Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.07.2019, Az. VII ZR 266/17

7. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 5547

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Gegenstand

Qualifizierung der Regelung in Vertragsmuster des Bundes für Verträge mit Architekten als Allgemeine Geschäftsbedingung


Leitsatz

1. Allgemeine Geschäftsbedingungen, die Art, Umfang und Güte der vertraglichen Hauptleistung und der hierfür zu zahlenden Vergütung unmittelbar bestimmen (Leistungsbeschreibungen und Preisvereinbarungen), sind von der Inhaltskontrolle ausgenommen. Die Freistellung von der Inhaltskontrolle gilt jedoch nur für Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistungspflichten, d.h. den Bereich von Regelungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann.

Zu den Leistungsbestimmungen, von denen die Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit der Leistungspflichten des Architekten abhängig ist und die damit den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistungspflichten bilden, gehören sämtliche Vereinbarungen der Vertragsparteien zur Beschaffenheit der von dem Architekten zu erreichenden Planungs- und Überwachungsziele.

2. Zur Frage, ob die in Vertragsmustern des Bundes für Verträge mit Architekten vorgesehenen Regelungen

"Die Baukosten für die Baumaßnahme dürfen den Betrag von _ _ _ _ € brutto/€ netto nicht überschreiten. Die genannten Kosten umfassen die Kostengruppen 200 bis 600 nach DIN 276-1: 2008-12, soweit diese Kostengruppen in der ES-Bau/KVM-Bau/HU-Bau/AA-Bau erfasst sind."

als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren sind.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 7. November 2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist ein im Vereinsregister des [X.]          eingetragener Verein, dessen Zweck die Bündelung und Verfolgung der wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen freier Architekten ist. Nach seiner Satzung erfüllt der Verein diesen Zweck durch die (nötigenfalls gerichtliche) Durchsetzung rechtmäßiger Vertragskonditionen in [X.] von Bauherren, insbesondere der öffentlichen Hand.

2

Die Beklagte vergibt in großem Umfang Bau- und Planungsleistungen in [X.] unter Beachtung der Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des [X.]. Dieses Regelwerk umfasst unter anderem die Vertragsmuster "[X.] und Innenräume", "[X.]", "Vertrag - Tragwerksplanung" und "[X.]". Diese Verträge beschreiben in § 1 den Gegenstand des Vertrages und regeln in §§ 4 bis 6 die Leistungspflichten des Auftragnehmers. Nach § 6.1 bis § 6.5 der Vertragsbedingungen kann der Auftragnehmer für insgesamt fünf Leistungsstufen beauftragt werden, und zwar beginnend mit der Bauplanung, Entwurfsplanung und Genehmigungsplanung (Leistungsstufe 1) bis zur Objektbetreuung (Leistungsstufe 5). Leistungsstufen, die nicht schon mit Vertragsschluss beauftragt werden, können vom Auftraggeber abgerufen werden.

3

Die für die Beauftragung jeder Leistungsstufe geltenden Anforderungen, die der Auftragnehmer zu erfüllen hat, sind in § 5 der Vertragsmuster beschrieben. Unter § 5.3.1 Abs. 1 enthalten die Vertragsmuster nachfolgend wiedergegebene Regelungen über Baukosten, gegen deren Verwendung sich die Klage richtet.

4

Vertragsmuster "Objektplanung - Gebäude und Innenräume":

"Die Baukosten für die Baumaßnahme dürfen den Betrag von _ _ _ _ € brutto/€ netto nicht überschreiten. Die genannten Kosten umfassen die Kostengruppen 200 bis 600 nach [X.] 276-1: 2008-12, soweit diese Kostengruppen in der [X.]/[X.]/[X.]/[X.] erfasst sind. Der Auftragnehmer hat seine Leistungen so zu erbringen, dass diese Kostenobergrenze eingehalten wird."

5

Vertragsmuster "Fachplanung Technische Ausrüstung":

"Die Baukosten für die Baumaßnahme dürfen den Betrag von _ _ _ _ € brutto/€ netto nicht überschreiten. Die genannten Kosten umfassen die Kostengruppen 200 bis 600 nach [X.] 276-1: 2008-12, soweit diese Kostengruppen in der [X.]/[X.]/[X.]/[X.] erfasst sind. Der Auftragnehmer hat seine Leistungen bezogen auf die von ihm zu bearbeitenden Kostengruppen so zu erbringen, dass diese Kostenobergrenze eingehalten wird."

