Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 06.12.2011, Az. 1 BvR 2280/11

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2011, 772

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Versagung der Zulassung einer Rechtsanwaltsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH und Co. KG - hier: Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde wegen unzureichender Substantiierung


Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Ablehnung der Zulassung einer Rechtsanwaltsgesellschaft in der Rechtsform einer [X.] zur Rechtsanwaltschaft.

2

1. Die [X.]eschwerdeführerin zu 1) ist eine noch nicht im Handelsregister eingetragene Kommanditgesellschaft. Deren persönlich haftende Gesellschafterin ist die [X.]eschwerdeführerin zu 2), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Gesellschafter zwei Rechtsanwälte sind. Der Antrag der [X.]eschwerdeführerin zu 1), sie als Rechtsanwaltsgesellschaft zuzulassen, ist von der Rechtsanwaltskammer abgelehnt worden.

3

Gegen den [X.]escheid erhoben die [X.]eschwerdeführerinnen Klage mit dem Hauptantrag, die Rechtsanwaltskammer zur Zulassung der [X.]eschwerdeführerin zu 1) als Rechtsanwaltsgesellschaft zu verpflichten. Hilfsweise beantragten sie, über den Antrag auf Zulassung neu zu entscheiden, und weiter hilfsweise, festzustellen, dass eine Rechtsanwaltsgesellschaft in der Form der [X.] zulässig sei. Nachdem der [X.] die Klage abgewiesen hatte, wies der [X.] die gegen das Urteil des [X.]s gerichtete [X.]erufung der [X.]eschwerdeführerinnen zurück. Der angegriffene [X.]escheid sei rechtmäßig. Die [X.]eschwerdeführerin zu 1) könne nicht als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen werden, weil sie als Kommanditgesellschaft nicht wirksam gegründet sei. Es handele sich um eine fehlgeschlagene Gesellschaft. Gemäß § 161 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HG[X.]) müsse der Gesellschaftszweck einer Kommanditgesellschaft auf den [X.]etrieb eines Handelsgewerbes gerichtet sein. Aus § 2 Abs. 2 der [X.]undesrechtsanwaltsordnung ([X.]) folge jedoch, dass die von der [X.]eschwerdeführerin zu 1) beabsichtigte Tätigkeit eines Rechtsanwalts kein Gewerbe sei. Auch handelsrechtlich betreibe die [X.]eschwerdeführerin zu 1) kein Gewerbe. Der Gewerbebegriff in der [X.]undesrechtsanwaltsordnung und im Handelsgesetzbuch sei derselbe. Der Gesetzgeber habe eine einheitliche Auslegung gewollt und die freien [X.]erufe ausdrücklich nicht dem Handelsrecht unterstellt (Hinweis auf [X.]TDrucks 13/8444, S. 33).

4

Die [X.]eschwerdeführerin zu 1) habe ihren satzungsmäßigen Gesellschaftszweck zwar auf solche gewerbliche Tätigkeiten, "die von Rechtsanwälten üblicherweise ausgeübt werden (z.[X.]. Treuhandtätigkeiten, [X.], [X.] u.ä.)" erweitert. Die Einordnung als Handelsgewerbe richte sich aber nach dem Gesamtbild des [X.]etriebs. Die nichtgewerbliche Tätigkeit der [X.]eschwerdeführerin als Rechtsanwaltsgesellschaft präge ihr Erscheinungsbild.

5

Es verstoße auch nicht gegen Grundrechte, dass die [X.]eschwerdeführerin zu 1) nicht als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen werden könne. Ein verfassungsverbürgtes Recht, einen [X.]eruf in jedweder Rechtsform betreiben zu können, auch wenn diese vom Gesetzgeber dafür nicht vorgesehen sei, gebe es nicht. Die Rechtsprechung habe in der Vergangenheit verschiedene von der [X.]undesrechtsanwaltsordnung nicht vorgesehene [X.] zur Verwirklichung der [X.]erufsfreiheit zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Diese [X.] seien aber im Unterschied zur Kommanditgesellschaft gesetzlich nicht zweckbeschränkt. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung mit der für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater gesetzlich eingeschränkt zugelassenen Rechtsform der [X.] liege darin nicht. Deren [X.]erufsausübung in Form einer Handelsgesellschaft sei schon [X.] anerkannt gewesen und entspreche dem seit dieser [X.] geprägten [X.]erufsbild. Die besondere [X.]edeutung der Rechtsanwaltschaft als Organ der Rechtspflege und wesentlicher [X.]estandteil der rechtsstaatlichen Ordnung habe demgegenüber das [X.]erufsbild der Rechtsanwälte geprägt, weswegen der Gesetzgeber ihnen die gewerblich geprägten Rechtsformen der Handelsgesellschaften bisher nicht zur Verfügung gestellt habe.

