BT-Drucksache 16/6825

Fünf Jahre Behindertengleichstellungsgesetz

Vom 24. Oktober 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/6825
16. Wahlperiode 24. 10. 2007

Große Anfrage
der Abgeordneten Markus Kurth, Irmingard Schewe-Gerigk, Kerstin Andreae,
Volker Beck (Köln), Birgitt Bender, Kai Gehring, Katrin Göring-Eckardt, Britta
Haßelmann, Undine Kurth (Quedlinburg), Monika Lazar, Jerzy Montag, Brigitte
Pothmer, Christine Scheel, Dr. Gerhard Schick, Silke Stokar von Neuforn,
Hans-Christian Ströbele, Dr. Harald Terpe, Wolfgang Wieland, Josef Philip Winkler,
Margareta Wolf (Frankfurt) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Fünf Jahre Behindertengleichstellungsgesetz

Am 1. Mai 2002 ist das Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinde-
rungen (Behindertengleichstellungsgesetz – BGG) in Kraft getreten. Zusam-
men mit dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch – SGB IX (Rehabilitation und
Teilhabe behinderter Menschen) markiert das BGG einen grundlegenden Para-
digmenwechsel hin zu einer emanzipatorischen Behindertenpolitik. Mit Ver-
spätung trat 2006 als weiteres Element das Allgemeine Gleichbehandlungsge-
setz (AGG) hinzu, das trotz vieler Widerstände am Ende auch Menschen mit
Behinderungen in den darin verankerten Diskriminierungsschutz im Zivilrecht
einbezogen hat, wenn auch in abgeschwächter Form.

Ziel des BGG ist es, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu
beseitigen und zu verhindern, ihre gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der
Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung
zu ermöglichen. Dabei soll besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen wer-
den.

Herzstück des BGG und Gesetzesziel ist Barrierefreiheit im umfassenden Sinne.
Menschen mit Behinderungen soll ermöglicht werden, bauliche Anlagen, Ver-
kehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände und Kommunikationseinrich-
tungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und
grundsätzlich ohne fremde Hilfe zu nutzen.

Das BGG sieht vor, dass die besonderen Belange von Frauen mit Behinderun-
gen zu berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen sind.
Das Gesetz enthält ein Benachteiligungsverbot für Träger öffentlicher Gewalt.
Es umfasst Regelungen zur Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen
Bau und Verkehr, zur Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken sowie zur
barrierefreien Informationstechnik. Das BGG erkennt die Deutsche Gebärden-
sprache als eigenständige Sprache an und regelt das Recht auf Verwendung von

Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen. Es enthält ein Verbands-
klagerecht. Zudem wurde das Instrument der Zielvereinbarungen eingeführt,
mittels dessen Behindertenverbände Verhandlungen mit Unternehmen oder Un-
ternehmensverbänden zur Herstellung von Barrierefreiheit verlangen können.

Während der Beratungen zum BGG wurde ausdrücklich betont, zum Paradig-
menwechsel gehöre auch, die Behindertengesetzgebung als Prozess unter stän-

Drucksache 16/6825 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

diger Beteiligung der Interessenvertretungen von Menschen mit Behinderun-
gen zu verstehen. Ein essentieller Bestandteil solch „lernender Gesetzgebung“
ist, dass der Gesetzgeber die Auswirkungen des Gesetzes im Auge behält. Des-
halb ist es fünf Jahre nach Inkrafttreten des BGG an der Zeit, Bilanz zu ziehen.
Es ist zu fragen, wie sich die einzelnen Bestimmungen des Gesetzes bewährt
haben und an welchen Stellen eine Fortentwicklung des Gesetzes angezeigt ist,
um umfassende Barrierefreiheit Wirklichkeit werden zu lassen.

Wir fragen die Bundesregierung:

I. Gesetzesziel

1. Welchen Stellenwert nimmt der weitere Ausbau der Barrierefreiheit im
Handeln der Bundesregierung ein, und welche konkreten Maßnahmen sind
hierzu für die laufende Wahlperiode noch geplant?