6

Vertragsmuster "Tragwerksplanung":

"Die Baukosten für die Baumaßnahme dürfen den Betrag von _ _ _ _ € brutto/€ netto nicht überschreiten. Die genannten Kosten umfassen die Kostengruppen 200 bis 600 nach [X.] 276-1: 2008-12, soweit diese Kostengruppen in der [X.]/[X.]/[X.]/[X.] erfasst sind. Der Auftragnehmer hat seine Leistungen bezogen auf die von ihm zu bearbeitenden Kostengruppen so zu erbringen, dass diese Kostenobergrenze eingehalten wird."

7

Vertragsmuster "Freianlagen":

"Die Baukosten für die Baumaßnahme dürfen den Betrag von _ _ _ _ € brutto/€ netto nicht überschreiten. Die genannten Kosten umfassen die Kostengruppen 200 bis 600 nach [X.] 276-1: 2008-12, soweit diese Kostengruppen in der [X.]/[X.]/[X.]/[X.] erfasst sind. Der Auftragnehmer hat seine Leistungen bezogen auf die von ihm zu bearbeitenden Kostengruppen so zu erbringen, dass diese Kostenobergrenze eingehalten wird."

8

Der Kläger ist der Auffassung, diese Vertragsbestimmungen führten zu einer unangemessenen Benachteiligung der Auftragnehmer und seien deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Er beantragt deshalb, der Beklagten unter Androhung gesetzlicher Ordnungsmittel zu untersagen, die Regelungen zu § 5.3.1 Abs. 1 der Vertragsmuster in Verträgen über Planungsleistungen zu verwenden oder verwenden zu lassen.

9

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die dagegen vom Kläger eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

Die vom Kläger zur Überprüfung gestellten vertraglichen Bestimmungen stellten bloße Leistungsbeschreibungen dar und seien deshalb als sogenannte essentialia negotii im Grundsatz einer inhaltlichen Rechtmäßigkeitskontrolle anhand des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen entzogen. Gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterlägen einer umfassenden Inhaltskontrolle nur solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die von Rechtsvorschriften abwichen oder diese ergänzten. Dagegen seien Vertragsbestandteile regelmäßig einer Nachprüfung entzogen, die im Rahmen der Vertragsfreiheit den Gegenstand der Hauptleistungen nach Art, Umfang und Güte beschrieben und festlegten. Der mithin zu beachtende Grundsatz, dass Leistungsbeschreibungen und frei vereinbare inhaltliche [X.] als unmittelbarer Ausdruck privatautonomen Handelns im [X.] einer rechtlichen Bewertung nicht unterworfen sein sollen, gelte im Besonderen auch für Vereinbarungen von Baukostenobergrenzen in Architekten- und sonstigen Planerverträgen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bestehe kein Zweifel daran, dass es sich bei derartigen Abreden regelmäßig um Vereinbarungen zur Beschaffenheit der beauftragten Planung handele.

Als in [X.] eingebettete Leistungsbeschreibung seien die Regelungen zu den Baukosten allerdings gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB an dem in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB normierten Transparenzgebot zu messen. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liege aber nicht vor. Insbesondere seien die Klauseln nicht deshalb intransparent, weil die Auftragnehmer über die Haftungsfolgen nicht belehrt würden. Die Klauseln ließen des Weiteren auch keinen Zweifel daran aufkommen, auf welche Baukosten sie abstellten. Der [X.] sei dabei nicht zuletzt auch aus der Sicht des Adressaten eindeutig. Das ergebe sich aus dem Hinweis auf die Kostengruppen 200 bis 600 nach [X.] 276-1: 2008-12. Schließlich seien die Klauseln deshalb transparent, weil sie eindeutig erkennen ließen, dass der Auftragnehmer seine Leistungen bezogen auf die von ihm zu bearbeitenden Kostengruppen so zu erbringen habe, dass die Kostenobergrenze eingehalten werde.

II.

Das hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

Der Kläger, der nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] berechtigt ist, Ansprüche nach § 1 [X.] geltend zu machen (1.), kann von der Beklagten nicht verlangen, die beanstandeten Regelungen zu den Baukosten in § 5.3.1 Abs. 1 der Vertragsmuster nicht mehr zu verwenden oder verwenden zu lassen. Die Regelungen sind insgesamt einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB entzogen (2. und 3.). § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Vertragsmuster unterliegen zudem keiner Transparenzkontrolle, da es sich nicht um [X.] handelt (4.). § 5.3.1 Abs. 1 Satz 3 der Vertragsmuster hält einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 BGB stand (5.).

