Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.10.2011, Az. AnwZ (Brfg) 1/10

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2011, 2567

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Gegenstand

Rechtsanwaltsgesellschaft: Zulassungsfähigkeit einer aus Patentanwälten bestehenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung


Leitsatz

1. Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, bei welcher die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmanteile Patentanwälten zusteht, welche nicht zugleich Rechtsanwälte sind, kann nicht als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen werden .

2. Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Geschäftsführer mehrheitlich nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassene Patentanwälte sind, kann nicht als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen werden .

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des 5. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs vom 25. Februar 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin wurde am 8. Januar 2009 von den Patentanwälten Dr.    M.    und [X.]  sowie dem Rechtsanwalt      S.        gegründet. Jeder der drei [X.]er übernahm einen Geschäftsanteil mit einem Nennbetrag von 8.500 €. Durch [X.]erbeschluss wurden Dr.    M.   ,      [X.]  und         S.       zu einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellt und von den [X.]eschränkungen des § 181 [X.]G[X.] befreit. Satzungsmäßiger Zweck der Klägerin ist die gemeinschaftliche [X.]erufsausübung als Patent- und Rechtsanwälte. Ihre Satzung enthält u.a. folgende [X.]estimmungen:

§ 3 [X.]er

(1) [X.]er der M.    S.      Patentanwalts- und Rechtsanwaltsgesellschaft mbH können nur Mitglieder der Patentanwaltskammer oder der Rechtsanwaltskammer sowie die übrigen in § 52e Abs. 1 Satz 1 [X.] genannten Personen oder eine [X.] [X.]ürgerlichen Rechts sein, deren Zweck ausschließlich das Halten von Anteilen an der M.     S.     Patentanwaltsgesellschaft mbH ist.

(2) [X.] kann eine gemeinsame Kanzlei oder mehrere Kanzleien errichten. Errichtet die [X.] mehrere Kanzleien, so muss in jeder Kanzlei mindestens ein [X.]er als [X.] Patentanwalt und ein [X.]er als Rechtsanwalt tätig sein, die zu Geschäftsführern bestellt sind und für die diese Kanzlei der Mittelpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit bildet.

(3) Die [X.]eteiligung an einer anderen [X.] bedarf der Zustimmung der [X.]erversammlung. Die [X.]eteiligung an der M.      Patentanwaltsgesellschaft mbH, der M.    Patentanwälte Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft und der [X.] [X.] bürgerlichen Rechts, jeweils mit Sitz in M.      , bedarf keiner Genehmigung.

§ 4 Stammkapital

(1) Das Stammkapital der [X.] beträgt [X.] (in Worten: Euro fünfundzwanzigtausendfünfhundert).

(2) Hierauf übernehmen die Gründungsgesellschafter Geschäftsanteile wie folgt:

a) Herr Dr.     M.      , Patentanwalt, einen Geschäftsanteil mit einem Nennbetrag von 8.500,00 Euro …

b) Herr         [X.]  , Patentanwalt, einen Geschäftsanteil mit einem Nennbetrag von 8.500,00 Euro …

c) Herr          S.     , Rechtsanwalt, einen Geschäftsanteil mit einem Nennbetrag von 8.500,00 Euro …

§ 8 Geschäftsführung und Vertretung

(1) [X.] hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, vertritt er die [X.] allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die [X.] durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich vertreten. [X.]erversammlung ist berechtigt, Geschäftsführern [X.] zu erteilen. Sie kann von den [X.]eschränkungen des § 181 [X.]G[X.] befreien.

(2) Zu Geschäftsführern können nur Patentanwälte oder Rechtsanwälte bestellt werden.

