Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 04.08.2016, Az. 1 BvR 380/16

1. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2016, 7097

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung von Art 20 Abs 3 GG iVm Art 3 Abs 1 GG durch Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren über die Aussetzung der Vollstreckung eines sozialgerichtlichen Urteils - Gegenstandswertfestsetzung


Tenor

1. Der Beschluss des [X.] vom 1. Dezember 2015 - L 9 AR 38/15 SO ER/L 9 AR 38/15 SO ER PKH - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes, soweit dadurch sein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt wird. Er wird insoweit aufgehoben. Die Sache wird insoweit an das [X.] [X.] zurückverwiesen.

2. Das [X.] hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten. Damit erledigt sich der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für das Verfassungsbeschwerdeverfahren.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Ablehnung der [X.]ewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren über die Aussetzung der Vollstreckung eines sozialgerichtlichen Urteils.

I.

2

1. Mit [X.]escheid vom 24. April 2013 bewilligte die [X.]eklagte des Ausgangsverfahrens dem minderjährigen [X.]eschwerdeführer Leistungen nach dem [X.] - ([X.]) ab dem 5. März 2013 und lehnte die vom [X.]eschwerdeführer zugleich begehrte rückwirkende Leistungsgewährung für den Zeitraum vom 1. Juli 2012 bis zum 4. März 2013 ab. Ein gegen den [X.]escheid vom 24. April 2013 insoweit durchgeführtes Widerspruchsverfahren blieb erfolglos.

3

2. Das Sozialgericht verurteilte die [X.]eklagte mit Urteil vom 21. Mai 2015 zur Erbringung von Leistungen nach dem [X.] zugunsten des [X.]eschwerdeführers für den Zeitraum vom 1. Juli 2012 bis zum 4. März 2013 unter teilweiser Aufhebung des [X.]escheids vom 24. April 2013 und des Widerspruchsbescheids vom 10. Juli 2013. Entscheidend für die Frage eines Leistungsanspruchs ab dem 1. Juli 2012 sei die Tatsache, wann die [X.]eklagte davon Kenntnis erlangt habe, dass der [X.]eschwerdeführer keine Unterhaltszahlungen seines [X.] mehr erhielt. [X.] sei gemäß § 18 Abs. 1 [X.] die Kenntnis der [X.] vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Leistungen. Die Kenntnis der [X.] von der Tatsache, dass das Einkommen des [X.]eschwerdeführers in Form der Unterhaltszahlungen seines [X.] ab Juli 2012 entfallen sei, sei ausreichend, um ihr die gemäß § 18 Abs. 1 [X.] erforderliche Kenntnis zu vermitteln. Hierzu stünden sich die Angaben der [X.], die diese Kenntnis vor dem 5. März 2013 bestreite, und der Vortrag des [X.]eschwerdeführers, der gestützt werde von der Aussage der Zeugin, seiner Großmutter, gegenüber. Aufgrund der [X.]eweisaufnahme sei die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass der [X.]eschwerdeführer der [X.] durch seine Großmutter bereits im Juni 2012 mitgeteilt habe, dass er ab Juli 2012 keine Unterhaltszahlungen seines [X.] mehr erhalten würde.

4

3. Die [X.]eklagte legte [X.]erufung gegen das Urteil des [X.] ein und beantragte die Aussetzung der Vollstreckung aus dem angefochtenen Urteil nach § 199 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Der [X.]eschwerdeführer beantragte daraufhin die [X.]ewilligung von Prozesskostenhilfe unter [X.]eiordnung seines Prozessbevollmächtigten für das Aussetzungsverfahren.

5

4. Mit [X.]eschluss vom 1. Dezember 2015 setzte das [X.] im Wege der einstweiligen Anordnung die Vollstreckung aus dem Urteil des [X.] bis zur Erledigung des Rechtsstreits im [X.]erufungsverfahren aus. Gleichzeitig lehnte es mit dem insoweit mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen [X.]eschluss den Prozesskostenhilfeantrag des [X.]eschwerdeführers für das Aussetzungsverfahren ab.