1. Nach §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 2 [X.] stehen Ansprüche auf Unterlassung der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die nach §§ 307 bis 309 BGB unwirksam sind, rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen zu, soweit sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung im Stande sind, ihre satzungsgemäßen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen.

Diese Voraussetzungen sind bei dem Kläger erfüllt. Er ist eine juristische Person in Form eines eingetragenen Vereins (§ 21 BGB), der die beruflichen Interessen freier Architekten fördern, insbesondere rechtmäßige Vertragskonditionen in [X.] durchsetzen will. Die Klage ist deshalb von dem Satzungszweck des [X.] gedeckt, da die von der Klage in Bezug genommenen Vertragsmuster Leistungspflichten von Architekten zum Gegenstand haben. Nach den Feststellungen des [X.], auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat und die von der Revisionserwiderung nicht in Frage gestellt werden, verfügt der Kläger zudem über eine hinreichende personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung, um seine satzungsgemäßen Aufgaben zu erfüllen.

2. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Vertragsmuster bereits deshalb nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB einer Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 1 und 2, §§ 308, 309 BGB) entzogen sind, weil es sich um Regelungen über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistungspflichten des Architekten handelt.

a) Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterliegen nur Klauseln der Inhaltskontrolle, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder ergänzende Regelungen vereinbart werden. Klauseln, die Art, Umfang und Güte der vertraglichen Hauptleistung und der hierfür zu zahlenden Vergütung unmittelbar bestimmen (Leistungsbeschreibungen und Preisvereinbarungen), sind dagegen von der Inhaltskontrolle ausgenommen. Es ist nach dem im Bürgerlichen Recht geltenden Grundsatz der Privatautonomie den Vertragsparteien im Allgemeinen freigestellt, Leistung und Gegenleistung zu bestimmen. Die Freistellung von der Inhaltskontrolle gilt jedoch nur für Abreden über den unmittelbaren Leistungsgegenstand. Dagegen sind Regelungen, die die Leistungspflicht des Verwenders einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren, inhaltlich zu kontrollieren. Für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung verbleibt nur der Bereich von Regelungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen [X.] ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (st. Rspr.; siehe nur [X.], Urteil vom 5. Oktober 2017 - [X.]/17 Rn. 15 m.w.N., NJW 2018, 534).

b) Zu den [X.], von denen die Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit der Leistungspflichten des Architekten abhängig ist und die damit den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistungspflichten bilden, gehören sämtliche Vereinbarungen der Vertragsparteien zur Beschaffenheit der von dem Architekten zu erreichenden Planungs- und Überwachungsziele.

aa) Nach § 650p Abs. 1 Satz 1 BGB wird der Architekt durch einen Architektenvertrag verpflichtet, die Leistungen zu erbringen, die nach dem jeweiligen Stand der Ausführung des Bauwerks oder der Außenanlage erforderlich sind, um die zwischen den Parteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Mit dieser Formulierung wird zum Ausdruck gebracht, dass der Architektenvertrag typischerweise eine Reihe verschiedener Pflichten umfasst und zwischen dem [X.] und den Planungs- und Leistungsschritten zu unterscheiden ist (Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, BT-Drucks. 18/8486, [X.]). Die auf dieser Grundlage vom Architekten als Hauptleistung zu erfüllenden Pflichten definiert das Gesetz - anders als beispielsweise im Kauf- oder Mietrecht - nicht selbst, sondern verweist auf die Planungs- und Überwachungsziele, die die Parteien vereinbaren. Die vertragliche Vereinbarung ist damit entscheidend dafür, welche Hauptleistungspflichten der Architekt zu erfüllen hat (MünchKommBGB/[X.], 7. Aufl., § 650p Rn. 9; [X.] in [X.], [X.], 2016, [X.] Rn. 5).

bb) Für die der Privatautonomie unterliegende Beschreibung der von dem Architekten geschuldeten Hauptleistung stehen den Vertragsparteien im Grundsatz zwei Wege offen:

