Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.07.2014, Az. 2 AZR 434/13

2. Senat | REWIS RS 2014, 3642

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Gegenstand

Ordentliche Kündigung - Auflösungsantrag des Arbeitgebers - Sonderkündigungsschutz - Gleichstellungsantrag nach Zugang der Kündigung


Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 21. November 2012 - 8 [X.] - aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 3. Juli 2012 - 31 [X.] 13956/11 - wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen den Feststellungsausspruch richtet.

3. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und einen [X.] der [X.]n.

2

Die [X.], ein [X.] Unternehmen, produziert und vertreibt medizinische Produkte. Sie hat in [X.] eine Niederlassung mit ca. 130 Arbeitnehmern. Die 1968 geborene Klägerin trat im Januar 2005 in ihre Dienste. Seit November 2009 war die Klägerin als „Direct Marketing Supervisor“ tätig. In dieser Funktion leitete sie ein Team von acht Mitarbeitern. Ihre Arbeitsaufgaben ergaben sich aus einer „Stellen-/Positionsbeschreibung“ und aus jährlich getroffenen Zielvereinbarungen.

3

In der [X.] von Ende August bis Mitte Oktober 2011 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Am 8. September 2011 beantragte sie beim [X.] ihre Anerkennung als schwerbehinderter Mensch. Kurz darauf unterrichtete sie davon die [X.]. Am 17. Oktober 2011 - dem Tag der Wiederaufnahme ihrer Arbeit - wurde ihr in einem Personalgespräch eröffnet, sie sei bis auf Weiteres gegenüber den Mitarbeitern ihres Teams nicht mehr weisungsberechtigt. Außerdem wurde ihr - anders als zuvor - ein Einzelbüro zugewiesen. Am 19., 20. und am 25. Oktober 2011 arbeitete sie auf Weisung der [X.]n eine Kollegin in das „Reporting“ über „Direktmarketing(DM)-Aktivitäten“ ein.

4

Am 28. Oktober 2011 beantragte die Klägerin beim Arbeitsgericht, die [X.] im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, sie als „Direct Marketing Supervisor“ einzusetzen und tätig werden zu lassen. Hilfsweise begehrte sie die Zuweisung von Tätigkeiten, die in ihrer Wertigkeit dieser Position entsprächen. Dem Gesuch fügte sie - neben ihrem Arbeitsvertrag und der „Stellen-/Positionsbeschreibung“ - eine eidesstattliche Versicherung vom 27. Oktober 2011 bei. Darin heißt es:

        

„In Kenntnis und im Bewusstsein der Tatsache, dass die vorsätzliche und fahrlässige Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung strafbar ist und diese eidesstattliche Versicherung Behörden und Gerichten vorgelegt wird, versichere ich […]:

        

…       

        

Am 17.10.2011 fand ein Gespräch zwischen der Geschäftsleitung, der Personalleitung und [X.] statt, in welchem [X.] durch den Managing Director / Country Manager [X.] […] mitgeteilt wurde, dass [X.] die Teamleitung entzogen und ich in ein Einzelbüro versetzt werde. Am Abend dieses Tages erhielt ich per E-Mail die Anordnung von [X.] […], dass ich [X.] ab sofort morgens und abends an der Rezeption an- und abzumelden habe. Bei [der [X.]n] gibt es kein [X.]erfassungssystem. …

        

Am 19., 20. und 25.10.2011 musste ich meine Mitarbeiterin […] in meine bisherigen Tätigkeiten einarbeiten. Am 21.10.2011 habe ich die offizielle Anordnung erhalten, ab sofort direkt an [X.] […] zu berichten. Gleichzeitig wurde [X.] mitgeteilt, dass das [X.] ab sofort bis auf weiteres von Frau […] geleitet wird. …

        

Faktisch werden [X.] seit dem 17.10.2011 keine Aufgaben mehr übertragen. Vielmehr wurden [X.] sämtliche Aufgaben und Verantwortung entzogen. Ich sitze in einem „leeren Büro“ und darf keinen Kontakt zu meinen Mitarbeitern und Kollegen haben und ihnen keine Weisungen mehr erteilen.“

5

Am 4. November 2011 schlossen die Parteien zur Beendigung des Verfahrens einen gerichtlichen Vergleich. Die [X.] verpflichtete sich, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen gemäß der Stellenbeschreibung mit der Einschränkung zu beschäftigen, dass es beim Entzug der Weisungsberechtigung verbleibe. Diese Abrede sollte längstens bis zum 15. Dezember 2011 gelten.

6

Mit Schreiben vom 30. November 2011 kündigte die [X.] das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Januar 2012. Sie hielt der Klägerin vor, bei Gericht eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben zu haben. Dagegen erhob die Klägerin fristgerecht die vorliegende Klage.

