Bundessozialgericht, Urteil vom 03.09.2014, Az. B 10 ÜG 2/14 R

10. Senat | REWIS RS 2014, 3166

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Überlanges Gerichtsverfahren - unverzügliche Verzögerungsrüge in Altfällen - Dreimonatsfrist - Entschädigungsklage - Nichteinhaltung der sechsmonatigen Wartefrist - keine Heilung - Unschädlichkeit der Nichteinhaltung der Wartefrist bis zum 31.12.2014 - unangemessene Verfahrensdauer - Bedeutung des Verfahrens für den Kläger - nicht existenzsichernde Leistung - fehlende Erfolgsaussicht - Vorbereitungs- und Bedenkzeit des Gerichts - Zwölfmonatsregel - Prozessverhalten des Klägers - nicht sachdienliches Vorbringen - unstrukturierte und umfangreiche Schriftsätze - Prozesszinsen - sozialgerichtliches Verfahren - uneingeschränkt ausgesprochene Revisionszulassung - Beschränkung der Revision auf Geldentschädigung - Zurückverweisung


Leitsatz

1. Die Nichteinhaltung der Wartefrist vor Erhebung der Entschädigungsklage ist nicht heilbar (Anschluss an BGH Urteil vom 21.5.2014 - III ZR 355/13 = NJW 2014, 2443; BGH vom 17.7.2014 - III ZR 228/13 = NJW 2014, 2588; BFH vom 12.3.2013 - X S 12/13 (PKH) = BFH/NV 2013, 961).

2. Die Nichteinhaltung der Wartefrist ist im sozialgerichtlichen Entschädigungsverfahren während einer Übergangszeit bis zum 31.12.2014 unschädlich.

3. Die Verzögerungsrüge ist unverzüglich erhoben, wenn sie spätestens drei Monate nach Inkrafttreten des ÜGG (juris: ÜberlVfRSchG) beim Ausgangsgericht eingegangen ist (Fortsetzung von BSG vom 27.6.2013 - B 10 ÜG 9/13 B = SozR 4-1710 Art 23 Nr 1; Anschluss an BGH vom 10.4.2014 - III ZR 335/13 = NJW 2014, 1967; BGH vom 17.7.2014 - III ZR 228/13 = NJW 2014, 2588; BFH vom 7.11.2013 - X K 13/12 = BFHE 243, 126).

4. Eine Entschädigungsregelung ist ab Rechtshängigkeit mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 30. Oktober 2013 abgeändert und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über die Entschädigungszahlung an das [X.] zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 4700 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist die Entschädigung von Nachteilen infolge einer überlangen Verfahrensdauer des Gerichtsverfahrens [X.] KA 3195/08 (vormals [X.] KA 3195/08) vor dem [X.] Gotha.

2

Die Klägerin nimmt als niedergelassene Ärztin an der vertragsärztlichen Versorgung in [X.] teil. Die Kassenärztliche Vereinigung [X.] ([X.]) lehnte einen Antrag der Klägerin auf Fördermaßnahmen in unterversorgten Gebieten ab (Bescheid vom [X.]; Widerspruchsbescheid vom 27.6.2008).

3

Hiergegen erhob die Klägerin am 7.7.2008 Klage. Nach Aufforderung des Vorsitzenden gingen die Akten der [X.] am [X.] und die Klageerwiderung am [X.] ein. Der Vorsitzende leitete die Klageerwiderung zur etwaigen Stellungnahme an die Klägerin weiter und verfügte Wiedervorlage auf den [X.] (Verfügung vom 18.2.2009). Auf die Klageerwiderung antwortete die Klägerin mit Schriftsatz vom [X.], den der Vorsitzende nach Eingang taggleich an die [X.] zur Kenntnis unter Beibehaltung des [X.] übermittelte (Verfügung vom [X.]). Am [X.] setzte der Vorsitzende Termin zur Wiedervorlage auf den 1.11.2009. Nach zwischenzeitlichem Befangenheitsgesuch der Klägerin vom 11.10.2009, ablehnender Entscheidung des [X.] (Beschluss vom 7.1.2010 - L 11 SF 47/09) und [X.] im Febr[X.]r 2010 verfügte der Vorsitzende Wiedervorlage auf den [X.] und schrieb die Sache danach zur Sitzung. Zum 1.1.2012 erfolgte geschäftsverteilungsplanmäßig ein Wechsel im [X.]. Unter dem 4.1.2012 zeigte der Prozessbevollmächtigte seine Bevollmächtigung an. Die beantragte Akteneinsicht gewährte der Vorsitzende mit Wiedervorlage zum 18.4.2012 (Verfügung vom 9.1.2012).

4

Am 15.2.2012 erhob die Klägerin eine von ihr selbst verfasste [X.], die zu einer Terminierung auf den 18.4.2012 (Verfügung vom 21.2.2012), mit Bezug auf eine mündliche Verhandlung der Beteiligten in anderen Rechtsstreitigkeiten zu einem ausführlichen Hinweis und einer Anfrage bei der Klägerin wegen einer [X.] führte (Verfügung vom 28.3.2012). Auf weitere Anfrage vom 3.4.2012 erteilte die [X.] unter dem [X.] ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, während die Klägerin dies ablehnte und erfolgreich Terminsaufhebung beantragte (Schreiben vom 12.4.2012; Verfügung vom 16.4.2012). Nach [X.] durch die Klägerin und [X.] Fristverlängerung bis 30.5.2012 wegen einer [X.] (Schriftsatz vom 2.5.2012) beraumte der Vorsitzende Termin zur mündlichen Verhandlung auf den [X.] an (Verfügung vom [X.]). Am 30.5.2012 stellte die Klägerin einen Antrag auf "ausgiebige" Fristverlängerung. Der Vorsitzende erinnerte den Prozessbevollmächtigten an die Stellungnahme zu dem Schreiben vom 28.3.2012 und setzte Wiedervorlage auf den 16.7.2012 (Verfügung vom 1.6.2012). Wegen von ihr verfasster und übermittelter Abschriften von [X.]n wegen überlanger Verfahrensdauer teilte der Vorsitzende der Klägerin mit, dass von seiner Seite wegen der [X.]n nichts weiter veranlasst würde (Schreiben vom 12.7.2012). Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragte sodann Fristverlängerung zur Stellungnahme bis 30.7.2012 und teilte an diesem Tag mit, dass sein Mandat nicht die [X.] und das Erheben einer [X.] umfasse. Den anberaumten Termin verlegte der Vorsitzende auf Antrag der [X.] auf den [X.] und auf Antrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf den 2.10.2012 (Verfügung vom 6. und 7.9.2012). In diesem Termin, in dem auch andere Rechtsstreite der Beteiligten erörtert wurden, beantragte die Klägerin [X.] innerhalb einer Frist von 5 Wochen. Außerdem erklärten die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung. Das [X.] wies daraufhin die Klage ohne mündliche Verhandlung ab (Urteil vom 12.12.2012, den Beteiligten am 26.4.2013 zugestellt).

5

Am 11.7.2012 hat die Klägerin gegen den beklagten [X.] Klage auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer in Höhe von 4700 Euro erhoben, klargestellt, dass sie in diesem Verfahren keine Amtshaftungsansprüche verfolge und beantragt, den Rechtsstreit im Hinblick auf weitere beim B[X.] anhängige Revisionen auszusetzen. Das [X.] hat festgestellt, dass das Verfahren vor dem [X.] unangemessen lang gedauert habe und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es [X.] ausgeführt: Der Mangel der vorfristigen Klageerhebung sei inzwischen geheilt, die [X.] aber mangels unverzüglicher [X.] unbegründet. Die unangemessene Verfahrensdauer sei indessen festzustellen. Die Umstände des Einzelfalls seien nicht imstande, die Länge des Verfahrens von über viereinhalb Jahren zu erklären. Das Ausgangsverfahren sei von durchschnittlicher Schwierigkeit gewesen und habe für die Klägerin eher unterdurchschnittliche Bedeutung gehabt, weil Leistungen zur Förderung unterversorgter Gebiete keinen existenzsichernden Charakter hätten. Die Feststellung des exakten Zeitraums der Unangemessenheit könne dahinstehen, da eine Entschädigung nicht in Betracht komme (Urteil vom 30.10.2013).

