Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.06.2014, Az. VII ZR 259/13

7. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4601

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Gegenstand

Revisionsverfahren: Eingeschränkte Überprüfbarkeit einer erstinstanzlichen Vertragsauslegung zur Schuldübernahme


Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision, soweit sie zulässig ist, durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen und sie im Übrigen zu verwerfen.

Gründe

1

1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Revision zur Klärung der Auslegungsfähigkeit eines mit einer Kirchengemeinde geschlossenen [X.], dessen Wirksamkeit von der schriftlichen Genehmigung der bischöflichen Behörde abhing, zugelassen. Diese Erwägung trägt keinen der im Gesetz genannten Zulassungsgründe. Die Frage, wie ein mit einer Kirchengemeinde geschlossener Vertrag, dessen Wirksamkeit von der schriftlichen Genehmigung der bischöflichen Behörde abhängt, auszulegen ist, entzieht sich allgemeiner Betrachtung und ist vom Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden.

2

2. Soweit sich die Revision dagegen wendet, dass das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nach § 311 Abs. 3, § 280 Abs. 1 BGB verneint hat, ist die Revision nicht zugelassen worden. Sie ist daher insoweit als unzulässig zu verwerfen (§ 552 Abs. 1, Abs. 2 ZPO). Entsprechendes gilt, soweit sich die Revision dagegen wendet, dass das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nach § 826 BGB unter dem Gesichtspunkt eines die Existenz der [X.] vernichtenden Eingriffs verneint hat.

3

a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kann die Zulassung der Revision auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des [X.] beschränkt werden, der Gegenstand eines Teil- oder Zwischenurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte (vgl. [X.], Beschluss vom 10. September 2009 - [X.], [X.], 105 Rn. 5; Beschluss vom 10. Februar 2011 - [X.], [X.], 354 Rn. 11; jeweils m.w.[X.]). Eine wirksame Beschränkung der Zulassung der Revision kann sich unbeschadet uneingeschränkter Zulassung im Tenor aus den Gründen des Berufungsurteils ergeben (vgl. [X.], Beschluss vom 4. April 2012 - [X.], juris Rn. 3 m.w.[X.]). Hat das Berufungsgericht die Revision wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die nur für einen Teil der entschiedenen Ansprüche von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung ergeben, dass in der Angabe dieses [X.] die Beschränkung der Zulassung der Revision auf diese Ansprüche zu sehen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 10. Februar 2011 - [X.], [X.], 354 Rn. 11; Urteil vom 20. März 2012 - [X.], juris Rn. 9 m.w.[X.]).

4

b) Die Auslegung des Berufungsurteils unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt, dass das Berufungsgericht die Revision beschränkt zugelassen hat bezüglich des vertraglichen Anspruchs auf Zahlung von [X.], resultierend aus dem von der Klägerin mit der [X.] geschlossenen Vertrag, in Verbindung mit der angeblichen Schuldübernahme seitens der [X.], resultierend aus dem von der bischöflichen Behörde genehmigten [X.], Grundstücks- und Gebäudevertrag (Anlage [X.]; fortan: [X.]). Denn die für die Zulassungsentscheidung des Berufungsgerichts ausschlaggebende Frage der Auslegungsfähigkeit eines mit einer Kirchengemeinde geschlossenen [X.], dessen Wirksamkeit von der schriftlichen Genehmigung der bischöflichen Behörde abhing, ist nur für den vertraglichen Anspruch auf Zahlung von [X.] von Bedeutung, nicht hingegen für die weiterverfolgten Schadensersatzansprüche nach § 311 Abs. 3, § 280 Abs. 1 BGB und nach § 826 BGB.

5

c) Die Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam. Die genannten Schadensersatzansprüche betreffen selbständige Teile des [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 22. November 2012 - [X.], [X.], 462 Rn. 24; Urteil vom 25. Oktober 2012 - [X.], [X.], 540 Rn. 22). Die Klägerin selbst hätte die Revision auf den vertraglichen Anspruch auf Zahlung von [X.] beschränken können.

6

3. Die Revision hat, soweit sie zulässig ist, keine Aussicht auf Erfolg. Vergeblich wendet sich die Revision gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des [X.]s. Die tatrichterliche [X.]auslegung ist revisionsrechtlich nur beschränkt auf die Verletzung von Auslegungsregeln, Denkgesetzen, [X.] und Verfahrensvorschriften überprüfbar (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 12. September 2013 - [X.], [X.], 2017 Rn. 11 = NZBau 2013, 695). Derartige Rechtsfehler zeigt die Revision nicht auf.

7

a) Der Wortlaut des § 12 des [X.]s spricht, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, eindeutig gegen eine Schuldübernahme der [X.] in Bezug auf Neuverbindlichkeiten, die die [X.] während der Laufzeit des [X.] eingegangen ist. Auf die zutreffenden Ausführungen auf Seite 12 ff. des Berufungsurteils unter [X.] 1. a) wird Bezug genommen.