7

Mit Bescheid vom 17. Juli 2012 stellte das [X.] bei der Klägerin eine Behinderung mit einem Grad von 30 fest. Am 26. Juli 2012 beantragte diese bei der [X.] mit einem schwerbehinderten Menschen. Mit Bescheid vom 18. September 2012 sicherte die [X.] die Gleichstellung für den Fall zu, dass im Zuge ihrer Vermittlungsbemühungen oder eigener Bemühungen der Klägerin um einen Arbeitsplatz ein Arbeitgeber die Einstellung vom Vorliegen einer Schwerbehinderung abhängig machen sollte.

8

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil die [X.] - unstreitig - eine Zustimmung des [X.] nicht eingeholt habe. Jedenfalls sei die Kündigung sozial ungerechtfertigt. Der Vorwurf, sie habe ihre Vertragspflichten durch ihre eidesstattliche Erklärung verletzt, sei unberechtigt. Sie habe den Sachverhalt aus ihrer damaligen Perspektive zutreffend dargestellt. Mit dem Ausdruck „leeres Büro“ habe sie - erkennbar - ein „menschen- und aufgabenleeres Büro“ gemeint. Die einer Kollegin übertragene Aufgabe des „Reporting“ über „[X.]“ habe neben der Personalführung den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ausgemacht. Die betreffenden Anordnungen habe sie deshalb als den Entzug sämtlicher Aufgaben empfunden. Konkrete Arbeitsanweisungen seien ihr in der fraglichen [X.] nicht erteilt worden. Der Auswertung von [X.] habe sie sich nur gewidmet, um nicht mit dem Vorwurf einer Arbeitsverweigerung konfrontiert zu werden. Sie sei vom innerbetrieblichen [X.] abgeschnitten gewesen. Auch sonstige Post habe sie nicht mehr erreicht. Sie sei nicht zu „[X.]“ eingeladen worden, auch nicht zur [X.] oder anderen Treffen im Kollegenkreis. Mit ihr sei kaum mehr gesprochen worden. Sie habe davon ausgehen müssen, dies gehe auf die [X.] zurück, nachdem diese sie bereits zu einem früheren [X.]punkt darum gebeten habe, mit einer Kollegin während schwebender Auseinandersetzungen keinen Umgang zu pflegen.

9

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 30. November 2011 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die [X.] zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Bedingungen als „Direct Marketing Supervisor“ weiter zu beschäftigen.

Die [X.] hat zuletzt beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise,

        

das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, die 15.000,00 Euro brutto nicht überschreiten möge, zum 31. Januar 2012 aufzulösen.

Die [X.] hat gemeint, die Kündigung sei durch Gründe im Verhalten der Klägerin bedingt. Diese habe in dem vorausgegangenen Verfahren vorsätzlich eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben. Das „Reporting“ und die Anleitung des nachgeordneten Bereichs hätten nur einen Teil ihrer Tätigkeiten ausgemacht. Alle sonstigen in der Stellenbeschreibung genannten Aufgaben aus dem Bereich „[X.]“ seien der Klägerin - bis auf die Teilnahme an Messen und Kongressen - geblieben. Die Behauptungen, sie habe eine Kollegin in „ihre bisherigen Aufgaben einarbeiten [müssen]“ und ihr seien „sämtliche Aufgaben und Verantwortung entzogen [worden]“, seien deshalb objektiv falsch. Ebenso falsch sei die mit dem Hinweis auf ein „leeres Büro“ verbundene Behauptung, untätig zu sein. Die Klägerin habe sich mit der Auswertung von [X.] einer ihr originär übertragenen Arbeitsaufgabe gewidmet. Das ihr zugewiesene Büro sei voll ausgestattet gewesen. Die räumliche Veränderung sei ausschließlich durch den Wechsel von Mitarbeitern einer Schwesterfirma zu ihr - der [X.]n - bedingt gewesen. Es habe auch kein Verbot bestanden, mit Arbeitskollegen Kontakt zu pflegen. Soweit sich die Klägerin auf gegenteilige subjektive Einschätzungen berufe, handele es sich um Schutzbehauptungen. Einer Abmahnung habe es nicht bedurft. Die Klägerin habe versucht, durch eine verzerrende Darstellung der betrieblichen Verhältnisse einen [X.] zu ihrem - der [X.]n - Nachteil zu erzielen.

Zumindest sei der [X.] begründet. Eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit mit der Klägerin sei nicht mehr zu erwarten. Man führe mittlerweile mehrere Rechtsstreitigkeiten gegeneinander, in denen die Klägerin bewusst falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt habe. Ihr fehle zudem die Bereitschaft, ihre neue Vorgesetzte zu akzeptieren.