6

2. Die [X.]eschwerdeführerinnen rügen eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG.

II.

7

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Verfassungsbeschwerde erfüllt die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 [X.] nicht. Ihr kommt keine grundsätzliche [X.]edeutung zu und ihre Annahme ist nicht zur Durchsetzung der Rechte der [X.]eschwerdeführerinnen angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg; denn sie ist nicht in einer § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 [X.] genügenden Weise begründet.

8

Zu den Anforderungen an die hinreichende [X.]egründung einer Verfassungsbeschwerde gehört es, dass ein [X.]eschwerdeführer den Vorgang, aus dem sich die angebliche Grundrechtsverletzung ergeben soll, substantiiert darlegt (vgl. [X.] 81, 208 <214>). Dabei hat er auch aufzuzeigen, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll (vgl. [X.] 99, 84 <87>). Er muss substantiiert darlegen, mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidiert; die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung ist deutlich zu machen (vgl. [X.] 108, 370 <386 f.>). Werden gerichtliche Entscheidungen angegriffen, so muss sich der [X.]eschwerdeführer auch mit deren Gründen auseinandersetzen (vgl. [X.] 101, 331 <345>; 105, 252 <264>).

9

1. Gemessen daran macht die [X.]eschwerdeführerin zu 1) die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht hinreichend deutlich.

a) Unklar bleibt schon, gegen welche Maßnahme der öffentlichen Gewalt sich die [X.]eschwerdeführerin zu 1) wendet. Nicht erkennbar ist, ob die Grundrechtsverletzung im Zusammenspiel der Regelung aus § 2 [X.] mit §§ 105, 161 HG[X.], dem Fehlen einer § 27 der Wirtschaftsprüferordnung ([X.]) und § 49 des [X.]) vergleichbaren gesetzlichen Zulassung für die [X.] oder in der Auslegung durch den [X.] jeder der genannten Normen oder einer bestimmten Norm gesehen wird.

Zum anderen fehlt es an einer Auseinandersetzung mit den angegriffenen Entscheidungen im Hinblick auf die Anforderungen, die das [X.]erufsrecht generell an Rechtsanwaltsgesellschaften stellt. Angaben zu den Gesellschafter- und Gesellschaftsstrukturen der [X.]eschwerdeführerinnen fehlen fast vollständig, obwohl die hierfür geltenden berufsrechtlichen Anforderungen tragender [X.]estandteil des angegriffenen [X.]escheids der Rechtsanwaltskammer sind. Ausführungen hierzu wären erforderlich gewesen, denn [X.]eschränkungen der Rechtsformwahlfreiheit, die diese an bestimmte strukturelle Voraussetzungen binden, sind verfassungsrechtlich nicht ohne Weiteres zu beanstanden. Die Unabhängigkeit und Integrität eines Rechtsanwalts sowie dessen maßgebende Orientierung am Recht und an den Interessen seiner Mandanten können durch die erwerbswirtschaftliche Prägung weiterer Tätigkeiten der Gesellschaft gefährdet werden. Interessenkollisionen liegen vor allem dann nahe, wenn ein kaufmännischer [X.]eruf die Möglichkeit bietet, Informationen zu nutzen, die aus der rechtsberatenden Tätigkeit stammen. Solchen Gefahren zu wehren, ist im Interesse der Rechtspflege und des Ansehens der Rechtsanwaltschaft geboten und erkennbares Ziel des § 2 Abs. 2 [X.] (vgl. [X.] 87, 287 <329>). Aus diesem Grund ist die Zulassung von Rechtsanwaltsgesellschaften nach §§ 59c ff. [X.] davon abhängig, ob die [X.] nach hinreichende Gewähr dafür bietet, dass diese Gefahren abgewehrt werden. Auch nach der Rechtsprechung des [X.]s handelt es sich bei den §§ 59c ff. [X.] um rechtsformunabhängige, generell notwendige Voraussetzungen für die Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 10. Januar 2005 - [X.] ([X.]) 27/03, 28/03 -, NJW 2005, S. 1568 <1571>).