2. Welche Maßnahmen zur Evaluation des BGG hat die Bundesregierung bis-
lang unternommen, und welche weiteren sind geplant?

3. Welche Anhaltspunkte hat die Bundesregierung dafür, dass durch das BGG
das gesellschaftliche Bewusstsein über den diskriminierenden Charakter
eines Ausschlusses von Teilhabe sowie von Einschränkungen hinsichtlich
Mobilität oder Kommunikation gewachsen ist?

4. Welche Anhaltspunkte hat die Bundesregierung dafür, dass das Leitbild der
Barrierefreiheit und der vollen gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen
mit Behinderungen auch über den konkreten Anwendungsbereich des
BGG ausstrahlt?

5. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, im BGG stärker auf die
besonderen Bedürfnisse psychisch kranker Menschen einzugehen?

6. Wie stellt sich der Umgang mit psychisch kranken Menschen dar, die an
Sozial- und Kontaktängsten leiden und entsprechend Probleme haben,
ihren Bürgerpflichten beispielsweise hinsichtlich Melde- und Passwesen
oder Wehrüberwachung nachzukommen?

II. Belange von Frauen mit Behinderungen

7. Wie beurteilt die Bundesregierung die heutige Situation hinsichtlich der in
§ 2 BGG konstatierten bestehenden Benachteiligungen von Frauen mit Be-
hinderungen?

8. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung im Einzelnen seit Inkrafttre-
ten des BGG unternommen, um die in § 2 BGG verankerte Verpflichtung
umzusetzen, die besonderen Belange von Frauen mit Behinderungen zu
berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen?

9. Wie viele und welche Programme im Sinne des § 104 SGB IX zum Abbau
der Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen, insbesondere schwerbe-
hinderter Frauen, hat die Bundesagentur für Arbeit bisher durchgeführt,
und mit welchem Erfolg?

10. Wie waren bzw. sind diese Programme im Einzelnen ausgestaltet, und wie
wurde bzw. wird dabei die besondere Berücksichtigung der Belange von
Frauen mit Behinderungen gewährleistet?

11. Aus welchem Grund verzichtet die Bundesagentur für Arbeit in den statis-
tischen Angaben über die Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen
neuerdings auf eine geschlechtsdifferenzierte Darstellung?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/6825

12. Sieht die Bundesregierung darin einen Widerspruch zum Gebot des BGG,
die besonderen Belange von Frauen mit Behinderungen zu berücksich-
tigen?

Wenn nein, warum nicht?

13. Wie beurteilt die Bundesregierung den erreichten Stand an Barrierefreiheit
und Integration behinderter Menschen in Kinderbetreuungseinrichtungen?

14. Wie will die Bundesregierung im Rahmen der Vereinbarungen mit den
Ländern über den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen sicherstel-
len, dass diese für Kinder wie Eltern barrierefrei sind?

15. Befürwortet die Bundesregierung die Forderung nach einem Rechtsanspruch
für Menschen mit Pflege- und Assistenzbedarf auf Pflegekräfte des eigenen
Geschlechts und ist sie bereit, entsprechende Initiativen zu ergreifen?

Wenn nein, warum nicht?

16. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, welcher Anteil der
gynäkologischen Praxen in der Bundesrepublik Deutschland und welcher
Anteil der Arztpraxen insgesamt barrierefrei zugänglich ist, und wie beur-
teilt die Bundesregierung die Situation in diesem Bereich?

17. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie viele Plätze in
deutschen Frauenhäusern barrierefrei sind, und hält die Bundesregierung
die Zahl der barrierefreien Frauenhausplätze für ausreichend?

18. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Anzahl von sexua-
lisierter Gewalt betroffener Frauen mit Behinderungen?

19. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, ob und gegebenen-
falls in welchem Umfang die Justiz bei sexualisierter Gewalt gegenüber
Frauen mit Behinderungen anstelle der Anwendung von § 177 StGB (Straf-
gesetzbuch) [Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung] auf § 179 StGB [Sexu-
eller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen] ausweicht, der ein nied-
rigeres Strafmaß vorsieht?

Beabsichtigt die Bundesregierung – für den Fall, dass hierzu bislang keine
Erkenntnisse vorliegen – eine rechtstatsächliche Untersuchung über die
Anwendungspraxis der §§ 177, 179 StGB bei sexualisierter Gewalt gegen-
über Frauen mit Behinderungen in Auftrag zu geben?

20. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Situation hinsicht-
lich sexualisierter Gewalt in Heimen?

21. Wie häufig und in welchen Fallkonstellationen ist – aufgeschlüsselt nach
Jahren – das Gewaltschutzgesetz in Heimen bislang zur Anwendung ge-
kommen, z. B. das Instrument der Wegweisung?

22. Wie häufig wurden – aufgeschlüsselt nach Jahren – Männer wegen Ge-
waltausübung aus Heimen verlegt?

23. Welche über das Gewaltschutzgesetz hinausgehenden Maßnahmen hat die
Bundesregierung zum Schutz von Frauen in Heimen eingeleitet?

III. Behinderungsbegriff

24. Hat sich der Behinderungsbegriff des BGG bewährt?

25. Wie beurteilt die Bundesregierung anhaltende Kritik aus Behindertenver-
bänden, wonach der Behinderungsbegriff des BGG zu defizitorientiert sei?

26. Gibt es in der Bundesregierung Überlegungen, den Begriff des BGG hin zu

einem gesellschaftlichen Begriff von Behinderung zu erweitern, der den
Fokus auf den Tatbestand des Behindert-Werdens legt?

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IV. Definition von Barrierefreiheit

27. Hat sich die Definition von Barrierefreiheit im BGG bewährt?

28. Sieht die Bundesregierung Veranlassung den Begriff zu erweitern?

29. Welche Perspektiven sieht die Bundesregierung im Hinblick auf die Fort-
entwicklung des BGG im Konzept des „universal design“, der Gestaltung
von Produkten und Umgebungen in der Weise, dass sie für alle Menschen
nutzbar sind?

V. Zielvereinbarungen

30. Wie viele abgeschlossene Zielvereinbarungen im Rahmen des BGG sind
der Bundesregierung bekannt, um welche handelt es sich im Einzelnen,
und welche Unternehmen bzw. Unternehmensverbände sowie Behinder-
tenverbände waren beteiligt?

31. Wie viele Fälle sind der Bundesregierung bekannt, bei denen Verhandlun-
gen über Zielvereinbarungen ergebnislos verliefen?

32. Welche Unternehmen bzw. Unternehmensverbände sowie Behindertenver-
bände waren in diesen Fällen beteiligt?

33. Welche Gründe sieht die Bundesregierung für die relativ geringe Anzahl
abgeschlossener Zielvereinbarungen, und wie bewertet sie die Tatsache,
dass von dem Instrument bislang wenig Gebrauch gemacht wurde?

34. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung seit Inkrafttreten des BGG
ergriffen, um die Anwendung des Instruments der Zielvereinbarung zu för-
dern?

35. Welche zusätzlichen Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, da-
mit das Instrument der Zielvereinbarungen fünf Jahre nach Inkrafttreten
des BGG stärker zum Einsatz kommt?

36. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass den Behindertenverbänden
eine wesentliche Rolle bei der Umsetzung von Barrierefreiheit im Alltag
zukommt?

37. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass viele Behindertenverbände
aufgrund ihrer überwiegend ehrenamtlichen Arbeitsweise zu wenige Kapa-
zitäten haben, Zielvereinbarungsverhandlungen führen zu können?

Wenn ja, welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus?