2

Am 20. Februar 2009 hat die Klägerin ihre [X.]assung zur Rechtsanwaltschaft im [X.]ezirk der [X.]eklagten beantragt. Die [X.]eklagte hat den Antrag mit [X.]escheid vom 14. September 2009 zurückgewiesen, weil die Klägerin den Erfordernissen der §§ 59e und 59f [X.] nicht entspreche. Die Klage der Klägerin, mit welcher diese beantragt hat, die [X.]eklagte zu verpflichten, sie unter Aufhebung des [X.] zur Rechtsanwaltschaft zuzulassen, ist abgewiesen worden. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen [X.]erufung will die Klägerin weiterhin ihre [X.]assung zur Rechtsanwaltschaft erreichen. Sie beantragt,

unter Abänderung des Urteils des [X.]ayerischen [X.]es (Az: [X.] - 25/2009) und Aufhebung des [X.] der [X.]eklagten vom 14.09.2010 (Az: [X.]. 50151) die [X.]eklagte zu verpflichten, der Klägerin die beantragte [X.]assung zur Rechtsanwaltschaft als Rechtsanwaltsgesellschaft zu erteilen.

3

Die [X.]eklagte beantragt,

die [X.]erufung der Klägerin zurückzuweisen.

4

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen [X.]ezug genommen.

II.

5

Die [X.]erufung der Klägerin ist nach § 112e Satz 1 [X.] statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 und 3 VwGO). Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.

6

1. [X.]en mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand die [X.]eratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten ist, können als Rechtsanwaltsgesellschaften zugelassen werden (§ 59c Abs. 1 [X.]). Die [X.]assung kann jedoch nur dann erteilt werden, wenn die [X.] der §§ 59e und 59f [X.] entspricht (vgl. § 59d Nr. 1 [X.]). Die Klägerin erfüllt diese Anforderungen nicht.

7

a) Gemäß § 59e Abs. 1, § 59a Abs. 1 Satz 1 [X.] können Mitglieder der Patentanwaltskammer [X.]er einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein. Die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte muss jedoch Rechtsanwälten zustehen (§ 59e Abs. 2 Satz 1 [X.]). Die Klägerin hat drei [X.]er, die je einen Anteil von 8.500 € halten. Nur einer der [X.]er ist als Rechtsanwalt zugelassen. Patentanwälte sind keine Rechtsanwälte im Sinne der [X.]undesrechtsanwaltsordnung. Zur Rechtsanwaltschaft kann nur zugelassen werden, wer die [X.]efähigung zum Richteramt nach dem [X.] erlangt hat oder die Eingliederungsvoraussetzungen nach dem Gesetz über die Tätigkeit [X.] Rechtsanwälte in [X.] vom 9. März 2000 ([X.] I S. 182) erfüllt oder die Eignungsprüfung nach diesem Gesetz bestanden hat (§ 4 [X.]). Voraussetzungen für die [X.]assung als Patentanwalt sind ein technisches oder naturwissenschaftliches Hochschulstudium (§ 6 Abs. 1 Satz 1 [X.]), ein Jahr praktische technische Tätigkeit (§ 6 Abs. 1 Satz 2 [X.]) sowie eine mindestens 34 Monate dauernde Ausbildung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (§ 7 [X.]) mit Absolvierung einer entsprechenden juristischen Prüfung (§ 8 [X.]). Personen, welche nur die Voraussetzungen einer [X.]assung zur Patentanwaltschaft erfüllen, können folgerichtig nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassen werden.

8

b) Gemäß § 59f Abs. 2, § 59e Abs. 1, § 59a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 [X.] können Patentanwälte Geschäftsführer einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein. Die Rechtsanwaltsgesellschaft muss jedoch von Rechtsanwälten verantwortlich geführt werden. Die Geschäftsführer müssen mehrheitlich Rechtsanwälte sein (§ 59f Abs. 1 [X.]). Von den drei Geschäftsführern der Klägerin ist nur einer Rechtsanwalt. Die anderen beiden - ebenfalls einzelvertretungsberechtigten - Geschäftsführer der Klägerin sind Patentanwälte, die nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sind und, wie gezeigt, nicht als Rechtsanwälte im Sinne der [X.]undesrechtsanwaltsordnung angesehen werden können. Eine Rechtsanwaltsgesellschaft wird dann von Rechtsanwälten verantwortlich geführt, wenn sichergestellt ist, dass die maßgeblichen Geschäftsführungsentscheidungen von Rechtsanwälten verantwortet werden. Das ist etwa dann der Fall, wenn alle geschäftsführenden Rechtsanwälte zur Einzelvertretung befugt sind und die Geschäftsführer, die nicht Rechtsanwälte sind, die [X.] nur gemeinsam mit Rechtsanwälten vertreten können ([X.]T-Drucks. 13/9820, [X.]). [X.] Geschäftsführern kann danach allenfalls Gesamtvertretungsmacht zusammen mit anwaltlichen Geschäftsführern eingeräumt werden, die ein alleiniges Handeln des [X.] Geschäftsführern verhindern können, nicht jedoch Einzelvertretungsmacht ([X.]/Göcken, Anwaltliches [X.]erufsrecht (2010), § 59f [X.] Rn. 6, 7).

