Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.10.2010, Az. I R 79/09

1. Senat | REWIS RS 2010, 2462

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Gegenstand

(Keine Rücklage für Ersatzbeschaffung beim sog. Squeeze-out - Abzugsverbot gemäß § 8b Abs. 3 KStG a.F. auch für Veräußerungsverluste)


Leitsatz

1. Für den Veräußerungsgewinn aus der Übertragung von Aktien nach §§ 327a ff. AktG (sog. Squeeze-out) kann keine Rücklage für Ersatzbeschaffung gebildet werden .

2. Es ist weder aus verfassungs- noch aus unionsrechtlicher Sicht zu beanstanden, dass § 8b Abs. 3 KStG 2002 a.F. auch den Abzug von Veräußerungsverlusten und Teilwertabschreibungen ausschließt .

Tatbestand

1

A. Die Klägerin und [X.]evisionsklägerin (Klägerin), eine [X.]mbH, und der Beklagte und [X.]evisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) streiten über zwei Fragen: Zum einen wird darum gestritten, ob die Klägerin eine [X.]ücklage für Ersatzbeschaffung ([X.]) in Höhe derjenigen stillen [X.]eserven von Kapitalbeteiligungen bilden darf, die bei einer Veräußerung im [X.]ahmen eines [X.] nach § 327a des Aktiengesetzes ([X.]), eines sog. [X.], aufgedeckt wurden. Zum anderen steht in Streit, ob der Abzugsausschluss für [X.]ewinnminderungen gemäß § 8b Abs. 3 des [X.] ([X.] 2002 a.F.) --nunmehr § 8b Abs. 3 Satz 3 [X.] 2002 n.F.--, für die [X.]ewerbesteuer i.V.m. § 7 Satz 1 des [X.] 2002, gegen Unionsrecht verstößt. Streitjahr ist 2002.

2

I. [X.]: [X.]

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Zum 1. Januar 1998 war in die Klägerin eine [X.]mbH & Co. K[X.] nach § 20 Abs. 1 Satz 1 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwSt[X.] 1995) zu Buchwerten eingebracht worden. Zu dem übertragenen Betriebsvermögen gehörten Anteile an zwei inländischen Aktiengesellschaften (3 230 Aktien der [X.] sowie 24 300 Aktien der Y-A[X.]), die die Klägerin im Streitjahr im [X.]ahmen eines [X.] gemäß § 327a [X.] veräußern musste. Die für die Übertragung der Aktien gezahlte Barabfindung führte zu einem gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwSt[X.] 1995 steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn in Höhe von insgesamt 5.664.638 € (davon 161.845 € auf Aktien der [X.] sowie 5.502.793 € auf Aktien der Y-A[X.]).

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In Höhe dieses Veräußerungsgewinns bildete die Klägerin in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2002 eine den [X.]ewinn mindernde [X.] nach [X.] 35 der Einkommensteuer-[X.]ichtlinien (ESt[X.] 2001, nunmehr [X.] 6.6 ESt[X.] 2009). Zuvor hatte die Klägerin beim [X.] einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft dazu gestellt (Schreiben vom 24. November 2003), ob die [X.] auf eine im Wege einer Kapitalerhöhung erworbene Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft, auf Aktien, auf Aktienfonds sowohl in der [X.]echtsform der Kapital- als auch Personengesellschaft und auf diversifizierende Investmentfonds übertragen werden könne. Hintergrund war die Absicht der Klägerin, ca. 1,5 Mio. € der [X.]ücklage auf einen im Wege der Kapitalerhöhung neu zu erwerbenden Anteil an einer inländischen Kapitalgesellschaft zu übertragen und für den [X.]est Aktien und Investmentfonds als Wertpapiere des Anlagevermögens zu erwerben.