6

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 198 [X.], Art 23 Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ([X.]) vom 24.11.2011 ([X.] 2302) und des Art 3 Abs 1 GG. Insbesondere habe das [X.] bei der Ermittlung der unangemessenen Verfahrensdauer die überdurchschnittliche Bedeutung des Verfahrens für sie als auch den eher leichten Schwierigkeitsgrad verkannt. Eine Versagung der Entschädigung erscheine unbillig. Auch sei die fehlende Kostenfreiheit in Verfahren wegen überlanger Verfahrensdauer unter [X.] nicht zu rechtfertigen.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 30. Oktober 2013 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr wegen der unangemessenen Dauer des Verfahrens gegen die Kassenärztliche Vereinigung [X.] vor dem [X.] ([X.] KA 3195/08 = [X.] KA 3195/08) eine Entschädigung in Höhe von 4700 Euro nebst Prozesszinsen in gesetzlicher Höhe ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

8

Der Beklagte hält das [X.]-Urteil im Ergebnis für zutreffend und beantragt,
die Revision zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

[X.]ie Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet ( § 170 Abs 2 S 2 [X.]G ). [X.]ie Revision ist zulässig. [X.]as [X.] hat die Revision unbeschränkt zugelassen und die Klägerin sie wegen des klageabweisenden Teils wirksam eingelegt (dazu 1.). [X.]ie [X.] ist trotz der Klageerhebung vor Ablauf der Wartefrist zulässig (dazu 2.). Ob ein Entschädigungsanspruch der Klägerin besteht, lässt sich durch das Revisionsgericht aber nicht abschließend beantworten (dazu 3.). Zwar hat die Klägerin den richtigen Beklagten verklagt (dazu a) und die nötige [X.] rechtzeitig erhoben (dazu b). Es fehlen jedoch Feststellungen und eine umfassende Gesamtabwägung des [X.] zur Unangemessenheit der Verfahrensdauer (dazu c). Hiervon ausgehend wird das [X.] ggf die weiteren Voraussetzungen des [X.] dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen haben (dazu d und e).

1. [X.]ie Revision der Klägerin ist unbeschränkt zulässig. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das [X.] die Revision nicht allein zugunsten des Beklagten wegen der Frage der Heilung der Wartefrist (dazu 2.), sondern unbeschränkt zugelassen (§ 160 Abs 1 [X.]G). [X.]as [X.] hat die Revision im Tenor unbeschränkt zugelassen und in den Entscheidungsgründen hierzu ausgeführt, die Revision sei wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. [X.]ie hier zugrunde liegende Rechtsfrage zur Heilung der Wartefrist sei höchstrichterlich noch nicht geklärt. In diesen Ausführungen des [X.] liegt weder personell noch sachlich eine wirksame Beschränkung der Revision. Zur Auslegung einer im [X.] (uneingeschränkt) ausgesprochenen Revisionszulassung sind zwar auch die Entscheidungsgründe und der sonstige Urteilsinhalt heranzuziehen (vgl [X.]-2600 § 315a [X.] Rd[X.]7 mwN). [X.]as [X.] hat aber im Ausspruch keine einschränkende Formulierung verwendet (etwa "soweit ..."), die den Schluss zuließe, die Revision sei auf einen abtrennbaren, tatsächlich und rechtlich selbstständigen Teil des [X.] beschränkt worden (zur Teilbarkeit des Streitgegenstandes etwa [X.]-3100 § 1 [X.] Rd[X.]2, 17; zur Teilzulassung der Revision [X.]: [X.] in [X.]/[X.]/[X.] [X.]G, 10. Aufl 2012, § 160 Rd[X.]8a mwN). Soweit das [X.] deshalb am Ende der Entscheidungsgründe zur Zulassung der Revision nähere Ausführungen gemacht hat, hat es lediglich den für die Zulassung maßgebenden Grund genannt ( vgl B[X.] Urteil vom [X.] - B 9 [X.], Rd[X.]9). [X.]ie unbeschränkte Zulassung ist für den [X.] bindend (§ 160 Abs 3 [X.]G).

[X.]ie im Übrigen form- und fristgerechte (§ 164 [X.]G) Revision der Klägerin beschränkt sich auf den die Klage abweisenden Teil der vorinstanzlichen Entscheidung und das Begehren auf Entschädigung in Geld. Soweit die Entscheidung des [X.] die Unangemessenheit der [X.]auer des Verfahrens feststellt, ist der Klägerin Wiedergutmachung zuteil geworden. [X.]er Genugtuungseffekt ist selbst dann erreicht, wenn - wie hier - der Ausspruch über die Unangemessenheit der Verfahrensdauer den [X.]raum und die [X.]dauer der Überlänge nicht genau beziffert (dazu Urteil des erkennenden [X.]s vom [X.] - [X.] [X.] 2/13 R, Rd[X.] 56, 57; [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 1. Aufl 2012, [X.], § 198 Rd[X.]62 mwN). Eine Beschwer im Rechtsmittelverfahren liegt insoweit nicht vor. [X.]ie Begrenzung auf das Entschädigungsbegehren begegnet jedenfalls in dieser Verfahrenskonstellation keinen prozessrechtlichen Bedenken, auch wenn eine isolierte Klage auf Feststellung der unangemessenen Verfahrensdauer unzulässig ist und eine [X.] deshalb zunächst die Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer mit umfasst (vgl [X.] Urteil vom 23.1.2014 - [X.]/13 = NJW 2014, 939; [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 1. Aufl 2012, [X.], § 198 Rd[X.]62 mwN). Ein Rechtsmittel kann auf einen von mehreren selbstständigen Streitgegenständen einer Klage oder auf einen Teil des Streitgegenstandes beschränkt werden, wenn dieser Teil vom Gesamtstreitstoff abteilbar ist und materiell-rechtliche Gründe einer gesonderten Entscheidung darüber nicht entgegenstehen. [X.]ass die Art und Weise der Wiedergutmachung keinen unteilbaren Streitgegenstand betrifft, folgt aus § 198 Abs 4 [X.] bis 3 [X.], der Wiedergutmachung auf andere Weise und insbesondere durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts ermöglicht, dass die Verfahrensdauer unangemessen war, diese Feststellung auch ohne Antrag und in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung zulässt oder in Fällen, in denen die Voraussetzungen einer [X.] nach § 198 Abs 3 [X.] nicht gegeben sind. Hieraus folgt zugleich, dass die Feststellung der Unangemessenheit isoliert und abgrenzbar gegenüber anderen Wiedergutmachungsbegehren ausgesprochen werden kann (BT-[X.]rucks 17/3802 [X.], 22). Folgerichtig kann ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Entschädigungsgerichts diesen Ausspruch ausklammern und sich auf andere Formen der Wiedergutmachung beschränken, etwa die Entschädigung in Geld. [X.]avon zu trennen ist allerdings die Frage nach den (weiteren) materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Entschädigungsanspruch (vgl zur Beschränkung des [X.] auf einen Verfahrenszug [X.] Urteil vom [X.] = [X.]E 147, 146 Rd[X.] 60 f; [X.] Urteil vom [X.] - 5 C 1/13 [X.], Rd[X.]1 mwN).

2. [X.]ie auf § 198 [X.] gestützte [X.] ist zulässig.

a) [X.]er [X.] hat das Begehren der Klägerin sowohl in prozess[X.]ler als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht an §§ 198 ff [X.] zu messen, obwohl diese Vorschriften während des hier von der Klägerin als überlang gerügten Verfahrens in [X.] getreten sind (zeitlicher Anwendungsbereich des § 198 [X.]). [X.]ie Vorschriften des [X.] und damit auch die §§ 198 ff [X.] finden aufgrund der Übergangsregelung des Art 23 [X.] [X.] auch auf Verfahren Anwendung, die bei Inkrafttreten des [X.] am 3.12.2011 (vgl Art 24 [X.] [X.]) anhängig waren.