38. Ist der Bundesregierung das Projekt „agentur barrierefrei NRW“ bekannt,
das vom der nordrhein-westfälischen Landesregierung gefördert wird und
Unterstützung bei der Anwendung des Instruments Zielvereinbarungen
leistet?

Gibt es vergleichbare Maßnahmen der Bundesregierung?

39. Wie steht die Bundesregierung zu dem Vorschlag, ein ähnliches Kompe-
tenzzentrum auf Bundesebene einzurichten, das Behindertenverbände bei
der Anwendung des Instruments Zielvereinbarungen Unterstützung bietet?

Will sie entsprechende Initiativen ergreifen?

40. Wie beurteilt die Bundesregierung Vorschläge, das Instrument der Zielver-
einbarungen anzuschärfen, indem

a) eine Verpflichtung zum Abschluss einer Vereinbarung für die Fälle vor-
gesehen wird, in denen ein Behindertenverband ein berechtigtes Inte-
resse darlegt,
b) Sanktionen bei Nichterfüllung vorgesehen werden und

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/6825

c) bei berechtigtem Interesse die Übernahme der Kosten der Behinderten-
verbände durch die Gegenseite vorgesehen wird?

41. Mit welchen anderen Maßnahmen will die Bundesregierung Behinderten-
verbände stärker unterstützen, Zielvereinbarungsverhandlungen effektiv
und auf Augenhöhe führen zu können?

42. In welchen Bereichen der Privatwirtschaft sieht die Bundesregierung Fort-
schritte beim Ausbau von Barrierefreiheit, in welchen sind noch besondere
Defizite festzustellen?

43. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass eine gesetzliche Fest-
legung von Fristen zur Herstellung von Barrierefreiheit Unternehmen und
Unternehmensverbände motivieren würde, Zielvereinbarungen über die
konkrete Ausgestaltung abzuschließen?

44. Erwägt die Bundesregierung, angesichts der geringen Zahl von Zielverein-
barungen über die bisherigen Regelungen im BGG hinaus gesetzliche Ver-
pflichtungen zur Herstellung von Barrierefreiheit auf den Weg zu bringen?

Wenn ja, für welche Bereiche?

Wenn nein, warum nicht?

VI. Verbandsklagerecht

45. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, verbandsklageberech-
tigte Verbände darin zu unterstützen, dieses Instrument des BGG im Be-
darfsfalle zur Anwendung zu bringen?

46. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung zu, dass die verbandsklagebe-
rechtigten Behindertenverbände sowohl inhaltliche als auch organisatori-
sche Unterstützung (z. B. in Form einer Anlaufstelle) erhalten sollten, um
dem gesetzlich vorgesehenen Instrument Verbandsklage zur Durchsetzung
von Barrierefreiheit mehr Wirksamkeit zu verschaffen?

Wenn nein, welche Gründe sieht die Bundesregierung dafür, dass vom
Instrument des Verbandsklagerechts im BGG bislang wenig Gebrauch ge-
macht wurde?

47. Wie steht die Bundesregierung zu dem Vorschlag, ein Kompetenzzentrum
auf Bundesebene einzurichten, das Behindertenverbände bei der Anwen-
dung des Instruments der Verbandsklage Unterstützung bietet?

VII. Benachteiligungsverbot für Träger öffentlicher Gewalt

48. Welche konkreten Maßnahmen sind aus dem in § 7 Abs. 1 BGG veranker-
ten Gebot erfolgt, wonach die Dienststellen und sonstigen Einrichtungen
der Bundesverwaltung, einschließlich der bundesunmittelbaren Körper-
schaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts im Rahmen
ihres jeweiligen Aufgabenbereiches die Ziele des BGG aktiv fördern und
der Planung von Maßnahmen beachten sollen?

49. Sind der Bundesregierung Verstöße gegen das in § 7 Abs. 2 BGG verankerte
Beteiligungsverbot für Träger öffentlicher Gewalt bekannt geworden?

Wenn ja, welche?