6

[X.]ei der nach § 199 Abs. 2 Satz 1 [X.] vorzunehmenden Interessenabwägung seien einerseits die Erfolgsaussichten der [X.]erufung, andererseits das Interesse des [X.]eschwerdeführers an der Vollziehung des Urteils und schließlich das Interesse der [X.] im [X.]erufungsverfahren daran zu berücksichtigen, nicht vor einer endgültigen Klärung der Rechtslage vorläufig leisten zu müssen. Ob die [X.]erufung erfolgreich sein werde, lasse sich derzeit nicht abschätzen. Mit der Sach- und Rechtslage im Einzelnen werde sich der Senat im Rahmen seiner Entscheidung im [X.]erufungsverfahren zu befassen haben. Gewichtige Zweifel daran, dass die [X.]eklagte bereits ab dem 1. Juli 2012 den geänderten [X.]edarf hätte berücksichtigen müssen, weil ihr die anspruchsbegründende Tatsache des nicht länger gezahlten Unterhalts durch den Vater bekannt gewesen sei, habe die [X.]eklagte in ihrem am 5. November 2015 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz aufgezeigt. Aufgrund der dort aufgeführten rechtlichen Argumente gegen die Rechtmäßigkeit des erstinstanzlichen Urteils wie auch angesichts der Tatsache, dass der [X.]eschwerdeführer seit dem 5. März 2013 Leistungen nach dem [X.] erhalte, erscheine es bei der hier nur möglichen summarischen Prüfung sachgerecht, die Aussetzung der Vollstreckung bis zur Erledigung des Rechtsstreits anzuordnen. Der vom [X.]eschwerdeführer gestellte Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren auf Aussetzung der Vollstreckung habe keinen Erfolg, auch wenn es von der [X.] gegen das insoweit den [X.]eschwerdeführer begünstigende Urteil eingeleitet worden sei. Die Gewährung scheitere daran, dass für dieses rechtlich eigenständige Verfahren nach § 199 Abs. 2 [X.] die auch hier erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht für die Rechtsverteidigung bei summarischer Prüfung zu verneinen sei.

II.

7

1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der [X.]eschwerdeführer eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG durch die Ablehnung seines Prozesskostenhilfeantrags für das Aussetzungsverfahren.

8

Das [X.] verkenne die Anforderungen an die hinreichenden Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung. Eine Vollstreckungsaussetzung nach § 199 [X.] komme nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur in dem Ausnahmefall der offensichtlichen Unrichtigkeit des Urteils des [X.] in [X.]etracht. Ein Fall der offensichtlichen Unrichtigkeit sei aber nicht gegeben, wenn das Sozialgericht - wie vorliegend - verfahrensfehlerfrei seine Entscheidung auf das Ergebnis einer [X.]eweisaufnahme stütze.

9

2. Das [X.] hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten des Ausgangsverfahrens wurden beigezogen.

III.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung eines in § 90 Abs. 1 [X.] genannten Rechts angezeigt (vgl. § 93a Abs. 2 [X.]uchstabe b [X.]). Das [X.] hat die für die [X.]eurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits geklärt (vgl. [X.] 81, 347 <356 ff.>), die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 [X.]). Der [X.]eschluss des [X.]s verletzt den [X.]eschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

1. Das Grundgesetz gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von [X.] und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. [X.] 81, 347 <356 f.> m.w.N.). Dies ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem [X.], der in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegt ist und für den Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt in Art. 19 Abs. 4 GG seinen besonderen Ausdruck findet. Es ist ein zentraler Aspekt der Rechtsstaatlichkeit, die eigenmächtig-gewaltsame Durchsetzung von Rechtsansprüchen grundsätzlich zu verwehren. Die [X.]en werden auf den Weg vor die Gerichte verwiesen. Dies bedingt zugleich, dass der Staat Gerichte einrichtet und den Zugang zu ihnen jedermann in grundsätzlich gleicher Weise eröffnet. Daher ist es geboten, Vorkehrungen zu treffen, die auch Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zu Gericht ermöglichen. Art. 3 Abs. 1 GG stellt die [X.]eachtung dieses Gebotes der Rechtsschutzgleichheit unter grundrechtlichen Schutz.