[X.]ies ist hier der Fall. [X.]as als überlang gerügte Verfahren war seit 2008 bis zu seiner Beendigung im Jahr 2013 anhängig.

b) [X.]as [X.] war für die Entscheidung funktional und örtlich zuständig. In den der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesenen Angelegenheiten (vgl § 51 [X.]G) ist gemäß § 201 [X.] [X.] iVm § 202 S 2 [X.]G für Klagen auf Entschädigung nach § 198 [X.] gegen ein Land das für dieses Land örtlich zuständige [X.] zuständig.

c) [X.]er beklagte [X.] ist im Verfahren wirksam durch das [X.] vertreten worden (vgl Zuständigkeit der einzelnen Ministerien nach Art 76 Abs 2 [X.] der Verfassung des [X.]s Thüringen, Beschluss der [X.] Landesregierung vom [X.] , GVBl 2010, 67).

d) [X.]ie [X.] vom 11.7.2012 ist als allgemeine Leistungsklage statthaft (§ 54 Abs 5 [X.]G; hierzu B[X.] Urteil vom 21.2.2013 - [X.] [X.] 1/[X.] - [X.], 75 = [X.]-1720 § 198 [X.], Rd[X.]4 f; [X.] Urteil vom 23.1.2014 - [X.]/13 = NJW 2014, 939). Sie ist unter Beachtung der für Prozesshandlungen geltenden Auslegungsmaßstäbe ([X.], 199 = [X.]-3800 § 1 [X.], Juris, Rd[X.]2) unbedingt sowie formgerecht unter Einhaltung der Klagefrist des § 198 Abs 5 S 2 [X.] innerhalb von sechs Monaten nach Eintritt der Rechtskraft der am [X.] zugestellten Entscheidung des [X.] erhoben worden.

e) [X.]er [X.] konnte während einer noch bis 31.12.2014 dauernden Übergangszeit nicht entgegengehalten werden, sie sei nach Erhebung der [X.] verfrüht erhoben worden. [X.]er Mangel der Nichteinhaltung der Wartefrist des § 198 Abs 5 [X.] (dazu [X.]) ist zwar auch im sozialgerichtlichen Verfahren nicht heilbar (dazu [X.]) für eine - hier einzuräumende - Übergangszeit bis 31.12.2014 aber ausnahmsweise unbeachtlich (dazu cc).

[X.]) Zur [X.]urchsetzung eines Anspruchs nach § 198 Abs 1 [X.] kann eine Klage frühestens sechs Monate nach Erhebung der [X.] erhoben werden (§ 198 Abs 5 [X.] [X.]). [X.]ies gilt auch für Verfahren, die bei Inkrafttreten des [X.] am 3.12.2011 bereits anhängig waren (Art 23 [X.] [X.]). Bei Erhebung der [X.] am 11.7.2012 war die Sechsmonatsfrist des § 198 Abs 5 [X.] bezogen auf die am 15.2.1012 angebrachte [X.] noch nicht abgelaufen und die Klage damit an sich verfrüht erhoben worden. [X.]er Sinn der Wartefrist besteht darin, dem Gericht des Ausgangsverfahrens die Möglichkeit einzuräumen, auf eine Beschleunigung des Verfahrens hinzuwirken und dadurch (weiteren) Schaden zu vermeiden. Zugleich sollen die Entschädigungsgerichte vor verfrühten [X.]n geschützt werden. [X.]ie Einhaltung der Frist ist eine besondere Sachurteilsvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist. Eine vor Fristablauf erhobene Klage wird deshalb nach Ablauf der Frist nicht zulässig (vgl auch zu den Ausnahmen [X.] Urteil vom 21.5.2014 - [X.] 355/13 mwN; [X.] Urteil vom 17.7.2014 - [X.] 228/13, Rd[X.]7 f; im Rahmen von [X.] auch [X.] Beschluss vom 12.3.2013 - [X.] <[X.]>).

[X.]) Auch für das sozialgerichtliche Verfahren beansprucht dieser Grundsatz entgegen der Auffassung der Vorinstanz Geltung. [X.]er [X.] schließt sich insoweit der Rechtsprechung des [X.] (vgl Urteil vom 21.5.2014 - [X.] 355/13 mwN; [X.] Urteil vom 17.7.2014 - [X.] 228/13; im Rahmen von [X.] auch [X.] Beschluss vom 12.3.2013 - [X.] <[X.]>) an. In der Rechtsprechung des B[X.] ist zwar anerkannt, dass die Nichteinhaltung ausdrücklich normierter oder sich aus der Natur der Sache ergebender Wartefristen die Instanzgerichte in bestimmten Fällen nicht allein aus diesem Grund zu einem Prozessurteil berechtigt mit der Folge einer erneuten Klage nach Ablauf der Wartefrist. So hat es das B[X.] für die Untätigkeitsklage nach § 88 [X.]G, die nach seinem [X.] nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig ist, aus Gründen der Prozessökonomie zugelassen, dass eine vor Fristablauf erhobene Klage im Laufe des Klageverfahrens zulässig werden kann (B[X.]E 75, 56, 58 = [X.]-1500 § 88 [X.], Juris, Rd[X.]9). Ebenso sind die Instanzgerichte gehalten, in Fällen, in denen die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen sind (§ 78 Abs 1 [X.] [X.]G) bei fehlendem Vorverfahren durch Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens Gelegenheit zur Nachholung des gebotenen Vorverfahrens zu geben (vgl B[X.] [X.] 1500 § 78 [X.] mwN; B[X.] [X.]-5540 Anl 1 § 10 [X.]; B[X.] [X.]-5868 § 85 [X.] [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 10. Aufl 2012, § 78 Rd[X.] a mwN und [X.], [X.]O, § 114 Rd[X.] 5; zur entsprechenden Verpflichtung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vgl [X.]/[X.], VwGO, 20. Aufl 2014, § 68 Rd[X.] ff). [X.]er erkennende [X.] sieht sich jedoch beim formal und inhaltlich anders gelagerten Rechtsschutz gegen überlange Gerichtsverfahren mit Blick auf die für alle Verfahrensordnungen einheitliche Regelung gehindert, das für das sozialgerichtliche Verfahren beschriebene Prinzip der Heilung durch [X.]ablauf bzw Nachholung des bisher unterbliebenen Verwaltungshandelns auf die Verfahren wegen überlanger [X.]auer eines Gerichtsverfahrens zu übertragen. § 198 Abs 5 [X.] [X.] ist keine auf das sozialgerichtliche Verfahren besonders abgestimmte Prozessnorm, selbst wenn der Warn- und Beschleunigungsfunktion der [X.] auch dadurch Rechnung getragen werden könnte, dass das Entschädigungsgericht dem mit dem Ausgangsfall befassten Gericht Gelegenheit gibt, das Ausgangsverfahren abzuschließen (vgl Loytved [X.]b 2014, 293, 295).

cc) Aus Gründen des Vertrauensschutzes darf Entschädigungsklägern die unheilbare Nichteinhaltung der Wartefrist erst nach Ablauf einer am 31.12.2014 endenden Übergangszeit entgegenhalten werden.

[X.]er [X.] räumt Klägern insoweit richterrechtlich eine Übergangsfrist ein. Grund dafür ist, dass es in der Sozialgerichtsbarkeit durchaus Fälle gibt, in denen verfrüht erhobene Klagen durch [X.]ablauf oder Nachholung von Handlungen (siehe oben unter [X.]) zulässig werden können. Vor Bekanntwerden der Entscheidung des [X.]s in der vorliegenden Sache (Urteilsverkündung am [X.]) war es daher nicht ganz abwegig, den darin liegenden Rechtsgedanken auch auf verfrüht erhobene [X.]n anzuwenden; für die [X.] ab 1.1.2015 ist dies nicht mehr möglich. [X.]er [X.] kann sich hierfür auf Stellungnahmen im Gesetzgebungsverfahren stützen, die anklingen lassen, dass zu früh erhobene Klagen durch [X.]ablauf geheilt werden könnten (vgl Gegenäußerung der BReg, BT-[X.]rucks 17/3802 [X.]; zur Einräumung einer Übergangszeit durch die Rechtsprechung bei besonderen verfahrensrechtlichen Problemen in der Folge neuen Rechts, vgl auch B[X.]E 97, 217 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]1; B[X.] Urteil vom [X.] [X.], Rd[X.] 9). Für die [X.] ab dem 1.1.2015 ist dies nicht mehr möglich.