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Mit Schreiben vom 28. Juli 2004 sagte das [X.] der Klägerin verbindlich zu, dass Beteiligungen an einer inländischen Kapitalgesellschaft sowie Aktien, Aktienfonds und diversifizierende Investmentfonds funktionsgleiche Ersatzwirtschaftsgüter i.S. der [X.] 35 ESt[X.] 2001 darstellten und die gebildete [X.]ücklage auf die geplanten reinvestierten Wirtschaftsgüter übertragen werden könnte. Das [X.] wies darauf hin, dass die Bildung der [X.] im [X.]ahmen einer seinerzeit laufenden Betriebsprüfung überprüft werde. In einem weiteren Schreiben vom 30. August 2004 gewährte das [X.] der Klägerin zur Übertragung der [X.]ücklage auf ein [X.]einvestitionswirtschaftsgut antragsgemäß eine Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 2004. Die Übertragung der [X.]ücklage auf Anteile an einer inländischen Kapitalgesellschaft ist nach Darstellung der Klägerin innerhalb dieser Frist erfolgt.

6

Der Betriebsprüfer gelangte im Zuge der durchgeführten Prüfung zu der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Bildung einer [X.] gemäß [X.] 35 ESt[X.] 2001 nicht vorlägen, weil in dem sog. [X.] Verfahren kein behördlicher Eingriff zu erkennen sei. Das [X.] erhöhte daraufhin das Einkommen des Streitjahres um den als [X.]ücklage gebuchten Betrag in Höhe von 5.664.638 €.

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II. [X.]: Veräußerungsverlust und Teilwertabschreibung

8

Die Klägerin war alleinige Anteilseignerin einer Kapitalgesellschaft [X.] [X.]echts mit Sitz in [X.], der [X.]. Sie veräußerte diese Beteiligung im Streitjahr. Hierbei entstand ein Veräußerungsverlust in Höhe von 598.018,17 €, um den die Klägerin den [X.]ewinn des Streitjahres minderte. Das [X.] rechnete unter Hinweis auf § 8b Abs. 3 [X.] 2002 a.F. den erlittenen Verlust bei der Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Einkommens dem [X.]ewinn wieder hinzu.

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Die Klägerin war außerdem alleinige [X.]esellschafterin einer Kapitalgesellschaft [X.] [X.]echts mit Sitz in [X.], der [X.] Diese Tochtergesellschaft stellte in 2003 ihre [X.]eschäftstätigkeit ein und befand sich seitdem in Liquidation. Die Klägerin nahm auf den die [X.] betreffenden [X.] in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2002 eine sog. Teilwertabschreibung in Höhe von 550.000 € zu Lasten des [X.]ewinns vor. Das [X.] ließ auch die Teilwertabschreibung unter Bezugnahme auf § 8b Abs. 3 [X.] 2002 a.F. nicht zum gewinnmindernden Abzug zu.

Die Klage gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide blieb erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (F[X.]) [X.] vom 11. August 2009  6 K 3742/06 K,[X.] ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EF[X.]) 2010, 133 veröffentlicht.

Die Klägerin stützt ihre [X.]evision auf Verletzung materiellen [X.]echts. Sie beantragt, das F[X.]-Urteil aufzuheben und die angefochtenen Steuerbescheide unter Berücksichtigung eines um 6.812.656,17 € geminderten Einkommens und [X.]ewerbeertrags festzusetzen.

Das [X.] beantragt, die [X.]evision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

B. Die Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das [X.] infolge des [X.] gebildeten steuerfreien Rücklage abgelehnt ([X.]). Es hat es gleichfalls zu Recht abgelehnt, den [X.] (hinsichtlich der [X.].) sowie die Teilwertabschreibung (hinsichtlich der [X.]) [X.] werden zu lassen (I[X.]).

[X.] [X.]: [X.]

Die beiden im Streitfall zu beurteilenden Vorgänge eines sog. [X.] ermöglichen nicht die Bildung von [X.].

