Bundessozialgericht, Beschluss vom 13.05.2020, Az. B 6 KA 35/19 B

6. Senat | REWIS RS 2020, 2465

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Anfechtung von Entscheidungen einer gemeinsamen Prüfungsstelle oder eines gemeinsamen Beschwerdeausschusses - Streitigkeiten des Vertragsarztrechts - Grundvoraussetzung für einen Vertrag über integrierte Versorgung - sektorenübergreifende Versorgung


Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 28. August 2019 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 47 890 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten über [X.] wegen der Verordnung von Immunglobulinen in den Quartalen 2/2008 bis 4/2009.

2

Die beiden in einer Berufsausübungsgemeinschaft zusammengeschlossenen Kläger nehmen im Bezirk der zu 1. beigeladenen [X.] ([X.]) an der vertragsärztlichen Versorgung teil. In den Quartalen 2/2008 bis 4/2009 behandelten sie sechs an Multipler Sklerose ([X.]) erkrankte Patienten, die bei der zu 2. beigeladenen Krankenkasse versichert waren und verordneten ihnen Immunglobuline (Handelsname Octagam(Urteil vom 21.9.2016). Auf die Berufung der zu 2. beigeladenen Krankenkasse hat das [X.] das Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 28.8.2019). Der Beklagte sei für die Entscheidung zuständig, weil sich der Regress auf Verordnungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung beziehe. Auch in der Sache sei der Regress nicht zu beanstanden.

3

Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] machen die Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 [X.] 2 [X.] [X.]G) geltend.

4

II. 1. Zur Entscheidung des Rechtsstreits ist der für das [X.]sarztrecht zuständige 6. Senat des B[X.] berufen. Der Rechtsstreit betrifft eine Angelegenheit des [X.] gemäß § 10 [X.] 2 iVm § 40 Satz 2 [X.]G.

5

a) Nach § 10 [X.] 2 Satz 1 iVm § 40 Satz 2 [X.]G ist beim B[X.] für Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und [X.]särzten, Psychotherapeuten, [X.]szahnärzten ([X.]sarztrecht) einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände mindestens ein Senat zu bilden. Einer der Gegenstände des [X.] sind Streitigkeiten über [X.] aufgrund von [X.] gemäß § 106 [X.]B V (in den hier noch maßgebenden Fassungen vor der Neustrukturierung durch das [X.] vom [X.], [X.] 1211). Nach [X.] 1 dieser Vorschrift überwachen die Krankenkassen und die [X.] die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Gegenstand der Wirtschaftlichkeitsprüfung sind auch [X.] wegen der Verordnung von Arzneimitteln unter Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben oder gegen Vorgaben der Arzneimittelrichtlinien (sog [X.], vgl zuletzt B[X.] Urteil vom 11.12.2019 - [X.] [X.] 23/18 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). Die Aufgabe der Prüfung der Wirtschaftlichkeit wird Prüfgremien (gemeinsame Prüfungsstelle und gemeinsamer Beschwerdeausschuss) übertragen, die mit Vertretern der [X.] und der Krankenkassen besetzt sind 106 [X.] 4 Satz 1 und 2 [X.]B V idF des [X.] vom 26.3.2007, [X.] 378; seit der Neustrukturierung durch das GKV-V[X.] mWv 1.1.2017 insoweit ohne inhaltliche Änderungen § 106c [X.] 1 Satz 1 und 2 [X.]B V). Verfahren in denen - wie vorliegend - die Entscheidungen eines solchen Prüfgremiums angefochten werden, sind deshalb Streitigkeiten des [X.]. Mit der Orientierung an der Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, wird auch gewährleistet, dass sich ohne vorherige Klärung tatsächlicher oder rechtlicher Streitfragen feststellen lässt, wer im konkreten Fall [X.] ist (zur Abgrenzung der Angelegenheiten des [X.] iS des § 12 [X.] 3 Satz 1 [X.]G von denjenigen der [X.]särzte iS des § 12 [X.] 3 Satz 2 [X.]G vgl zuletzt B[X.] Urteil vom 11.12.2019 - [X.] [X.] 23/18 R - juris Rd[X.]2 mwN, zur Veröffentlichung in [X.] 4 vorgesehen).