Derartige Vorkehrungen sind im [X.] (§§ 114 ff. ZPO) getroffen (vgl. [X.] 81, 347 <357>). Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfe-verfahren will den Rechtsschutz, den der [X.] erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen. Dem genügt das Gesetz, indem es die Gewährung von Prozesskostenhilfe bereits dann vorsieht, wenn nur hinreichende Erfolgsaussichten für den beabsichtigten Rechtsstreit bestehen, ohne dass der [X.] schon gewiss sein muss (vgl. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dies bedeutet zugleich, dass Prozesskostenhilfe verweigert werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist.

Die Auslegung und Anwendung des § 114 ZPO (hier in Verbindung mit § 73a Abs. 1 Satz 1 [X.]) obliegt in erster Linie den zuständigen Fachgerichten, die dabei den - verfassungsgebotenen - Zweck der Prozesskostenhilfe zu beachten haben (vgl. [X.] 81, 347 <357>). Das [X.] kann hier nur eingreifen, wenn Verfassungsrecht verletzt ist, insbesondere wenn die angegriffene Entscheidung Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der [X.]edeutung der in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit beruhen. Hierbei hat es zu berücksichtigen, dass die [X.]eurteilung der Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in engem Zusammenhang mit der den Fachgerichten vorbehaltenen Feststellung und Würdigung des jeweils entscheidungserheblichen Sachverhalts und der ihnen gleichfalls obliegenden Auslegung und Anwendung des jeweils einschlägigen materiellen und prozessualen Rechts steht. Die Fachgerichte überschreiten den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der hinreichenden Erfolgsaussicht verfassungsrechtlich zukommt, erst dann, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einer unbemittelten [X.] im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert wird. Das ist namentlich dann der Fall, wenn das Fachgericht die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung überspannt und dadurch der Zweck der Prozesskostenhilfe, Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, deutlich verfehlt wird (vgl. [X.] 81, 347 <357 f.>).

2. Diese Anforderungen hat das [X.] offensichtlich nicht beachtet. Es hat die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverteidigung im [X.] überspannt und dadurch den Zweck der Prozesskostenhilfe verfehlt.

a) Das [X.] ging bei der Prüfung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe davon aus, dass die erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht für die Rechtsverteidigung im seiner Ansicht nach rechtlich selbständigen Aussetzungsverfahren (zur umstrittenen Annahme einer Selbständigkeit des Verfahrens nach § 199 Abs. 2 [X.] vgl. [X.]SG, [X.]eschluss vom 6. August 1999 - [X.]/98 [X.] -, juris, Rn. 36; auch [X.], in: [X.]/Keller/[X.], [X.], 11. Aufl. 2014, § 199 Rn. 7c) zu verneinen sei. Maßgeblich dafür war für das [X.] die von ihm nach § 199 Abs. 2 Satz 1 [X.] vorgenommene Interessenabwägung, die zu Lasten des [X.]eschwerdeführers ausfalle.

Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht hier jedoch offensichtlich. Die sozialgerichtliche Rechtsprechung nimmt ganz überwiegend an, dass ein Antrag eines zu Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites [X.]uch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SG[X.] II) oder dem [X.] - Sozialhil- fe - ([X.]) verurteilten Leistungsträgers auf Aussetzung der Vollstreckung nur in seltenen Fällen zur vorläufigen Nichtgewährung [X.] existenzsichernder Leistungen im Wege des Verfahrens nach § 199 Abs. 2 Satz 1 [X.] führen könne (vgl. [X.]ayerisches LSG, [X.]eschluss vom 18. Januar 2013 - L 8 AY 5/12 ER -, juris, Rn. 12; LSG [X.]aden-Württemberg, [X.]eschluss vom 24. Juni 2008 - L 7 [X.]/08 ER -, juris, Rn. 4). Auch das [X.]undessozialgericht geht bei [X.]erufungen und Revisionen, die - wie es auch hier der Fall ist - nach § 154 Abs. 2 [X.] keine aufschiebende Wirkung haben, davon aus, dass eine Aussetzung der Vollziehung nur in Ausnahmefällen, nämlich wenn ein Rechtsmittel offensichtlich Aussicht auf Erfolg habe, in [X.]etracht komme (vgl. [X.]eschluss vom 8. Dezember 2009 - [X.] 8 [X.] 17/09 R -, juris, Rn. 9).