1. Nach den von der ständigen Rechtsprechung entwickelten und von der Finanzverwaltung in [X.] EStR 2001 übernommenen Grundsätzen zur [X.] kann eine Gewinnrealisierung durch Aufdeckung stiller Reserven ausnahmsweise dann vermieden werden, wenn ein Wirtschaftsgut aufgrund höherer Gewalt oder infolge bzw. zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs gegen eine Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet und alsbald ein funktionsgleiches Ersatzwirtschaftsgut angeschafft wird (s. z.B. [X.] --[X.]--, Urteile vom 17. Oktober 1991 [X.]/89, [X.], 149, [X.] 1992, 392). Diese Spruch- und Verwaltungspraxis beruht auf dem aus [X.] entwickelten Grundgedanken, dass die für die ausgeschiedenen Wirtschaftsgüter erlangten Beträge ungeschmälert einer Ersatzbeschaffung zur Verfügung stehen sollen, was nicht möglich wäre, wenn sie zum Teil "weggesteuert" würden ([X.]-Urteil vom 14. Oktober 1999 [X.], [X.], 356, [X.] 2001, 130, m.w.[X.]). Zweck der Anerkennung einer [X.] ist dabei nicht allein die als unbillig empfundene Besteuerung eines Gewinns, der durch die zwangsweise Aufdeckung stiller Reserven entsteht; vielmehr soll dem Steuerpflichtigen ermöglicht werden, die erlangte Entschädigung zur Wiederbeschaffung des Ersatzwirtschaftsguts zu verwenden (so ständige Rechtsprechung, vgl. etwa [X.]-Urteile vom 9. Dezember 1982 [X.], [X.], 453, [X.] 1983, 371, und vom 11. Dezember 1984 [X.] R 27/82, [X.], 46, [X.] 1985, 250).

2. Im Streitfall lagen die Voraussetzungen zur Bildung einer [X.] nach diesen Grundsätzen nicht vor. Denn weder steht eine Gewinnaufdeckung aufgrund höherer Gewalt noch ein behördlicher oder hoheitlicher Eingriff in Rede. Darüber wird zwischen den Beteiligten nicht gestritten und darauf ist nicht weiter einzugehen.

3. Die Klägerin ist allerdings der Auffassung, das sog. [X.] nach Maßgabe der §§ 327a bis 327f [X.] habe entsprechende Zwangswirkungen. Auch in einem solchen Fall seien die Aktienbeteiligungen ohne oder gegen den Willen des Steuerpflichtigen aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden. Diese Zwangswirkungen geböten zur Wahrung der "Einheit der Rechtsordnung", so --in seiner Anmerkung zu dem hier angefochtenen [X.] ([X.] --[X.]-- 2010, 193), auf den sich die Klägerin beruft, eine steuerliche Gleichbehandlung. Dem folgt der Senat wie schon die Vorinstanz nicht.

a) Das ergibt sich bereits aus methodischer Sicht: Die Rechtsgrundlagen der [X.] sind nicht gänzlich eindeutig. Allgemein wird davon ausgegangen, die entsprechende Billigkeitspraxis der Finanzverwaltung wurzele in "Richterrecht bzw. auf Gewohnheitsrecht" (so [X.] in [X.][X.], EStG, § 6 Rz [X.], m.w.[X.]). Sollten die [X.]-Grundsätze in ihrem [X.]bereich jedoch tatsächlich in Gewohnheitsrecht erstarkt sein, dann wäre es jedenfalls allein Sache des Gesetzgebers, ihre tatbestandlichen Voraussetzungen über jenen [X.]bereich hinaus auszudehnen (s. auch [X.]-Urteil vom 29. April 1999 [X.], [X.], 390, [X.] 1999, 488; Kanzler, [X.] 1999, 852). Es ist weder Sache der Finanzverwaltung noch der Gerichte, entsprechende parallele Anwendungsbereiche dieses gesetzlich nicht geregelten Ausnahmeinstituts zu eröffnen. Vor diesem Hintergrund bliebe von vornherein kein Raum, die im Streitfall zu beurteilende Situation einzubeziehen.