3. Ob ein Entschädigungsanspruch der Klägerin besteht, lässt sich im Revisionsverfahren nicht abschließend beantworten. Zwar hat die Klägerin den richtigen Beklagten verklagt (dazu a) und die nötige [X.] rechtzeitig erhoben (dazu b), jedoch fehlen Feststellungen und eine umfassende Gesamtabwägung des [X.] zur Unangemessenheit der Verfahrensdauer (dazu c). Hiervon ausgehend wird das [X.] ggf die weiteren Voraussetzungen des [X.] dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen haben (dazu d und e).

a) [X.]er beklagte [X.] ist für die [X.]n nach § 200 [X.] [X.] passiv legitimiert, weil er danach für Nachteile haftet, die aufgrund von Verzögerungen bei seinen Gerichten entstehen; solche Nachteile macht die Klägerin aufgrund ihres bei dem [X.] Gotha geführten Verfahrens geltend.

b) [X.]ie am [X.] [X.] Gotha angebrachte [X.] war entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten rechtzeitig. Für die unverzügliche Erhebung der [X.] in bei Inkrafttreten des [X.] bereits anhängigen Verfahren (Art 23 S 2 [X.]) ist es ausreichend, wenn die Rüge, wie im Fall der Klägerin geschehen, spätestens drei Monate nach Inkrafttreten des [X.] erfolgt.

Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter gemäß § 198 Abs 3 [X.] nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die [X.]auer des Verfahrens gerügt hat ([X.], zur Eigenschaft als materiell-rechtliche Voraussetzung B[X.] Beschluss vom 27.6.2013 - [X.] [X.] 9/13 B - [X.]-1710 Art 23 [X.] Rd[X.]7; [X.] [X.] vom 7.11.2013 - [X.] = [X.]E 243, 126, Juris, Rd[X.]4; [X.] Urteil vom 17.7.2014 - [X.] 228/13, Rd[X.]4 mwN). [X.]ie [X.] kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen [X.] abgeschlossen wird; eine Wiederholung der [X.] ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist (§ 198 Abs 3 [X.] und 2 [X.]). Für anhängige Verfahren, die im [X.]punkt des Inkrafttretens des [X.] am 3.12.2011 schon verzögert waren, gilt dies mit der Maßgabe, dass die [X.] unverzüglich nach Inkrafttreten erhoben werden muss (Art 23 S 2 [X.]).

[X.]er erkennende [X.] hat zur Frage der Unverzüglichkeit einer [X.] bislang nur darauf hingewiesen, "unverzüglich" bedeute nach der im bürgerlichen Recht geltenden Legaldefinition des § 121 Abs 1 [X.] BGB "ohne schuldhaftes Zögern". [X.]ie Gesetzesbegründung zum [X.] lege es nahe, diese allgemeine Bestimmung auch im vorliegenden Zusammenhang heranzuziehen (vgl BT-[X.]rucks 17/3802 [X.]). [X.]amit gehöre zum Begriff der Unverzüglichkeit ein nach den Umständen des Falles beschleunigtes Handeln, das dem Interesse des Empfängers der betreffenden Erklärung an der gebotenen Klarstellung Rechnung trage. [X.]emnach sei "unverzüglich" nicht gleichbedeutend mit "sofort". Vielmehr sei dem Verfahrensbeteiligten eine angemessene Überlegungsfrist einzuräumen, ob er seine Rechte durch eine [X.] wahren müsse (B[X.] Beschluss vom 27.6.2013 - [X.] [X.] 9/13 B - [X.]-1710 Art 23 [X.] Rd[X.]9). [X.]er [X.] konkretisiert diesen Ansatz auch für den Fall anwaltlicher Vertretung im Einklang mit der Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 10.4.2014 - [X.] 335/13 = NJW 2014, 1967, Juris, Rd[X.]5; Urteil vom 17.7.2014 - [X.] 228/13, Rd[X.]2) und des [X.] ([X.] vom 7.11.2013 - [X.] = [X.]E 243, 126, Juris, Rd[X.]9 ff) nunmehr dahin, dass eine [X.] noch "unverzüglich" erhoben ist, wenn sie spätestens drei Monate nach Inkrafttreten des [X.] beim Ausgangsgericht einging. Hierbei ist insbesondere der Zweck des Gesetzes ausschlaggebend, durch die Einräumung eines [X.] gegen den St[X.]t bei überlanger Verfahrensdauer eine Rechtsschutzlücke zu schließen und eine Regelung zu schaffen, die sowohl den Anforderungen des Grundgesetzes (Art 19 Abs 4, Art 20 Abs 3 GG) als auch denen der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Art 6 Abs 1, Art 13 [X.]) nach effektivem Rechtsschutz gerecht wird ([X.] Urteil vom 10.4.2014 - [X.] 335/13 = NJW 2014, 1967 mwN, Juris, Rd[X.]5). [X.]a die neue Entschädigungsregelung am 3.12.2011 in [X.] getreten ist, lag die [X.] noch innerhalb der der Klägerin eingeräumten [X.]spanne.

[X.]ie Klägerin hat die [X.] auch formgerecht erhoben. [X.]ie [X.]auer des Verfahrens muss bei dem mit der Sache befassten Gericht gerügt werden (§ 198 Abs 3 [X.] [X.]). [X.]er [X.] kann offen lassen, ob das Gesetz mit dieser Formulierung zugleich die Schriftform verbindet (vgl [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, [X.], § 198 Rd[X.]11; Loytved [X.]b 2014, 293, 295 mwN). [X.]enn das [X.] hat noch hinreichend deutlich und unangegriffen (§ 163 [X.]G) festgestellt, dass die Klägerin selbst beim Ausgangsgericht eine schriftliche [X.] angebracht hat (zu den Anforderungen an die Schriftform der Klage in der Sozialgerichtsbarkeit vgl § 92 Abs 1 S 2 [X.]G), welche vom Mandat ihres Prozessbevollmächtigten nicht umfasst war und mangels Anwaltszwang im Ausgangsverfahren auch nicht umfasst sein musste (§ 73 Abs 6 [X.]G iVm § 83 Abs 2 ZPO).

c) [X.]ie pauschale Feststellung der unangemessenen Überlänge des Verfahrens durch das [X.] genügt nicht den Anforderungen an die für den Entschädigungsanspruch erforderliche Unangemessenheit der Verfahrensdauer (§ 198 Abs 1 [X.] [X.]). Für den allein noch streitbefangenen Zahlungsanspruch ist die konkrete Festlegung unentbehrlich, weil die Höhe der Entschädigung von der [X.]auer der Überlänge abhängt (vgl § 198 Abs 2 [X.] [X.]). Unerheblich ist deshalb auch, dass der die Feststellung der unangemessenen Verfahrensdauer betreffende Teil der Entscheidung des [X.] Rechtskraft erlangt (§ 141 Abs 1 [X.] [X.]G) hat, weil hiergegen von keinem der Beteiligten Revision bzw [X.] (§ 202 [X.]G iVm § 554 ZPO) eingelegt wurde (vgl zur Unzulässigkeit der Konkretisierung im Übrigen Urteil des erkennenden [X.]s vom [X.] - [X.] [X.] 2/13 R, Rd[X.] 56, 57).

