Bundessozialgericht, Urteil vom 23.06.2016, Az. B 3 KR 20/15 R

3. Senat | REWIS RS 2016, 9409

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Krankenversicherung - Fortschreibung des Hilfsmittelverzeichnisses - Voraussetzungen zur Festlegung neuer Qualitätsstandards - Streichung von Produkten (hier: wassergefüllte Produkte zur Dekubitusprophylaxe und -therapie) - Orientierung ausschließlich an der objektiven Rechtslage - kein Vertrauensschutz - Hersteller muss nachweisen, dass bereits gelistetes Produkt neu festgelegte Qualitätsanforderungen erfüllt - keine Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens - Wettbewerb - Unionsrecht - Verfassungsrecht


Leitsatz

1. Neue Qualitätsstandards dürfen im Hilfsmittelverzeichnis festgelegt werden, wenn nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zumindest wahrscheinlich ist, dass diese zur Verbesserung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der betroffenen Hilfsmittel beitragen.

2. Entscheidungen über die Streichung von Produkten aus dem Hilfsmittelverzeichnis sind ausschließlich an der objektiven Rechtslage zu orientieren; Vertrauensschutz in die Listung wird nicht gewährt.

3. Der Nachweis, dass ein bereits im Hilfsmittelverzeichnis gelistetes Produkt nach der rechtmäßigen Festlegung neuer Qualitätsanforderungen im Hilfsmittelverzeichnis diese erfüllt, obliegt allein dem Hersteller; gerichtliche Sachverständigengutachten sind nicht einzuholen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 30. April 2014 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 20 000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist die Streichung eines Hilfsmittels aus dem Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 [X.] (im Folgenden: [X.]).

2

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, dessen Gegenstand nach dem Handelsregister die Herstellung und Vermarktung von medizinischen Matratzen und Wasserbetten ist. Von Anfang 2010 bis einschließlich März 2013 war der Unternehmensgegenstand nach den Eintragungen im Handelsregister auf die Beratung über Spezialmatratzen beschränkt. Das Unternehmen bietet folgende Produkte an, die unter den angegebenen Nummern im [X.] gelistet waren:

        

Hydromed-KS/H (Gel-/Flüssigkeitsmatratze zur Dekubitusprophylaxe und -therapie),

                 

Hilfsmittelposition: 11.11.04.1000

        

Hydromed-KS (Gel-/Flüssigkeitsmatratze zur Dekubitusprophylaxe und -therapie),

                 

Hilfsmittelposition: 11.11.04.1000

        

Hydromed-Leicht (Spezialmatratze für Dekubitusprävention und -therapie),

                 

Hilfsmittelposition: 11.11.03.4025

        

Hydromed-Soft ([X.] für Zuhause und Unterwegs),

                 

Hilfsmittelposition: 11.11.03.4028.

3

Als Rechtsvorgänger des [X.]n veröffentlichten die Spitzenverbände der Krankenkassen am 20.12.2005 folgende Bekanntmachung über die Fortschreibung der Produktgruppe 11 "Hilfsmittel gegen Dekubitus" des [X.] vom 28.10.2005 im [X.]:

        

"Neue Erkenntnisse im Bereich der Hilfsmittel gegen Dekubitus haben eine grundlegende Aktualisierung der Produktgruppe 11 'Hilfsmittel gegen Dekubitus' erforderlich gemacht. Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben daher die Produktgruppe fortgeschrieben. Da eine komplett neue Einteilung der Produkte notwendig war und auch einige bisherige Produktarten nicht mehr berücksichtigt werden konnten, da keine medizinischen und pflegerischen Erkenntnisse vorliegen, die belegen, dass die Produkte als Hilfsmittel gegen Dekubitus sinnvoll und zweckdienlich sind, wurde es erforderlich, die Produktgruppe komplett neu zu erstellen."

4

Deshalb sollten alle Hersteller, die eine Aufnahme ihrer Produkte in die neue Einzelproduktübersicht anstrebten, diese neu zur Aufnahme in das [X.] anmelden und entsprechende Nachweise nach den neuen Standards vorlegen. Die bisherige Einzelproduktübersicht werde ab 1.8.2006 außer [X.] gesetzt. In der Gliederung der Produktgruppe 11 "Hilfsmittel gegen Dekubitus" sind wassergefüllte Produkte nicht mehr vorgesehen. In der Definition der Produktgruppe 11 "Hilfsmittel gegen Dekubitus" wird zu wassergefüllten Produkten ausgeführt:

        

"[X.], Wassermatratzen (Wasserbetten) und ähnliche Produkte sind zur Dekubitusprophylaxe und -therapie im häuslichen Bereich ungeeignet, da der gesamte auf dem Kissen lastende Druck ständig auf die aufliegende Haut übertragen wird, sodass die Druckbelastung immer kontinuierlich stark bleibt. Es kommt zu einer absoluten Immobilisation des Patienten. Weiterhin besteht die Gefahr von Beugekontrakturen. Auch zeigen die Produkte in der täglichen Anwendung weitere Nachteile wie Auskühlung, hohes Gewicht, Unbrauchbarkeit der Produkte auch schon bei leichten Beschädigungen usw. Eine Aufnahme in das [X.] erfolgt nicht."

        

Zu gelgefüllten Hilfen ist ausgeführt:

        

"Diese Produkte enthalten synthetische Gele und dienen der Druckverteilung sowie Stoßdämpfung (insbesondere Rollstuhlkissen). Gelgefüllte Hilfen zeigen gleiche physikalische Eigenschaften wie menschliches Fettgewebe. Es wird also ein 'künstliches Fettpolster' untergelegt und dadurch der Druck im Gewebe gemindert. Scherkräfte werden durch die Gleitfähigkeit der Gele vermindert. [X.] sind möglich, ein tiefes Einsinken des Patienten, wie zB bei [X.], tritt nicht ein."

        

Unter "Nachweis des therapeutischen Nutzens für Hilfsmittel gegen Dekubitus" ist ausgeführt, welche Unterlagen der Antragsteller zum Nachweis für den therapeutischen Nutzen des Hilfsmittels vorzulegen hat.