Die Vertragsparteien können im Zeitpunkt des Vertragsschlusses umfassend Planungs- und Überwachungsziele bestimmen und Planungs- und Leistungsschritte detailliert beschreiben. Sie können aber auch im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Planungs- und Überwachungsziele nur im Ansatz, beispielsweise unter Bezeichnung des Grundstücks und Bestimmung des Zwecks des zu errichtenden Gebäudes oder der herzustellenden Außenanlage vereinbaren (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, BT-Drucks. 18/8486, [X.]) und die weitergehend notwendige Konkretisierung der zukünftigen Planung überlassen (vgl. [X.], Urteil vom 23. April 2015 - [X.] Rn. 24, [X.]Z 205, 107).

c) Vereinbaren die Vertragsparteien - bei Vertragsschluss oder im Verlauf des Planungsprozesses - eine Baukostenobergrenze, liegt darin eine Beschaffenheitsvereinbarung der zu erreichenden Planungs- und Überwachungsziele, die der Architekt als Hauptleistungspflicht zu erfüllen hat. Nach ständiger Rechtsprechung entspricht die Planungsleistung eines Architekten nicht der vereinbarten Beschaffenheit, wenn sie ein Bauwerk oder eine Außenanlage vorsieht, dessen/deren Errichtung höhere Herstellungskosten erfordert, als sie von den Parteien des [X.] vereinbart sind. Der Architekt ist verpflichtet, die [X.] des Bestellers zu den Herstellungskosten des Bauwerks zu beachten und vereinbarte Baukostenobergrenzen einzuhalten ([X.], Urteil vom 21. März 2013 - [X.]/11 Rn. 9, [X.]Z 197, 93; Urteil vom 6. Oktober 2016 - [X.] Rn. 16, [X.], 134 = [X.], 46). Die an dieser Rechtsprechung, die auch für nach dem 31. Dezember 2017 geschlossene Verträge gilt, vereinzelt geäußerte Kritik ([X.], [X.], 131; [X.] 2015, 1729) gibt keine Veranlassung hiervon abzuweichen.

d) § 5.3.2 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Vertragsmuster bestimmen eine Baukostenobergrenze und beschreiben damit einen unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistungspflichten des Architekten. Während in § 5.3.2 Satz 1 der Vertragsmuster die nicht zu überschreitenden Baukosten betragsmäßig festgelegt werden, definiert § 5.3.2 Satz 2 der Vertragsmuster den Begriff der Baukosten unter Verweis auf die Kostengruppen 200 bis 600 [X.] 276-1: 2008-12.

3. § 5.3.1 Abs. 1 Satz 3 der Vertragsmuster ist ebenfalls nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB einer Inhaltskontrolle entzogen.

a) Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 unterliegen rechtsdeklaratorische Klauseln, die lediglich das wiedergeben, was von Rechts wegen ohnehin gilt, keiner Inhaltskontrolle. Bei rechtsdeklaratorischen Klauseln würde eine Inhaltskontrolle auf eine mittelbare Angemessenheitskontrolle des Gesetzes durch die Gerichte hinauslaufen, die mit der Gesetzesbindung der Judikative nicht zu vereinbaren wäre. Die Kontrolle müsste zudem leerlaufen, weil an die Stelle der unwirksamen Klausel gemäß § 306 Abs. 2 BGB lediglich eine inhaltsgleiche gesetzliche Bestimmung träte. Um den rechtsdeklaratorischen Charakter einer Klausel feststellen zu können, bedarf es eines Vergleichs zwischen dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt der Klausel und der für die Klauselthematik sonst geltenden rechtlichen Regelung ([X.], Urteil vom 8. Oktober 2014 - [X.] Rn. 12, [X.], 1380; Urteil vom 5. April 1984 - [X.], [X.]Z 91, 55, juris Rn. 12).

b) Durch § 5.3.1 Abs. 1 Satz 3 des Vertragsmusters wird der Auftragnehmer verpflichtet, seine Leistungen so zu erbringen, dass die Kostenobergrenze eingehalten werden kann. Nichts anderes gilt nach § 650q Abs. 1, § 633 BGB. Danach ist der Architekt verpflichtet, seine Leistung frei von Sach- und Rechtsmängeln zu erbringen. Nach § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB ist das Werk des Architekten frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Zu der vereinbarten Beschaffenheit der Leistungen des Architekten gehört, wie bereits ausgeführt, dass der Architekt die zum Vertragsinhalt gewordenen Vorgaben des Auftraggebers zu den Baukosten des Bauwerkes beachtet. Dabei ist der Architekt verpflichtet, seine Leistungen so zu erbringen, dass eine vereinbarte Baukostenobergrenze eingehalten werden kann.