[X.]) [X.]ie Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich gemäß § 198 Abs 1 S 2 [X.] nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und [X.]ritter. [X.] für den gesetzlich begründeten Entschädigungsanspruch wegen unangemessener Verfahrensdauer bildet die Verletzung des in Art 19 Abs 4 und Art 20 Abs 3 GG sowie Art 6 Abs 1 [X.] verankerten Rechts der Verfahrensbeteiligten auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener [X.]. [X.]er unbestimmte Rechtsbegriff "unangemessene [X.]auer eines Gerichtsverfahrens" ist daher insbesondere unter Rückgriff auf diejenigen Grundsätze auszulegen, die der [X.] zu Art 6 Abs 1 [X.] [X.] und das [X.] zum Recht auf effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG) sowie zum Justizgewährleistungsanspruch (Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG) entwickelt haben (vgl Urteil des [X.]s vom 21.2.2013 - [X.] [X.] 1/[X.] - [X.], 75 = [X.]-1720 § 198 [X.], Rd[X.]5). [X.]enn das [X.] geht maßgeblich auf die Forderung des [X.] zurück, die Mitgliedst[X.]ten des [X.] sollten zur Entlastung des Gerichtshofs ein solches Rechtsinstitut schaffen (vgl [X.] [X.] Individ[X.]lbeschwerde [X.] 75529/01 Sürmeli/[X.]).

Ausgangspunkt und erster Schritt der Angemessenheitsprüfung bildet die in § 198 Abs 6 [X.] [X.] definierte Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss. Kleinste im Geltungsbereich des [X.] relevante [X.]einheit ist hierbei der Monat (hierzu Urteil des erkennenden [X.]s vom [X.] - [X.] [X.] 2/13 R, Rd[X.]4). [X.]as Verfahren vor dem [X.] hatte nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen (§ 163 [X.]G) des [X.] am 7.7.2008 begonnen und war am 26.4.2013 beendet. [X.]ies entspricht einer Verfahrensdauer von gut 57 Monaten.

In einem zweiten Schritt ist der Ablauf des Verfahrens an den von § 198 Abs 1 S 2 [X.] genannten Kriterien zu messen, die auch unter Heranziehung der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] auszulegen und zu vervollständigen sind ([X.] bis ff).

Bei der Feststellung der Tatsachen, die zur Ausfüllung der von § 198 Abs 1 S 2 [X.] genannten unbestimmten Rechtsbegriffe erforderlich sind, kommt dem Entschädigungsgericht ein erheblicher tatrichterlicher Beurteilungsspielraum zu. [X.]as Revisionsgericht kann lediglich überprüfen, ob das Entschädigungsgericht den Bedeutungsgehalt der unbestimmten Rechtsbegriffe aus § 198 Abs 1 S 2 [X.] und damit den rechtlichen Rahmen zutreffend erkannt und ihn ausfüllend alle erforderlichen Tatsachen festgestellt und angemessen berücksichtigt hat, ohne [X.]enkgesetze bzw allgemeine Erfahrungssätze zu verletzen (vgl [X.] Urteil vom 5.12.2013 - [X.] 73/13 - [X.]Z 199, 190 Rd[X.] 47 mwN) oder gegen seine Amtsermittlungspflicht zu verstoßen. Maßgeblich ist, wie das Gericht die Lage aus seiner [X.] einschätzen durfte ([X.] Urteil vom 13.2.2014 - [X.] 311/13 - NJW 2014, 1183, Juris Rd[X.] 47; [X.] Urteil vom [X.] - [X.]E 147, 146 Rd[X.] 41).

Auf dieser Grundlage ergibt erst die wertende Gesamtbetrachtung und Abwägung aller Einzelfallumstände in einem dritten Schritt, ob die Verfahrensdauer die äußerste Grenze des Angemessenen deutlich überschritten und deshalb das Recht auf Rechtsschutz in angemessener [X.] verletzt hat (vgl [X.]surteil vom 21.2.2013 - [X.] [X.] 1/[X.] - [X.], 75 = [X.]-1720 § 198 [X.], Rd[X.]6; [X.] Urteil vom [X.] - [X.] 91/13 - NJW 2014, 1816, Juris Rd[X.]1). [X.]abei geht der [X.] davon aus, dass vorbehaltlich besonderer Gesichtspunkte des Einzelfalls die Verfahrensdauer jeweils insgesamt noch als angemessen anzusehen ist, wenn eine [X.], die zwölf Monate je Instanz übersteigt, auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung des Gerichts beruht (gg).

[X.]en danach zu berücksichtigenden Grundsätzen wird die Entscheidung des Entschädigungsgerichts, das zur Aussetzung des [X.] aufgrund des ihm eingeräumten Ermessens nicht verpflichtet war (vgl §§ 114, 114a [X.]G, § 201 Abs 3 [X.], B[X.] Beschluss vom 5.8.2013 - [X.] [X.] 32/13 [X.]), nicht in allen Punkten gerecht.

[X.]) Nicht zu beanstanden ist, dass das Entschädigungsgericht dem Ausgangsverfahren mit Blick auf das Fehlen besonderer Probleme im Tatsächlichen und eine überschaubare Rechtslage hinsichtlich der beantragten Fördermaßnahmen in unterversorgten Gebieten einen durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad beigemessen hat. Entgegen der Revisionsbegründung (Umdruck [X.]8) lassen allein die behaupteten eindeutigen Vorgaben des [X.] zur Unterversorgung (vgl § 100 Abs 3 [X.]B V) die Schwierigkeit des Verfahrens noch nicht unterdurchschnittlich erscheinen.

cc) Nicht nachzuvollziehen sind demgegenüber die Feststellungen des [X.] zur Unterdurchschnittlichkeit der Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin.

[X.]ie von § 198 [X.] genannte Bedeutung eines Verfahrens ergibt sich zum einen aus der allgemeinen Tragweite der Entscheidung für die materiellen und ideellen Interessen der Beteiligten. [X.]er [X.] hat deshalb eine besondere Bedeutung von Verfahren [X.] dann angenommen, wenn es um die finanzielle Versorgung in Renten- oder Arbeitssachen sowie um andere Verfahren wegen sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche ging (vgl [X.] Urteil vom [X.] - Individ[X.]lbeschwerde [X.] 75529/01 Sürmeli/[X.], Rd[X.]33, NJW 2006, 2389; [X.]/[X.], [X.]-Kommentar, 3. Aufl 2009, Art 6, Rd[X.]62; [X.]E 147, 146). Zur Bedeutung der Sache iS von § 198 Abs 1 S 2 [X.] trägt dabei im Kontext des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz maßgeblich das Interesse des Betroffenen gerade an einer raschen Entscheidung bei (Priebe in: Festschrift für [X.], <1983> [X.] f). Entscheidend ist deshalb auch, ob und wie sich der [X.]ablauf nachteilig auf die Verfahrensposition des [X.] und das geltend gemachte materielle Recht sowie möglicherweise auf seine weiteren geschützten Interessen auswirkt (vgl [X.], [X.] 2012, 75, 76).

Zu Recht verweist die Revisionsbegründung (Umdruck [X.]5) darauf, dass sich das Entschädigungsgericht an dieser Stelle nicht stets auf das konkrete Verfahren beschränken darf, sondern auch berücksichtigen muss, ob dem als Folge des dezentralen und gegliederten Rechtsschutzsystems geführten Einzelverfahren als Teil eines übergeordneten [X.] ein höherer Stellenwert für den Kläger beizumessen ist. [X.]ie Erkenntnis, dass [X.] in ihrer Kumulation eine andere Gewichtung zukommen kann als bei isolierter Betrachtung, ist der Rechtsordnung auch in anderen Zusammenhängen nicht unbekannt (zur grundsätzlichen Möglichkeit des additiven Grundrechtseingriffs vgl etwa [X.]E 112, 304, 319 f; 114, 196, 247 = [X.]-2500 § 266 [X.] 9; [X.]E 123, 186 = [X.]-2500 § 6 [X.] Rd[X.]39 - [X.] - Gesundheitsreform 2007). Feststellungen dazu, ob und inwieweit dem Ausgangsverfahren in Anbetracht der geltend gemachten Unterversorgung und den daraus resultierenden sowie sonstigen Streitigkeiten mit der [X.] ein höheres Gewicht beizumessen ist, hat das [X.] nicht getroffen. [X.]ie getroffene Schlussfolgerung, mangels existenzsichernden Charakters habe die Angelegenheit für die Klägerin nur unterdurchschnittliche Bedeutung ist darüber hinaus jedenfalls aus rechtlichen Erwägungen nicht haltbar. Zutreffend ist allerdings, dass die Rechtsprechung des B[X.] existenzsichernden Leistungen regelmäßig überdurchschnittliche Bedeutung für ihren Empfänger beimisst (vgl zur Grundsicherung für Arbeitsuchende bei der Bestimmung der anwaltlichen Rahmengebühr B[X.]E 104, 30 = [X.]-1935 § 14 [X.], Rd[X.]7 mwN; [X.]-1935 § 15 [X.] Rd[X.]0). Aus dem Umstand, dass eine Leistung nicht existenzsichernd ist, lässt sich indessen in Umkehrung keineswegs per se auf ihre untergeordnete Bedeutung schließen.