5

Auf dieser Grundlage war beabsichtigt, die og Produkte der Klägerin aus dem [X.] zu streichen. Hierzu wurde ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und mitgeteilt, bei [X.] sei nachgewiesen, dass der [X.] im Vergleich zu anderen Unterlagen wesentlich erhöht sei. Sie verfügten zudem über eine hohe Wärmeleitfähigkeit mit Körpertemperatur senkendem Effekt. Die hohen Scherkräfte von [X.] wirkten ungünstig auf dekubitusgefährdete Haut. Der Einsatz derartiger Produkte sei daher zur Dekubitusprophylaxe und -therapie nicht sachgemäß. Wassermatratzen führten zu einer extremen Weichlagerung. Eine ggf noch mögliche Eigenaktivität in der Lagekorrektur werde durch fehlende [X.] unterbunden. Damit bestehe die Gefahr einer immobilitätsbedingten Beugekontraktur in Hüft- und Kniegelenken und einer Veränderung des subjektiven [X.]. Aufgrund der Ausgleichbewegung des Wassers sei eine Aktivierung des Patienten nicht möglich. Daher erschwere die Wassermatratze sogar die pflegerischen Aktivitäten. Die Herausnahme der genannten Produkte aus dem [X.] beruhe auf § 48 Abs 1 SGB X (Schreiben vom 13.12.2006).

6

Die Klägerin machte geltend, bei ihren Produkten handele es sich nicht um Wassermatratzen, sondern um Hybridsysteme als Kombination Gel-/Flüssigkeits-/Schaumpolstermatratzen, für die neue Positionsnummern eingerichtet werden sollten. Die Produkte würden seit über 20 Jahren erfolgreich in medizinischen Einrichtungen eingesetzt und erfüllten alle Anforderungen. Die [X.] und die Sicherheit ergebe sich aus der [X.]. Sie habe den Systemaufbau, das Wirkprinzip und die Produkteigenschaften mitgeteilt. Eine Löschung aus dem [X.] sei unzulässig. Die Listung im [X.] sei für sie von existenzieller Bedeutung.

7

Dennoch nahmen die Spitzenverbände der Krankenkassen mit Bescheid vom [X.] die og Produkte der Klägerin aus dem [X.] heraus und hielten an dieser Entscheidung auch nach Widerspruch der Klägerin fest (Widerspruchsbescheid vom 18.6.2008). Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des [X.], Urteil des [X.] vom 30.4.2014). Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der [X.] stütze die Streichung der Produkte aus dem [X.] heute nicht mehr auf § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X sondern auf § 139 Abs 6 [X.]. Die Klägerin sei als Hersteller der umstrittenen Produkte aktiv legitimiert. Trotz zwischenzeitlicher Umfirmierung und Änderung des [X.] in eine reine Beratungsgesellschaft in der [X.] von Anfang 2010 bis April 2013 sei die Klägerin seitdem wieder Hersteller der streitgegenständlichen Produkte. Entscheidend für die Aktivlegitimation sei allein der [X.]punkt der letzten mündlichen Verhandlung und Entscheidung des Rechtsstreits. Die Entwicklung geeigneter Qualitätsstandards sei Aufgabe des [X.]n. Es sei nicht zu beanstanden, dass dieser im [X.] an seine Rechtsvorgänger und auf der Grundlage der Erkenntnisse des Medizinischen Dienstes des [X.] ([X.]) wassergefüllte Kissen und Wassermatratzen zur Dekubitusprophylaxe und -therapie ungeeignet halte. Die Klägerin habe den medizinischen Nutzen und die Qualitätsanforderungen, die über die bloße [X.] hinausgingen, nicht nachgewiesen und auch keine wissenschaftlich überprüfbaren Tatsachen vorgetragen, die den medizinischen Nutzen und die besonderen Qualitätsanforderungen der von ihr hergestellten Produkte nachvollziehbar belegen könnten. Das Verfahren zur Prüfung der Geeignetheit ihrer Produkte könne nicht auf das Gericht verlagert werden. Dieses sei nicht gehalten, ein Sachverständigengutachten zur Geeignetheit der Hilfsmittel einzuholen. [X.] der Klägerin würden dadurch nicht verletzt.

8

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision eine Verletzung des § 139 [X.]. Der [X.] habe die streitbefangenen Matratzen in seinen Prüfberichten, die ihr bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht vorgelegen hätten und zu denen sie keine Möglichkeit der Stellungnahme gehabt habe, nicht als Wassermatratzen, sondern als "Wasserteilmatratzen" und damit als neue Produktart eingeordnet. Die Matratzen zeigten aufgrund ihres besonderen Aufbaus die gleichen physikalischen Eigenschaften wie menschliches Fettgewebe und Gel. Sie habe die positiven wie die negativen Qualitätsanforderungen und die Wirkweise der Matratzen beschrieben und der [X.] habe dem nicht widersprochen. Für Wassermatratzen lägen den neu festgelegten Qualitätsanforderungen keine Studien mit hinreichendem [X.] zugrunde. Hierbei sei der gleiche Maßstab wie für die Anwendung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung anzulegen. Nach der Rechtsprechung des [X.] habe der Hersteller den therapeutischen Nutzen eines Hilfsmittels im Rahmen einer bereits eingeführten, anerkannten Behandlungsmethode nicht zu belegen.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 30. April 2014, das Urteil des [X.] vom 24. November 2011 sowie den Bescheid der [X.]n vom 28. Januar 2008 idF des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2008 aufzuheben.