6

b) An der Zuordnung zum [X.]sarztrecht kann die von den Klägern geltend gemachte Teilnahme an der Versorgung nach dem "[X.] über die Versorgung von Patienten mit entzündlichen/degenerativen Erkrankungen des Zentralen Nervensystems (ZNS), onkologische Erkrankungen und AIDS", den die zu 2. beigeladene Krankenkasse mit dem Verein "Soforthilfe und Information durch Ambulante Versorgung" ([X.] e.V.) geschlossen hat, nichts ändern. Allerdings umfasst die Zuständigkeit des 6. Senats nicht insgesamt Klagen aufgrund von Verträgen nach § 140a [X.]B V. § 10 [X.] 2 Satz 2 [X.] [X.]G nimmt eine Zuordnung zum [X.]sarztrecht insoweit allein für die Bereinigung der Gesamtvergütung nach § 140d [X.]B V aufgrund von solchen Verträgen vor (vgl dazu auch BT-Drucks 17/6764 S 26). Darum geht es hier nicht.

7

Indes wird die Zuordnung zum [X.]sarztrecht nicht bereits durch jeden Bezug zu einem [X.] nach § 140a [X.]B V - bei gleichzeitig fehlendem Bezug zur Bereinigung der Gesamtvergütung - in Frage gestellt. Der mit dem [X.] zur Änderung des [X.] und anderer Gesetze vom 22.12.2011 ([X.] 3057) eingeführte § 10 [X.] 2 Satz 2 [X.]G bezeichnet klarstellend (vgl BT-Drucks 17/6764 S 25 f) Streitigkeiten, die "auch" zum [X.]sarztrecht gehören, schränkt damit aber den Anwendungsbereich des Satzes 1 nicht ein, sodass Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und [X.]särzten, Psychotherapeuten, [X.]szahnärzten einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände solche des [X.] bleiben. Das ist hier aus den oben genannten Gründen bereits deshalb der Fall, weil die Rechtmäßigkeit eines Bescheides des [X.] zu beurteilen ist, der die Wirtschaftlichkeit der [X.] der Kläger als zugelassene [X.]särzte zum Gegenstand hat.

8

Allerdings sollte sich die integrierte Versorgung nach der Intention des Gesetzgebers zu einer eigenständigen zweiten Säule der Regelversorgung entwickeln (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 27/07 R - B[X.]E 100, 52 = [X.] 4-2500 § 140d [X.], Rd[X.]2 mwN). Voraussetzung einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden integrierten Versorgung war vor der hier noch nicht maßgebenden Neufassung der §§ 140a ff [X.]B V durch das GKV-V[X.] (im Folgenden: aF; heute regelt § 140a [X.]B V die "besondere Versorgung"), dass sie die Regelversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung oder in der stationären Versorgung zumindest überwiegend ersetzt. Eine die vertragsärztliche Versorgung ersetzende sektorenübergreifende Versorgung konnte grundsätzlich nicht dem [X.]sarztrecht iS von § 10 [X.] 2 Satz 1 [X.]B V zugeordnet werden. Indes hat die Praxis gezeigt, dass Verträge, die von den [X.]spartnern als solche zur integrierten Versorgung bezeichnet wurden, nicht immer den Vorgaben der §§ 140a, 140b [X.]B V aF entsprachen und nur eine ergänzende Versorgung zusätzlich zur vertragsärztlichen Regelversorgung zum Inhalt hatten (sog [X.]; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 27/07 R - B[X.]E 100, 52 = [X.] 4-2500 § 140d [X.]; zu den an eine integrierte Versorgungsform zu stellenden Anforderungen vgl auch zB B[X.] Urteil vom 2.11.2010 - B 1 KR 11/10 R - B[X.]E 107, 78 = [X.] 4-2500 § 140d [X.], Rd[X.]4 ff; B[X.] Urteil vom 25.11.2010 - [X.] KR 6/10 R - juris Rd[X.]8). Ausschlaggebend für die Zuordnung zum [X.]sarztrecht kann nicht die von den [X.]spartnern gewählte Bezeichnung des [X.]es, sondern nur dessen tatsächlicher Inhalt sein. Maßgebend ist, ob Gegenstand des Verfahrens die vertragsärztliche Regelversorgung oder aber eine durch den [X.] nach § 140a [X.]B V aF eigenständig geregelte integrierte Versorgung ist.