Da die [X.]eschwerdeführerin zu 1) keinen näheren Aufschluss über die angestrebte gesellschaftsrechtliche Konstruktion gibt, ist nicht nachvollziehbar, ob die angestrebte Rechtsform den §§ 59c ff. [X.] genügt. Im Gegenteil sprechen Anhaltspunkte dafür, dass dies nicht der Fall ist. Aus § 59e Abs. 1 [X.] ergibt sich, dass eine [X.] nur dann zuzulassen wäre, wenn sie ausschließlich aus [X.]erufsträgern oder gleichgestellten Personen bestünde. Diese Voraussetzung erfüllt die [X.]eschwerdeführerin zu 1) nicht, denn ihre Komplementärin, die [X.]eschwerdeführerin zu 2), strebt eine eigene Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft gegenwärtig nicht mehr an. Weder gegen die [X.]eschränkung des [X.] der Gesellschafter durch § 59e Abs. 1 [X.] noch gegen das - ansonsten einschlägige - [X.]eteiligungsverbot für Rechtsanwaltsgesellschaften gemäß § 59c Abs. 2 [X.] sind verfassungsrechtliche [X.]edenken dargetan.

b) Die [X.] der [X.]eschwerdeführerin zu 1) sind auch im Einzelnen nicht substantiiert erhoben. Auslegung und Anwendung von Rechtsvorschriften durch ein Gericht können vom [X.]undesverfassungsgericht nicht in vollem Umfang, sondern nur daraufhin überprüft werden, ob das Gericht bei seiner Entscheidung Verfassungsrecht verletzt hat. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Entscheidung darauf beruht, dass das Gericht [X.]edeutung und Tragweite eines Grundrechts verkannt hat ([X.] 1, 418 <420>; 7, 198 <207 ff.>; 18, 85 <92 f.>). Daran gemessen ist eine Grundrechtsverletzung durch die angegriffenen Entscheidungen nicht hinreichend dargelegt.

aa) Soweit die [X.]eschwerdeführerin zu 1) eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber den juristischen Personen der [X.], der Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung rügt, fehlt es an einer Auseinandersetzung mit dem Umstand, dass diese Gesellschaftsformen, anders als die Kommanditgesellschaft, nicht auf den [X.]etrieb eines Handelsgewerbes gerichtet sein müssen. Wegen der unterschiedlichen gesetzlichen Gründungsvoraussetzungen wäre darzulegen gewesen, dass und wieso eine vergleichbare Lage zu dieser Vergleichsgruppe dennoch gegeben ist. Hierzu führt die [X.]eschwerdeführerin zu 1) lediglich unter Verweis auf eine der Verfassungsbeschwerde nicht beigefügte rechtswissenschaftliche Abhandlung aus, dass das Argument der Zweckbeschränkung nicht weiter führe und dass nach ihrer Auslegung des § 105 Abs. 2 Satz 1 HG[X.] ein Handelsgewerbe nicht mehr zwingend erforderlich sei. Angesichts des klaren anderslautenden Wortlauts von § 105 Abs. 1 und § 161 Abs. 1 HG[X.] und der diesbezüglich sorgfältig begründeten Entscheidung des [X.]s sind die knappen Ausführungen zur Rechtsmeinung der [X.]eschwerdeführerin zu 1) für eine genügende [X.]egründung der Verfassungsbeschwerde nicht ausreichend.

bb) Auch soweit die [X.]eschwerdeführerin zu 1) eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber der berufsrechtlich eingeschränkt zulässigen Steuerberatungs- oder Wirtschaftsprüfungs [X.] rügt, fehlt es ihren Ausführungen an einer hinreichenden [X.]egründung.

