladungsfähige Anschrift im [X.] selbst angibt. Es ist nicht erforderlich, dass diese Angabe von der klagenden [X.] in das Verfahren eingeführt wird oder sich diese die Angabe der beklagten [X.] zu eigen macht ([X.], Urteil vom 4. März 2011 - [X.], [X.], 317, 318 Rn. 12). Es genügt, wenn die von der beklagten [X.] gemachten Angaben unstreitig werden. So liegt es hier. Die Beklagten haben ihre [X.] Anschriften mitgeteilt. Sie sind von der Klägerin nicht angezweifelt worden und damit unstreitig.

2. Zu Recht hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass die Klage nicht schon nach § 46 Abs. 1 [X.] deshalb unbegründet ist, weil die [X.] Anschriften der Beklagten erst in dem Berufungsverfahren angegeben worden sind.

a) Die Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 [X.] wird durch die Erhebung der Klage, also durch deren Zustellung gewahrt (§ 253 Abs. 1 ZPO; [X.], Urteil vom 16. Januar 2009 - [X.], [X.]Z 179, 230, 235 Rn. 15). Dabei liegt eine wirksame Zustellung auch dann vor, wenn die Klage nicht der beklagten [X.] selbst, sondern - wie hier - ihrem gesetzlichen Zustellungsvertreter (§ 45 Abs. 1 [X.]) zugestellt worden ist.

b) Dass ladungsfähige Anschriften der Beklagten erst im [X.] beigebracht worden sind, spielt für die Wahrung der materiellen Ausschlussfrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] (zum [X.], Urteil vom 16. Januar 2009 - [X.], [X.]Z 179, 230, 233 Rn. 8) keine Rolle.

aa) Die nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO erforderliche Bezeichnung der [X.]en und der Angabe ladungsfähiger Anschriften ist Bestimmtheits-, nicht aber [X.] (Klein in [X.], [X.], 11. Aufl., § 44 Rn. 10). Ihr kommt Bedeutung lediglich für die verfahrensrechtliche Frage zu, ob die Klage durch Prozessurteil abzuweisen ist (oben 1.). Folgerichtig hat der Gesetzgeber die Folge eines Verstoßes gegen die Obliegenheit zur Nachreichung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht in einer Abweisung der Klage als unbegründet, sondern in einer Abweisung als unzulässig gesehen (BT-Drucks. 16/887 S. 36). Das gilt umso mehr, als sich der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des § 46 Abs. 1 Satz 2 [X.] an der materiellrechtlichen Klagefrist nach § 246 AktG orientiert hat (BT-Drucks. 16/887, [X.]). Für diese ist anerkannt ([X.]/[X.], 2. Aufl., § 246 Rn. 38; [X.]/[X.], 4. Aufl., § 246 Rn. 18), dass es für ihre Einhaltung allein auf die fristgerechte Einreichung und die Zustellung der Klage ankommt und deshalb sogar die Einreichung der Klage bei einem unzuständigen Gericht unschädlich ist. Dem ist der [X.] für die Klagefrist nach § 23 Abs. 4 [X.] aF gefolgt (Beschluss vom 17. September 1998 - [X.], [X.], 3648). Damit wäre es unvereinbar, entfiele die materiell-rechtliche Wirkung einer fristgerechten Klageerhebung auf Grund von späteren prozessualen Versäumnissen.

bb) [X.] Erwägungen untermauern das von dem [X.] zugrunde gelegte Normverständnis. Mit den Ausschlussfristen nach § 46 Abs. 1 Satz 2 [X.] soll erreicht werden, dass die Wohnungseigentümer und der mit der Ausführung von Beschlüssen betraute Verwalter alsbald Klarheit darüber gewinnen, welcher Beschluss aus welchen Gründen angefochten wird ([X.], Urteil vom 6. November 2009 - [X.], [X.], 446, 447 Rn. 16; vgl. auch [X.], Urteil vom 16. Januar 2009 - [X.], [X.]Z 179, 230, 237 Rn. 20). Da der Verwalter gehalten ist, die Wohnungseigentümer zu informieren (vgl. auch [X.], Urteil vom 5. März 2010 - [X.], [X.], 2132, 2133 Rn. 11 mwN), wird dieser Zweck auch dann erreicht, wenn die Klage fristwahrend dem Verwalter als Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer zugestellt worden ist. Auf die Frage, ob und zu welchem Zeitpunkt die beklagten Wohnungseigentümer in einer § 253 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO genügenden Weise bezeichnet worden sind, kommt es dann nicht an.

