Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.12.2016, Az. IX ZR 113/15

9. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 642

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Gegenstand

Gläubigeranfechtung bei teilweise unentgeltlicher Leistung: Duldungsanspruch des Anfechtungsgläubigers in die Zwangsvollstreckung; bevorzugte Befriedigung des Anspruchs des gutgläubigen Empfängers auf Rückgewähr der Gegenleistung aus dem Verwertungserlös


Leitsatz

1. Der Anfechtungsgläubiger hat gegen den Empfänger einer teils entgeltlichen, teils unentgeltlichen Leistung des Schuldners einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den zugewandten Gegenstand.

2. Der gutgläubige Empfänger einer teils entgeltlichen, teils unentgeltlichen Leistung, der eine Gegenleistung erbracht hat, kann bevorzugte Befriedigung seines Anspruchs auf Rückgewähr der Gegenleistung aus dem Verwertungserlös verlangen.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 14. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 27. März 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte nach den Vorschriften des Anfechtungsgesetzes auf Duldung der Zwangsvollstreckung in die im Antrag näher bezeichneten Eigentumswohnungen in Anspruch. Im Jahre 2008 kaufte der Kläger von der [X.], 11 B.     GmbH (fortan: Schuldnerin) eine Wohnung zum Preis von 87.575,70 €. Im Jahre 2010 erhob der Kläger ebenso wie drei weitere Käufer gegen die Schuldnerin Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages. Einige Monate später verkaufte die Schuldnerin 80 Wohnungen an die Beklagte. Mit Urteil vom 30. Mai 2011 wurde die Schuldnerin verurteilt, an den Kläger 100.482,27 € nebst Zinsen zu zahlen. Das Urteil wurde rechtskräftig.

2

Der Kläger hat behauptet, die Schuldnerin habe die Wohnungen deutlich unter Wert verkauft. Der Kaufpreis sei nicht bezahlt worden. In einem der Parallelverfahren sei die Zwangsvollstreckung erfolglos geblieben. Die Beklagte habe von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und deren Gläubigerbenachteiligungsabsicht gewusst. In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Wohnungseigentum weiter. Hilfsweise beantragt er, die Beklagte unter Aufhebung des Berufungsurteils zur Zahlung von 109.878 € nebst Zinsen sowie weiterer 2.924,07 € zu verurteilen. Dazu behauptet er, das Wohnungseigentum sei mit Vertrag vom 22. Oktober 2015 an die [X.] verkauft; diese sei zwischenzeitlich als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden. Die Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Erklärung abgegeben.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

4

Das Berufungsgericht hat gemeint, die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Duldung der Zwangsvollstreckung nach dem Anfechtungsgesetz seien nicht erfüllt. Der Kläger habe nicht hinreichend dargelegt, dass eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Schuldnerin erfolglos gewesen sei oder sein werde. Die vorgelegten Unterlagen beträfen einzelne [X.]; ein auch nur annähernder Überblick über die wirtschaftliche Situation der Schuldnerin könne daraus jedoch nicht gewonnen werden. Es fehle auch an einem Anfechtungsgrund. Soweit der Kläger eine teilweise unentgeltliche Leistung behaupte, komme nur ein Ausgleich in Höhe des bei der Preisbildung nicht ausgeglichenen Wertteils in Betracht. Duldung der Zwangsvollstreckung könne hingegen nicht verlangt werden. Hinsichtlich einer Vorsatzanfechtung habe der Kläger nicht ausreichend zur drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin vorgetragen. Es fehle eine Liquidationsbilanz. Umstände, aus denen die Beklagte auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit hätte schließen können, seien weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Das gelte insbesondere für die Grundschulden und für die Rechtsstreitigkeiten der Schuldnerin.

II.

5

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

6

1. Mit der Begründung des Berufungsgerichts lässt sich die Anfechtungsvoraussetzung der Unzulänglichkeit des [X.] (§ 2 [X.]) nicht verneinen.