b) Aber auch wenn man die Finanzrechtsprechung als ermächtigt ansähe, den Anwendungsbereich für die Bildung einer [X.] "durch Restriktion des [X.] im Wege der Rechtsfortbildung" zu erweitern (so womöglich der [X.] [X.], vgl. Urteil vom 14. November 1990 [X.]/87, [X.]E 163, 58, [X.] 1991, 222; s. [X.]-Urteile vom 18. September 1987 [X.], [X.]E 151, 70, [X.] 1988, 330, und in [X.], 356, [X.] 2001, 130: Ausdehnung des Begriffs der höheren Gewalt auf Zufallsschäden aller Art), ergäbe sich nichts anderes. Auch dann entspricht es vielmehr dem Ausnahmecharakter und der Zwecksetzung der [X.], deren Anwendungsbereich nicht auf jedwede, insbesondere auch privatrechtlich bedingte Zwangssituationen auszuweiten. Dementsprechend hat denn auch der [X.] [X.] (im Urteil in [X.]E 163, 58, [X.] 1991, 222) einen behördlichen Eingriff bei der Kündigung eines Mietvertrags durch eine Behörde oder bei Ausübung eines Wiederkaufrechts durch eine Gemeinde verneint. Dem Prinzip, dass aufgedeckte stille Reserven im Aufdeckungszeitpunkt zu besteuern sind, ist Rechnung zu tragen; Ausnahmen dazu jenseits des gesetzten Rechts sind auf das unbedingt Nötige zu verengen. Für die [X.] bedeutet das, dass eine solche im [X.]bereich nur nach Maßgabe der entsprechenden, (möglicherweise) gewohnheitsrechtlich verfestigten Verwaltungsübung und deren Voraussetzungen gebildet werden kann. Für eine Ausweitung darüber hinaus oder eine Analogie besteht kein Anlass, auch nicht für das [X.]:

Ein solches [X.] hat zwar die Wirkung einer sog. Call option; es verpflichtet den [X.] (aus allgemeinen ordnungspolitischen Gründen), seine Anteile gegen eine Barabfindung dem Mehrheitsgesellschafter zu überlassen. Auch dass das [X.] damit tief in die [X.] (und damit die allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) --konkret die [X.] eingreift und für den betroffenen Minderheitsanteilseigner eine zwangsgleiche Wirkung hat, steht außer Frage. Es steht ebenso außer Frage, dass der Rechtsrahmen für diesen Eingriff in die Vertragsfreiheit durch ordnungsgesetzliche Regulierungsvorschriften gesetzt (und begrenzt) wird. Dennoch basieren diese Wirkungen weder in ihrer konkreten, einzelfallbezogenen Umsetzung noch allgemein auf einem Hoheitseingriff oder sind sie mit einem Hoheitseingriff vergleichbar oder diesem gleichzusetzen: Zum einen gründet das sog. [X.] im Zivilrecht und auf entsprechenden Gesellschafterbeschlüssen. Dass dem eine amtliche Registereintragung als konstitutiver hoheitlicher Akt nachfolgen muss (vgl. § 327e [X.]), macht den zugrundeliegenden Vorgang --entgegen der Annahme der [X.] nicht zu einem im [X.] hoheitlichen. Zum anderen verwirklicht der ordnungsgesetzliche Rechtsrahmen keinen hoheitlich gesetzten Enteignungstatbestand nach Maßgabe des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. [X.], Beschluss vom 23. August 2000  1 BvR 68/95, 1 BvR 147/97, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und [X.] --ZIP-- 2000, 1670; [X.] --BGH--, Beschluss vom 25. Oktober 2005 [X.], [X.], 2107, [nur Leitsatz] bestätigt durch [X.] vom 18. September 2006 [X.], [X.], 2080).