VIII.Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

50. In welcher Weise stellt die Bundesregierung sicher, dass Neu- und Umbau-
ten, die mit Mitteln der öffentlichen Hand gefördert werden, barrierefrei

geplant und ausgeführt werden?

Drucksache 16/6825 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

51. Wie beurteilt die Bundesregierung den erreichten Stand an Barrierefreiheit
bei den Bauten des Bundes einschließlich der bundesunmittelbaren Kör-
perschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts?

52. Welcher Prozentsatz der genannten Bauten kann heute als barrierefrei
gelten?

53. Wie bewertet die Bundesregierung die derzeitige Sachlage bezüglich des
Erlasses von DIN-Normen hinsichtlich Barrierefreiheit für die Bereiche
Bau und Verkehr?

54. Wie bewertet die Bundesregierung den Sachverhalt, dass in den Bereichen
Bau und Verkehr bislang keine allgemein anerkannten Regeln der Technik
hinsichtlich des im BGG formulierten Ziels „möglichst weitreichende
Barrierefreiheit“ existieren?

55. Beabsichtigt die Bundesregierung, Standards für Barrierefreiheit in Bau
und Verkehr für den Kompetenzbereich des Bundes festzulegen?

56. Wie stellt sich der erreichte Stand an Barrierefreiheit hinsichtlich öffent-
licher Wege, Plätze und Straßen dar, und wie beurteilt die Bundesregierung
den erreichten Stand?

57. Wie viele Betreiber nicht-bundeseigener Eisenbahnen gibt es in der Bun-
desrepublik Deutschland?

58. Wie viele Betreiber nicht-bundeseigener Verkehrsstationen gibt es in der
Bundesrepublik Deutschland?

59. Welche Betreiber im Eisenbahnwesen haben bislang entsprechend der
Eisenbahn Bau- und Betriebsordnung (EBO) Programme und Zeitpläne zur
barrierefreien Gestaltung von Bahnanlagen, Verkehrsstationen und Fahr-
zeugen vorgelegt, und welche nicht?

60. In welcher Weise werden Inhalt und Umsetzung der Programme und Zeit-
pläne vom Eisenbahnbundesamt überwacht?

61. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung um die in § 2
Abs. 3 EBO festgeschriebenen Programme zur Herstellung der Barriere-
freiheit auch umzusetzen?

62. Wie viele der Nahverkehrspläne – aufgeschlüsselt nach Bundesländern –
haben die Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) um-
gesetzt, wonach Nahverkehrspläne auch Aussagen über zeitliche Vorgaben
und erforderliche Maßnahmen zur Herstellung möglichst weitreichender
Barrierefreiheit enthalten müssen?

63. Wie viele Nahverkehrspläne – aufgeschlüsselt nach Bundesländern – wer-
den diesen Anforderungen noch nicht gerecht?

64. Wie beurteilt die Bundesregierung den erreichten Stand an Barrierefreiheit
im öffentlichen Personenverkehr hinsichtlich

a) Schienenpersonenfernverkehr,

b) Schienenpersonennahverkehr,

c) Öffentlicher Personennahverkehr,

d) Luftverkehr,

e) Schiffsverkehr?

65. Wie hoch ist in diesen Bereichen jeweils der Anteil barrierefreier Verkehrs-
mittel und Verkehrsstationen fünf Jahre nach Inkrafttreten des BGG?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/6825

66. Wie hoch ist der Anteil der seit Inkrafttreten des BGG neu in Betrieb ge-
nommenen Beförderungsmittel sowie der Verkehrsflächen, die nach die-
sem Zeitpunkt hergestellt oder wesentlich umgestaltet wurden, die nicht
barrierefrei sind?

67. Wie beurteilt die Bundesregierung aus heutiger Sicht den 2002 insbeson-
dere im Hinblick auf befürchtete Einwände des Bundesrates erfolgten Ver-
zicht auf konkrete Fristen zur Herstellung von Barrierefreiheit im Perso-
nenbeförderungsgesetz, in der Eisenbahn Bau- und Betriebsordnung und
im Luftfahrtgesetz?