Damit besteht Identität zwischen der Gesetzeslage und der in § 5.3.1 Abs. 1 Satz 3 der Vertragsmuster vorgesehenen Klausel.

4. § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Vertragsmuster unterliegen, im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Berufungsgerichts und der Revision, keiner Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 BGB. Diese Regelungen sind keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen, da sie nicht für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind.

a) Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind [X.] alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Vorformuliert sind Vertragsbedingungen, wenn sie für eine mehrfache Verwendung schriftlich aufgezeichnet oder in sonstiger Weise fixiert sind. Die Vorformulierung setzt voraus, dass die Vertragsbestimmungen nicht für den konkreten Vertragsschluss entworfen, sondern als Grundlage oder Rahmen für gleichartige Rechtsverhältnisse aufgestellt sind (vgl. [X.], Urteil vom 26. September 1996 - [X.], [X.], 123, juris Rn. 8). In diesem Sinne sind Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen bereits dann vorformuliert, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist ([X.], Urteil vom 11. Dezember 2003 - [X.], [X.], 674, juris Rn. 17 = NZBau 2004, 215).

b) Nach diesen Grundsätzen ist § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 der Vertragsmuster nicht als Allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizieren. Zwar ist trotz der Notwendigkeit, in den Vertragsbedingungen den Betrag der Baukosten einzusetzen und anzukreuzen, ob die Baukosten "brutto" oder "netto" vereinbart sein sollen, von vorformulierten Vertragsbedingungen auszugehen (vgl. [X.], Urteil vom 23. August 2016 - [X.] Rn. 9, NJW-RR 2017, 137). Die so zu vervollständigende Vertragsbedingung bezieht sich indes nicht auf eine Vielzahl von Verträgen. Sie erhält vielmehr ihren Regelungsgehalt erst durch das Einsetzen der [X.], die für das jeweilige Bauvorhaben, d.h. individuell, bestimmt wird. Damit enthält § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 der Vertragsmuster eine Vertragsbestimmung, deren Verwendung nur für diesen Vertrag beabsichtigt ist.

aa) Die Auslegung von § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 der Vertragsmuster kann der Senat selbst vornehmen. Dabei ist ausgehend von den [X.] eines rechtlich nicht vorgebildeten Auftragnehmers nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in Rede stehenden Vertragsbestimmung zu fragen (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 23. August 2018 - [X.] Rn. 16, NJW 2019, 47).

Wird das Feld für die einzusetzenden Baukosten nicht ausgefüllt, ist eine Vereinbarung über die Baukosten nach § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 der Vertragsmuster nicht zustande gekommen. Darüber hinaus verpflichtet diese Bestimmung den Auftragnehmer nicht, zu einem späteren Zeitpunkt eine Baukostenvereinbarung zu schließen. Umgekehrt enthält die Regelung keinen Verzicht des Auftraggebers auf das Recht, dem Auftragnehmer zu einem späteren Zeitpunkt die Vereinbarung über Baukosten anzubieten. § 5.3.1 der Vertragsmuster erhält daher einen Regelungsgehalt ausschließlich über die Eintragung einer [X.].

bb) Damit ist für die Beantwortung der Frage, ob diese Vertragsbestimmung für eine Vielzahl von Verträgen verwendet werden soll, eine Absicht des Auftraggebers entscheidend, die ausgefüllte Vertragsbestimmung für mindestens zwei weitere Verträge zu verwenden. Das ist zu verneinen. Die Bau-kostenobergrenze wird entsprechend den Gegebenheiten des konkret zu planenden und gegebenenfalls zu verwirklichenden Bauvorhabens und den für dieses Vorhaben verfügbaren finanziellen Mitteln festgesetzt. [X.] und Bauvorhaben bilden deshalb eine nur das konkrete Bauvorhaben betreffende, individuelle Einheit. Eine Verwendung der ausgefüllten Vertragsbedingung für einen Vertrag, der ein anderes Bauvorhaben betrifft, ist ebenso wenig vorgesehen wie eine nochmalige Verwendung für dieselbe Planungs- und/oder Überwachungsleistung bei diesem Bauvorhaben.