Die Klägerin hat beantragt, den [X.] abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben; ihren [X.] hatte die [X.] erstinstanzlich noch nicht gestellt. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt die Klägerin auch mit Blick auf den [X.] die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision hat [X.]rfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und im Umfang des [X.] zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen [X.]ntscheidung (§ 563 Abs. 3 ZPO). Im Übrigen war die Sache mangels [X.]ntscheidungsreife an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

A. Die Revision ist zulässig. Dass sie vor Zustellung des Berufungsurteils eingelegt wurde, ist unerheblich. [X.]s genügt, dass im [X.]punkt der Rechtsmitteleinlegung - wie hier - die angefochtene [X.]ntscheidung bereits verkündet war (vgl. [X.] 26. Juli 2012 - 6 [X.] - Rn. 18 mwN). Die [X.] (§ 74 Abs. 1 Satz 1 bis 3 ArbGG) ist gewahrt.

B. Die Revision ist begründet. Das [X.] hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Kündigung vom 30. November 2011 ist unwirksam ([X.]). Ob der damit zur [X.]ntscheidung angefallene [X.] der [X.] begründet ist, steht noch nicht fest (I[X.]). Der insoweit gebotenen Zurückverweisung unterliegt auch der Antrag der [X.] auf vorläufige Weiterbeschäftigung (II[X.]).

[X.] Die Kündigung ist unwirksam. Sie ist nicht durch Gründe im Verhalten der [X.] bedingt und deshalb sozial ungerechtfertigt (§ 1 Abs. 1, Abs. 2 [X.]).

1. [X.]ine Kündigung ist iSv. § 1 Abs. 2 [X.] durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht. Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken ([X.] 10. April 2014 - 2 [X.] - Rn. 13; 3. November 2011 - 2 [X.] - Rn. 20 mwN).

2. Gibt der Arbeitnehmer in einem Rechtsstreit mit dem Arbeitgeber vorsätzlich eine falsche eidesstattliche Versicherung ab, kann dies die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses - womöglich gar die außerordentliche - rechtfertigen ([X.]Rspr., [X.] 24. November 2005 - 2 [X.] - Rn. 23; 20. November 1987 - 2 [X.] - zu II 2 a der Gründe mwN). [X.]in solches Verhalten stellt - unabhängig von seiner Strafbarkeit - eine erhebliche Verletzung der den Arbeitnehmer gemäß § 241 Abs. 2 BGB treffenden Nebenpflicht dar, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen und sie in zumutbarem Umfang zu wahren. [X.]ntsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer in einem Gerichtsverfahren mit dem Arbeitgeber leichtfertig Tatsachenbehauptungen aufstellt, deren Unhaltbarkeit auf der Hand liegt ([X.] 29. August 2013 - 2 [X.] - Rn. 37; 24. März 2011 - 2 [X.] - Rn. 22).

3. [X.]in Arbeitnehmer kann sich für falsche Tatsachenbehauptungen nicht auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen. [X.] Angaben sind vom Schutzbereich des Grundrechts nicht umfasst ([X.] 25. Oktober 2012 - 1 BvR 901/11 - Rn. 19). Anderes gilt für Äußerungen, die ein Werturteil enthalten. Sie können zum einen - ebenso wie rechtliche Schlussfolgerungen oder die Wiedergabe subjektiver [X.]inschätzungen - nicht tauglicher Gegenstand einer eidesstattlichen Versicherung sein (vgl. [X.]/[X.] 2. Aufl. § 156 Rn. 60). Im Zivilprozess können lediglich tatsächliche Behauptungen durch Versicherung an [X.]ides statt glaubhaft gemacht werden (§ 294 Abs. 1 ZPO). Werturteile fallen zum anderen in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 GG. Dasselbe gilt für Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen, sofern sie durch die [X.]lemente der Stellungnahme, des [X.] oder [X.] geprägt sind ([X.] 25. Oktober 2012 - 1 BvR 901/11 - Rn. 18; 8. Mai 2007 - 1 [X.] - Rn. 21).

4. [X.]ine Tatsachenbehauptung zeichnet sich dadurch aus, dass die [X.]rklärung einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist ([X.] 29. August 2013 - 2 [X.] - Rn. 35; [X.] 22. Februar 2011 - VI ZR 120/10 - Rn. 22; jeweils mwN). Falsch ist eine Behauptung, wenn sie im Hinblick auf ihren Gegenstand der Wahrheit nicht entspricht, also die Wirklichkeit unzutreffend wiedergibt. Das ist der Fall, wenn der Inhalt der Aussage mit der objektiven Sachlage nicht übereinstimmt. Auch das Verschweigen von Tatsachen macht eine Behauptung falsch, wenn die spezifische Unvollständigkeit nicht offenbart, sondern die Aussage als vollständige ausgegeben wird und dadurch ihr Gegenstand in einem falschen Licht erscheint ([X.] 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - zu II 2 a der Gründe mwN; [X.] Jura 1998, 337). Dabei ist freilich zu berücksichtigen, dass jede Äußerung in ihrem Kontext zu sehen ist und nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden darf ([X.] 29. August 2013 - 2 [X.] - Rn. 40; [X.] 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - zu II 2 der Gründe). Das gilt auch im Rahmen der Beurteilung, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil anzusehen ist (vgl. [X.] 24. Juli 2013 - 1 BvR 444/13, 1 BvR 527/13 - Rn. 18; [X.] 29. August 2013 - 2 [X.] - aaO). Die jeweilige [X.]instufung durch das Berufungsgericht unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle (vgl. [X.] 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - zu II 2 a aa der Gründe; zum Fehlen einer Bindung an die Feststellungen der [X.]e siehe auch [X.] 19. April 1990 - 1 BvR 40/86, 1 [X.] - zu [X.] 1 der Gründe, [X.][X.] 82, 43).