3. Mit der gegebenen Begründung lässt sich die Abweisung der Klage gegen den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 27. Juni 2009 über die Einzelabrechnung für die Klägerin für das Wirtschaftsjahr 2008 nicht rechtfertigen.

a) Das ergibt sich allerdings entgegen der Ansicht der Revision nicht schon daraus, dass das der Klägerin zugewiesene Sondereigentum nicht entstanden wäre.

aa) Zweifelhaft ist schon, ob das Nichtentstehen des Sondereigentums der Klägerin etwas an ihrer Verpflichtung änderte, sich an den Kosten des [X.]seigentums zu beteiligen. Der [X.] hat entschieden, dass die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes - ähnlich wie bei einer werdenden oder faktischen Eigentümergemeinschaft - auch auf die Rechte und Pflichten der Inhaber isolierter Miteigentumsanteile in einer [X.] Anwendung finden (Urteil vom 5. Dezember 2003 - [X.], [X.], 1798, 1800). Zu den danach anwendbaren Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes werden auch die Vorschriften über die Beteiligung an den Kosten der ordnungsmäßigen Verwaltung des [X.]seigentums gerechnet ([X.], [X.], 213, 214; [X.], aaO, § 16 Rn. 163). Dafür spricht auch, dass sich der Inhaber eines sondereigentumslosen Miteigentumsanteils nach §§ 745, 748 BGB als Mitglied einer einfachen Miteigentümergemeinschaft an den Kosten des [X.]seigentums beteiligen müsste. Das bedarf hier jedoch keiner abschließenden Entscheidung.

bb) Das Sondereigentum der Klägerin ist, was das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, wirksam entstanden.

(1) Die Entstehung von Sondereigentum scheitert nicht schon daran, dass die tatsächliche Aufteilung des errichteten Gebäudes von der nach dem Aufteilungsplan vorgesehenen abweicht. Zwar sind dort vorgesehene äußere Begrenzungen des Sondereigentums nicht ausgeführt worden. Ein in dem Aufteilungsplan vorgesehenes Sondereigentum gelangt aber nur dann nicht wirksam zur Entstehung, wenn es gegen sonstiges Sondereigentum und gegen das [X.]seigentum nicht mehr eindeutig abgrenzbar ist ([X.], Urteile vom 18. Juli 2008 - [X.], [X.]Z 177, 338, 341 f. und vom 5. Dezember 2003 - [X.], [X.], 1798, 1800). Die ausreichend eindeutige Abgrenzbarkeit kann auch gegeben sein, wenn eine vorgesehene Trennwand fehlt, sich ihre Lage nach dem Aufteilungsplan indes eindeutig feststellen lässt ([X.], Urteil vom 18. Juli 2008 - [X.], aaO S. 343).

(2) So liegt es hier.

(a) Nach der Teilungserklärung und dem Aufteilungsplan, die der [X.] selbst auszulegen hat (Urteil vom 30. Juni 1995 - [X.], [X.]Z 130, 159, 166), umfasste das Sondereigentum der Kläger zwei in dem Aufteilungsplan als Mehrzweckräume bezeichnete und mit der Nummer 25 versehene große Kellerräume an den Stirnseiten des [X.] an abgesenkten Flächen, die den Räumen außerhalb der Kellerwände vorgelagert sind. Die Räume sind zwar nicht so errichtet worden, wie das in der Teilungserklärung vorgesehen ist. Sie lassen sich aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts dennoch mit der gebotenen Eindeutigkeit ausmachen. Diese tatrichterliche Würdigung unterliegt nur eingeschränkter revisionsrechtlicher Prüfung und ist in diesem Rahmen nicht zu beanstanden.