68. Beabsichtigt die Bundesregierung Initiativen, um in den genannten Vor-
schriften gesetzliche Vorgaben und Fristen für die Herstellung von Barriere-
freiheit zumindest hinsichtlich neu in Betrieb genommener Beförderungs-
mittel, neu hergestellter oder wesentlich umgestalteter Verkehrsflächen oder
Verkehrseinrichtungen zu verankern?

Wenn nein, warum nicht?

69. Wie beurteilt die Bundesregierung, dass die Deutsche Bahn AG 2005 in
ihrem Programm zur Barrierefreiheit beschlossen hat, den barrierefreien
Zugang zu den Bahnsteigen bei Neu- und Umbaumaßnahmen lediglich auf
Bahnhöfen herzustellen, die von mindestens 1000 Fahrgästen am Tag ge-
nutzt werden?

70. Wie möchte die Bundesregierung dafür Sorge tragen, dass zukünftig keine
Verschlechterungen nach Baumaßnahmen von Bahnhöfen bezüglich der
Barrierefreiheit, so wie es in Oberkochen (Ostalbkreis/Baden-Württem-
berg) der Fall war, entstehen?

71. Wie beurteilt die Bundesregierung unter dem Gesichtspunkt der Barriere-
freiheit die derzeitige Situation bei Fahrkartenautomaten sowie bei Auto-
maten im Luftverkehrswesen?

72. Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um die barriere-
freie Nutzbarkeit von Fahrkartenautomaten sowie von Automaten im Luft-
verkehrswesen zu befördern?

73. Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um auch die bar-
rierefreie Nutzbarkeit von Geld- und Kassenautomaten zu befördern?

74. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass Blindenhund
führende Menschen weiterhin Schwierigkeiten beim Zugang zu Behörden-
räumen und öffentlichen Verkehrsmitteln haben?

75. Plant die Bundesregierung Initiativen, dass BGG um ausdrückliche Rege-
lungen zur Barrierefreiheit hinsichtlich Blindenhund führender Menschen
zu erweitern?

IX. Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und anderen
Kommunikationshilfen

76. Welche konkreten Auswirkungen hatte die in § 6 Abs. 1 BGG verankerte
Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache als eigenständige Sprache?

77. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung seit Inkrafttreten des BGG
ergriffen, um die Anerkennung der Gebärdensprache als eigenständige
Sprache im Alltag breiter zu verankern, und welche plant sie noch zu er-
greifen?

78. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Schwierigkeiten bei
der Rechtsdurchsetzung hinsichtlich der Übernahme von Dolmetschkosten

in Verwaltungsverfahren sowie bei der Inanspruchnahme von Sozialleis-

Drucksache 16/6825 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

tungen einschließlich medizinischer Untersuchungen, Beratungen und Be-
handlungen?

79. Wie möchte die Bundesregierung dafür Sorge tragen, dass zukünftig auch
gehörlose Beamtinnen und Beamte, die in Ergänzung zur Beihilfe eine pri-
vate Krankenversicherung abgeschlossen haben, insbesondere bei ärzt-
lichen Untersuchungen Anspruch auf Gebärdensprache haben?

80. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Wartezeiten in Verwal-
tungsverfahren oder bei der Inanspruchnahme von Sozialleistungen, wenn
dabei Gebärdendolmetschung zur Anwendung kommen soll?

81. Wie beurteilt die Bundesregierung den erreichten Stand an Verwendung
der Gebärdensprache in den Medien (Fernsehen, Film, Internet)?

In welcher Form wird in diesen Bereichen die Verwendung von Gebärden-
sprache gefördert?

X. Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken

82. Wie stellt sich die Umsetzung der gesetzlichen Verpflichtung, bei der Ge-
staltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-
rechtlichen Verträgen und Vordrucken eine Behinderung von Menschen zu
berücksichtigen (§ 10 Abs. 1 BGG), in der Verwaltungspraxis von Bund,
Ländern und Kommunen dar?

83. Welche Probleme sieht die Bundesregierung noch bei der Umsetzung im
Verwaltungshandeln sowie im Gerichtswesen?

84. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Beachtung von Stan-
dards leichter Sprache Menschen weit über den Personenkreis von so ge-
nannten Menschen mit Lernschwierigkeiten hinaus zugutekäme und Teil-
habe in einem umfassenden Sinne fördern könnte?

85. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um die Verwen-
dung leichter Sprache zu fördern?

86. In welchen Bereichen der Bundesverwaltung ist gesichert, dass Bescheide
in einfacher Sprache ergehen und Vordrucke in einfacher Sprache gestaltet
werden, und in welchen Bereichen ist dies noch nicht geschehen?

87. Ich welcher Form und in welchem Umfang haben in der Bundesverwal-
tung Schulungen zur Verwendung leichter Sprache stattgefunden?

88. Plant die Bundesregierung Initiativen, um das BGG mit einer Verpflich-
tung zur Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken in leichter Sprache zu
ergänzen?

Wenn nein, warum nicht?

XI. Barrierefreie Informationstechnik

89. Wie stellt sich die Umsetzung der gesetzlichen Verpflichtung zur barriere-
freien Informationstechnik in Bund, Ländern und Kommunen dar?

90. Welche Probleme sieht die Bundesregierung noch bei der Umsetzung?

91. In welcher Form plant die Bundesregierung die Fortschreibung der Verord-
nung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behin-
dertengleichstellungsgesetz (BITV)?

92. Wie werden dabei die Behindertenverbände einbezogen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/6825

XII. Regelungen auf Landesebene

93. Welche Bundesländer haben seit Inkrafttreten des BGG in ihrem Kompe-
tenzbereich Regelungen zur Barrierefreiheit

a) im Baurecht,

b) im Schulrecht,

c) im Unterbringungsrecht,

d) im Medienrecht,

e) im Kindergarten- und Hortrecht,

f) im Verkehrs- und Nahverkehrsrecht,

g) im Bildungs- und Weiterbildungsrecht,

h) im Hochschulrecht

getroffen?

94. In welchen Fällen sind Länder dabei gegebenenfalls über parallele Rege-
lungen, die der Bund im BGG für seinen Zuständigkeitsbereich getroffen
hat, hinausgegangen?

95. In welchen Fällen blieben Länder dabei hinter parallelen Regelungen, die
der Bund für seinen Zuständigkeitsbereich getroffen hat, zurück bzw. ha-
ben Haushaltsvorbehalte oder andere Einschränkungen vorgenommen?

96. Welche Länder haben in ihren ÖPNV-Gesetzen (ÖPNV = öffentlicher
Personennahverkehr) welche verbindlichen Regelungen über die Aus-
schreibung und Beschaffung von Verkehrsmitteln und Infrastruktur in
Hinblick auf Barrierefreiheit?

97. Welche Länder haben in ihrer Landesgesetzgebung ein Verbandsklagerecht
für Behindertenverbände vorgesehen, und wie sind diese Landesregelun-
gen jeweils im Vergleich zur Verbandsklageregelung im BGG ausgestaltet?

98. Wie beurteilt die Bundesregierung die Wirkung der Bestimmungen im
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) für die Herstellung von
Barrierefreiheit im öffentlichen Raum?

99. Wie stellen sich nach der Föderalismusreform die Förderkriterien sowie
die Beteiligungsrechte von Beauftragten, Beiräten und Behindertenver-
bänden in den Bereichen dar, die bislang im Gemeindeverkehrsfinanzie-
rungsgesetz (GVFG) geregelt waren?