9

2. Die Klägerin zieht nicht in Zweifel, dass sie den Erfordernissen des § 59e und des § 59f [X.] nicht entspricht. Ihr [X.]assungsantrag beruht auf der Annahme, dass die genannten [X.]estimmungen der [X.]undesrechtsanwaltsordnung wegen mehrfacher [X.] verfassungswidrig und nichtig sind. Der Senat teilt diese Ansicht nicht und sieht daher von einer Vorlage an das [X.] ab (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG).

a) Die Vorschriften sind formell und inhaltlich mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Es handelt sich um [X.], die dem [X.] des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG genügen und durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gedeckt sind.

aa) Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet dem Einzelnen das Recht, jede Tätigkeit, für die er sich geeignet glaubt, als "[X.]eruf" zu ergreifen, das heißt zur Grundlage seiner Lebensführung zu machen ([X.] 7, 377, 397; 16, 6, 16; 50, 290, 362). Die Regelungen des § 59e Abs. 2 [X.] und des § 59f Abs. 1 [X.] beschränken nicht den Zugang zum [X.]eruf des Rechtsanwalts. Sie schreiben lediglich vor, unter welchen Voraussetzungen dieser [X.]eruf in einer bestimmten Organisationsform - derjenigen der [X.] mit beschränkter Haftung - ausgeübt werden kann. Das Recht zur gemeinschaftlichen [X.]erufsausübung fällt ebenfalls in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG, betrifft jedoch nicht die [X.], sondern die [X.]erufsausübungsfreiheit (vgl. [X.] 80, 269, 278; 98, 49, 62). Die Klägerin, die sich im Grundsatz ebenfalls auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen kann (Art. 19 Abs. 3 GG; vgl. [X.] 3, 383, 391; 111, 366, 372; 114, 196, 244; 115, 205, 229; 118, 168, 202), hat insoweit keine weitergehenden Rechte als ihre [X.]er.

bb) Die Vorschriften des § 59e Abs. 2 [X.] und des § 59f Abs. 1 [X.]

genügen den formalen Anforderungen an den Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG.

cc) Gesetzliche Eingriffe in die Freiheit der [X.]erufsausübung sind dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sind und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht verletzen ([X.] 54, 237, 249; 60, 215, 229 f.; 80, 269, 278; 114, 196, 244 f.). Eingriffe in die [X.]erufsfreiheit dürfen deshalb nicht weiter gehen, als es die sie rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern. Eine sowohl den Freiheitsanspruch des [X.]erufstätigen wie die öffentlichen [X.]elange berücksichtigende Lösung kann nur in Abwägung der [X.]edeutung der einander gegenüberstehenden und möglicherweise einander widerstreitenden Interessen gefunden werden ([X.] 106, 216, 219 m.w.N.).