(b) [X.] des Gebäudes ist zwar mit den beiden der Klägerin zugeordneten Räumen zu einem einheitlichen Restaurant umgestaltet worden. Diese beiden Räume sind aber in der Darstellung der tatsächlichen Ausführung ohne weiteres erkennbar und gegen das [X.]seigentum abgrenzbar. Der eine der beiden Räume ist danach nur mit einem zusätzlichen Türdurchbruch versehen worden. Die teilweise Entfernung der [X.] des anderen Kellerraums zu den in der Teilungserklärung vorgesehenen "[X.]" im Souterrain ändert nichts daran, dass sich das der Klägerin zugewiesene Sondereigentum nach den weiterhin erkennbaren äußeren Grenzen des Baukörpers des Gebäudes hinreichend eindeutig feststellen lässt. Den mit dem Umbau verbundenen Verlust der Abgeschlossenheit hat das Berufungsgericht zu Recht als unerheblich angesehen (vgl. [X.], Urteil vom 18. Juli 2008 - [X.], [X.]Z 177, 338, 342). Die Vergrößerung der [X.] ist für die Entstehung des Sondereigentums unerheblich.

b) Ist das Sondereigentum der Klägerin entstanden, steht ihr schon deshalb nicht das Recht zu, die Hausgeldzahlung im Hinblick auf einen Anspruch auf Herstellung ihres Sondereigentums oder auf eine entsprechende Änderung der Teilungserklärung zurückzuhalten. [X.] Vortrag dazu, dass sie durch die [X.] gehindert worden sein könnte, ihr Sondereigentum zu nutzen, und deren Abrechnung deshalb treuwidrig wäre, hat die Klägerin nicht gehalten.

c) Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich aber nicht prüfen, ob die von der Eigentümerversammlung beschlossene Einzelabrechnung für das Sondereigentum der Klägerin im Übrigen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

aa) Unklar sind schon die Grundlagen der Abrechnung. Nach § 6 Nr. 1 der vorgelegten [X.]sordnung ([X.]) sind die Betriebskosten für die [X.]seinrichtungen nach den [X.] zu tragen. Ob dieser Verteilungsschlüssel für die Betriebskosten der "Zentralheizung und für sonstige etwa vorhandenen gemeinschaftliche Versorgungseinrichtungen" gelten sollte, ist nicht eindeutig, weil § 6 Nr. 2 [X.] hierfür eine Beteiligung "durch Umlage" vorsieht. Auch unabhängig davon ist nicht klar, ob tatsächlich alle Betriebskosten ganz oder teilweise nach [X.] umgelegt werden sollten. Die [X.]en haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht übereinstimmend erklärt, dass die Gesamt- und die Einzelabrechnungen für das Wirtschaftsjahr 2008 sowohl verbrauchsunabhängige als auch verbrauchsabhängige Positionen enthalten. Daraus hat das Amtsgericht den Schluss gezogen, dass jedenfalls ein Teil der Betriebskosten abweichend von § 6 Nr. 1 [X.] nach Verbrauch und nicht nach [X.] zu verteilen war. Ob das zutrifft, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

bb) [X.] ist dessen ungeachtet hinsichtlich der nachfolgenden Einzelpositionen nicht nachzuvollziehen: Be- und Entwässerung, Heiz- und Warmwasserkosten sowie Heizkosten Vorjahre.

(1) Die beiden erstgenannten Kosten sind nicht nach [X.] verteilt, sondern mit einem "Festbetrag" angesetzt worden. Das entspräche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Kosten nach Verbrauch umgelegt werden sollten. Bei einer Umlage nach Verbrauch könnten die Klägerin keine Kosten oder nicht Kosten in dem angesetzten Umfang treffen, weil sie ihr Sondereigentum im Wirtschaftsjahr 2008 unstreitig nicht genutzt hat. Eine Verteilung dieser Kosten nach [X.], wie sie in § 6 Nr. 1 [X.] vorgesehen ist, sieht die Einzelabrechnung insoweit nicht vor. Nicht festgestellt ist zudem, welche Warmwasserkosten im Wirtschaftsjahr 2008 noch umgelegt werden konnten, nachdem die Wohnungseigentümer im Jahr 2007 beschlossen hatten, die zentrale Warmwasserversorgung aufzugeben und die Warmwasserversorgung jedem einzelnen Wohnungseigentümer zu überlassen.