7

a) Nach § 2 [X.] ist ein Gläubiger, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, dann zur Anfechtung berechtigt, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen ist, dass sie nicht dazu führen würde. Die mutmaßliche Erfolglosigkeit der Zwangsvollstreckung ist kein reales Geschehen, sondern eine Prognose. Der Kläger kann den ihm insoweit obliegenden Nachweis führen, indem er Beweisanzeichen (Indizien) darlegt und gemäß § 286 ZPO zur vollen Überzeugung des Gerichts beweist, die den Schluss auf einen negativen Ausgang eines Vollstreckungsversuchs zulassen ([X.], Urteil vom 8. Dezember 2011 - [X.], [X.], 1217 Rn. 33; [X.], [X.], § 2 [X.]. 26). Der Misserfolg der Vollstreckung muss wahrscheinlicher sein als der Erfolg. Ob dies der Fall ist, ist nach § 287 ZPO zu beurteilen (MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 2 Rn. 71).

8

b) Der Kläger hat nicht behauptet, selbst die Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Schuldnerin betrieben zu haben. Er hat jedoch tatsächliche Umstände dargelegt, welche die Prognose tragen könnten, dass eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Schuldnerin aller Wahrscheinlichkeit nach erfolglos bleiben würde. Nach dem Vorbringen des [X.] hat ein weiterer Gläubiger wegen einer titulierten Forderung von 131.728,60 € vergeblich die Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Schuldnerin betrieben. Fruchtlose [X.] anderer Gläubiger können Beweisanzeichen dafür sein, dass auch eine vom [X.] veranlasste Zwangsvollstreckung erfolglos bleiben würde ([X.], Urteil vom 27. September 1990 - [X.], [X.], 1981, 1982; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 2 Rn. 73). Der Kläger hat weiter ein Vollstreckungsprotokoll vorgelegt, nach welchem der Geschäftsführer der Schuldnerin erklärt hat, zur Begleichung der Forderung von 131.728,60 € in bar nicht in der Lage zu sein. Aussagen des Schuldners selbst kommen ebenfalls als Beweisanzeichen in Betracht ([X.], Urteil vom 27. September 1990, aaO; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, aaO). Nunmehr wäre zu prüfen gewesen, ob diese Beweisanzeichen die Prognose tragen, dass auch eine vom Kläger wegen seiner Forderung betriebene Zwangsvollstreckung vergeblich sein würde.

9

c) Die Würdigung des angebotenen Indizienbeweises hat das Berufungsgericht zu Unrecht unterlassen. Es hat gemeint, der Vortrag des [X.] sei insgesamt unerheblich, weil damit kein auch nur annähernder Überblick über die wirtschaftliche Situation der Schuldnerin insgesamt gewonnen werden könne. Einen solchen verlangt § 2 [X.] jedoch nicht. Es kommt nur auf die voraussichtliche Erfolglosigkeit einer Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners an. Die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (vgl. § 17 [X.]) braucht nicht nachgewiesen und festgestellt zu werden. Ob der Schuldner überschuldet ist (vgl. § 19 [X.]), ist ebenfalls unerheblich (MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 2 Rn. 56; [X.], [X.], 11. Aufl., § 2 Rn. 21 f). Die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des [X.] ist bereits dann eröffnet, wenn eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners erfolglos war oder voraussichtlich erfolglos bleiben würde.

2. Die Begründung, mit welcher das Berufungsgericht den Anfechtungsgrund der unentgeltlichen Leistung gemäß § 4 Abs. 1 [X.] verneint hat, trifft ebenfalls nicht zu. Rechtsfolge einer Anfechtung nach § 4 Abs. 1 [X.] ist grundsätzlich auch dann die Pflicht zur Duldung der Zwangsvollstreckung in den übertragenen Vermögensgegenstand, wenn die Leistung des Schuldners nur teilweise unentgeltlich war.