5. Danach war eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien nicht gerechtfertigt.

a) Die Beklagte stützt ihre Kündigung auf die eidesstattliche Versicherung der [X.] vom 27. Oktober 2011. Diese scheidet nicht deshalb als Kündigungsgrund aus, weil sich die Parteien in dem Verfahren auf [X.]rlass einer einstweiligen Verfügung auf einen Vergleich verständigt haben. Dadurch hat die Beklagte nicht zum Ausdruck gebracht, sie werde aus dem vorausgegangenen Verhalten der [X.] keine nachteiligen Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses mehr ableiten. Mit der Kündigung hat sich die Beklagte auch nicht in einen nach § 242 BGB beachtlichen Widerspruch zu den materiellen Regelungen des Vergleichs gesetzt. Die Verständigung über die Modalitäten einer Beschäftigung der [X.] bezieht sich auf das ungekündigte Arbeitsverhältnis. Die Regelungen sollten überdies allenfalls bis zum 15. Dezember 2011 gelten und hatten dementsprechend nur vorläufigen Charakter. Jedenfalls an einer ordentlichen, für einen späteren [X.]punkt erklärten Kündigung war die Beklagte aufgrund des Vergleichs nicht gehindert. Das hat das [X.] zutreffend erkannt.

b) Nicht frei von [X.] ist seine Würdigung, die eidesstattliche [X.]rklärung enthalte in allen beanstandeten Punkten falsche Tatsachenbehauptungen.

aa) Bei der Äußerung der [X.], sie habe eine Kollegin in „ihre bisherigen Tätigkeiten“ einarbeiten müssen, mag es sich zwar um eine Tatsachenbehauptung handeln. Diese ist aber nicht deshalb objektiv falsch, weil die [X.] ihre Kollegin - unstreitig - lediglich in die „Patientenselektion der Datenbank“ und das monatliche Berichtswesen, demnach nur in einem Teil ihrer Arbeitsaufgaben einweisen musste. Soweit das [X.] angenommen hat, die [X.] habe in ihrer Versicherung - fälschlich - zum Ausdruck gebracht, sie habe die Kollegin in sämtliche ihrer Tätigkeiten einarbeiten müssen, übersieht es, dass die beanstandete Aussage einen solchen Sinn schon dem Wortlaut nach nicht enthält.

bb) [X.]in solches Verständnis ist nicht deshalb geboten, weil die [X.] im letzten Absatz ihrer Versicherung angegeben hat, ihr seien „sämtliche Aufgaben und Verantwortung entzogen worden“. Die Äußerung schließt sich unmittelbar an die Behauptung an, ihr seien seit dem 17. Oktober 2011 „faktisch“ keine Aufgaben mehr übertragen worden. Das lässt zum einen die Interpretation zu, dass sie mit der beanstandeten Aussage - erneut - nur auf das Fehlen konkreter Arbeitsaufgaben hat hinweisen wollen. Der aufgezeigte Kontext spricht zum anderen - ausgehend vom verständigen [X.] - dafür, dass die [X.] mit ihrer Aussage einen wertenden, von ihrem subjektiven Dafürhalten und Meinen geprägten Schluss hat ziehen wollen, der auf dem Ausbleiben von Aufgabenzuweisungen beruhte. Darauf, ob diese Wertung objektiv vertretbar war, kommt es nicht an. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, wird dadurch die Äußerung nicht zu einer reinen Tatsachenbehauptung.

cc) Ob es sich bei den Ausführungen zum „faktischen“ Fehlen einer Aufgabenübertragung um eine Tatsachenbehauptung oder um ein Werturteil handelt, kann dahinstehen. Die Beklagte hat für den erstgenannten Fall nicht dargetan, die Aussage sei erweislich falsch. Sie hat lediglich auf die Stellenbeschreibung und der [X.] darin übertragene Arbeitsaufgaben verwiesen. Darauf kommt es ebenso wenig an wie auf die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob zu diesen der [X.] allgemein übertragenen Tätigkeiten die Auswertung von [X.] zählte. Die fragliche Äußerung in der eidesstattlichen Versicherung hebt erkennbar auf das - unstreitige - Ausbleiben einer Zuweisung spezifischer zu erledigender Arbeiten in der [X.] nach dem 17. Oktober 2011 ab.