Die [X.]eschwerdeführerin zu 1) legt zunächst nicht dar, welche Vergleichsgruppen ungleich behandelt werden, sondern stellt ohne Festlegung sowohl auf die [X.]erufsträger als auch auf die Kommanditgesellschaft ab. Maßgeblich kann indes nur die Gesellschaft selbst sein, weil sie eine eigene, von den Zulassungen der dahinterstehenden [X.]erufsträger unabhängige, berufsrechtliche Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft erstrebt (vgl. [X.] 102, 197 <211>). Nur sie ist - in Gestalt der [X.]eschwerdeführerin zu 1) - auch [X.]eteiligte der Verfassungsbeschwerde. Eine Ungleichbehandlung der [X.]eschwerdeführerin zu 1) mit Steuerberatungs- oder [X.]Kommanditgesellschaften ist allerdings nicht erkennbar. Kommanditgesellschaften ist es nach der gegenwärtigen Gesetzeslage generell verwehrt, als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen zu werden. Auch eine bereits als Steuerberatungs- oder Wirtschaftsprüfungs [X.] bestehende Kommanditgesellschaft kann nicht als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen werden, selbst wenn sie - wie von der [X.]eschwerdeführerin zu 1) beabsichtigt - gewerblich als Treuhänderin tätig ist. Andererseits steht es auch der [X.]eschwerdeführerin zu 1) frei, im Rahmen der berufsrechtlichen Anforderungen eine Zulassung als Steuerberatungs- oder Wirtschaftsprüfungs-Kommanditgesellschaft zu erhalten, wenn sie sich wegen ihrer Treuhandtätigkeit in das Handelsregister eintragen lässt.

Selbst wenn es auf die hinter der [X.]eschwerdeführerin zu 1) stehenden [X.]erufsträger als Vergleichsgruppe ankäme, wäre eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung auch der [X.]erufsträger mit Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Dem [X.]eschwerdevortrag ist nicht zu entnehmen, dass die Gesellschafter der [X.]eschwerdeführerin zu 1) ausschließlich Rechtsanwälte sind. Ihre Identität - außer derjenigen der [X.]eschwerdeführerin zu 2) - wird nicht mitgeteilt. Der Verfassungsbeschwerde ist ebenfalls nicht zu entnehmen, ob die beabsichtigte [X.] vergleichbaren Anerkennungsvoraussetzungen genügt, wie sie §§ 27, 28 [X.] und §§ 49, 50, 50a St[X.]erG an die Gesellschafts- und Gesellschafterstruktur im Fall der [X.] oder [X.] stellen. Die Gesellschafts- und Gesellschafterstrukturen der [X.]eschwerdeführerinnen werden von diesen nicht offen gelegt.

cc) Soweit eine Verletzung der [X.]erufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) gerügt wird, ist die Verfassungsbeschwerde ebenfalls nicht genügend begründet.

[X.]ei ihrer Rüge, für den Eingriff in die [X.]erufsfreiheit fehle es an der gesetzlichen Grundlage, lässt die [X.]eschwerdeführerin zu 1) außer [X.], dass der [X.] seine Auffassung, § 161 Abs. 1 HG[X.] und § 2 Abs. 2 [X.] stünden einer Zulassung der [X.]eschwerdeführerin zu 1) entgegen, auf dem Weg der Auslegung unter [X.]erücksichtigung des gesetzgeberischen Willens und ohne Verletzung der anerkannten Auslegungsgrundsätze gewonnen hat. Darin liegt jedenfalls keine richterliche Rechtsschöpfung, sondern allenfalls Rechtsfortbildung auf gesetzlicher Grundlage, womit dem Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG genügt ist.