dd) [X.]as [X.] hat im Ansatz zutreffend eine auch dem Verhalten der Klägerin zurechenbare Verlängerung des Ausgangsverfahrens feststellen können. Bei der jetzt anstehenden Konkretisierung darf das [X.] insbesondere berücksichtigen, dass die Klägerin keinen entschädigungsrechtlichen Vorteil daraus ziehen darf, dass sie unstrukturierte umfangreiche Schriftsätze und Stellungnahmen bei Gericht einreicht (vgl [X.] Beschluss vom 7.6.2011 - 1 BvR 194/11) oder Anträge (zu Befangenheitsanträgen zB [X.] Beschluss vom [X.]; zu [X.] auch [X.] Urteil vom 29.5.1986 - 9/1984/81/128), denen das Gericht nachgehen muss, auch wenn dies letztlich nicht zur Kenntniserlangung oder [X.] beiträgt oder sich in der Wiederholung immer gleichen Vorbringens erschöpft (vgl auch Überblick bei [X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, [X.], § 198 Rd[X.]13).

ee) [X.]as Entschädigungsgericht ([X.]) hat schließlich im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei die Prozessleitung des Ausgangsgerichts in seine Erwägungen einbezogen.

§ 198 [X.] nennt als Kriterien zur Bestimmung der Angemessenheit mit Blick auf die [X.] das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und [X.]ritter nur beispielhaft. [X.]arüber hinaus hängt eine Verletzung von Art 6 [X.] durch den St[X.]t wesentlich davon ab, ob ihm zurechenbare Verhaltensweisen des Gerichts zur Überlänge des Verfahrens geführt haben. Bei seiner Beurteilung der Prozessleitung des Ausgangsgerichts hat das Entschädigungsgericht ([X.]) zu beachten, dass das Entschädigungsverfahren keine weitere Instanz eröffnet, um das Handeln des Ausgangsgerichts einer rechtlichen Vollkontrolle zu unterziehen. [X.]aher hat das Entschädigungsgericht die materiell-rechtlichen Annahmen, die das Ausgangsgericht seiner Verfahrensleitung und -gestaltung zugrunde legt, nicht infrage zu stellen. Zudem räumt die Prozessordnung dem Ausgangsgericht ein weites Ermessen bei seiner Entscheidung darüber ein, wie es das Verfahren gestaltet und leitet. [X.]ie richtige Ausübung dieses Ermessens ist vom Entschädigungsgericht allein unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob das Ausgangsgericht bei seiner Prozessleitung Bedeutung und Tragweite des Menschenrechts aus Art 6 Abs 1 [X.] bzw des Grundrechtes Art 19 Abs 4 GG in der konkreten prozess[X.]len Sit[X.]tion hinreichend beachtet und fehlerfrei gegen das Ziel einer möglichst richtigen Entscheidung abgewogen hat (vgl im einzelnen Urteil des erkennenden [X.]s vom [X.] - [X.] [X.] 2/13 R, Rd[X.]4-38).

ff) Ausgehend von diesen Grundsätzen tragen die Feststellungen des [X.] nicht in vollem Umfang seinen Schluss, die [X.]auer des Verfahrens sei unangemessen gewesen. [X.]as [X.] wird deshalb nunmehr unter Beachtung der vorstehend genannten Vorgaben den [X.]raum der Unangemessenheit des Verfahrens vor dem [X.] konkret festzustellen und hierbei auch zu beachten haben, ob die hierfür relevanten Umstände über die [X.] rechtzeitig in das Ausgangsverfahren eingeführt waren oder ggf die Präklusionswirkung des § 198 Abs 3 [X.] und 4 [X.] eingetreten ist (vgl hierzu [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, [X.], § 198 Rd[X.]17, 118).

gg) Nach Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Entschädigungsgericht wird dieses Folgendes berücksichtigen müssen: [X.]ie Bestimmung der maximal zulässigen, noch angemessenen Verfahrenslaufzeit kann jeweils nur aufgrund einer abschließenden Gesamtbetrachtung und -würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls insbesondere mit Blick auf die von § 198 Abs 1 S 2 [X.] benannten Kriterien erfolgen (vgl [X.]surteil vom 21.2.2013 - [X.] [X.] 1/[X.] - [X.], 75 = [X.]-1720 § 198 [X.], Rd[X.]8; [X.] Urteil vom [X.] - 5 C 1/13 [X.] - Juris Rd[X.]8). [X.]ie Feststellung längerer [X.]en fehlender [X.] durch das Gericht in bestimmten Verfahrensabschnitten führt noch nicht zwangsläufig zu einer unangemessenen Verfahrensdauer. Handelt es sich bei den genannten [X.]en bereits um Verzögerungen im Sinne des [X.], weil sie in den Verantwortungsbereich des Gerichts fallen, so können sie in davor oder danach liegenden Verfahrensabschnitten ausgeglichen werden (vgl [X.] Urteil vom [X.], [X.]O, Juris Rd[X.]3 mwN; [X.] Urteil vom 13.2.2014, [X.]O, Juris Rd[X.]8 mwN; [X.], [X.]O, Juris Rd[X.]2; [X.], Individ[X.]lbeschwerde [X.]6853/05 - Metzele/[X.], amtlicher Umdruck S 7).

Aus dem Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener [X.] folgt kein Recht auf sofortige Befassung des Gerichts mit jedem Rechtsschutzbegehren und dessen unverzügliche Erledigung. Bereits aus nachvollziehbaren Gründen der öffentlichen Personalwirtschaft ist es [X.] mitunter unvermeidbar, [X.]n oder Spruchkörpern einen relativ großen Bestand an Verfahren zuzuweisen. Eine gleichzeitige inhaltlich tiefgehende Bearbeitung sämtlicher Verfahren, die bei einem Gericht anhängig oder einem Spruchkörper bzw [X.] zugewiesen sind, ist insoweit schon aus tatsächlichen Gründen nicht möglich und wird auch von Art 20 Abs 3 GG bzw Art 6 Abs 1 [X.] [X.] nicht verlangt (vgl [X.] [X.] vom 7.11.2013 - [X.] - [X.]E 243, 126). Je nach Bedeutung und [X.]abhängigkeit des [X.] und abhängig von der Schwierigkeit des Rechtsstreits sowie vom Verhalten des [X.] sind ihm gewisse Wartezeiten zuzumuten. Grundsätzlich muss dabei jedem Gericht eine ausreichende Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit zur Verfügung stehen ([X.] Urteil vom [X.] - [X.] 91/13 - NJW 2014, 1816, Juris Rd[X.]4). Ebenso sind Gerichte - unter Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes - berechtigt, einzelne (ältere und jüngere) Verfahren aus Gründen eines sachlichen, rechtlichen, persönlichen oder organisatorischen Zusammenhangs zu bestimmten Gruppen zusammenzufassen oder die Entscheidung einer bestimmten Sach- oder Rechtsfrage als dringlicher anzusehen als die Entscheidung anderer Fragen, auch wenn eine solche zeitliche "Bevorzugung" einzelner Verfahren jeweils zu einer längeren [X.]auer anderer Verfahren führt.