dd) Soweit die [X.] versichert hat, sie sitze in einem „leeren Büro“, sprechen schon die von ihr gesetzten Anführungszeichen deutlich dafür, dass es sich insoweit um eine Wertung und nicht um eine Tatsachenbehauptung handelt. Umstände, die einem solchen Verständnis widersprechen, sind nicht ersichtlich. Die beanstandete Aussage kann nicht tauglicher Inhalt einer eidesstattlichen Versicherung sein. Das gilt unabhängig davon, ob die Äußerung sich auf die technische Ausstattung des Büros oder darauf bezog, dieses sei „leer“ an Aufgaben und anderen Menschen.

ee) Die Annahme des [X.]s, die [X.] habe mit der Äußerung, sie „dürfe“ keinen Kontakt zu Mitarbeitern und Kollegen haben, objektiv und wahrheitswidrig behauptet, die Beklagte habe ihr gegenüber ein entsprechendes Verbot ausgesprochen, liegt fern. Zwar schließt der Wortlaut der [X.]rklärung eine solche Deutung nicht gänzlich aus. Sie kann aber ebenso gut als wertende Beschreibung eines tatsächlichen Zustands verstanden werden. Im [X.]rgebnis liegt ein solches Verständnis näher. Zum einen schließt sich die Aussage unmittelbar an die Ausführungen zur „Leere“ des zugewiesenen Büros an. Zum anderen hat die [X.], wenn sie bestimmte konkrete Anordnungen und Weisungen seitens der [X.] behauptet hat, dies [X.] - insbesondere durch zeitliche [X.]ingrenzung - eigens deutlich gemacht.

c) Die Kündigung ist selbst dann nicht durch Gründe iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] bedingt, wenn zugunsten der [X.] angenommen wird, jedenfalls die Äußerung der [X.], ihr seien „sämtliche Aufgaben […] entzogen [worden]“, stelle eine unzutreffende, die wahren Gegebenheiten verzerrende Tatsachenbehauptung dar. Die im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen tragen nicht das [X.]rgebnis, die [X.] habe insoweit vorsätzlich falsche Angaben gemacht.

aa) Vorsatz besteht im Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung. [X.] Vorsatz reicht dafür aus ([X.] 11. Juli 2013 - 2 [X.] 994/12 - Rn. 22; 28. April 2011 - 8 [X.] 769/09 - Rn. 50; für den Anwendungsbereich von § 156 StGB vgl. Fischer StGB 61. Aufl. § 156 Rn. 17; [X.]/[X.] § 156 Rn. 79). Der an [X.]ides statt [X.]rklärende muss demnach wissen, welche Tatsachen seine [X.]rklärungspflicht begründen. [X.]r muss zudem die Unrichtigkeit seiner Behauptungen erkennen und deren Unwahrheit in seinen [X.] aufnehmen. [X.]r muss die Unvollständigkeit und Unrichtigkeit zumindest für möglich halten und billigend in Kauf nehmen ([X.] 11. Juli 2013 - 2 [X.] 994/12 - aaO).

bb) Die Bewertung eines Fehlverhaltens als vorsätzlich oder fahrlässig liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. Sie ist Gegenstand der tatrichterlichen Würdigung iSv. § 286 ZPO. Das Revisionsgericht kann die Feststellung innerer Tatsachen nur daraufhin prüfen, ob das [X.] von den richtigen Beurteilungsmaßstäben ausgegangen ist, die wesentlichen Umstände berücksichtigt und keine Denkgesetze, [X.]rfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt hat ([X.] 11. Juli 2013 - 2 [X.] 994/12 - Rn. 24; 9. Juni 2011 - 2 [X.] 381/10 - Rn. 16).

cc) Die angefochtene [X.]ntscheidung hält auch dieser eingeschränkten Überprüfung nicht stand.

(1) Das [X.] hat angenommen, die [X.] habe die Unwahrheit ihrer Aussage erkannt und in ihren Willen aufgenommen. Die behaupteten Umstände seien Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen und es gebe keine Anhaltspunkte für die Annahme, sie habe bei der Abfassung der eidesstattlichen [X.]rklärung nicht genügend Sorgfalt walten lassen.

(2) Diese Beurteilung lässt außer [X.], dass der [X.] mit ihren [X.]n und dem Berichtswesen wesentliche, für ihre Leitungstätigkeit charakteristische Aufgaben entzogen worden waren. Unabhängig vom zeitlichen Umfang dieser Tätigkeiten ist es nicht ausgeschlossen, dass die [X.] in ihnen subjektiv [X.] ihrer Tätigkeit erblickt hat. Da ihr nach dem 17. Oktober 2011 bis auf die [X.]inarbeitung einer Kollegin keine anderen konkrete Arbeitsanweisungen mehr erteilt worden waren, mag bei ihr durchaus der [X.]indruck entstanden sein, sie habe „nichts mehr zu tun“ und dies sei auch so gewollt. Dem steht die Aufgabe, Patientendaten auszuwerten, nicht zwingend entgegen. Die [X.] rechnete diese Tätigkeit nicht zu ihrem originären Zuständigkeitsbereich. Selbst wenn sie insoweit geirrt haben sollte, bedeutet dies nicht, es könne sich bei ihrer [X.]inlassung, sie habe den Sachverhalt aus ihrer damaligen subjektiven Sicht zutreffend geschildert, nur um eine Schutzbehauptung handeln.