9

Wie bereits das [X.] zutreffend ausgeführt hat, bleibt nach § 5 [X.] 1 des [X.]es "zu Integrierten Versorgungsformen über die Versorgung von Patienten mit entzündlichen/degenerativen Erkrankungen des Zentralen Nervensystems (ZNS), onkologischen Erkrankungen und AIDS" die Verantwortung der zu 1. beigeladenen [X.] für die Sicherstellung und Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung (§§ 73, 75 [X.]B V) ausdrücklich unberührt. Der [X.] enthält auch keine eigenständigen Regelungen zur Vergütung ärztlicher Leistungen; vielmehr erfolgt die Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen nach § 15 [X.] 4 des [X.]es auf der Grundlage des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen ([X.]). Daraus folgt, dass Leistungen der an der [X.]sdurchführung beteiligten [X.]särzte nicht nach den Regeln dieses [X.]es, sondern nach den allgemeinen gesetzlichen und untergesetzlichen Regeln zur vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden. Auch die Verordnung der Arzneimittel, auf die sich der von dem Beklagten festgesetzte Regress bezieht, richtet sich nach den allgemeinen vertragsärztlichen und nicht nach besonderen selektivvertraglichen Bestimmungen. Von den allgemeinen gesetzlichen Vorgaben abweichende Regelungen zur Arzneimittelverordnung enthält der [X.] lediglich für einige in Anlage 6 aufgelistete Arzneimittel; Immunglobuline, die allein Gegenstand der [X.] sind, gehören nicht dazu. Für die nicht in Anlage 6 gelisteten Arzneimittel bestimmt § 12a [X.] 1 Satz 2 des [X.]es, dass diese "unter Nutzung des Musters 16" verordnet werden. Angesprochen ist damit das Arzneiverordnungsblatt, das [X.]särzte nach Anlage 2 zum [X.] ([X.]) für die Verordnung von Arznei- und Verbandmitteln sowie Hilfsmitteln mit Ausnahme von Sehhilfen und Hörhilfen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu verwenden haben. Damit bleiben die Verordnungen Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung iS von § 73 [X.] 2 Satz 1 Nr 7 [X.]B V, auch wenn sowohl der Arzt als auch der Versicherte, dem das Arzneimittel verordnet wird, an dem genannten [X.] teilnehmen (vgl zuletzt zu einem Regress wegen der Verordnung von Impfleistungen auf der Grundlage der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Bestimmungen: B[X.] Urteil vom 21.3.2018 - [X.] [X.] 31/17 R - [X.] 4-2500 § 132e [X.]). Streitverfahren, die die Prüfung der Rechtmäßigkeit von darauf bezogenen [X.]n zum Gegenstand haben, sind solche des [X.].

2. Die Beschwerde der Kläger ist nicht begründet. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache liegt nicht vor.

Die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl [X.] Beschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - [X.] 3-1500 § 160a [X.]; s auch B[X.] Beschluss vom 16.11.1995 - 11 [X.]/95 - [X.] 3-1500 § 160a [X.]9 S 34 f; B[X.] Beschluss vom [X.] B - [X.] 3-1500 § 160a [X.]0 S 57 f mwN). [X.] ist nicht gegeben, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage nicht im Revisionsverfahren zur Entscheidung anstünde oder die Rechtsfrage aufgrund besonderer Gestaltung des Rechtsstreits einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich ist (vgl zB B[X.] Beschluss vom 13.2.2019 - [X.] [X.] 17/18 B - juris RdNr 7).

Die Kläger halten die folgende Rechtsfrage für klärungsbedürftig:

        

"Erfüllt ein verschiedene ambulante Leistungssektoren übergreifendes Versorgungsangebot für Versicherte - hier im Rahmen einer Kooperation zwischen niedergelassenen [X.]särzten (Fachärzte für Neurologie, Psychiatrie und / oder Nervenheilkunde) und einem ambulanten Pflegedienst mit examinierten Krankenschwestern bei Sicherstellung eines jederzeit erreichbaren [X.] über eine lieferberechtigte Apotheke - die Anforderungen an eine integrierte Versorgung gemäß § 140a [X.]. 1 [X.]B V (in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes 2004 sowie in der Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes 2007), wenn nicht Leistungen, die Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sind, ersetzt werden, sondern Leistungen, die Gegenstand der stationären Versorgung sind, ersetzt und / oder vermieden werden."