Unabhängig davon sind Begrenzungen und Beschränkungen der Vertragsfreiheit dem Zivilrecht auch andernorts nicht fremd. Solche erwachsen allgemein aus Ordnungsrechten, etwa aus dem [X.], aus dem Verbraucherschutzrecht, aus wettbewerbs- und vergaberechtlichen Kontrahierungszwängen. Sie sind auch und gerade im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht nicht unüblich; für die in Rede stehende Situation der aktienrechtlichen Kapitalbeteiligung mag dazu der Hinweis auf das "Tableau der Ausschlusstatbestände im Aktienrecht" genügen, das [X.] (im Großkommentar zum [X.], herausgegeben von [X.]/[X.], 27. Lieferung, 2007, Vor §§ [X.] Rz 34 ff., m.w.[X.]) gibt. Diese Ausschlusstatbestände, aber gerade auch das [X.] ([X.], ebenda, Rz 17 ff.), betonen den [X.] der (eher fungiblen) Minderheitsbeteiligung in Abgrenzung zu dem korporationsrechtlichen Verbandscharakter der Mehrheitsbeteiligung, der in der Regel ein eher eigenunternehmerisches Engagement zugrunde liegt. Die Kapitalanlage des Minderheitsaktionärs ist dadurch einem gewissen Zugriffsrecht des Hauptaktionärs ausgesetzt, das dieser einseitig ausüben kann und das dem Minderheitsrecht gleichsam aus der Natur der Sache und unbeschadet einer nachfolgenden Rechtsentwicklung --hier mit Wirkung vom 1. Januar 2002 (vgl. Art. 12 des [X.] zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen [Wertpapierübernahmegesetz] vom 20. Dezember 2001, [X.], 3822) durch die Schaffung der [X.]-Regeln in §§ 327a bis 327f [X.]-- zu eigen ist. Der Erwerber einer entsprechenden Kapitalbeteiligung muss stets gewärtigen, einem solchen der Beteiligung anhaftenden Zugriffsrecht des Hauptaktionärs ausgesetzt zu sein. Der freie Willensakt, sich dem zu unterwerfen, ist also bereits im zeitlichen Vorfeld in der Entscheidung festzumachen, die Aktien zu kaufen oder sie --wie im [X.] kraft Umwandlung zu übernehmen. So gesehen gibt die spätere tatsächliche Ausübung jenes Zugriffrechts durch die Mehrheitsaktionäre nach Maßgabe der §§ 327a ff. [X.] aber keinen Anlass, die damit verbundene Realisation der stillen Reserven der betroffenen Kapitalanteile einer steuerrechtlichen Sonderbehandlung zu unterwerfen. Die [X.] bei Ausübung der [X.]-Rechte bleiben vielmehr ungeschmälert erhalten.

4. Die Klägerin kann eine Bildung der streitigen Rücklage auch nicht aus dem Schreiben des [X.] vom 28. Juli 2004 herleiten.

Das [X.] hat die entsprechende Anfrage der Klägerin für den Senat [X.] verbindlich (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) festgestellt. Danach ging diese Anfrage (nur) dahin, ob die [X.] auf die im Wege einer Kapitalerhöhung erworbene Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft, auf Aktien, auf Aktienfonds sowohl in der Rechtsform der Kapital- als auch Personengesellschaft und auf diversifizierende Investmentfonds übertragen werden kann. Nur auf diese Anfrage hat das [X.] denn auch geantwortet und seine Antwort überdies unter einen Vorbehalt der Durchführung einer Außenprüfung gestellt. Eine verbindliche Zusage zur Zulässigkeit der Rücklagenbildung dem Grunde nach lässt sich dem nicht entnehmen.

5. Der Streitfall bietet schließlich keine Veranlassung, zu einer von der Klägerin eingebrachten Auffassung der [X.] Finanzverwaltung Stellung zu nehmen, wonach aufgrund eines internen Erlasses bei Entschädigungen der Kommunen für den Verlust von Mehrstimmrechten verwaltungsseitig eine [X.] eingeräumt werde. Dem ist nicht weiter nachzugehen. Denn auch wenn es sich tatsächlich so verhielte, läge darin allenfalls ein zusätzlicher Billigkeitserweis für bestimmte Sonderfälle. Über einen derartigen Billigkeitserweis (vgl. §§ 163, 227 der Abgabenordnung) wäre im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.

I[X.] [X.]: [X.] und Teilwertabschreibung

Der Verlust aus der Veräußerung der [X.]. und die Teilwertabschreibung auf die Beteiligung der Klägerin an der [X.] sind bei der Ermittlung des Einkommens und des [X.] nicht zu berücksichtigen.

1. Nach § 8b Abs. 3 [X.] 2002 a.[X.] sind Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in Abs. 2 genannten Anteil entstehen, bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen. In § 8b Abs. 2 Satz 1 [X.] 2002 a.[X.] ist u.a. der Anteil an einer Körperschaft aufgeführt, deren Leistungen beim Empfänger (u.a.) zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) gehören; Gewinne aus der Veräußerung eines solchen Anteils bleiben bei der Ermittlung des Einkommens der beteiligten Körperschaft außer Ansatz.