XIII. Gaststättenwesen

100. Wie beurteilt die Bundesregierung das Wirtschaftspotenzial, das in bar-
rierefreien Angeboten für die Tourismuswirtschaft liegt?

101. Wie beurteilt die Bundesregierung den erreichten Stand an Barrierefrei-
heit im Gaststättenwesen?

102. Wie beurteilt die Bundesregierung den erreichten Stand an Barrierefrei-
heit hinsichtlich der Beherbergungsbetriebe?

103. In welcher Form setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass die bis-
herigen Standards zur Barrierefreiheit im Gaststättenrecht auch nach der
Föderalismusreform beibehalten und fortentwickelt werden?

104. Welche Initiativen zur Beibehaltung und Fortentwicklung der bisherigen
Standards zur Barrierefreiheit hat die Bundesregierung in die Bund-Län-
der-Arbeitsgruppe zum Gaststättenrecht eingebracht?
105. In welcher Form sind Vertreterinnen und Vertreter von Behindertenver-
bänden in deren Beratungen einbezogen?

Drucksache 16/6825 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

106. Wann ist mit Ergebnissen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Gaststät-
tenrecht zu rechnen?

107. Unternimmt die Bundesregierung Anstrengungen, um in der Ausbildung
von Gastronomie- und Hotelleriefachkräften den Umgang mit Menschen
mit Behinderungen stärker zu berücksichtigen?

XIV. Arbeitswelt

108. Wie beurteilt die Bundesregierung den erreichten Stand an Barrierefrei-
heit in der Arbeitswelt?

109. Sieht die Bundesregierung in der derzeitigen Rechtslage, wonach eine
Verpflichtung zur barrierefreien Gestaltung von Arbeitsstätten erst dann
greift, wenn bereits Menschen mit Behinderungen beschäftigt werden,
ein Einstellungshindernis für Menschen mit Behinderungen?

Wenn nein, warum nicht?

110. Beabsichtigt die Bundesregierung, eine über die Regelungen in § 3 Abs. 2
Arbeitsstättenverordnung und § 81 Abs. 4 SGB IX hinausgehende Ver-
pflichtung zur barrierefreien Gestaltung von Arbeitsstätten vorzusehen,
die nicht an die bereits bestehende Beschäftigung behinderter Menschen
anknüpft?

Wenn nein, warum nicht?

XV. Fördermaßnahmen zur Barrierefreiheit

111. Welche Programme zum Ausbau von Barrierefreiheit wurden bzw. wer-
den von der Bundesregierung seit Inkrafttreten des BGG gefördert?

112. Plant die Bundesregierung, die Vergabekriterien des Bundes dahingehend
zu erweitern, dass Vergaben an ein Disability- wie auch an ein Gender-
Mainstreaming geknüpft werden?

Wenn nein, warum nicht?

113. Welche steuerlichen Anreize gibt es zur Förderung von Barrierefreiheit?

XVI. EU-Strukturfonds

114. Welche Maßnahmen oder Stellen überwachen die Beachtung der Bar-
rierefreiheit bei der Vorbereitung der Programmplanung der Struktur-
fonds bzw. bei der Durchführung der operationellen Programme?

115. Wie lässt sich erklären, dass die Bundesregierung bzw. das Bundesminis-
terium für Wirtschaft und Technologie erst auf Nachfrage und Bitten der
Kommission im Laufe der Verhandlungen zur Programmplanung der
Strukturfonds das Querschnittsziel der Chancengleichheit um das obli-
gatorische Förderkriterium der Nichtdiskriminierung entsprechend Arti-
kel 16 der VO Nr. 1083/06 erweitert hat?

116. Wurden Behindertenverbände in Beratungen zur Rahmenvereinbarung
einbezogen, und wenn nein, warum nicht?

117. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die Vorgaben der EU-
Strukturfonds, wonach alle daraus geförderten Maßnahmen barrierefrei
sein müssen, in der Bundesrepublik Deutschland erfüllt werden?

Berlin, den 24. Oktober 2007
Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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