(3) Unabhängig davon liegen keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, die [X.] habe gemeint, die ihr angelasteten Übertreibungen seien erforderlich gewesen, um das angestrebte [X.] - eine tatsächliche Beschäftigung als „Direct Marketing Supervisor“ - zu erreichen. Als [X.] ihrer Leitungstätigkeit hat sie die ihr entzogenen [X.] gegenüber nachgeordneten Mitarbeitern und das monatliche Reporting über „[X.]“ angesehen. Ob dies ausgereicht hätte, den geltend gemachten [X.] vor Gericht durchzusetzen, kann dahinstehen. Jedenfalls muss die [X.] nicht etwa notwendig davon ausgegangen sein, sie habe auf die Rechtssache durch die Behauptung, ihr seien „sämtliche“ Aufgaben entzogen worden, ein völlig falsches Licht geworfen.

d) Der Senat konnte über den Kündigungsschutzantrag selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). [X.]ine weitere Sachaufklärung wäre auch nach einer Zurückverweisung nicht zu erwarten. Gegen die [X.] kann allenfalls der Vorwurf erhoben werden, sie habe die eidesstattliche [X.]rklärung nicht vorsichtig genug formuliert und habe in Teilen leichtfertig falsche Angaben gemacht. Angesichts dessen ist die Kündigung unverhältnismäßig. Als Mittel zur Herbeiführung künftiger Vertragstreue hätte eine Abmahnung ausgereicht.

aa) Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. [X.]iner Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (vgl. [X.] 11. Juli 2013 - 2 [X.] 994/12 - Rn. 21; 25. Oktober 2012 - 2 [X.] 495/11 - Rn. 16).

bb) Im Streitfall wiegt das Verhalten der [X.] nicht so schwer, dass eine Abmahnung entbehrlich gewesen wäre. Zwar mag die [X.] einer Fehlvorstellung Vorschub geleistet haben, soweit sie behauptet und durch ihre eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht hat, ihr seien „sämtliche Aufgaben entzogen [worden]“. Auch mag das dieser Äußerung innewohnende überschießende [X.]lement für sie leicht erkennbar gewesen sein. Ihr kann aber mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht unterstellt werden, sie habe durch eine verzerrende Darstellung den Ausgang des Verfahrens auf [X.]rlass einer einstweiligen Verfügung entscheidend zu ihren Gunsten beeinflussen wollen. Auch hatte sie ihrem Antrag eine Stellenbeschreibung beigefügt, aus der sich der Umfang der ihr obliegenden Arbeitsaufgaben ergab. Danach und angesichts ihrer Behauptung, ihr sei mit dem [X.]ntzug der Teamleitung gleichzeitig aufgegeben worden, zukünftig unmittelbar an den „Managing Director/Country Manager“ zu berichten - was einer gänzlichen Beschäftigungslosigkeit widersprach - musste ihre Behauptung, ihr seien „sämtliche Aufgaben […] entzogen [worden]“, wenn nicht als substanzlos, so doch als erläuterungsbedürftig erscheinen. Dies hat das Arbeitsgericht, das im Ursprungsverfahren Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt hatte, ersichtlich nicht anders bewertet. Überdies war die [X.] durch den unvermittelten [X.]ntzug der Führungsverantwortung emotional stark belastet. Die Beklagte hatte die Maßnahme der [X.] gegenüber nicht näher begründet. Auch im vorliegenden Rechtsstreit hat sie keine konkreten Vorfälle benannt, die ihr Anlass gegeben hätten, der [X.] Führungsqualitäten und/oder teamorientiertes Arbeiten abzusprechen. Dies vermag deren hier zu [X.] Verhalten zwar nicht gänzlich zu entschuldigen. [X.]s lässt ihr Vorgehen aber in einem milderen Licht erscheinen.

cc) Ob die [X.]ntscheidung des [X.]s, das maßgeblich auf die Strafbarkeit des in Rede stehenden Verhaltens abgestellt hat, auch deshalb keinen Bestand haben kann, weil das Amtsgericht gegenüber der [X.] den [X.]rlass eines Strafbefehls wegen falscher eidesstattlicher Versicherung mittlerweile abgelehnt hat, bedarf keiner [X.]rörterung (zur grundsätzlichen Verpflichtung der Gerichte für Arbeitssachen, den Sachverhalt selbst aufzuklären vgl. [X.] 24. Mai 2012 - 2 [X.] 206/11 - Rn. 25 mwN).

I[X.] Wegen ihres Unterliegens im Kündigungsrechtsstreit fällt der Hilfsantrag der [X.] zur [X.]ntscheidung an. Dazu war die Sache mangels [X.]ntscheidungsreife an das [X.] zurückzuverweisen.