(2) Die Position "Heizkosten Vorjahre" ist, anders als die entsprechenden Kosten für das Wirtschaftsjahr 2008, nach [X.] umgelegt worden. Die Anwendung dieses Verteilungsschlüssels mag in der Umstellung des Versorgungssystems seinen Grund haben. Auch dazu fehlen Feststellungen.

cc) Gegen die von dem Amtsgericht beanstandete Position "Kosten Sondereigentum" hat die Klägerin dagegen nur den unzutreffenden Einwand erhoben, ihr Sondereigentum sei nicht entstanden. [X.] Vortrag dazu, weshalb der Ansatz dieser Kosten ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen soll, fehlt.

4. Unbegründet ist die Revision hinsichtlich des zu [X.] gefassten Beschlusses.

a) Auch dieser Beschluss verstößt entgegen der Auffassung der Revision nicht schon deshalb gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung, weil das Sondereigentum der Klägerin nicht entstanden wäre (dazu oben 3. a) bb).

b) Ob er formell zu beanstanden und deshalb für ungültig zu erklären wäre, wie das Amtsgericht gemeint hat, ist schon von dem Amtsgericht nicht zu prüfen gewesen und ist auch hier nicht zu prüfen. Mit diesem Einwand ist die Klägerin nach § 46 Abs. 1 [X.] ausgeschlossen, weil sie diesen Gesichtspunkt innerhalb der [X.] weder in [X.] vorgebracht (vgl. [X.], Urteil vom 16. Januar 2009 - [X.], [X.]Z 179, 230, 237) noch überhaupt angedeutet hat.

c) Der Beschluss zu [X.] ist auch nicht nichtig. Die Versäumung der [X.] würde die Klägerin zwar nicht daran hindern, Nichtigkeitsgründe geltend zu machen ([X.], Urteil vom 16. Januar 2009 - [X.], [X.]Z 179, 230, 236 Rn. 17). Solche liegen aber nicht vor. Das Sondereigentum der Klägerin fehlt, wie ausgeführt (oben 3. a) bb)) nicht. Fehler in der Einladung zu einer Eigentümerversammlung sind Mängel, die nur zur Anfechtbarkeit, aber nicht zur Nichtigkeit der angefochtenen Beschlüsse führen könnten (für Verstoß gegen § 21 Abs. 4 [X.]: [X.], Urteil vom 18. Juni 2010 - [X.], [X.]Z 186, 51 = [X.], 2513, 2515 Rn. 20; BayObLG, NJW-RR 1999, 520, 521; [X.], aaO, § 21 Rn. 54; für Verstoß gegen § 23 Abs. 2 [X.]: KG, [X.], 913, 914; [X.] ibid. § 23 Rn. 86, [X.]/Bub, BGB, Bearb. 2005 § 23 [X.] Rn. 186).

III.

Für die neue Verhandlung weist der [X.] auf Folgendes hin:

1. Es wird zunächst festzustellen sein, nach welchem Verteilungsschlüssel die Be- und Entwässerungskosten und die Heiz- und Warmwasserkosten im Wirtschaftsjahr 2008 umzulegen waren.

2. Falls sie ganz oder teilweise nach Verbrauch umzulegen waren, ist festzustellen, ob der angesetzte Festbetrag dem trotz unterbliebener Nutzung des Sondereigentums angefallenen Verbrauch der Klägerin oder den von ihr unabhängig von einem Verbrauch zu tragenden Kosten entspricht.

3. Schließlich wird festzustellen sein, ob in der Position "Heizkosten Vorjahre" (auch) nach Verbrauch abzurechnende Kosten enthalten sind und, falls

das zutrifft, ob den abgerechneten verbrauchsabhängigen Kosten auch ein entsprechender Verbrauch der Klägerin zugrunde liegt.

[X.]                Schmidt-Räntsch              Roth

         Brückner                     Weinland

Meta

V ZR 99/10

20.05.2011

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Frankfurt (Oder), 30. April 2010, Az: 6a S 138/09, Urteil

§ 45 Abs 1 WoEigG, § 46 Abs 1 S 2 WoEigG, § 253 Abs 2 Nr 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.05.2011, Az. V ZR 99/10 (REWIS RS 2011, 6396)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6396

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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