(1) Die Vorschrift des § 59e Abs. 2 [X.] bewirkt, dass die anwaltlichen [X.]erufsträger innerhalb der [X.] nicht von Angehörigen anderer sozietätsfähiger [X.]erufe (vgl. § 59e Abs. 1 Satz 1, § 59a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 [X.]) majorisiert werden. Er sichert dadurch die Unabhängigkeit der anwaltlichen [X.]erufsausübung in der GmbH gegen eine berufsfremde Einflussnahme durch [X.]er, die nicht [X.]erufsträger sind ([X.]/Göcken, Anwaltliches [X.]erufsrecht (2010), § 59e [X.] Rn. 2). Die Vorschrift des § 59f Abs. 1 dient ebenfalls der Ausschaltung berufsfremder Einflüsse ([X.], aaO § 59f Rn. 1, 3). Die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts (vgl. § 3 Abs. 1 [X.]), die unabdingbarer Teil einer funktionsfähigen Rechtspflege ist, stellt ein hochrangiges Gemeinschaftsgut dar, das Eingriffe in die [X.]erufsausübungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG rechtfertigt; das stellt die Klägerin nicht in Abrede.

(2) Nach Ansicht der Klägerin sind die [X.] der §§ 59e, 59f [X.] nicht dazu geeignet, die Unabhängigkeit der Anwaltschaft sicherzustellen. Man könne nicht von vornherein annehmen, dass die Gruppe der Rechtsanwälte oder die Gruppe der [X.] [X.]er stets geschlossen abstimme. Außerdem könne die Satzung eine qualifizierte Mehrheit für [X.]erbeschlüsse vorsehen, die einen entscheidenden Einfluss der Gruppe der Rechtsanwälte hindere.

[X.]eide Argumente treffen so nicht zu. Nach der [X.]egründung des [X.] ([X.]T-Drucks. 13/9820, [X.]) soll § 59e Abs. 2 [X.] (§ 59a Abs. 3 a.F.) den maßgeblichen Einfluss von Rechtsanwälten auf die Geschicke der Rechtsanwaltsgesellschaft sichern. § 59f Abs. 1 Satz 1 [X.] dient demselben Zweck. Aus dem Aufgabenbereich der [X.] folgt die Notwendigkeit, dass in einer solchen [X.] die ausschlaggebende Entscheidungsgewalt Rechtsanwälten zustehen muss ([X.]T-Drucks. 13/9820, [X.]). [X.]eide Vorschriften gehen selbstverständlich davon aus, dass diejenigen [X.]er und Geschäftsführer, die [X.]erufsträger sind, sich an die Vorschriften des anwaltlichen [X.]erufsrechts halten. [X.] Verhalten der [X.]erufsträger unterstellt, verhindern die [X.] der genannten [X.]estimmungen [X.]eschlüsse und Handlungen der Rechtsanwaltsgesellschaft, die im Widerspruch zu berufsrechtlichen [X.]estimmungen stehen. Das gilt auch dann, wenn die Satzung der Rechtsanwaltsgesellschaft eine einfache Mehrheit nicht genügen lässt, sondern eine qualifizierte Mehrheit erfordert. Die einfache Mehrheit der [X.]erufsträger kann dann zwar [X.]eschlüsse nicht erzwingen, aber immer noch rechtswidrige [X.]eschlüsse verhindern.

(3) Die Klägerin hält die genannten Vorschriften nicht für erforderlich, um das Ziel der Sicherung der Unabhängigkeit der Rechtsanwälte zu erreichen. Sie verweist darauf, dass [X.]erbeschlüsse und andere Weisungen, die gegen zwingendes Recht verstoßen, unverbindlich seien; der Geschäftsführer dürfe sie nicht umsetzen. Im konkreten Fall sei ein sachfremder, rein profitorientierter Einfluss Dritter zudem deshalb nicht zu befürchten, weil Patentanwälte (ebenso wie Angehörige anderer sozietätsfähiger [X.]erufe) ebenfalls einem vergleichbaren Standesethos und [X.]erufsrecht unterlägen. Schließlich schreibe § 59l Satz 1 und 2 [X.] ausdrücklich vor, dass die Rechtsanwaltsgesellschaft bei der Vertretung vor Gerichten und [X.]ehörden nur durch Organe und Vertreter handeln können, in deren Person die für die Erbringung rechtsbesorgender Leistungen gesetzlich vorgeschriebene Voraussetzungen erfüllt seien. Nach § 59f Abs. 4 [X.] sei die Unabhängigkeit der Rechtsanwälte, die Geschäftsführer oder gemäß § 59l Satz 3 [X.] bevollmächtigt seien, bei der Ausübung ihres [X.] zu gewährleisten. Einflussnahmen der [X.]er, namentlich durch Weisungen oder vertragliche [X.]indungen, seien unzulässig.