8

b) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe es bei einer wörtlichen Auslegung bewenden lassen und dem Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung nicht hinreichend Rechnung getragen. Das Berufungsgericht hat sich auf Seite 14 f. des Berufungsurteils unter [X.] 1. b) mit dem Vorbringen der Klägerin zur Auslegung des [X.]s vor dem Hintergrund des Zwecks dieses [X.] befasst, aber die von der Klägerin favorisierte Auslegung abgelehnt. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass die [X.] als Betreibergesellschaft die zum Betrieb der Einrichtung gehörenden Grundstücke kostenlos nutzen durfte und dass ihr gemäß § 2 des [X.] neben den Passiva sämtliche Aktiva zum maßgeblichen Stichtag mit Ausnahme des Eigentums an den Grundstücken übertragen wurden, weshalb keine bloße Übernahme von Verbindlichkeiten seitens der [X.] vorgelegen habe. Die daran anschließende Auslegung, dass sich dem [X.] eine Schuldübernahme der [X.] in Bezug auf während der [X.]laufzeit von der [X.] eingegangene Neuverbindlichkeiten wie die verfahrensgegenständliche [X.]verbindlichkeit nicht entnehmen lässt, lässt auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der beiderseits interessengerechten Auslegung keine Rechtsfehler erkennen. Gegen die von der Klägerin favorisierte Auslegung spricht im Hinblick auf den genannten Grundsatz vielmehr, dass der [X.] bei einer Schuldübernahme in Bezug auf alle während der [X.]laufzeit von der [X.] eingegangenen Neuverbindlichkeiten ein unüberschaubares Haftungsrisiko ohne hinreichende Begrenzungsmöglichkeit auferlegt worden wäre. Dieses Risiko wird auch durch etwaige Vorteile, die mit der Eingehung mancher Neuverbindlichkeiten einhergehen mögen und der [X.] nach Beendigung des [X.] gegebenenfalls zugute kommen, nicht hinreichend kompensiert.

9

c) Ohne Erfolg macht die Revision des Weiteren geltend, die Auslegung des Berufungsgerichts sei mit dem Grundsatz unvereinbar, nach dem einer möglichen Auslegung der Vorzug zu geben ist, bei der der [X.]norm eine tatsächliche Bedeutung zukommt, wenn sich diese Regelung ansonsten als ganz oder teilweise sinnlos erweisen würde, was bei einer ausschließlich am Wortlaut orientierten Auslegung von § 12 Nr. 2 des [X.]s mindestens teilweise der Fall wäre; bei der vom Berufungsgericht vorgenommenen Auslegung von § 12 des genannten [X.] wären insbesondere die [X.]erfüllungspflichten aus den mit den Heimbewohnern abgeschlossenen neuen Verträgen bei der [X.] verblieben, obgleich dieser mit Zugang der fristlosen Kündigung sämtliche Mittel zur [X.]erfüllung entzogen gewesen seien.

Zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört allerdings, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung anzunehmen ist, eine vertragliche Regelung solle nach dem Willen der Parteien einen bestimmten rechtserheblichen Inhalt haben; deshalb ist einer möglichen Auslegung der Vorzug zu geben, bei welcher einer [X.]bestimmung eine tatsächliche Bedeutung zukommt, wenn sich diese Bestimmung ansonsten als (teilweise) sinnlos erweisen würde (vgl. [X.], Urteil vom 10. Mai 2010 - [X.], NJW 2010, 2343 Rn. 16 m.w.[X.]). Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung von § 12 Nr. 2 des [X.]s lässt indes keinen Verstoß gegen den genannten [X.] erkennen. Die genannte [X.]bestimmung erweist sich im Hinblick auf die Schuldübernahme und ihre Begrenzung auf Altverbindlichkeiten im Verhältnis der Parteien des [X.]s nicht als (teilweise) sinnlos.

d) Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge, das Berufungsgericht habe es unterlassen, mit Hilfe des von der Klägerin angebotenen Zeugenbeweises zu klären, ob § 12 des [X.]s durch die [X.]schließenden im Sinne der Klägerin gemeint gewesen sei, hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet, § 564 ZPO.

Auf die weiteren vom Berufungsgericht hilfsweise gemachten Ausführungen im Zusammenhang mit der Genehmigung seitens der bischöflichen Behörde und die hiergegen gerichteten [X.] kommt es danach nicht an.

4. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

[X.]                             Safari Chabestari                                Halfmeier

               [X.]                                           Jurgeleit

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Verwerfungsbeschluss/Zurückweisungsbeschluss erledigt worden.

Meta

VII ZR 259/13

25.06.2014

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Düsseldorf, 27. August 2013, Az: I-21 U 107/12, Urteil

§ 286 ZPO, § 546 ZPO, § 133 BGB, § 157 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.06.2014, Az. VII ZR 259/13 (REWIS RS 2014, 4601)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4601


Verfahrensgang

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Az. VII ZR 259/13

Bundesgerichtshof, VII ZR 259/13, 13.11.2014.

Bundesgerichtshof, VII ZR 259/13, 25.06.2014.


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