a) Nach § 4 Abs. 1 [X.] ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners anfechtbar, wenn sie nicht früher als vier Jahre vor der Anfechtung vorgenommen worden ist. Unentgeltlich ist eine Leistung dann, wenn der Erwerb des Empfängers in seiner Endgültigkeit vereinbarungsgemäß nicht von einer ausgleichenden Zuwendung abhängt (MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 4 Rn. 20; vgl. auch [X.], Urteil vom 25. Juni 1992 - [X.], [X.], 2421, 2422 zu § 3 [X.] a.F.; vom 1. April 2004 - [X.], [X.], 376, 378 zu § 32 Nr. 1 KO). Ob eine ausgleichende Gegenleistung vereinbart worden ist, ist grundsätzlich objektiv zu bestimmen. Die Unentgeltlichkeit braucht also nicht vereinbart worden zu sein ([X.], Urteil vom 28. Februar 1991 - [X.], [X.]Z 113, 393, 396; vom 15. September 2016 - [X.], [X.], 2312 Rn. 21 zu § 134 [X.]). Haben die Beteiligten eine Gegenleistung vereinbart, ist jedoch zu prüfen, ob sie die Gegenleistung als Entgelt angesehen haben oder ob mit der Leistung ganz oder teilweise Freigebigkeit bezweckt war ([X.], Urteil vom 28. Februar 1991, aaO S. 397; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 4 Rn. 30). Hinsichtlich der Bewertung der beiderseitigen Leistungen steht den Beteiligten ein Bewertungsspielraum zu ([X.], Urteil vom 13. März 1978 - [X.], [X.]Z 71, 61, 66 zu § 32 Nr. 2 KO; vgl. auch [X.], Urteil vom 15. September 2016, aaO Rn. 22 zu § 134 [X.]). Eine teilweise unentgeltliche Leistung unterliegt der Anfechtung insoweit, als deren Wert denjenigen der Gegenleistung übersteigt und die Vertragsparteien den ihnen zustehenden Bewertungsspielraum überschritten haben ([X.], Urteil vom 1. April 2004 - [X.], [X.], 376, 378 zu § 32 Nr. 1 KO; HK-[X.]/[X.], 8. Aufl., § 134 Rn. 14). Da jegliche Feststellungen zum Wert der veräußerten Wohnungen fehlen, ist entsprechend dem Vortrag des [X.] von einem den zwischen der Schuldnerin und der Beklagten vereinbarten Kaufpreis weit übersteigenden Wert der Wohnungen auszugehen.

b) Die erfolgreiche Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz verpflichtet den [X.] dazu, dasjenige, was aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben worden ist, dem Gläubiger zur Verfügung zu stellen, soweit es zu dessen Befriedigung erforderlich ist (§ 11 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Der [X.] hat die Zwangsvollstreckung in den Vermögensgegenstand zu dulden. Der Empfänger einer nach § 4 Abs. 1 [X.] angefochtenen unentgeltlichen Leistung hat diese nur zur Verfügung zu stellen, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muss, dass die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligte (§ 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 [X.]).

c) Diese Grundsätze gelten auch für den Empfänger einer nur teilweise unentgeltlichen Leistung.

aa) Das Anfechtungsgesetz enthält keine besonderen Vorschriften für die Rechtsfolgen der Anfechtung einer teils entgeltlichen, teils unentgeltlichen Leistung. Folgerichtig hat der [X.] in früheren Entscheidungen die Vorschriften der §§ 11, 12 [X.] ohne weitere Begründung angewandt (vgl. etwa [X.], Urteil vom 18. Mai 2000 - [X.], [X.], 468, 469 f unter [X.] zu § 3 Abs. 1 Nr. 4, § 7 [X.] a.F.). Ist die Leistung des Schuldners teilbar, kann die Anfechtung auf den unentgeltlichen Teil der Leistung beschränkt werden mit der Folge, dass der [X.] nur insoweit die Zwangsvollstreckung zu dulden hat ([X.], Urteil vom 25. Juni 1992 - [X.], [X.], 2421, 2423 zu § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] a.F.; vom 2. April 1998 - [X.], [X.], 1037, 1041 zu § 32 Nr. 1 KO; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 4 Rn. 64). Eine unteilbare Leistung des Schuldners ist grundsätzlich insgesamt anfechtbar.