Der [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Die streitigen Matratzen seien aus dem [X.] zu streichen, weil ihre Aufnahmevoraussetzungen nicht mehr erfüllt seien. Nachdem die Klägerin diese Matratzen über zwei Jahre nicht mehr produziert habe, sei bereits zweifelhaft, ob sie zum [X.]punkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem [X.] Herstellerin der streitgegenständlichen Produkte gewesen sei. Die Fortschreibung des [X.] basiere auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Mit der Neudefinition der Qualitätsanforderungen sei zugleich die Produktart der wassergefüllten Produkte weggefallen, zu denen auch die streitgegenständlichen Matratzen gehörten, deren Flüssigkeitsbehälter mit Wasser gefüllt würden. Die Zuordnung der [X.] zu dieser Produktart sei gerechtfertigt, weil sie in eine Wassermatratze umgerüstet werden könne. Sollten die umstrittenen Matratzen wegen ihrer Füllungen nicht den Wassermatratzen zuzuordnen sein, sondern als Wasserteilmatratzen ggf eine neue Produktart bilden, die erst im [X.] einzurichten sei, habe die Klägerin die erforderlichen Nachweise dafür zu erbringen, dass diese Produkte den Qualitätsanforderungen entsprechen und von adäquatem medizinischem Nutzen seien. Das gelte auch bei einer Zuordnung zu einer bereits bestehenden Produktuntergruppe wie beispielsweise den Gelprodukten. Der Gesetzgeber habe auch bei der Streichung eines Produkts aus dem [X.] allein dem Hersteller den Nachweis für das Vorliegen der Aufnahmevoraussetzungen auferlegt. Beweisanträge im Sozialgerichtsverfahren genügten dem nicht.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 [X.]). Die vom Berufungsgericht vorgenommene Festlegung des Streitgegenstandes (hierzu 1.) sowie die Feststellung der Herstellereigenschaft der Klägerin (hierzu 2.) sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Feststellungen des Berufungsgerichts reichen jedoch für eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Aufnahme der streitgegenständlichen Matratzen ins [X.] nicht aus. Soweit der [X.] bzw seine Rechtsvorgänger im Rahmen der Erstellung oder Fortschreibung des [X.] für bestimmte Hilfsmittel besondere Q[X.]litätsstandards entwickelt und im [X.] veröffentlicht haben, unterfallen alle zur Beurteilung der Erforderlichkeit dieser Q[X.]litätsanforderungen notwendigen Ermittlungen der Amtsermittlungspflicht, dh alle hierzu notwendigen Tatsachen sind vom [X.]n und im gerichtlichen Verfahren von den [X.] aufzuklären. Hieran fehlt es (hierzu 3.). Demgegenüber sind alle produktbez[X.]enen Unterlagen, aus denen sich die Voraussetzungen für die Aufnahme eines Hilfsmittels in das [X.] sowie für seinen Verbleib im [X.] ergeben, auch im Falle eines Widerrufs der [X.] und der Streichung eines Produkts aus dem [X.] allein vom Hersteller beizubringen (hierzu 4.).

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist die Streichung der oben aufgeführten Matratzen aus dem [X.] durch den Widerrufsbescheid der Rechtsvorgänger des [X.]n. Der [X.] hat bereits mit Urteil vom [X.] ([X.], 33 = [X.]-2500 § 139 [X.]) ausgeführt, dass sowohl die Bewilligung eines Eintragungsantrags durch Aufnahmebescheid, als auch die Streichung eines Hilfsmittels aus dem [X.] als Verwaltungsakte zu q[X.]lifizieren sind, gegen welche die Anfechtungsklage gegeben ist (§ 54 Abs 1 Satz 1 1. Alt [X.]). Der [X.] hat die Streichung der Matratzen aus dem [X.] im Klageverfahren nicht mehr - wie noch im Widerspruchsbescheid - auf eine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage iS von § 48 [X.], sondern auf die Regelungen des § 139 Abs 6 Satz 5 und [X.] (idF durch Art 1 [X.] des [X.] <[X.]> vom [X.], [X.]) gestützt, weil diese als speziellere Vorschriften denen des § 48 [X.] vorgehen (siehe dazu unten 3.a). Es kann dahingestellt bleiben, ob der entsprechende Schriftsatz des [X.]n ausnahmsweise als (eigenständiger) Verwaltungsakt zu q[X.]lifizieren ist, der gemäß § 96 Abs 1 [X.] Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist (vgl [X.], 33 = [X.]-2500 § 139 [X.]). Denn soweit der angefochtene Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides an einem zur formellen Rechtswidrigkeit führenden Begründungsmangel leiden sollte, wäre ein solcher Fehler nach § 41 Abs 1 [X.], Abs 2 [X.] durch die nachträgliche Begründung des [X.]n im Klageverfahren jedenfalls auch ohne eigenständigen Verwaltungsakt geheilt.

2. [X.] nicht zu beanstanden ist ferner die Feststellung der Herstellereigenschaft der Klägerin im Berufungsurteil. Nach § 139 Abs 3 Satz 1 [X.] (idF des [X.] vom [X.], [X.]) erfolgt die Aufnahme eines Hilfsmittels in das [X.] auf Antrag des Herstellers, der durch einen Verwaltungsakt zu bescheiden ist (vgl [X.], 33 = [X.]-2500 § 139 [X.]). Ein gegenüber dem Hersteller ergangener Aufnahmebescheid ist vor der Streichung eines Hilfsmittels aus dem [X.] durch Rücknahme oder Widerruf aufzuheben (§ 139 Abs 6 Satz 5, Abs 8 Satz 2 [X.]). Die Aufhebungsentscheidung hat daher ebenfalls durch Verwaltungsakt gegenüber dem Hersteller zu erfolgen. Dies gilt auch, wenn ein gelistetes Hilfsmittel inzwischen von einem anderen Hersteller produziert wird, der selbst nicht die Aufnahme beantragt hatte und nicht Adressat des Aufnahmebescheides war. Denn der Gesetzgeber hat erkennbar nur dem Hersteller ein materielles Recht in Bezug auf die Listung des von ihm hergestellten Hilfsmittels im [X.] eingeräumt. Deshalb kann auch nur der Hersteller durch eine Streichung des Hilfsmittels aus dem [X.] in seinen Rechten beeinträchtigt werden.

Zum Zeitpunkt des Widerrufs der [X.] (Bescheid vom 28.1.2008, Widerspruchsbescheid vom 18.6.2008) war die Klägerin Herstellerin der Matratzen. Nach den Eintragungen im Handelsregister war zu dieser Zeit Gegenstand des klägerischen Unternehmens die Herstellung und Vermarktung von medizinischen Matratzen und Wasserbetten. Zweifel an der Herstellereigenschaft der Klägerin ergaben sich nicht.

