Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.04.2005, Az. VIII ZB 115/04

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4105

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[X.]/04
vom 13. April 2005 in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

ZPO § 520 Abs. 3

Zu den Anforderungen, die an eine Berufungsbegründungsschrift zu stellen sind, wenn das angefochtene Urteil nach Ablauf der [X.] zugestellt worden ist.

[X.], Beschluß vom 13. April 2005 - [X.]/04 - OLG Hamburg

LG Hamburg - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 13. April 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] [X.], [X.], Dr. Leimert und [X.]

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des 4. Zivilsenats des [X.] vom 30. September 2004 wird als unzulässig verworfen. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 121.694 • festgesetzt.

Gründe: [X.] Die Beklagte ist durch Urteil des [X.] vom 8. Juli 2003 zur Zahlung von 121.694 • verurteilt worden. Das Verkündungsprotokoll nebst der als Anlage beigefügten abgekürzten Ausfertigung ist der Beklagten am 10. Juli 2003 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 6. August 2003, bei Gericht eingegangen am 7. August 2003, hat die Beklagte Berufung gegen das Urteil eingelegt und erklärt, das Urteil sei am 10. Juli 2003 zugestellt worden. [X.] hat ihr das Berufungsgericht mit Schreiben vom 25. September 2003 den Hinweis erteilt, daß die Berufung gegen das am 10. Juli 2003 zugestellte Urteil - 3 - nicht fristgerecht begründet worden sei. Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2003 hat die Beklagte erwidert, bisher sei kein schriftliches Urteil zugestellt worden, so daß eine Berufungsbegründung noch nicht habe erfolgen und auch die Frist nicht habe in Gang gesetzt werden können. Am 30. Dezember 2003 ist der [X.] das vollständige Urteil zugestellt worden. Am 5. Januar 2004 hat die Beklagte (erneut) Berufung eingelegt und mit am 25. Februar 2004 eingegan-genen Schriftsatz eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Am 31. März 2004 ist die Berufungsbegründung innerhalb der bis zum 1. April 2004 verlängerten Frist bei Gericht eingegangen. Durch Beschluß vom 30. September 2004 hat das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen und ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der [X.]. I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und in formeller Hinsicht nicht zu be-anstanden (§§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 575 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Nach dieser Bestimmung ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entschei-dung des [X.] erfordert. Das ist hier nicht der Fall. Ein Zulassungsgrund ist weder hinsichtlich der Entscheidung des Berufungsgerichts über die Nichteinhaltung der Berufungsbegründungsfrist noch für die Ablehnung des [X.] der Beklagten gegeben. 1. Soweit das Berufungsgericht die Wahrung der Berufungsbegrün-dungsfrist durch die Schriftsätze der Beklagten verneint hat, vermag die - 4 - Rechtsbeschwerde eine grundsätzliche Bedeutung nicht aufzuzeigen (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Frage, welche Anforderungen an die Begründung einer Berufung zu stellen sind, ist hinreichend geklärt ([X.] vom 13. Mai 1998 - [X.] ZB 9/98, NJW-RR 1999, 211; [X.], Urteil vom 4. Juni 1986 - [X.], [X.], 58, 59; vgl. zuletzt [X.], Beschluß vom 14. März 2005 - [X.], zur Veröff. vorg., [X.]. m.w.Nachw.); dies gilt auch für Berufungs-begründungen, die sich gegen ein Urteil richten, das bis zum Ablauf der [X.] des § 517 ZPO nicht zugestellt war ([X.], Beschluß vom 15. Oktober 2003 - [X.] 102/02, NJW-RR 2004, 361). Eine Entscheidung des [X.] ist nicht zur Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Insbesondere weicht der angefochtene Beschluß nicht von der Entscheidung des XI[X.] Zivilsenats vom 15. Oktober 2003 (aaO) ab. Der XI[X.] Zivilsenat hat den Schriftsatz des Rechtsmittelführers, in dem dieser Berufung eingelegt und er-klärt hat, das verkündete Urteil sei ihm bislang ebenso wie ein Verkündigungs-protokoll "weder zugestellt noch sonst wie bekannt gegeben" worden, die [X.] der Berufung sei erforderlich, um die [X.] des § 516 ZPO a.F. zu wahren, als ausreichende Berufungsbegründung angesehen; der Senat hat ausgeführt, diese Erklärung des [X.] lasse hinreichend deutlich erkennen, daß das Urteil, welchen Inhalt es auch immer haben möge, in dem Umfang angefochten werde, in dem es ihn beschwert, um es nicht in [X.] erwachsen zu lassen. Ein vergleichbarer Sachverhalt wie derjenige, der dem Beschluß des XI[X.] Zivilsenats zugrunde liegt, ist hier nicht gegeben. Der Schriftsatz vom 6. August 2003, in dem die Beklagte erstmals Berufung eingelegt hat, enthält nicht den Hinweis auf die noch nicht erfolgte Zustellung. In dem Schriftsatz nennt die [X.] sogar das Datum der Zustellung des Urteils, das sie mit dem [X.] 5 - dungsprotokoll erhalten hatte, und ist offensichtlich davon ausgegangen, daß eine wirksame Zustellung vorlag. Als die Beklagte am 5. Januar 2004 erneut Berufung eingelegt hat, war ihr Prozeßbevollmächtigter bereits im Besitz des Urteils, das ihm am 30. Dezember 2003 (vollständig) zugestellt worden war. Er hätte deshalb innerhalb der Berufungsbegründungsfrist, die