a) Wegen der ausdrücklichen Bezugnahme auf die hier vorliegende Fallgestaltung ist bereits zweifelhaft, ob der Frage nach der Erfüllung der Anforderungen an eine integrierte Versorgung gemäß § 140a [X.] 1 [X.]B V aF durch ein "verschiedene ambulante Leistungssektoren übergreifendes Versorgungsangebot für Versicherte - hier im Rahmen einer Kooperation zwischen niedergelassenen [X.]särzten (Fachärzte für Neurologie, Psychiatrie und / oder Nervenheilkunde) und einem ambulanten Pflegedienst mit examinierten Krankenschwestern bei Sicherstellung eines jederzeit erreichbaren [X.] über eine lieferberechtigte Apotheke" eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Zudem ist § 140a [X.] 1 [X.]B V durch das GKV-V[X.] mWv 23.7.2015 grundlegend geändert worden (zu den Voraussetzungen für einen fortbestehenden Klärungsbedarf bei außer [X.] getretenem Recht vgl B[X.] Beschluss vom 28.6.2017 - [X.] [X.] 84/16 B - juris RdNr 6 mwN). Die Kläger haben zwar geltend gemacht, dass noch "diverse Verfahren auch anderer [X.]särzte" anhängig seien, die an dem [X.] teilgenommen hätten und die im Hinblick auf das vorliegende Verfahren und die zu klärende Frage der Zuständigkeit des Beklagten ruhend gestellt worden seien. Die Zahl der Verfahren wird aber nicht angegeben und es werden auch keine konkreten Verfahren - zB unter Angabe von Aktenzeichen - benannt.

b) Jedenfalls kommt es für die Entscheidung in dem angestrebten Revisionsverfahren auf die formulierte Rechtsfrage nicht an. Die Frage steht unter der Voraussetzung ("[X.]"), dass "nicht Leistungen, die Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sind, ersetzt werden, sondern Leistungen, die Gegenstand der stationären Versorgung sind, ersetzt und / oder vermieden werden." Der Regress bezieht sich aber gerade auf Verordnungen, "die Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sind" (vgl oben 1. b, [X.]) und auch der in der formulierten Rechtsfrage unterstellte Bezug zur stationären Versorgung kann nicht hergestellt werden. Der zwischen der zu 2. beigeladenen Krankenkasse und dem [X.] e.V. geschlossene [X.] hat nicht die Erbringung stationärer Leistungen zum Gegenstand, sondern die Erbringung ambulanter ärztlicher und pflegerischer Leistungen. Nach § 13 [X.] 1 des [X.]es steht "im Mittelpunkt der Betreuung" die "ambulante Versorgung durch dreijährig ausgebildete examinierte Krankenschwestern oder -pfleger von [X.]". Behandlungsort ist nach § 14 [X.] 1 des [X.]es "grundsätzlich die teilnehmende Arztpraxis"; nach [X.] 4 kommt unter bestimmten Voraussetzungen "auch das häusliche Umfeld des Patienten" als Behandlungsort in Betracht.

Ein gewisser Bezug zur stationären Versorgung wird zwar mit der Aussage in der Präambel des [X.]es hergestellt, nach der eines der Ziele des [X.]es darin besteht, "Klinikbehandlung zu vermeiden". Dadurch werden die von teilnehmenden [X.]särzten erbrachten Leistungen jedoch nicht zu solchen der stationären Versorgung und dem Ziel der Vermeidung stationärer Versorgung kommt auch keine Bedeutung für die Beantwortung der formulierten Frage zu, ob die "Anforderungen an eine integrierte Versorgung gemäß § 140a [X.]. 1 [X.]B V (in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes 2004 sowie in der Fassung des [X.] 2007)" erfüllt werden. Grundvoraussetzung für einen [X.] über integrierte Versorgung ist nicht die "Vermeidung" stationärer Versorgung, sondern dass die dort geregelte Versorgung interdisziplinär-fachübergreifend oder sektorenübergreifend ist und dass die Behandlungsleistungen, die im Rahmen der integrierten Versorgung erbracht werden, solche der Regelversorgung zumindest überwiegend ersetzen (B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 5/07 R - [X.] 4-2500 § 140a [X.] Rd[X.]1; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 27/07 R - B[X.]E 100, 52 = [X.] 4-2500 § 140d [X.], Rd[X.]0 ff; B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] [X.] 16/14 B - juris Rd[X.]4; B[X.] Urteil vom 15.6.2016 - [X.] [X.] 22/15 R - [X.] 4-2500 § 140d [X.] Rd[X.]9). Eine Versorgung ist sektorenübergreifend, wenn sie ambulante und stationäre Leistungen oder aber verschiedene Untersektoren der ambulanten oder stationären Versorgung umfasst (vgl B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 27/07 R - B[X.]E 100, 52 = [X.] 4-2500 § 140d [X.], Rd[X.]7 f; B[X.] Urteil vom 15.6.2016 - [X.] [X.] 22/15 R - [X.] 4-2500 § 140d [X.] Rd[X.]9; ausführlich zum Begriff "sektorenübergreifend" auch [X.], NZS 2007, 623, 626 ff). Deshalb kann allein eine Zielbestimmung in der Präambel des [X.]es nicht maßgeblich sein (vgl zB B[X.] Urteil vom 2.11.2010 - B 1 KR 11/10 R - B[X.]E 107, 78 = [X.] 4-2500 § 140d [X.], Rd[X.]7 ff).