1. Der [X.] der [X.] ist aufgrund des Rechtsmittels der [X.] in die Revision gelangt, auch wenn das [X.] über ihn folgerichtig nicht entschieden hat. [X.]iner Anschlussrevision der [X.] bedurfte es nicht (vgl. [X.] 10. Oktober 2002 - 2 [X.] 598/01 - zu [X.] der Gründe; 20. August 1997 - 2 [X.] 620/96 - zu II 4 der Gründe).

2. Die Voraussetzungen, unter denen der Arbeitgeber berechtigt ist, den [X.] nach § 9 Abs. 1 Satz 2 [X.] zu stellen, liegen im Streitfall vor. Die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung vom 30. November 2011 beruht allein auf ihrer Sozialwidrigkeit (zu dieser Voraussetzung [X.] 24. November 2011 - 2 [X.] 429/10 - Rn. 19 mwN, [X.][X.] 140, 47). Sie ist - wie das [X.] zutreffend erkannt hat - nicht nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB unwirksam. [X.]iner Zustimmung des [X.] bedurfte es nicht.

a) Die [X.] ist nicht schwerbehindert iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX. Der Grad ihrer Behinderung beträgt gemäß dem Bescheid des [X.]s vom 17. Juli 2012 lediglich 30.

b) Die [X.] war zum [X.]punkt der Kündigung einem schwerbehinderten Menschen nicht gleichgestellt. [X.]ine Gleichstellung ist auch nicht zu einem späteren [X.]punkt erfolgt. Durch Bescheid der [X.] vom 18. September 2012 ist ihr eine Gleichstellung lediglich für den Fall zugesichert worden, dass ein Arbeitgeber ihre [X.]instellung von einer solchen Gleichstellung abhängig mache. Selbst wenn ein solcher „Zusicherungsbescheid“ (zu den Voraussetzungen vgl. [X.] 11. Juli 2007 - L 7 AL 61/06 -) kündigungsrechtlich wie eine Gleichstellung zu behandeln sein sollte, wirkte er frühestens auf den [X.] - den 26. Juli 2012 - zurück. Vor diesem [X.]punkt kommt ein Sonderkündigungsschutz der [X.] nicht in Betracht.

aa) Nach § 85 SGB IX iVm. § 68 Abs. 1 und 3, § 2 Abs. 3 SGB IX bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, der vorherigen Zustimmung des [X.]. Gemäß § 68 Abs. 2 SGB IX erfolgt die Gleichstellung eines behinderten Menschen mit schwerbehinderten Menschen auf dessen Antrag durch eine Feststellung nach § 69 SGB IX seitens der [X.].

bb) Die Gleichstellung wird gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 SGB IX mit dem Tag des [X.]ingangs des Antrags wirksam. Die behördliche [X.]ntscheidung ist für die Rechtsposition des Betroffenen konstitutiv. Im Unterschied zu den kraft Gesetzes geschützten Personen, bei denen durch die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch der gesetzlich bestehende Rechtsschutz nur festgestellt wird, wird der Schutz des Behinderten durch die Gleichstellung erst begründet ([X.] 10. April 2014 - 2 [X.] 647/13 - Rn. 39; 24. November 2005 - 2 [X.] 514/04 - zu [X.] 1 a der Gründe). Die [X.] darf die Gleichstellung rückwirkend nicht über den Tag des [X.]ingangs des Antrags hinaus aussprechen ([X.] in [X.]/[X.]/Majerski-[X.] SGB IX 12. Aufl. § 68 Rn. 24). [X.]iner erst nach Zugang der Kündigung beantragten Gleichstellung kommt demzufolge für die Wirksamkeit der Kündigung - selbst bei einem positiven Bescheid - keine Bedeutung zu (vgl. [X.] 10. April 2014 - 2 [X.] 647/13 - aaO; 24. November 2005 - 2 [X.] 514/04 - aaO).

cc) Die [X.] hat ihren Antrag auf Gleichstellung erst am 26. Juli 2012 und damit nach Zugang der Kündigung gestellt. Im Verhältnis zur [X.] ist es unerheblich, ob sie ihn, wäre ihr Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch schneller beschieden worden, schon früher gestellt hätte. Der Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch wiederum enthält - anders als die [X.] meint - nicht zugleich einen Antrag auf Gleichstellung für den Fall, dass ein Grad der Behinderung von weniger als 50, aber mindestens 30 festgestellt werden sollte.

(1) Die [X.] hat nicht behauptet, sie habe schon beim [X.] einen solchen (Hilfs-)Antrag ausdrücklich angebracht.