Darin unterscheidet sich die Vereinbarung einer Baukostenobergrenze in einem Architektenvertrag von Leistungsbeschreibungen in [X.], die Rechte und Pflichten des Vertragspartners ohne individualisierenden Bezug zum konkreten Vertragsschluss allgemein regeln und die deshalb in der Rechtsprechung als [X.] angesehen werden (vgl. nur für Klauseln eines Telekommunikationsunternehmens über Datenautomatik bei der Internetnutzung: [X.], Urteil vom 5. Oktober 2017 - [X.]/17, NJW 2018, 534; für eine Abschlussgarantie beim Neuwagenkauf: [X.], Versäumnisurteil vom 6. Juli 2011 - [X.] Rn. 16, NJW 2011, 3510; für Versicherungsbedingungen im Rahmen privater Vorsorge bei Arbeitslosigkeit: [X.], Urteil vom 24. März 1999 - [X.], [X.]Z 141, 137, juris Rn. 27).

c) § 5.3.1 Abs. 1 Satz 2 der Vertragsmuster ist ebenfalls nicht als [X.] zu qualifizieren, da diese Regelung in einem untrennbaren Zusammenhang mit § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 der Vertragsmuster steht.

aa) § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 der Vertragsmuster definiert nicht, was unter "Baukosten" zu verstehen ist. Eine solche Unklarheit führt zu erheblichen Auslegungsproblemen (vgl. [X.] in Festschrift für [X.], 2018, S. 21, 24 f.) und gegebenenfalls zur Unbestimmbarkeit und deswegen Unwirksamkeit der Baukostenvereinbarung. Deshalb ergänzt § 5.3.1 Abs. 1 Satz 2 der Vertragsmuster die Baukostenvereinbarung durch eine Definition der Baukosten unter Verweis auf die Kostengruppen 200 bis 600 [X.] 276-1: 2008-12. § 5.3.1 Abs. 1 Satz 2 der Vertragsmuster ist damit eine bloße Erläuterung von Satz 1 und hat deshalb keinen von Satz 1 zu trennenden eigenständigen Regelungsgehalt.

bb) Da § 5.3.1 Abs. 1 Satz 2 der Vertragsmuster eine ausschließlich unselbständige Ergänzung zu § 5.3.1 Abs. 1 Satz 1 der Vertragsmuster darstellt, teilt Satz 2 das rechtliche Schicksal von Satz 1 und ist deshalb ebenfalls nicht als Allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizieren (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], AGB-Recht, 12. Aufl., § 1 [X.] Rn. 21).

5. Schließlich hält § 5.3.1 Abs. 1 Satz 3 der Vertragsmuster einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 2, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB stand.

Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Abzustellen ist bei der Bewertung der Transparenz einer Vertragsklausel auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (st. Rspr.; siehe nur [X.], Urteil vom 25. Februar 2016 - [X.] Rn. 31 m.w.N., [X.] 2016, 1071 = NZBau 2016, 353).

Diesen Anforderungen entspricht § 5.3.1 Abs. 1 Satz 3 der Vertragsmuster in beiden streitgegenständlichen Ausgestaltungen. Diese Regelung weist den Architekten hinreichend klar und eindeutig darauf hin, dass er seine Leistungen im Rahmen der ihm in seinem Aufgabenbereich jeweils zugewiesenen Kostengruppen so zu erbringen hat, dass die vereinbarte Kostenobergrenze eingehalten werden kann (a.[X.]/[X.]/Kuffer/[X.], Praxishandbuch Architektenrecht, 2. Aufl., § 13 Rn. 24). Soweit die Revision ausführt, die Regelung sei intransparent, da sie die gravierenden rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen der Vereinbarung einer Kostenobergrenze nicht deutlich mache, folgt der Senat dem nicht. Dem durchschnittlichen Architekten ist klar, dass er seine Leistungen unter Wahrung der Vereinbarung mit dem Besteller zur Baukostenobergrenze zu erbringen hat und eine schuldhafte Nichtbeachtung dieser Beschaffenheitsvereinbarung zu Schadensersatzansprüchen gegen ihn führen kann. Eines gesonderten Hinweises auf diese Rechtsfolge bedarf es damit nicht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]     

      

Halfmeier     

      

Jurgeleit

      

Sacher     

      

Borris     

      

Meta

VII ZR 266/17

11.07.2019

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 7. November 2017, Az: 7 U 180/16, Urteil

§ 305 Abs 1 S 1 BGB, § 307 Abs 3 S 1 BGB, § 650p Abs 1 BGB, § 1 UKlaG, § 3 UKlaG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.07.2019, Az. VII ZR 266/17 (REWIS RS 2019, 5547)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 1125-1126 WM2019,1615 NJW 2019, 2997 REWIS RS 2019, 5547

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