2. Die Voraussetzungen dieses steuerlichen [X.] einschlägiger Gewinnminderungen werden im Streitfall sowohl hinsichtlich des erlittenen Verlustes aus der Veräußerung der Anteile an der [X.]. als auch hinsichtlich der sog. Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der [X.] erfüllt. Auch darüber wird unter den Beteiligten letztlich nicht gestritten. Allerdings macht die Klägerin zwischenzeitlich zwei Einschränkungen. [X.] kann nicht gefolgt werden:

a) Soweit die Klägerin nunmehr meint, der [X.] unterfalle bereits der in § 8b Abs. 2 Satz 1 [X.] 2002 a.[X.] angeordneten Steuerfreistellung von "Gewinnen" aus der Veräußerung eines Anteils an einer entsprechenden Körperschaft, geht dieser Einwand fehl. Von der Steuerfreistellung sollen ersichtlich nur positive Veräußerungsgewinne erfasst werden, nicht aber [X.]e. Das mag in systematischer Hinsicht nicht vollkommen überzeugen (vgl. z.B. [X.], [X.], 2. Aufl., § 8b Rz 266; Gröbl/[X.][X.], [X.], 3. Aufl., § 8b [X.]); es entspricht jedoch dem Regelungskonzept, einschlägige Gewinne nur einmal der Schlussbelastung beim Gesellschafter zu unterwerfen, und das erhellt nicht zuletzt der systematische Zusammenhang zu Abs. 3 der Vorschrift, die korrespondierende Gewinnminderungen --und damit auch [X.] von der Begünstigung ausnimmt.

b) Die Klägerin sucht auch vergeblich Anlehnung an die neuere Rechtsprechung des [X.] zu der parallelen Regelungslage in § 3 Nr. 40 Buchst. [X.]. § 17 Abs. 1 und 4 EStG 2002 einerseits und § 3c Abs. 2 EStG 2002 andererseits.

Der I[X.] [X.] vertritt dazu zwar die Rechtsauffassung, der Abzug von [X.] (z.B. [X.], Anschaffungskosten oder Veräußerungskosten) in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG 2002 sei jedenfalls dann nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 begrenzt, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen erzielt hat ([X.]-Beschluss vom 18. März 2010 [X.] B 227/09, [X.]E 229, 177, [X.] 2010, 627, m.w.[X.]). Die Klägerin erwägt, diese Betrachtungsweise auf die hier in Rede stehende Regelungskonstellation des § 8b Abs. 2 und Abs. 3 [X.] 2002 a.[X.] zu übertragen. Eine solche Übertragung scheitert indessen. Denn abweichend von § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 verknüpft § 8b Abs. 3 [X.] 2002 a.[X.] den Ausschluss der aufgeführten Abzugspositionen nicht mit Einnahmen, welche mit jenen Positionen in Zusammenhang stehen, sondern verlangt einen Zusammenhang zwischen den Gewinnminderungen und den in Abs. 2 der Vorschrift genannten Anteilen. Der maßgebliche Bezugspunkt orientiert sich also an dem durch die Freistellung steuerbegünstigten Besteuerungsobjekt --den veräußerten [X.] und nicht an den steuerbegünstigten Einnahmen --den [X.]. Auch das mag aus rechtssystematischer Sicht kritisiert werden (vgl. [X.]/[X.], Der Betrieb --[X.]--, Beilage 1/2002, 18; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], EStG/[X.], § 8b [X.] Rz 85), ändert indes nichts daran, dass der erforderliche Zusammenhang nicht davon abhängig ist, ob die steuerpflichtige Körperschaft in dem nämlichen oder in einem anderen Veranlagungs- oder Erhebungszeitraum tatsächlich Einnahmen aus jenen Anteilen oder Gewinne aus deren Veräußerung erwirtschaftet.