Der Ausgangspunkt der Überlegungen der Klägerin trifft zu. [X.]eschlüsse der [X.]erversammlung, die gegen geltendes Recht verstoßen, sind für den Geschäftsführer nicht verbindlich; die Vorschriften des § 59f Abs. 4 [X.] sichern die Unabhängigkeit des einzelnen Rechtsanwalts bei der Ausübung seines [X.]erufs zusätzlich ab. Der Schluss, dass die [X.] der §§ 59e, 59f [X.] deshalb überflüssig seien, ist jedoch weder zwingend noch naheliegend. Die Klägerin ist diejenige, die zur Rechtsanwaltschaft zugelassen werden will (vgl. § 59c [X.]). Sie selbst, nicht nur ihr jeweiliger Handlungsträger hat das anwaltliche [X.]erufsrecht zu beachten. Aus diesem Grund setzt die Vorschrift des 59e Abs. 2 [X.] bei der Willensbildung der Rechtsanwaltsgesellschaft an, diejenige des § 59f Abs. 1 [X.] bei deren Organ. Nur so wird außerdem sichergestellt, dass die [X.] durch ihre Organe auch den fachlichen Anforderungen genügt, die § 4 [X.] generell für die [X.]assung zur Rechtsanwaltschaft verlangt ([X.], [X.]eschluss vom 8. Dezember 2007 - [X.] ([X.]) 91/06, [X.], 2333 Rn. 13).

(4) Die Klägerin meint schließlich, dass die [X.] der §§ 59e, 59f [X.] nicht angemessen seien. Dabei geht die Klägerin aber zu Unrecht davon aus, dass die genannten Vorschriften die [X.]erufswahlfreiheit der betroffenen [X.]en einschränkten und aus der Sicht der [X.]er [X.] darstellten, die sich als subjektive [X.]assungsschranke auswirkten und nur zur Wahrung wichtiger Gemeinwohlbelange zulässig seien, die gegenüber der Freiheit des einzelnen vorrangig seien. [X.]eides ist, wie eingangs gezeigt, nicht der Fall. Es handelt sich um [X.]erufsausübungsregeln, die durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt sind, nämlich der Sicherung der Unabhängigkeit der in der Rechtsform einer [X.] mit beschränkter Haftung tätigen Anwaltschaft dienen und weder die [X.]er noch die [X.] unzumutbar belasten.

b) Das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), dessen Verletzung die Klägerin beanstandet, tritt als Prüfungsmaßstab hinter Art. 12 Abs. 1 GG zurück (vgl. [X.] 54, 137, 251). Das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) ist ebenfalls nicht einschlägig. Dieses Grundrecht kann einem gemeinsam verfolgten Zweck keinen weitergehenden Schutz vermitteln als einem individuell verfolgten; es kann hier deshalb nicht weiterreichen als Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. [X.] 54, 137, 251; krit. [X.], [X.] 1996, 1197, 1200 ff.; [X.], NJW 2004, 2340, 2341).

c) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist gewahrt.

aa) Nach Ansicht der Klägerin (ebenso etwa [X.], [X.], 1065, 1068; [X.], NJW 2004, 2340, 2341) verstoßen die Vorschriften des § 59e Abs. 2 [X.] und des § 59f Abs. 1 [X.] gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil es für Personengesellschaften keine entsprechenden Vorschriften gibt. Richtig ist, dass Rechtsanwälte sich mit Mitgliedern der Patentanwaltskammer, mit Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten [X.]uchprüfern zur gemeinschaftlichen [X.]erufsausübung im Rahmen der eigenen [X.]efugnisse verbinden dürfen (§ 59a Abs. 1 Satz 1 [X.]). [X.]esondere Vorschriften über die Struktur, die Geschäftsführung oder die Vertretung einer gemischten Sozietät oder einer entsprechenden Partnerschaft gibt es nicht. § 30 [X.] besagt nur, dass das anwaltliche [X.]erufsrecht auch in einer gemischten Sozietät zu beachten ist.