Obwohl die maßgebliche Gesamtabwägung nach den Vorgaben des § 198 Abs 1 S 2 [X.] in jedem Einzelfall durchzuführen ist und der Gesetzgeber von der Einführung bestimmter Grenzwerte (Fristen) für die [X.]auer unterschiedlicher Verfahrenstypen abgesehen hat (vgl BT-[X.]rucks 17/3802 [X.]8; [X.]surteile vom 21.2.2013 - [X.] [X.] 1/[X.] - [X.], 75 = [X.]-1720 § 198 [X.] und [X.] [X.] 2/[X.] - jeweils zu Rd[X.]5 ff mwN), lässt es sich zur Gewährleistung möglichst einheitlicher Rechtsanwendung und damit aus Gründen der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit andererseits nicht vermeiden, in Entschädigungssachen zeitraumbezogene Konkretisierungen vorzunehmen. [X.]ies jedenfalls dort, wo derartige Konkretisierungen aufgrund vorgefundener Übereinstimmungen sowohl in der Struktur zahlreicher sozialgerichtlicher Verfahren als auch ihrer Bearbeitung durch die Gerichte vertretbar sind (vgl dazu [X.] [X.] vom 7.11.2013 - [X.] - [X.]E 243, 126, Juris Rd[X.] 64). [X.]er [X.] geht zu diesem Zweck aufgrund der besonderen Natur sozialgerichtlicher Verfahren derzeit von folgenden Grundsätzen aus: [X.]ie persönliche und sachliche Ausstattung der Sozialgerichte muss einerseits so beschaffen sowie die gerichtsinterne Organisation der Geschäfte (Geschäftsverteilung, Gestaltung von [X.]ezernatswechseln etc) so geregelt sein, dass ein [X.] oder Spruchkörper die inhaltliche Bearbeitung und Auseinandersetzung mit der Sache wegen anderweitig anhängiger ggf älterer oder vorrangiger Verfahren im Regelfall nicht länger als zwölf Monate zurückzustellen braucht. [X.]ie systematische Verfehlung dieses Ziels ist der Hauptgrund dafür, dass die für Ausstattung der Gerichte zuständigen Gebietskörperschaften Bund und Land mit den Kosten der Entschädigungszahlungen belastet werden, wenn Gerichtsverfahren eine angemessene [X.]auer überschreiten.

Eine Verfahrensdauer von bis zu zwölf Monaten je Instanz ist damit regelmäßig als angemessen anzusehen, selbst wenn sie nicht durch konkrete [X.]sschritte begründet und gerechtfertigt werden kann. [X.]iese [X.]spanne muss und wird in der Regel nicht vollständig direkt im [X.] an die Erhebung der Klage bzw die Einlegung der Berufung liegen, in der das Gericht normalerweise für einen Schriftsatzwechsel sorgt und Entscheidungsunterlagen beizieht. [X.]ie Vorbereitungs- und Bedenkzeit kann vielmehr auch am Ende der jeweiligen Instanz liegen und in mehrere, insgesamt zwölf Monate nicht übersteigende Abschnitte unterteilt sein. Für diese Zwölfmonatsregel spricht [X.] die Regelung des § 198 Abs 5 [X.] [X.]; danach kann eine Klage zur [X.]urchsetzung des Anspruchs aus Abs 1 der Vorschrift frühestens sechs Monate nach Erhebung der [X.] erhoben werden. Eine gewisse Vorbereitungs- und Bedenkzeit der Gerichte akzeptiert auch der [X.], dessen Rechtsprechung maßgeblich dem [X.] zugrunde liegt. Wie die Analyse seiner Urteile zeigt, beanstandet der Gerichtshof regelmäßig nicht die [X.]auer solcher Verfahren, die nicht besonders eilbedürftig sind und die je Instanz nicht länger als 2 Jahre und insgesamt nicht länger als 5 Jahre dauern (vgl [X.], [X.] in the member States of the Council of Europe based on the case law of the European Court of Human Rights, 2. Aufl 2012, [X.] mwN; vgl [X.]/[X.], [X.]-Kommentar, Art 6 Rd[X.]49 mwN; [X.], [X.], 3. Aufl 2011, Art 6 Rd[X.]99). Nicht jede Periode gerichtlicher Untätigkeit führt nach der Rechtsprechung des [X.] zwingend zu einem Entschädigungsanspruch; vielmehr ist sie in einem gewissen Verfahrensstadium vertretbar, solange die [X.] nicht als überlang erachtet werden kann (vgl [X.] [X.], Individ[X.]lbeschwerde [X.]2842/96 [X.]/[X.], Rd[X.]10; Individ[X.]lbeschwerde [X.] 7759/77 [X.]/[X.], Rd[X.] 63).

Beruht die Verfahrensdauer, die die genannte [X.]auer von zwölf Monaten je Instanz übersteigt, auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung (zB [X.] für Einholung von Auskünften, Zeugenaussagen, Sachverständigengutachten, Beiziehung von Akten) oder wird sie maßgeblich durch das Verhalten des [X.], anderer Verfahrensbeteiligter oder [X.]ritter verlängert, so macht selbst dies die Verfahrensdauer in der Regel ebenfalls noch nicht unangemessen. Anderes gilt für [X.]en, in denen eine Sache über zwölf Monate hinaus ("am Stück" oder immer wieder für kürzere [X.]räume) ohne sachlichen Grund "auf Abruf" liegt, ohne dass das Verfahren zeitgleich inhaltlich betrieben wird, oder sich auf sog Schiebeverfügungen beschränkt.

[X.]ie genannten Orientierungswerte gelten allerdings nur, wenn sich nicht aus dem Vortrag des [X.] oder aus den Akten besondere Umstände ergeben, die vor allem mit Blick auf die Kriterien von § 198 Abs 1 S 2 [X.] im Einzelfall zu einer anderen Bewertung führen. [X.]amit ändert die Zwölfmonatsregel nichts am Vorrang der Einzelfallbetrachtung, sondern verschiebt lediglich die sachlichen Anforderungen an die [X.] entlang zeitlicher Grenzen.

[X.]aher wird das [X.] nach Zurückverweisung noch zu berücksichtigen haben, dass den Ausgangsgerichten eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von zwölf Monaten zuzugestehen ist, die für sich genommen noch nicht zu einer unangemessenen Verfahrensdauer führt. Bei der noch ausstehenden abschließenden Gesamtabwägung darf das [X.] dem Ausgangsgericht deshalb eine ausreichende Vorbereitungs- und Bedenkzeit einräumen, die nicht durch konkrete [X.]sschritte begründet und gerechtfertigt werden muss. [X.]as [X.] wird allerdings zu erwägen haben, ob insoweit die vom [X.] regelmäßig akzeptierte [X.]spanne von zwölf Monaten noch angemessen ist, oder ob nach den besonderen Umständen dieses Einzelfalls, insbesondere wegen der bereits verstrichenen [X.]auer des Verfahrens und der daraus resultierenden Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin nicht ausnahmsweise eine kürzere oder gar keine Vorbereitungs- und Bedenkzeit anzusetzen ist.

d) Sollte das [X.] nach diesen Grundsätzen zu dem Schluss einer unangemessenen [X.]auer des Ausgangsverfahrens kommen, so wird es zusätzlich die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben, ob die Klägerin deswegen einen Nachteil iS von § 198 Abs 1 [X.] [X.] erlitten hat und dafür eine angemessene Entschädigung verlangen kann. Nachteil iS des Abs 1 sind dabei [X.] sämtliche immateriellen Folgen eines überlangen Verfahrens; dazu gehört nach der Vorstellung des Gesetzgebers insbesondere die seelische Unbill durch die lange Verfahrensdauer (Gesetzentwurf BT-[X.]rucks 17/3802 [X.]9). Ein solcher Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird nach § 198 Abs 2 [X.] [X.] vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hier wird das [X.] gegebenenfalls prüfen müssen, ob Umstände vorliegen, die - anders als nach seinen Feststellungen im Fall des überlangen Verfahrens wegen Rentenantragstellung - geeignet erscheinen, die gesetzliche Vermutung des § 198 Abs 2 [X.] [X.] (vgl [X.]surteil vom 21.2.2013 - [X.] [X.] 1/[X.] - [X.], 75 = [X.]-1720 § 198 [X.]; [X.]-1500 § 202 [X.]) zu widerlegen.