(2) Ohne entsprechende [X.]rklärung wiederum kann in dem [X.] nicht zugleich ein (vorsorglicher) Antrag auf Gleichstellung erblickt werden. Dies folgt schon daraus, dass für die Anträge unterschiedliche Behörden zuständig sind. Die [X.]ntscheidung über die Anerkennung obliegt den zuständigen [X.]n oder den durch Landesrecht bestimmten Behörden (§ 69 Abs. 1 SGB IX) bzw. den in § 69 Abs. 2 SGB IX genannten Dienststellen. Die [X.]ntscheidung über die Gleichstellung fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der [X.] (§ 68 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Unabhängig davon sind die Feststellung einer Schwerbehinderung und die Gleichstellung an unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen gebunden, die zu unterschiedlichen Prüfungen der jeweils zuständigen Stellen führen. Im Übrigen kann nicht als selbstverständlich unterstellt werden, dass ein behinderter Mensch für den Fall der [X.]rfolglosigkeit eines [X.]s seine Gleichstellung beantragen will.

(3) Die Trennung der Verfahren erschwert es Arbeitnehmern mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 nicht in unzumutbarer Weise, Sonderkündigungsschutz zu erlangen. Sie können vielmehr beide Verfahren von Beginn an parallel betreiben, insbesondere den Gleichstellungsantrag bei der [X.] vorsorglich für den Fall stellen, dass der Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft wegen eines GdB unter 50 beim [X.] erfolglos bleiben sollte ([X.] in LPK-SGB IX 4. Aufl. § 68 Rn. 11). Auch wenn die [X.] gehalten sein sollten, auf die Möglichkeit einer vorsorglichen Antragstellung bei der [X.] hinzuweisen (vgl. dazu [X.] in [X.]. § 68 Rn. 10, 11; [X.] in [X.] GK-SGB IX § 90 Rn. 65, 103; [X.] in [X.]-Wenner/[X.] SGB IX Teil 2 § 68 Rn. 34), folgte daraus selbst bei einer Verletzung der Hinweispflicht nicht, dass einer Gleichstellung Wirkung auf einen [X.]punkt vor [X.]ingang des Antrags bei der [X.] zukommen könnte. Für die bloße Zusicherung einer erforderlich werdenden Gleichstellung gilt nichts anderes.

c) Die kündigungsrechtlich unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 und schwerbehinderten Arbeitnehmern iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX stellt keine Diskriminierung der weniger stark behinderten Arbeitnehmer nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/[X.] vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. [X.] vom 2. Dezember 2000 S. 16) dar. [X.]benso wenig liegt ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG vor. Die weniger stark behinderten Arbeitnehmer erfahren nicht „wegen ihrer Behinderung“ eine ungünstigere Behandlung. Sie werden nicht weniger günstig als nicht behinderte Arbeitnehmer behandelt, sondern weniger günstig als stärker behinderte (vgl. [X.] 10. April 2014 - 2 [X.] 647/13 - Rn. 39).

3. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob der [X.] im Übrigen begründet ist. Das [X.] hat nicht geprüft, ob Gründe vorliegen, die einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit der Parteien entgegenstehen. [X.]s hat sich mit den dafür behaupteten Tatsachen nicht befasst und insoweit keine Feststellungen getroffen. Dies wird es nachholen müssen.

II[X.] Der Zurückverweisung unterliegt auch der Antrag der [X.] auf vorläufige Weiterbeschäftigung. [X.]r ist darauf gerichtet, die Beklagte zu verurteilen, sie „bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens“ in der zuletzt ausgeübten Funktion weiter zu beschäftigen. Zum Kündigungsschutzverfahren zählt der [X.] der [X.]. Aus diesem Grund ist der von der [X.] [X.] als unechter Hilfsantrag zu verstehen, über den nur unter der Voraussetzung zu entscheiden ist, dass sie mit ihrem Feststellungsantrag obsiegt und der [X.] der [X.] abgewiesen wird. Keine dieser Prämissen ist bislang erfüllt. Ob ein Antrag nach § 9 Abs. 1 Satz 2 [X.], solange er nicht abschlägig beschieden worden ist, ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers zu begründen vermag (vgl. [X.] 16. November 1995 - 8 [X.] 864/93 - zu [X.] der Gründe, [X.][X.] 81, 265), bedarf deshalb keiner [X.]ntscheidung.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Berger    

        

        

        

    Bartz    

        

    Alex    

                 

Meta

2 AZR 434/13

31.07.2014

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG München, 3. Juli 2012, Az: 31 Ca 13956/11, Urteil

§ 1 Abs 1 KSchG, § 1 Abs 2 S 1 Alt 2 KSchG, § 241 Abs 2 BGB, § 294 Abs 1 ZPO, § 9 Abs 1 S 2 KSchG, § 2 Abs 2 SGB 9, § 68 Abs 2 S 2 SGB 9, § 2 Abs 3 SGB 9, § 68 Abs 2 S 1 SGB 9, § 69 Abs 1 SGB 9, § 85 SGB 9, Art 5 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.07.2014, Az. 2 AZR 434/13 (REWIS RS 2014, 3642)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3642

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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