Grundsätzlich ist zur Beurteilung einer (reinen) Anfechtungsklage die Sach- und Rechtslage bei Erlass des streitgegenständlichen, angefochtenen Bescheides maßgeblich ([X.], zB BSG [X.]-2700 § 168 [X.] Rd[X.] 17; [X.], 289 = [X.]-4200 § 38 [X.], Rd[X.] 47), und die Klägerin richtet sich gegen den Widerruf und die Streichung der Matratzen aus dem [X.] zutreffend im Wege der Anfechtungsklage (vgl [X.], 33 = [X.]-2500 § 139 [X.]).

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Widerruf der [X.] gegenüber der Klägerin seine Erledigung gefunden hätte, wenn die Klägerin nicht mehr Herstellerin der Matratzen wäre und daher an der fortdauernden Listung im [X.] kein rechtlich geschütztes Interesse mehr geltend machen könnte. Wenn ein Kläger an der Aufhebung eines ihn ursprünglich belastenden Verwaltungsaktes kein rechtliches Interesse mehr geltend machen kann, weil sich der Verwaltungsakt iS des § 39 [X.] erledigt hat, wird die Anfechtungsklage unzulässig. [X.] kann eine Fortsetzungsfeststellungsklage weiterverfolgt werden, wenn ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsaktes besteht (vgl dazu [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl 2014, § 131 Rd[X.] 7 ff).

Für die Klägerin hat sich allerdings der Widerruf der [X.] und die Streichung der Matratzen aus dem [X.] nicht erledigt. Jedenfalls nach den Feststellungen des [X.], das sich insoweit auf die Eintragung ins Handelsregister stützt, ist Gegenstand des Unternehmens der Klägerin seit April 2013 zumindest auch wieder die Herstellung medizinischer Matratzen. Für das Revisionsverfahren ist deshalb davon auszugehen, dass die Klägerin ungeachtet einer etwaigen zeitlichen Beschränkung der Unternehmenstätigkeit auf reine Beratungsaktivitäten ihre Eigenschaft als Hersteller im Laufe des Berufungsverfahrens zumindest zurückgewonnen hat. Das stimmt mit den Angaben der Klägerin überein, sie habe die Matratzen mehrfach über die Jahre nach Hinweisen des [X.] verändern müssen, bevor sie das [X.]-Siegel bekommen habe (Schriftsatz vom 28.7.2014 [X.]). Nach dem Auftreten der Klägerin im [X.] (dort wird unter dem Namen der Klägerin angegeben: Fabrikation von medizinischen Matratzen und Wasserbetten) und aufgrund der Bezeichnung als "Hydromed"-Matratzen werden auch die Kunden von der Herstellereigenschaft der Klägerin ausgehen. Der [X.] hat demgegenüber keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich Gegenteiliges ergeben könnte; er hat weder selbst diesbezügliche Ermittlungen durchgeführt, noch einen entsprechenden Beweisantrag gestellt. Für weitere gerichtliche Ermittlungen bestand daher zumindest bisher kein Anlass. Deshalb hat der [X.] davon abgesehen, von sich aus Ermittlungen zur Herstellereigenschaft der Klägerin durchzuführen. Dazu wäre er hier berechtigt gewesen, weil das Fehlen der Herstellereigenschaft wegen des Wegfalls des [X.] für die Anfechtungsklage deren Unzulässigkeit zur Folge hätte. Prozessvoraussetzungen sind in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen, und auch das Revisionsgericht kann die dazu erforderlichen Tatsachen selbst ermitteln (vgl [X.] § 150 [X.] 18; [X.]-1500 § 158 [X.] 3; [X.] 72, 158 <163> = [X.]-1500 § 67 [X.] 7 S 21; [X.]-2600 § 210 [X.] 4). Allerdings ist der [X.] im wieder eröffneten Berufungsverfahren nicht gehindert, Zweifel an der Herstellereigenschaft der Klägerin zu substantiieren und hierzu entweder selbst weitere Ermittlungen durchzuführen oder entsprechende gerichtliche Beweiserhebungen anzuregen oder Beweisanträge zu stellen.

3. a) Rechtsgrundlage der Streichung der Produkte der Klägerin aus dem [X.] ist § 139 Abs 6 Satz 5 [X.] (idF von Art 1 [X.] und Art 2 [X.]6 Buchst a des [X.] vom [X.], [X.]), auf den der [X.] seine Entscheidung letztlich auch gestützt hat. Danach ist die Aufnahme eines Hilfsmittels in das [X.] zu widerrufen, wenn die Anforderungen nach § 139 Abs 4 [X.] nicht mehr erfüllt sind. Die Vorschrift wird durch die Pflicht zur regelmäßigen Fortschreibung des [X.] nach § 139 Abs 8 Satz 1 [X.] ergänzt, die [X.] auch die Streichung von Produkten umfasst, deren Aufnahme zurückgenommen oder nach Abs 6 Satz 5 widerrufen wurde. Durch diese Regelungen werden die Vorschriften der §§ 45 und 48 [X.] verdrängt, weil die Eintragungen im [X.] weder gegenüber den Krankenkassen noch gegenüber den Versicherten eine rechtliche Bindungswirkung entfalten. Aus diesem Grund erlangen auch die Hersteller durch die Listung ihres Produkts im [X.] keine Vertrauensschutzposition, die ausschließlich nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften der §§ 45 und 48 [X.] korrigierbar wäre (so bereits [X.], 33 = [X.]-2500 § 139 [X.]; vgl auch [X.] 119, 57 = [X.]-2500 § 34 [X.] 17). Eine objektiv rechtswidrige Listung im [X.] darf daher nicht unter [X.] aufrecht erhalten werden. Das [X.] kann seiner Funktion als Auslegungshilfe für die Praxis vielmehr nur gerecht werden, wenn es mit der objektiven Rechtslage in Einklang steht und das eingetragene Hilfsmittel insbesondere den Anforderungen aus § 33 Abs 1 und § 139 Abs 4 [X.] genügt. Dem kann nur Rechnung getragen werden, wenn das [X.] unabhängig vom Interesse eines Herstellers am Fortbestand auch unrichtiger Eintragungen der tatsächlichen Rechtslage angepasst werden kann. Das hat der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 139 Abs 6 Satz 5 und [X.] ebenso gesehen, wie der Hinweis auf die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Weiterentwicklung von Q[X.]litäts- und sonstigen Anforderungen im [X.] belegt (vgl BT-Drucks 16/3100 S 151). Es ist Aufgabe des [X.]n, ein systematisch strukturiertes [X.] einschließlich besonderer Q[X.]litätsanforderungen zu erstellen und regelmäßig fortzuschreiben. Zur Verwirklichung der objektiv-rechtlichen Funktion des [X.] hat der Gesetzgeber daher eine Rechtsgrundlage dafür geschaffen, Eintragungen im [X.] ungeachtet der ursprünglichen Verhältnisse ausschließlich an der aktuell geltenden Sach- und Rechtslage auszurichten (vgl [X.], 33 = [X.]-2500 § 139 [X.]). Maßgeblich ist also, ob die Listung der streitgegenständlichen Matratzen weiterhin in Übereinstimmung zur aktuell geltenden Sach- und Rechtslage steht.