c) Allerdings ist der Klägerin einzuräumen, dass die von § 8b Abs. 3 [X.] a.[X.] unterstellte Situation einer andernfalls doppelten Berücksichtigung von Verlusten sowohl bei der Tochterkapitalgesellschaft als auch beim Gesellschafter bei endgültigen (Veräußerungs- und [X.] kaum vorstellbar ist. Das könnte deswegen abermals aus steuersystematischer, ggf. aber auch aus verfassungsrechtlicher Sicht dafür sprechen, Veräußerungs- und Liquidationsverluste generell von dem Abzugsausschluss des § 8b Abs. 3 [X.] 2002 a.[X.] auszunehmen (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 8b [X.] Rz 86; [X.] in [X.], 2002, [X.], 20; [X.]/Schaden, [X.] --DStR-- 2003, 2192, 2198 ff.; [X.], Steuer und Bilanzen 2003, 443; [X.] in [X.], [X.], § 8b Rz 136; Gröbl/[X.][X.], a.a.[X.], § 8b [X.]; [X.]/ [X.], [X.] 2002, 2236, 2238). Der Senat sieht die Grenze zur Verfassungsmäßigkeit dennoch nicht als überschritten an. Das Prinzip der Einmalbesteuerung wird weder im Gewinn- noch im Verlustfall strikt umgesetzt; es ist im Gesetz lediglich regelungstypisierend angelegt. Die durchgängige und folgerichtige Korrespondenz zwischen steuerbefreiten Einnahmen einerseits und vom Abzugsverbot betroffenen Ausgaben andererseits ist deshalb unabhängig davon hinzunehmen, dass es in Einzelfällen zu "überschiessenden" Wirkungen kommen kann. Das objektive Nettoprinzip als Ausdruck des Leistungsfähigkeitsprinzips wird dadurch nicht in unverhältnismäßiger Weise verletzt (ebenso [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.], Die Körperschaftsteuer, § 8b Rz 108; s. auch Schön, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 2000, 151, 158; [X.], [X.], 328, 336).

3. Auch den von der Klägerin gegen § 8b Abs. 3 [X.] 2002 a.[X.] erhobenen unionsrechtlichen Einwendungen kann nicht beigepflichtet werden.

a) Sie lassen sich insbesondere nicht auf die Spruchpraxis des Gerichtshofs der [X.]en, jetzt Gerichtshof der [X.], ([X.]) zum ausnahmsweisen Abzug sog. finaler Auslandsverluste stützen (vgl. dazu im Zusammenhang mit Verlusten aus ausländischen [X.] das [X.]-Urteil vom 13. Dezember 2005 [X.]/03 "Marks & [X.]", Slg. 2005, [X.] sowie bezogen auf [X.] die Senatsurteile vom 9. Juni 2010 [X.], [X.]E 230, 30, [X.] 2010, 1065 sowie [X.]/09, [X.]E 230, 35, jeweils m.w.[X.], insbesondere zur [X.]-Rechtsprechung). Denn anders als in denjenigen Situationen, über welche der [X.] dort zu entscheiden hatte, behandelt § 8b Abs. 3 [X.] 2002 a.[X.] Auslands- wie [X.] hinsichtlich der Gewinnminderungen und ihres [X.] (ebenso wie § 8b Abs. 2 [X.] 2002 die Freistellung damit korrespondierender Veräußerungsgewinne) gleich und ist für eine einseitige Beschränkung von Auslandsbeteiligungen nichts ersichtlich. Überdies geht es im Streitfall --bei der [X.].-- um (negative) Positionen im Vermögen ([X.]) und --bei der [X.]-- um damit im Zusammenhang stehenden Aufwand (Teilwertabschreibung) auf [X.] der Klägerin als Anteilseignerin (s. dazu [X.]-Urteil vom 29. März 2007 [X.]/04 "[X.] Zentralfinanz", Slg. 2007, [X.], dort aber im Unterschied zum Streitfall für eine ungleiche steuerliche Behandlung von Inlands- und Auslandsbeteiligungen nach § 2a Abs. 1 Nr. 3 EStG a.[X.]), nicht aber um den Abzug laufender Verluste der Auslandsgesellschaften; nur um die letztere Frage ging es aber in der [X.]-Rechtssache "Marks & [X.]", und nur dort stellt sich das Problem des Abzugs "finaler" Verluste. Die Vorinstanz gelangt deswegen zu Recht zu der Erkenntnis, dass bei dieser gesetzlichen Konzeption sich [X.] Bedenken schon dem Grunde nach nicht ergeben können und der [X.]e Abzug jener Positionen deswegen auch nicht eingefordert werden kann.