Weitere Voraussetzung für den von der Klägerin verfolgten Entschädigungsanspruch ist es nach § 198 Abs 2 S 2 [X.], dass eine Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Abs 4 dieser Vorschrift nicht ausreichend ist, insbesondere nicht gemäß § 198 Abs 4 [X.] [X.] durch Feststellung des Entschädigungsgerichts, die Verfahrensdauer sei unangemessen lang gewesen. Wie der [X.] bereits entschieden hat (vgl [X.]surteil vom 21.2.2013 - [X.] [X.] 1/[X.] - [X.], 75 = [X.]-1720 § 198 [X.]; [X.]-1500 § 202 [X.] mwN), kommt bei festgestellter Überlänge eines Gerichtsverfahrens eine derartige Kompensation eines Nichtvermögensschadens aber nur ausnahmsweise in Betracht, wenn das Verfahren beispielsweise für den Entschädigungskläger keine besondere Bedeutung hatte oder dieser durch sein Verhalten erheblich zur Verlängerung des Verfahrens beigetragen hat. Insoweit weist der [X.] angesichts des [X.] im Revisionsverfahren vorsorglich auf Folgendes hin: [X.]ie Bedeutung des Verfahrensausgangs für den Entschädigungskläger lässt sich jedenfalls nicht mit Blick auf die fehlenden Erfolgsaussichten verneinen. [X.]er Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener [X.] soll [X.] gerade eine lange Unsicherheit des Entschädigungsklägers über seine Ansprüche und die damit verbundenen seelischen Folgen (vgl Gesetzentwurf BT-[X.]rucks 17/3802 [X.]9) vermeiden.

Schließlich wird das Entschädigungsgericht gegebenenfalls zu entscheiden haben, ob der von § 198 Abs 2 [X.] [X.] vorgesehene Regelbetrag von 1200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung nach den vom [X.] festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls gemäß § 198 Abs 2 [X.] [X.] unbillig ist. Allerdings eröffnet [X.] nur für Ausnahmefälle die Möglichkeit, von der 1200 Euro-Pauschale nach oben oder nach unten abzuweichen (vgl Gesetzentwurf BT-[X.]rucks 17/3802 [X.]; vgl [X.]/[X.], [X.]O, § 198 [X.] Rd[X.]2, der von atypischen Sonderfällen spricht).

4. Für den Fall einer Entschädigung in Geld wird das Entschädigungsgericht zudem in entsprechender Anwendung der §§ 288 Abs 1, 291 [X.] BGB über die beantragten Prozesszinsen (5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz) ab Rechtshängigkeit (Klageerhebung, vgl § 94 [X.]G) zu entscheiden haben. Auch wenn es sich der Art nach um einen pauschalierten Verzugsschadensersatz handelt und deshalb ein konkreter Zusammenhang mit dem begehrten immateriellen Schadensersatz fraglich sein könnte (vgl [X.] [X.] Urteil vom 26.11.2013 - L 3 SF 913/12 EK, Rd[X.] 79, Revision anhängig unter [X.] [X.] 4/14 R), ändert dies nichts an der Anwendbarkeit der genannten Vorschriften im Rahmen von [X.]n in den öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten, weil [X.], die den allgemeinen Anspruch auf Prozesszinsen verdrängen könnten, nicht bestehen (vgl [X.] Urteil vom 19.3.2014 - [X.] = [X.]E 244, 521, Juris Rd[X.] 40). Entschädigungsansprüche nach § 198 [X.] stehen außerhalb des Systems der sozialrechtlichen Ansprüche, für die Prozesszinsen nach Maßgabe des § 44 [X.]B I grundsätzlich nicht beansprucht werden können (hierzu B[X.]E 99, 102 = [X.]-2500 § 19 [X.] 4, Rd[X.]7 ff). § 201 Abs 2 [X.] [X.] iVm § 202 [X.]G verweisen zwar auf das [X.]G, nicht hingegen auf das [X.]B. [X.]ie Annäherung des sozialgerichtlichen Kostenrechts an dasjenige der VwGO hat die Rechtsprechung des B[X.] bereits in der Vergangenheit veranlasst, auch hinsichtlich der Prozesszinsen in besonderen Teilbereichen auf die Rechtsprechung des [X.] Bezug zu nehmen (für den Bereich des [X.] ausdrücklich B[X.]E 95, 141 = [X.]-2500 § 83 [X.], Rd[X.]8 ff). Für den Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer ist insoweit entsprechend zu verfahren (vgl zu den Prozesszinsen [X.] Urteil vom [X.] - 5 C 1/13 [X.] = [X.]VBl 2014, 861, Juris Rd[X.] 46).

5. [X.]ie Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des [X.] vorbehalten. [X.]urchgreifende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit (Art 3 Abs 1 GG) der zugrunde liegenden Vorschriften der § 183 [X.], § 197a [X.]G iVm § 154 Abs 2 VwGO einschließlich der Sondervorschrift des § 201 Abs 4 [X.] hat die Klägerin mit ihrem Hinweis auf die gänzlich abweichende Sit[X.]tion im Strafverfahren nicht aufgezeigt und sind für den erkennenden [X.] auch nicht ersichtlich. [X.]er Vorwurf der gleichheitswidrigen Systemwidrigkeit (vgl Söhngen NZ[X.]12, 493, 498 mwN) entbehrt von vornherein der Grundlage, wenn - wie hier - bereits das Ausgangsverfahren als streitwertgebührenpflichtiges Verfahren konzipiert ist, weil die Klägerin als Vertragsärztin nicht zum privilegierten Personenkreis des § 183 [X.]G gehört.

6. [X.]ie auch im Fall der Zurückverweisung vorzunehmende Streitwertfestsetzung (vgl B[X.] Urteil vom 10.5.2007 - [X.] KR 1/05 R, B[X.]E 98, 283 = [X.]-1300 § 111 [X.] 4) beruht auf § 197a Abs 1 [X.] [X.]G iVm § 47, § 52 Abs 1 und 3, § 63 Abs 2 [X.] GKG. [X.]em Anliegen der Klägerin nach einer Festsetzung stets des [X.] (eigenhändiger Schriftsatz vom 2.8.2014) kann von Gesetzes wegen nicht Rechnung getragen werden (vgl B[X.] Beschluss vom 5.8.2014 - [X.] [X.] 32/13 B), entspräche hier aber auch nicht ihrem Ansinnen nach einer Minimierung der Kosten.

Meta

B 10 ÜG 2/14 R

03.09.2014

Bundessozialgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: False

vorgehend SG Gotha, 12. Dezember 2012, Az: S 7 KA 3195/08, Urteil

§ 198 Abs 1 S 1 GVG, § 198 Abs 1 S 2 GVG, § 198 Abs 2 S 1 GVG, § 198 Abs 2 S 2 GVG, § 198 Abs 2 S 3 GVG, § 198 Abs 2 S 4 GVG, § 198 Abs 3 S 1 GVG, § 198 Abs 3 S 3 GVG, § 198 Abs 3 S 4 GVG, § 198 Abs 4 S 1 GVG, § 198 Abs 5 S 1 GVG, § 198 Abs 5 S 2 GVG, Art 23 S 1 ÜberlVfRSchG, Art 23 S 2 ÜberlVfRSchG, § 88 S 1 SGG, § 141 Abs 1 Nr 1 SGG, § 160 Abs 1 SGG, § 170 Abs 2 S 2 SGG, § 121 BGB, § 288 Abs 1 BGB, § 291 S 1 BGB, Art 6 Abs 1 S 1 MRK, Art 19 Abs 4 GG, Art 20 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 03.09.2014, Az. B 10 ÜG 2/14 R (REWIS RS 2014, 3166)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3166

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