Ebenfalls nicht hinreichend begründet ist das Vorbringen, wonach der Eingriff in die [X.]erufsfreiheit nicht gerechtfertigt sei. Die [X.]eschwerdeführerin zu 1) leitet ihre Ansicht, dass Gemeinwohlgründe zur [X.]eschränkung ihrer [X.]erufsfreiheit fehlten, vergleichend von anderen [X.]erufsgruppen und Gesellschaftsformen ab. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Gefahren, die eine spezifisch gewerbliche Tätigkeit anwaltlicher [X.]erufsträger für die Rechtspflege bringen kann, fehlt. Die Rechtsansicht der [X.]eschwerdeführerin zu 1), dass ihr völlige Freiheit der freiberuflichen [X.]erufsausübung zukomme und sie auch in ihrer Anwaltskanzlei ausschließlich gewerblich tätig werden könne, greift zu weit. Unentbehrlich für die Ausübung des Anwaltsberufs ist rechtlicher und tatsächlicher Handlungsspielraum (vgl. § 7 Nr. 8 [X.]). Der Rechtsanwaltsberuf muss in nennenswertem Umfang und nicht nur gelegentlich ausgeübt werden. Dieses Erfordernis ist vom gesetzgeberischen Ziel geleitet, ein Mindestmaß an Unabhängigkeit und Professionalität des Rechtsanwalts zu gewährleisten. Es ist dazu geeignet und auch erforderlich, die [X.]erufsbezeichnung des Rechtsanwalts nicht zu einem bloßen Titel werden zu lassen ([X.] 87, 287 <323>).

Auch ihre [X.]ehauptung, dass die Abgrenzung zwischen Gewerbe und freiem [X.]eruf unstreitig unbestimmt sei und sich die Tätigkeit von Rechtsanwälten und anderen Gewerbetreibenden in den letzten Jahrzehnten weitgehend angenähert habe, führt die [X.]eschwerdeführerin zu 1) nicht genügend aus. Unterschiede oder Gemeinsamkeiten gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeiten wären näher darzulegen gewesen; denn die freien [X.]erufe sind gegenüber den Gewerbetreibenden weiterhin durch eine Reihe von [X.]esonderheiten in der Ausbildung, der staatlichen und berufsautonomen Regelung ihrer [X.]erufsausübung, ihrer Stellung im Sozialgefüge, der Art und Weise der Erbringung ihrer Dienstleistungen und auch des Einsatzes der Produktionsmittel Arbeit und Kapital geprägt (vgl. [X.] 120, 1 <31>).

2. Auch die Verfassungsbeschwerde der [X.]eschwerdeführerin zu 2) ist mangels genügender [X.]egründung unzulässig.

Die Möglichkeit einer Verletzung von Grundrechten der [X.]eschwerdeführerin zu 2) ist nicht ausreichend dargelegt. Insoweit wird nur mitgeteilt, dass es sich bei dieser Gesellschaft um die Komplementärin der [X.]eschwerdeführerin zu 1) handelt. Lediglich aus den Anlagen ergibt sich, dass die [X.]eschwerdeführerin zu 2) einen eigenen Zulassungsantrag als Rechtsanwaltsgesellschaft im [X.]erufungsverfahren zunächst betrieben, dann aber nicht weiter verfolgt hat. Eine mögliche Verletzung ihrer [X.]erufsfreiheit scheidet hiernach aus, weil die [X.]eschwerdeführerin zu 2) ihre Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft nicht mehr anstrebt und andere beabsichtigte [X.] nicht dargetan sind. Zu einer möglichen Verletzung anderer Grundrechtspositionen insbesondere unter dem Gesichtspunkt der [X.]erufsfreiheit eines "Geschäftsführers" oder "Kaufmanns" fehlt es gleichfalls an Vorbringen.

Von einer weiteren [X.]egründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 2280/11

06.12.2011

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BGH, 18. Juli 2011, Az: AnwZ (Brfg) 18/10), Urteil

Art 12 Abs 1 S 1 GG, Art 12 Abs 1 S 2 GG, Art 3 Abs 1 GG, § 2 Abs 2 BRAO, § 59c Abs 2 BRAO, § 59e Abs 1 BRAO, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 105 Abs 1 HGB, § 105 Abs 2 S 1 HGB, § 161 Abs 1 HGB, § 1 Abs 2 HGB

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 06.12.2011, Az. 1 BvR 2280/11 (REWIS RS 2011, 772)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 772

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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II ZB 2/13

B 6 KA 11/14 R

B 6 KA 47/11 R

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