b) Soweit der [X.] bzw seine Rechtsvorgänger für bestimmte Hilfsmittel besondere Q[X.]litätsanforderungen festgelegt haben bzw festlegen und die Streichung eines Hilfsmittels aus dem [X.] darauf gestützt wird, das Hilfsmittel erfülle diese besonderen Q[X.]litätsanforderungen nicht, ist zunächst zu prüfen, ob die besonderen Q[X.]litätsanforderungen für dieses Hilfsmittel formell und materiell rechtmäßig sind (vgl [X.] 119, 57 = [X.]-2500 § 34 [X.] 17, Rd[X.] 54 ff). Denn Hilfsmittel müssen nur solchen Q[X.]litätsanforderungen entsprechen, die in einem rechtmäßigen und transparenten Verfahren entsprechend der Ermächtigungsnorm festgelegt wurden und weiterhin rechtmäßig sind (vgl hierzu auch Wunder, Sozialrecht aktuell Sonderheft 2013, 39, 40). Insoweit ist zu beachten, dass in einem staatlich regulierten Markt ein grundrechtsrelevanter wettbewerbsverfälschender Eingriff in Betracht kommt, wenn für die Aufnahme oder den Verbleib von Produkten im [X.] Q[X.]litätsanforderungen ohne hinreichenden sachlichen Grund aufgestellt werden (vgl hierzu auch BSG [X.]-2500 § 135 [X.]2 Rd[X.]4 ff). Erst in einem zweiten Schritt ist dann zu prüfen, ob das streitgegenständliche Hilfsmittel diese Anforderungen erfüllt.

c) Rechtsgrundlage für die am 20.12.2005 im [X.] veröffentlichte Fortschreibung des [X.] zur Produktgruppe 11 "Hilfsmittel gegen Dekubitus", auf der die Streichung der streitgegenständlichen Matratzen aus dem [X.] basiert, war § 128 [X.] (idF des [X.] in der gesetzlichen Krankenversicherung - 2. [X.] vom [X.], [X.] 1520) iVm § 139 Abs 1 [X.] (idF des [X.] der gesetzlichen Krankenversicherung - [X.] vom 14.11.2003, [X.] 2190).

Nach § 128 [X.] (in der [X.] inzwischen überholten Fassung) erstellen die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam ein [X.], das regelmäßig fortzuschreiben ist und vor dessen Erstellung und Fortschreibung den Spitzenorganisationen der betroffenen Leistungserbringer und Hilfsmittelhersteller Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Das [X.] ist im [X.] bekanntzumachen. Nach § 139 Abs 1 [X.] (in der [X.] Fassung) sollen die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich zur Sicherung einer ausreichenden, zweckmäßigen, funktionsgerechten und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln für bestimmte Hilfsmittel Q[X.]litätsstandards entwickeln. Die Q[X.]litätsstandards sind im [X.] nach § 128 [X.] zu veröffentlichen.

d) Soweit die Rechtsvorgänger des [X.]n danach befugt waren zur Sicherung einer ausreichenden, zweckmäßigen, funktionsgerechten und wirtschaftlichen Hilfsmittelversorgung im [X.] Q[X.]litätsstandards für bestimmte Hilfsmittel festzulegen, ist diese (inzwischen auf den [X.]n übergegangene) Befugnis durch das [X.] vom [X.] ([X.]) zur Vermeidung von Überschneidungen mit dem Medizinprodukterecht beschränkt worden und zwar auf die Q[X.]litätsanforderungen, die zur Gewährleistung der sich aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot ergebenden Zielsetzung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung mit Hilfsmitteln erforderlich sind (BT-Drucks 16/3100 [X.]; [X.]). Dies steht im Zusammenhang mit der ebenfalls durch das [X.] erfolgten Einführung von § 139 Abs 5 [X.], nach dem für Medizinprodukte iS des § 3 [X.] 1 Medizinproduktegesetz ([X.]) der Nachweis der [X.] und der Sicherheit durch die [X.] grundsätzlich als erbracht gilt. Dadurch sollten "problematische Doppelprüfungen" im Regelfall vermieden und auf Einzelfälle aus begründetem Anlass oder im Rahmen des [X.] nach der Aufnahme der Produkte auf der Grundlage von Stichproben beschränkt werden (BT-Drucks 16/3100 [X.]; BR-Drucks 755/06 S 408).