c) Die formulierte Rechtsfrage wäre zudem nur dann entscheidungserheblich, wenn es für die Entscheidung darauf ankäme, ob der zwischen der zu 2. beigeladenen Krankenkasse und dem [X.] e.V. geschlossene [X.] die Anforderungen an eine integrierte Versorgung erfüllt. Ausschlaggebend sind jedoch andere Gesichtspunkte: Der Senat hat bereits in einer Entscheidung vom 21.3.2018 ([X.] [X.] 31/17 R - [X.] 4-2500 § 132e [X.] Rd[X.]0) dargelegt, dass die nach § 106 [X.]B V für die Wirtschaftlichkeitsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung gebildeten Prüfgremien für einen [X.] zuständig sind, wenn die dem Regress zugrundeliegende Verordnung in den Strukturen des vertragsärztlichen Versorgungssystems durchgeführt worden ist. Wie oben ausgeführt ist das hier der Fall. Auch wenn es sich bei dem zwischen der zu 2. beigeladenen Krankenkasse und dem [X.] e.V. geschlossenen [X.] um einen rechtmäßigen [X.] zur integrierten Versorgung handeln sollte, könnte das nur Einfluss auf die Zuständigkeit der Prüfgremien für solche Leistungen haben, die Gegenstand dieses [X.]es sind und die nach dem Inhalt dieses [X.]es nicht der vertragsärztlichen Versorgung zugerechnet werden können. Für die Verordnungen, die hier Gegenstand des [X.]s sind, trifft das aus den og Gründen (vgl 1. b, [X.]; 2. b, Rd[X.]4) nicht zu. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Parteien des [X.]es nach § 140a [X.]B V seit der Einführung des § 106 [X.] 2 Satz 10 [X.]B V durch das [X.] des [X.] in der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.] - AMNOG) vom 22.12.2010 ([X.] 2262) den Prüfgremien die Zuständigkeit auch für die Prüfung ärztlicher Verordnungen übertragen können, die nicht der vertragsärztlichen Versorgung zuzurechnen sind (vgl BT-Drucks 17/2413 [X.], zu [X.]4 Buchst a).

3. [X.] beruht auf § 197a [X.] 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach tragen die Kläger die Kosten des von ihnen erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 [X.] 2 VwGO). Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keine Anträge gestellt haben (§ 162 [X.] 3 VwGO).

4. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 197a [X.] 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 63 [X.] 2 Satz 1, § 52 [X.] 1 und 3, § 47 [X.] 1 und 3 GKG und entspricht der Höhe des festgesetzten [X.]s, gegen den sich die Kläger wenden.

Meta

B 6 KA 35/19 B

13.05.2020

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Hannover, 21. September 2016, Az: S 78 KA 148/13, Urteil

§ 10 Abs 2 S 1 SGG, § 10 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG, § 12 Abs 3 S 1 SGG, § 40 S 2 SGG, § 106 Abs 4 S 1 SGB 5, § 106 Abs 4 S 2 SGB 5, § 106c Abs 1 S 1 SGB 5, § 106c Abs 1 S 2 SGB 5, § 140a Abs 1 SGB 5 vom 14.11.2003, § 140a Abs 1 SGB 5 vom 26.03.2007

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 13.05.2020, Az. B 6 KA 35/19 B (REWIS RS 2020, 2465)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2465

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