Ausgehend hiervon war das [X.] angesichts seiner Annahme, es lasse sich derzeit nicht abschätzen, ob die [X.]erufung der Leistungsträgerin erfolgreich sein werde, gehalten, bei der Prüfung des Prozesskostenhilfeantrags des [X.]eschwerdeführers von einer hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung im Aussetzungsverfahren auszugehen und dafür Prozesskostenhilfe zu gewähren. Indem das Gericht den Ausnahmecharakter einer stattgebenden Entscheidung im Aussetzungsverfahren nach § 199 Abs. 2 Satz 1 [X.] verkannt und damit die für eine Gewährung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung verneint hat, hat es einen Auslegungsmaßstab verwendet, der die Rechtsverteidigung für den unbemittelten [X.]eschwerdeführer im Vergleich zur bemittelten [X.] unverhältnismäßig erschwert hat. Denn wenn die Aussetzung der Vollstreckung nur im Ausnahmefall angeordnet werden soll, weil das [X.] - wie hier - nach dem Willen des Gesetzgebers keine aufschiebende Wirkung hat, kann unter [X.]eachtung der verfassungsgebotenen Gewähr von Rechtsschutzgleichheit demjenigen, der im Ausgangsverfahren bereits erfolgreich war, Prozesskostenhilfe nicht verwehrt werden, wenn er sich gegen den Aussetzungsantrag des Prozessgegners wendet und das Rechtsmittelgericht selbst nicht von einem Ausnahmefall ausgeht, in dem das Rechtsmittel offensichtlich Aussicht auf Erfolg hat.

b) Es kann dahinstehen, ob das [X.] überhaupt die Erfolgs-aussichten der Rechtsverteidigung des [X.]eschwerdeführers im Aussetzungsverfahren nach § 199 Abs. 2 Satz 1 [X.] prüfen konnte oder ob bereits die Nichtgewährung von Prozesskostenhilfe unter Missachtung von § 73a Abs. 1 Satz 1 [X.] in Verbindung mit § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO, wonach die hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in einem höheren Rechtszug nicht zu prüfen ist, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat, als Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG in Form des Willkürverbots (vgl. [X.]VerfGK 4, 93 <94 f.>) anzusehen ist.

c) Die Entscheidung des [X.]s beruht auf der unzureichenden [X.]eachtung der sich aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG ergebenden Anforderungen. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass das [X.] bei einer verfassungsrechtlich gebotenen [X.]efassung mit dem Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit zu einem für den [X.]eschwerdeführer günstigeren Ergebnis gelangt wäre.

IV.

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung ergibt sich aus § 34a Abs. 2 [X.]. Der Antrag des [X.]eschwerdeführers auf [X.]ewilligung von Prozesskostenhilfe und [X.]eiordnung seines Prozessbevollmächtigten für das [X.] erledigt sich insoweit, als das [X.] zur Kostenerstattung verpflichtet wird (vgl. [X.] 105, 239 <252>). Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. [X.] 79, 365 <366 ff.>). Es ist nicht erkennbar, dass der [X.]eschwerdeführer ein über den festgesetzten [X.]etrag hinausgehendes Interesse hat.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 380/16

04.08.2016

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 1. Kammer

Stattgebender Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, 1. Dezember 2015, Az: L 9 AR 38/15 SO ER/L 9 AR 38/15 SO ER PKH, Beschluss

Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 34a Abs 2 BVerfGG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG, § 73a Abs 1 S 1 SGG, § 199 Abs 2 S 1 SGG, § 114 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 04.08.2016, Az. 1 BvR 380/16 (REWIS RS 2016, 7097)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 7097

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