Entgegen der Ansicht der Klägerin gibt es jedoch einen sachlichen Grund, welcher die unterschiedliche [X.]ehandlung der [X.] mit beschränkter Haftung gegenüber der Sozietät und der Partnerschaftsgesellschaft rechtfertigt. Die Rechtsanwaltsgesellschaft wird selbst zur Rechtsanwaltschaft zugelassen (§ 59c Abs. 1 [X.]). Die Sozietät und die Partnerschaftsgesellschaft sind dagegen trotz ihrer Rechtsfähigkeit (vgl. [X.], Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, [X.]Z 146, 341 sowie § 7 Abs. 2 PartGG i.V.m. § 124 HG[X.]) nicht Träger der [X.]erufszulassung. Sie stützen sich in ihrer Tätigkeit auf die [X.]erufszulassung ihrer [X.]er und haben sich in deren Grenzen zu bewegen ([X.], Urteil vom 9. Dezember 2010 - [X.], [X.], 129 Rn. 9). Überdies haften bei der als GmbH organisierten Rechtsanwaltsgesellschaft die [X.]er für schlechte Vertragserfüllung anwaltlicher Dienstleistungen der [X.] nicht. Die [X.]eachtung der anwaltlichen Sorgfaltspflichten wird gegen denkbare berufsfremde Einflüsse innerhalb der Rechtsanwaltsgesellschaft durch Sicherung der anwaltlichen Leitungsmacht erreicht. Die anwaltliche Tätigkeit innerhalb der gemischten Rechtsberatersozietät, die allgemeine Rechtsdienstleistungen erbringt, bedarf einer ähnlichen Abschirmung nicht in gleichem Maße. Der Grundsatz der persönlichen Haftung der einzelnen [X.]er (§ 51a Abs. 1 [X.], § 8 Abs. 1 PartGG) begünstigt eine interne Organisation und Leitung, welche dem Gebot des § 30 [X.] entspricht und die Erfüllung der [X.] gegenüber [X.] Einflüssen stärkt ([X.], Urteil vom 9. Dezember 2010, aaO Rn. 10; vgl. auch [X.]VerfG, [X.], 1272 f.).

bb) Einen weiteren Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sieht die Klägerin darin, dass sich doppelt qualifizierte Rechtsanwälte - Rechtsanwälte also, die zugleich Patentanwälte sind - leichter zu einer Rechtsanwalts- und Patentanwalts-GmbH zusammenschließen können als Rechtsanwälte, die nicht über diese weitere Qualifikation verfügen. Auch hier gibt es jedoch einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung. Der doppelt qualifizierte Rechtsanwalt ist - anders als der Patentanwalt - Rechtsanwalt im Sinne der [X.]undesrechtsanwaltsordnung und deshalb persönlich an das anwaltliche [X.]erufsrecht gebunden. Soweit er sich mit einem (Nur-) Rechtsanwalt zu einer Rechtsanwaltsgesellschaft zusammenschließt, besteht daher kein Anlass, ihn im Rahmen der §§ 59c ff. [X.] als Patentanwalt und nicht als Rechtsanwalt anzusehen. Soweit er sich dagegen mit anderen Patentanwälten zu einer Rechtsanwaltsgesellschaft zusammenschließen will, gelten für ihn dieselben Einschränkungen wie für einen Nur-Rechtsanwalt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 [X.].

Kessal-Wulf                                            Roggenbuck                                            [X.]

                                 Frey                                                        [X.]raeuer

Meta

AnwZ (Brfg) 1/10

10.10.2011

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Urteil

Sachgebiet: False

vorgehend Anwaltsgerichtshof München, 25. Februar 2010, Az: BayAGH I - 25/09, Urteil

§ 59c Abs 1 BRAO, § 59e BRAO, § 59f BRAO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.10.2011, Az. AnwZ (Brfg) 1/10 (REWIS RS 2011, 2567)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2567

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