gemäß § 520 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. ZPO am 8. Dezember 2003 zu laufen begonnen hatte und am 8. Februar 2004 endete, die Berufung sachlich begründen oder [X.] einen Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist stellen können. Auch insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem vom XI[X.] [X.] entschiedenen Fall. Dort war der [X.] das Urteil erst nach Ablauf der Begründungsfrist des § 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. (jetzt § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO) zugestellt worden, und sie war deshalb außerstande, ihr Rechtsmittel in-nerhalb dieser Frist mit einer Darlegung zu begründen, die über einen Hinweis auf den Nichterhalt des Urteils und des [X.] innerhalb der [X.] hinausging. In der Berufungsschrift vom 5. Januar 2004 wird zudem nicht einmal angesprochen, daß das Urteil verspätet zugestellt worden war. Damit scheidet eine Auslegung als gleichzeitige Berufungsbegründung, mit der der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 6 ZPO (§ 551 Nr. 7 ZPO a.F.) geltend gemacht wird, von vornherein aus. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kann auch aus einem Zu-sammenhang der Berufungsschrift vom 5. Januar 2004 mit dem vorherigen Schriftsatz der Beklagten vom 1. Oktober 2003 eine ordnungsgemäße [X.] nicht hergeleitet werden. Der Schriftsatz vom 1. Oktober 2003 enthält lediglich die Mitteilung, das schriftliche Urteil sei bisher nicht zugestellt worden, so daß eine Berufungsbegründung "leider noch nicht erfolgen und auch die Frist nicht in Gang gesetzt werden" könne. Davon abgesehen hat sich die Beklagte in der Berufungsschrift vom 5. Januar 2004 nicht auf den Schriftsatz vom 1. Oktober 2003 bezogen. Die [X.] vom 6. August 2003 - 6 - und vom 5. Januar 2004 können daher selbst bei großzügiger Auslegung nicht als Berufungsbegründung verstanden werden, weil sie nicht einmal [X.] zu erkennen geben, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil angefochten werden soll (vgl. [X.], Beschluß vom 15. Oktober 2003 aaO). 2. Auch soweit das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen hat, fehlt es an einem Zulassungsgrund im Sinne des § 574 Abs. 2 ZPO. Zutreffend führt das Berufungsgericht aus, der Umstand, daß für die Berechnung der Frist zur Berufungsbegründung auf den Tag der Zustellung des vollständigen Urteils, den 30. Dezember 2003, statt nach § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO auf den Ablauf der [X.] abgestellt worden sei, könne nicht damit entschuldigt werden (vgl. §§ 233, 85 Abs. 2 ZPO), daß das anwaltliche Versehen durch die Nichteinhaltung der [X.] seitens des erstinstanzlichen Gerichts veranlaßt worden sei. Bei einer solchen Prozeß-lage ergeben sich nach früherem wie nach jetzigem Verfahrensrecht (§ 517 ZPO, § 516 ZPO a.F.) bereits Besonderheiten für die Berechnung der Beru-fungsfrist, die dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten bekannt sein [X.]. Auch eine Beachtung der am 1. Januar 2002 in [X.] getretenen neuen Vorschrift des § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO, wonach die Frist zur [X.] anders als nach der Vorgängerbestimmung des § 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. nicht von dem Datum der Berufungseinlegung abhängig war und [X.] mit dem Ende der [X.] seit Verkündung des Urteils zu lau-fen begann, konnte von ihm erwartet werden. Die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Berufungsgericht hätte zur Wah-rung eines Anspruchs der Beklagten auf ein faires Verfahren ihren Prozeßbe-vollmächtigten auf seinen "erkennbaren Fristberechnungsirrtum" hinweisen müssen, ist nicht berechtigt. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde deu-tete die Erklärung der Beklagten in dem Schriftsatz vom 5. Januar 2004, das - 7 - Urteil sei am 30. Dezember 2003 zugestellt worden und die Berufungsbegrün-dung bleibe einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten - anders als in dem dem [X.] vom 11. Februar 1998 ([X.] ZB 50/97, NJW 1998, 2291) zugrundeliegenden Sachverhalt - nicht auf eine offensichtliche Fehlvorstellung hin. Für das Berufungsgericht war nicht erkennbar, daß die Beklagte etwa da-von ausgegangen wäre, die Frist zur Begründung der Berufung werde durch diese Zustellung in Lauf gesetzt. Vielmehr war die Äußerung der Beklagten als Mitteilung zu verstehen, daß das Urteil, über dessen Zustellung es zuvor einen Schriftwechsel des Gerichts mit der Beklagten gegeben hatte, nunmehr (end-lich) zugestellt war. Die von der Rechtsbeschwerde erhobene Rüge, das [X.] habe seine Hinweispflicht und seine richterliche Fürsorgepflicht verletzt, greift daher nicht durch. Der Umstand schließlich, daß die frühere [X.] des Berufungsgerichts dem nach Ablauf der Berufungsbegründungs-frist gestellten Antrag der Beklagten stattgegeben und die Frist - ohne Rechts-wirkung ([X.] 116, 377) - verlängert hatte, hat sich auf das Fristversäumnis nicht ausgewirkt. [X.] Dr. [X.] [X.]

Dr. Leimert [X.]

Meta

VIII ZB 115/04

13.04.2005

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.04.2005, Az. VIII ZB 115/04 (REWIS RS 2005, 4105)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4105

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