Die in diesem Rahmen für die [X.] und das [X.] gesetzlich vorgesehenen im Vergleich zum [X.]srecht höheren nationalen Q[X.]litätsstandards für Medizinprodukte sind europarechtlich nicht zu beanstanden (so auch [X.] in: [X.]/[X.] , [X.]/A[X.], 4. Aufl 2011, Art 168 Rd[X.]2; Wunder, Sozialrecht aktuell Sonderheft 2013, 39 ff; [X.], [X.] 2006, 511, 517). Mit dem zum 1.1.1995 eingeführten [X.] ([X.] 1994, 1963) wurden die [X.]/[X.], 90/385/[X.] und 98/79/[X.] in nationales Recht umgesetzt. Das dient der Durchsetzung der durch Art 34, 56 Vertrag über die Arbeitsweise der [X.] (A[X.]) garantierten Waren- und Dienstleistungsfreiheit. Mit der Vergabe der [X.] darf das Medizinprodukt ohne weitere Einschränkungen im gesamten [X.] Wirtschaftsraum vertrieben werden. Die [X.] verbietet mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten (Art 34 A[X.]). Daraus ergibt sich jedoch für die [X.] kein unbedingtes Verbot von Anforderungen, die sich auf inländische und ausländische Produkte gleichermaßen auswirken und daher keine diskriminierende Wirkung entfalten. Bei der Tätigkeit der [X.] wird die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitik sowie für die [X.] und die medizinische Versorgung gewahrt (Art 168 Abs 7 Satz 1 A[X.]). Der [X.] hat mehrfach bestätigt, dass die Mitgliedstaaten weiterhin die Verantwortung für die Organisation ihrer Gesundheitssysteme haben (vgl zB [X.] Urteil vom 27.10.2011 - [X.]/09 - Rd[X.] 47 ff - Kommission/[X.]; [X.] Urteil vom 16.5.2006 - [X.]/04 - Rd[X.] 120 ff - [X.]). Es bedarf lediglich einer Rechtfertigung, wenn die [X.] im Binnenmarkt durch besondere Anforderungen eingeschränkt wird (vgl [X.] Urteil vom 13.1.2005 - [X.]/03 - Kommission/[X.]). Mit der [X.] kann die Sicherheit und [X.] eines Medizinproduktes nachgewiesen werden. § 139 [X.] nimmt hierauf ausdrücklich Bezug (§ 139 Abs 5 [X.]), sieht aber für die Aufnahme eines Hilfsmittels in das [X.] weitere Anforderungen vor, insbesondere den Nachweis des medizinischen Nutzens sowie der Erfüllung weiterer indikations- und einsatzbez[X.]ener besonderer Q[X.]litätsanforderungen (§ 139 Abs 4 [X.]). Solche können zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung festgelegt werden oder um eine ausreichend lange Nutzungsdauer oder in geeigneten Fällen den [X.] von Hilfsmitteln bei anderen Versicherten zu ermöglichen (§ 139 Abs 2 [X.]).

Diese Regelungen gehören zu dem in nationalstaatlicher Verantwortung liegenden Bereich der [X.] der [X.] dienenden unionsrechtlichen Standards nicht. Hierauf hat der Gesetzgeber bei der Einführung der Änderungen durch das [X.] ausdrücklich Wert gelegt (vgl BT-Drucks 16/3100 [X.] f; [X.]). Wenn in dem nunmehr gesetzlich vorgesehenen Umfang an die von der [X.] zu leistenden Hilfsmittel bestimmte Q[X.]litätsanforderungen gestellt werden, um damit insbesondere eine wirtschaftliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten, ist dies im Hinblick auf die unionsrechtlich garantierte [X.] unproblematisch. Denn nach dem [X.] werden Medizinprodukte für das Inverkehrbringen lediglich in Bezug auf den vom Hersteller angegebenen Zweck auf ihre Zwecktauglichkeit und Sicherheit überprüft. [X.] - auch vergleichende - Q[X.]litätsgesichtspunkte zum medizinischen Nutzen, zur Nutzungsdauer, zur Wiederverwendbarkeit oder ähnliche für die Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten relevanten Kriterien, bleiben im Hinblick auf das reine Inverkehrbringen unberücksichtigt. Solche Kriterien sind aber zur Aufrechterhaltung des Funktionierens des [X.] gesetzlichen Krankenversicherungssystems unerlässlich und daher der dem nationalen Gesetzgeber obliegenden [X.] zuzurechnen.

e) Der [X.] vermag jedoch nicht abschließend zu beurteilen, ob die von den Rechtsvorgängern des [X.]n am 20.12.2005 veröffentlichte bis heute gültige Fortschreibung des [X.] zur Produktgruppe 11 "Hilfsmittel gegen Dekubitus" vom 28.10.2005 den aufgezeigten gesetzlichen Vorgaben entspricht. Hierzu fehlen entsprechende Feststellungen:

aa) Dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt lässt sich nicht entnehmen, ob vor der Fortschreibung des [X.] den Spitzenorganisationen der betroffenen Leistungserbringer und Hilfsmittelhersteller Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden ist, und ob die Stellungnahmen in die Entscheidung einbez[X.]en wurden. Zwar enthält die Bekanntmachung in der Vorbemerkung einen Abdruck der vollständigen Regelung des § 128 [X.] (in der [X.] Fassung), es ist ihr jedoch nicht zu entnehmen, ob die Anhörung tatsächlich stattgefunden hat und die Stellungnahmen in die Entscheidung einbez[X.]en wurden.

bb) Die Entwicklung und Veröffentlichung von Q[X.]litätsstandards für bestimmte Hilfsmittel hat sich nach § 139 Abs 1 [X.] in der aktuell gültigen Fassung an dem Zweck der Sicherung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten zu orientieren. Dabei haben Q[X.]lität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen (§ 2 Abs 1 Satz 3 [X.]). Diese allgemeinen Grundsätze gelten auch im Bereich der Hilfsmittelversorgung. Soweit der [X.] bzw seine Rechtsvorgänger Q[X.]litätsstandards entwickelt und im [X.] veröffentlicht haben, sind diese daher nur rechtmäßig, wenn sie dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, den medizinischen Fortschritt berücksichtigen und der Sicherung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln dienen. Ohne Orientierung an diesen Kriterien würden die erstellten Q[X.]litätsstandards dazu führen, dass Hilfsmittel ohne sachlichen Grund von der Aufnahme in das [X.] oder von dem Verbleib im [X.] ausgenommen werden. Die Q[X.]litätsvorgaben könnten dann den Wettbewerb verfälschen und die Hilfsmittelhersteller im Hinblick auf die Bedeutung des [X.] für ihre wirtschaftlichen Interessen in ihren durch Art 12 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG geschützten Rechten verletzen. Werden an ein Hilfsmittel besondere Anforderungen gestellt, die an andere Hilfsmittel der Produktgruppe nicht gestellt werden, kann sich dies auf den Wettbewerb auswirken und ein "staatlicher" Eingriff in den Wettbewerb vorliegen (vgl hierzu auch BSG [X.]-2500 § 135 [X.]2 Rd[X.]4 ff).