b) Das gilt gleichermaßen für den Einwand der Klägerin, in [X.] (§§ 14 ff. [X.] 2002) wäre bei einer Inlandsbeteiligung anders als bei einer Auslandsbeteiligung eine Verlustberücksichtigung über den Abschluss eines [X.]s möglich gewesen. Es ist --zum ersten und vor allem-- nichts dafür ersichtlich, dass die Beteiligten ein Organschaftsverhältnis hätten begründen wollen und dass sie die dafür gesetzten [X.] der §§ 14 ff. [X.] 2002 --unbeschadet des Abschlusses eines [X.] überhaupt hätten erfüllen können. Insofern ist der Abgleich mit einem Steuerpflichtigen, der seiner Beteiligungsgesellschaft organschaftlich verbunden wäre, ein rein virtueller, der für die Gegebenheiten des Streitfalls von vornherein nicht zur Annahme einer möglichen Unionsrechtswidrigkeit veranlasst. Es ist --zum zweiten und ohne dass dies abschließend entschieden werden müsste-- ohnehin zu bezweifeln, dass das Erfordernis des § 14 Abs. 1 [X.] 2002, zur Begründung eines wirksamen Organschaftsverhältnisses einen [X.] abschließen zu müssen, als solches (und unbeschadet seiner Ausgestaltung im Einzelnen) überhaupt gegen Unionsrecht verstößt; es genügt an dieser Stelle der Hinweis auf das [X.]-Urteil vom 25. Februar 2010 [X.]/08 "[X.]" ([X.], 427). Und schließlich --drittens-- weist das [X.] zutreffend darauf hin, dass sich auch im [X.] kein Verlust der Organgesellschaft ergäbe, der auf die Klägerin übertragen werden könnte; auch bei einer Inlandsbeteiligung wäre die vom Organträger vorgenommene Abschreibung und wäre der erlittene [X.] nach § 8b Abs. 3 [X.] 2002 a.[X.] außerbilanziell gewinnerhöhend zu korrigieren. Nach allem erübrigt sich ein weiteres Eingehen insbesondere auf die Frage nach dem Verhältnis eines (möglichen) Verstoßes gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrages zur Gründung der [X.] --[X.]V-- nach der Zählung des [X.] zur Änderung des Vertrages über die [X.], der Verträge zur Gründung der [X.]en --[X.]--, sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, Amtsblatt der [X.]en 1997 Nr. [X.], 1, jetzt Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrages über die Arbeitsweise der [X.] --AEUV-- i.d.[X.] des Vertrages von Lissabon zur Änderung des [X.] [X.] und des [X.] [X.], Amtsblatt der [X.] 2007 Nr. [X.]) und eines (möglichen) Verstoßes gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 [X.], jetzt Art. 63 AEUV) im Hinblick auf sog. Drittstaaten, hier [X.] (s. dazu Senatsurteil vom 26. November 2008 [X.], [X.]E 224, 50).

Meta

I R 79/09

13.10.2010

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 11. August 2009, Az: 6 K 3742/06 K,G, Urteil

§§ 327aff AktG, R 35 EStR 2001, § 8b Abs 3 KStG 2002, § 14 KStG 2002, Art 3 Abs 1 GG, Art 43 EG, Art 56 EG, § 327a AktG, § 3c Abs 2 EStG 2002, R 6.6 EStG 2009

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.10.2010, Az. I R 79/09 (REWIS RS 2010, 2462)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2462


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I S 2/11

Bundesfinanzhof, I S 2/11, 20.04.2011.


Az. 2 BvR 1098/11

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 1098/11, 23.10.2011.


Az. I R 79/09

Bundesfinanzhof, I R 79/09, 13.10.2010.


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I R 107/09

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