Dem [X.]n kommt bei der Entwicklung von Q[X.]litätsvorgaben für Hilfsmittel eine relativ weite Gestaltungsfreiheit zu. Maßnahmen zur Q[X.]litätssicherung dürfen zur Reduzierung von Versorgungsrisiken auch dann getroffen werden, wenn deren Notwendigkeit noch nicht durch vergleichende Studien nach Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin belegt sind. Die mit den Q[X.]litätsanforderungen verbundenen Versorgungsvorteile sollen den Versicherten nicht erst nach Abschluss vergleichender Studien der grundsätzlich höchstmöglichen Evidenzstufe zugutekommen. Solche Maßnahmen der Q[X.]litätssicherung können daher typischerweise auf Risikoabschätzungen gestützt werden, wenn nach sachverständiger Einschätzung begründeter Anlass für die Annahme bestehen kann, dass ansonsten die nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse mögliche Versorgungssicherheit gefährdet ist. Ausreichend ist insoweit, wenn die aufgestellten Q[X.]litätsanforderungen auf einer zutreffenden Auswertung der Studienlage und einer unter Berücksichtigung der berührten Interessen vertretbaren Einschätzung beruhen, dass die Güte der Hilfsmittelversorgung durch diese Q[X.]litätsanforderungen in relevanter Weise zusätzlich gefördert werden kann (vgl [X.] 112, 15 = [X.]-2500 § 137 [X.] 1, Rd[X.] 45 f; [X.] 112, 257 = [X.]-2500 § 137 [X.]; BSG [X.]-2500 § 137 [X.]). Daher darf der [X.] Q[X.]litätsanforderungen an Hilfsmittel aufstellen bzw aufrechterhalten, deren Notwendigkeit in Bezug auf Q[X.]lität und Wirksamkeit des Hilfsmittels nach wissenschaftlichen Maßstäben lediglich wahrscheinlich ist (vgl BSG [X.]-2500 § 137 [X.] Rd[X.]8 ff). Die Herausnahme einer bestimmten Produktart aus dem [X.] kann auch darauf gestützt werden, dass der medizinische Nutzen anderer Hilfsmittel durch Studien höherer Evidenz belegt ist (vgl hierzu [X.] 119, 57 = [X.]-2500 § 34 [X.] 17). Denn auch dadurch werden Versorgungsrisiken minimiert und die Güte der Hilfsmittelversorgung gefördert.

Ob die Festlegung der besonderen Q[X.]litätsanforderungen für Hilfsmittel zur Dekubitusprophylaxe und -therapie - soweit hier von Belang - diesen Anforderungen gerecht wird, kann der [X.] nicht abschließend entscheiden. Die Rechtmäßigkeit dieser Q[X.]litätssicherungsmaßnahmen ist gerichtlich voll überprüfbar. Zwar verweist der [X.] im Revisionsverfahren hierzu auf die "Expertenstandards Dekubitusprophylaxe in der Pflege" vom Deutschen Netzwerk für Q[X.]litätsentwicklung in der Pflege (2. Aufl, Febr[X.]r 2004, [X.]) sowie auf eine Grundsatzstellungnahme des [X.] ([X.], [X.], Projektgruppe 32, Stand: Juni 2001, [X.]). Diese Unterlagen liegen aber bislang nicht vor und waren bisher nicht Gegenstand des Verfahrens. Die Klägerin hatte daher bisher noch nicht Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen, und eine gerichtliche Überprüfung auf die genannten Anforderungen hätte daher auch bei Vorliegen der Unterlagen nicht erstmals im Revisionsverfahren stattfinden können. Aus diesem Grund war die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht erforderlich.

Soweit im [X.] ausgeführt ist, bestimmte Produktarten könnten nicht mehr berücksichtigt werden, da keine medizinischen und pflegerischen Erkenntnisse vorlägen, die belegten, dass die Produkte als Hilfsmittel gegen Dekubitus sinnvoll und zweckdienlich seien, haben sich die Gerichte davon zu überzeugen, auf welcher Literaturrecherche diese Aussage beruht und ob die Aussage nachvollziehbar ist. Das Berufungsgericht wird in dem wieder eröffneten Verfahren die vom [X.]n benannten sowie ggf auch weitere Unterlagen beizuziehen haben, um auf dieser Grundlage zu prüfen, ob die festgelegten Q[X.]litätsstandards nachvollziehbar sind und die generelle, produktunabhängige Herausnahme wassergefüllter Produkte aus dem [X.] den aufgestellten Maßstäben für Q[X.]litätssicherungsmaßnahmen gerecht wird. Ausreichend wäre es insoweit, wenn der medizinische Nutzen anderer als wassergefüllter Produkte durch Studien belegt wäre, während es für wassergefüllte Produkte an gleichwertigen Studien fehlte, denn die Erstellung von Studien zu bestimmten Produkten, Produktarten oder Produktgruppen ist nicht erforderlich. Ausreichend wäre es auch, wenn nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse lediglich eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass mit wassergefüllten Produkten höhere Risiken verbunden sind oder ein geringerer medizinischer Nutzen zu erzielen ist, als mit anderen Produkten. Zur Feststellung des aktuellen Stands der wissenschaftlichen Erkenntnisse gilt der allgemeine Amtsermittlungsgrundsatz (§ 20 [X.], § 103 [X.]) ohne Einschränkungen. Das Berufungsgericht hat daher alle zu seiner Überzeugungsbildung erforderlichen Unterlagen, insbesondere Studien und Bewertungen beizuziehen und ggf ein Fachgutachten einzuholen. Dabei geht es aber nicht darum, die wissenschaftlichen Erkenntnisse durch eigene Studien zu erweitern, sondern lediglich um Nachforschungen zum aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Hierzu sind bisher keine Feststellungen getroffen worden.

4. Demgegenüber ist dem Berufungsgericht insoweit zu folgen, als alle produktbez[X.]enen Unterlagen auch im gerichtlichen Verfahren allein vom Hersteller beizubringen sind. Das ergibt sich für die Aufnahme eines Hilfsmittels ins [X.] aus § 139 Abs 4 [X.] in der bereits zum Zeitpunkt der [X.] geltenden und bis heute unverändert gebliebenen Fassung durch das[X.] vom [X.] ([X.]). Danach ist das Hilfsmittel aufzunehmen, wenn der Hersteller die [X.], die Erfüllung der Q[X.]litätsanforderungen nach § 139 Abs 2 [X.] und, soweit erforderlich, den medizinischen Nutzen nachgewiesen hat und es mit den für eine ordnungsgemäße und sichere Handhabung erforderlichen Informationen in [X.] versehen ist. Bei den streitgegenständlichen Matratzen handelt es sich um Medizinprodukte iS des § 3 [X.] 1 [X.], die über eine entsprechende [X.] verfügen. Bei Zweifeln an der [X.] und der Sicherheit der streitgegenständlichen Matratzen steht dem [X.]n daher ein Vorgehen nach § 139 Abs 5 [X.] offen. Ansonsten gilt der Nachweis der [X.] grundsätzlich als erbracht. Wortlaut und Systematik der Vorschrift zeigen, dass der Nachweis des medizinischen Nutzens - hier zur Dekubitusprophylaxe und -therapie - über die [X.] hinausgehende Anforderungen stellen kann, die ggf allein mit der [X.] noch nicht nachgewiesen sind. Gleiches gilt für die Q[X.]litätsanforderungen nach § 139 Abs 2 [X.], soweit sie rechtmäßig festgelegt wurden. Die danach erforderlichen Nachweise sind allein vom Hersteller zu erbringen.

Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für den Widerruf und die Streichung eines Hilfsmittels aus dem [X.]. Dies ergibt sich aus § 139 Abs 6 Satz 5 [X.]. Danach ist die Aufnahme zu widerrufen, wenn die Anforderungen nach § 139 Abs 4 [X.] nicht mehr erfüllt sind. Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit der Fortschreibungspflicht des [X.] nach § 139 [X.] zu lesen, der ausdrücklich auf den Widerruf der Aufnahme nach § 139 Abs 6 Satz 5 [X.] Bezug nimmt. Der Gesetzgeber hat damit ausschließlich dem Hersteller die Aufgabe zugewiesen zu den von ihm hergestellten Produkten ausreichende und nachvollziehbare Unterlagen beizubringen. Dies ist im Hinblick auf die Kenntnisse zu technischen Details und Wirkprinzipien der Produkte und unter Berücksichtigung des [X.] sachgerecht. Produktprüfungen zum Nachweis der Q[X.]litätsanforderungen oder des medizinischen Nutzens sind daher weder vom [X.]n noch von den [X.] zu verlangen. Vielmehr ist § 139 [X.] in seiner heutigen Fassung (durch das [X.] vom [X.] - [X.]) eine klare Trennung der Verantwortungsbereiche zu entnehmen. Der [X.] erstellt ein systematisches und strukturiertes [X.] und legt indikations- oder einsatzbez[X.]en besondere Q[X.]litätsanforderungen für Hilfsmittel fest, soweit dies zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung erforderlich ist, oder um eine ausreichend lange Nutzungsdauer oder in geeigneten Fällen den [X.] von Hilfsmitteln bei anderen Versicherten zu ermöglichen oder Anforderungen zur Regelung von zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringenden Leistungen. Diese Q[X.]litätsanforderungen sind produktübergreifend und gelten - bei rechtmäßiger Festsetzung - für alle Hilfsmittel in dem jeweiligen Indikations- und Einsatzbereich. Die für diese Festsetzung erforderlichen Voraussetzungen unterliegen der gerichtlichen Prüfung, für die die Grundsätze der Amtsermittlung gelten. Den Nachweis dafür, dass ein bestimmtes Produkt die so festgesetzten Q[X.]litätsanforderungen erfüllt und dem auf diese Weise spezifizierten medizinischen Nutzen gerecht wird, hat demgegenüber allein der Hersteller zu erbringen. Er trägt das Risiko unvollständiger Produktunterlagen. Nur diese Auslegung wird der Regelung des § 139 Abs 6 Satz 5 [X.] gerecht, dass die Aufnahme - auch bei Fortschreibung des [X.] - zu widerrufen ist, wenn die Anforderungen nach § 139 Abs 4 [X.] nicht mehr erfüllt sind.

Nach diesen Maßgaben fallen auch alle Darlegungs- und Beweispflichten im Zusammenhang mit der Behauptung der Klägerin, die von ihr hergestellten Matratzen seien nicht den wassergefüllten Produkten zuzuordnen, allein in ihren Verantwortungsbereich. Dazu gehört insbesondere der Nachweis, dass die Wirkprinzipien ihrer Produkte zur Dekubitusprophylaxe und -therapie im Wesentlichen nicht auf der [X.] sondern auf einem produktspezifischen Systemaufbau aus verschiedenen Materialien beruhen. Unabhängig davon, ob ihre Matratzen einer der gelisteten Produktarten zuzuordnen ist, trägt die Klägerin jedenfalls die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ihre Produkte wenigstens den gleichen medizinischen Nutzen aufweisen, wie die im [X.] gelisteten Produkte und dass sie die besonderen Q[X.]litätsanforderungen erfüllen.

5. Das [X.] wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

6. Die Festsetzung des Streitwerts für das Revisionsverfahren beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 4, § 47 Abs 1 GKG.

Meta

B 3 KR 20/15 R

23.06.2016

Bundessozialgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Hannover, 24. November 2011, Az: S 11 KR 320/08, Urteil

GKV-WSG, § 2 Abs 1 S 3 SGB 5, § 12 Abs 1 SGB 5, § 33 Abs 1 SGB 5, § 128 SGB 5 vom 23.06.1997, § 139 Abs 1 SGB 5 vom 14.11.2003, § 139 Abs 1 S 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 139 Abs 2 SGB 5 vom 26.03.2007, § 139 Abs 3 S 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 139 Abs 4 SGB 5 vom 26.03.2007, § 139 Abs 5 SGB 5 vom 26.03.2007, § 139 Abs 6 S 5 SGB 5 vom 26.03.2007, § 139 Abs 8 S 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 139 Abs 8 S 2 SGB 5 vom 26.03.2007, § 20 SGB 10, § 39 SGB 10, § 45 SGB 10, § 48 SGB 10, § 3 Nr 1 MPG, § 103 SGG, Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 34 AEUV, Art 56 AEUV, Art 168 Abs 7 S 1 AEUV, EWGRL 42/93, EWGRL 385/90, EGRL 79/98

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 23.06.2016, Az. B 3 KR 20/15 R (REWIS RS 2016, 9409)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9409

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