bb) In der Kommentarliteratur wird allerdings vertreten, dass Rechtsfolge der Anfechtung einer teils entgeltlichen, teils unentgeltlichen Leistung nur ein Anspruch auf Zahlung des [X.] sei (MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 4 Rn. 64). Der Empfänger einer teilweise unentgeltlichen Leistung soll danach von vornherein nur zu Wertersatz in Höhe des unentgeltlichen Teils der empfangenen Leistung verpflichtet sein, auch dann also, wenn ihm die Erfüllung des [X.]s gemäß § 11 [X.] - der Duldung der Zwangsvollstreckung in den empfangenen Gegenstand - möglich ist.

cc) Dieser Ansicht, welche insbesondere den Interessen des [X.] Rechnung trägt, den anfechtbar erlangten Vermögensgegenstand zu behalten, vermag sich der [X.] jedoch nicht anzuschließen. Der Schutz des [X.] verlangt im Fall der Anfechtung einer teils entgeltlichen, teils unentgeltlichen Leistung keine Einschränkung der gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolge des § 11 [X.].

(1) Die Vorschrift des § 11 [X.] enthält in Absatz 2 eine Sonderregelung für den gutgläubigen Empfänger einer unentgeltlichen Leistung. Dieser hat die Leistung nur insoweit zur Verfügung zu stellen, als er durch sie bereichert ist. Der Schutz des [X.] wird also durch eine Beschränkung des [X.] erreicht. Eine andere Rechtsfolge als die Pflicht zur Duldung der Zwangsvollstreckung sieht die Vorschrift dagegen nicht vor. Auch der vom Gesetz als grundsätzlich schutzwürdig angesehene gutgläubige Empfänger einer unentgeltlichen Leistung bleibt also einem auf Duldung der Zwangsvollstreckung gerichteten Anfechtungsanspruch ausgesetzt. Sein mögliches Interesse daran, den anfechtbar erlangten Gegenstand behalten zu dürfen, wird nicht geschützt.

(2) Nichts anderes gilt im Falle der Anfechtung einer teils entgeltlichen, teils unentgeltlichen Leistung. Der Empfänger einer solchen Leistung unterscheidet sich von demjenigen einer insgesamt unentgeltlichen Leistung nur insoweit, als er eine den Wert der Leistung des Schuldners deutlich unterschreitende Gegenleistung zu erbringen hat. [X.] er im [X.] nach, die Gegenleistung erbracht zu haben (vgl. [X.], Urteil vom 17. Dezember 2009 - [X.], [X.], 295 Rn. 17 zu § 143 [X.]; vom 27. Oktober 2016 - [X.], [X.], 2319 Rn. 11 zu § 143 [X.]; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 11 Rn.151), kann er gemäß § 11 Abs. 2 [X.] insoweit Entreicherung einwenden, wenn er nicht - was der [X.] zu beweisen hat (MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 11 Rn. 152) - wegen Unredlichkeit oder Rechtshängigkeit verschärft haftet.

(3) [X.] gibt es mehrere Möglichkeiten, dem [X.] des gutgläubigen Empfängers einer teilweise unentgeltlichen Leistung Rechnung zu tragen, ohne den [X.] auf einen Anspruch auf Zahlung des [X.] zu beschränken. Der [X.], der bereit und in der Lage ist, die Gegenleistung aus seinem eigenen Vermögen zurück zu gewähren, kann auf eine Verurteilung des [X.] zur Duldung der Zwangsvollstreckung Zug um Zug gegen Zahlung des entsprechenden Betrages antragen. Stellt der [X.] keinen Zug-um-Zug-Antrag, ist der [X.] unbedingt zur Duldung der Zwangsvollstreckung in den anfechtbar übertragenen Gegenstand zu verurteilen. Die Verurteilung ist jedoch dahingehend einzuschränken, dass sich der [X.] nur nachrangig, nach [X.] der Gegenleistung an den [X.], aus dem Erlös der Zwangsvollstreckung befriedigen darf. Dem Interesse des [X.]s an einer Zwangsvollstreckung in den anfechtbar übertragenen Gegenstand wird mit dieser Lösung ebenso Rechnung getragen wie demjenigen des [X.] daran, die Gegenleistung zurück zu erhalten. Zugleich wird der Anspruch des [X.]s im wirtschaftlichen Ergebnis auf denjenigen Teil der Leistung beschränkt, dem keine Gegenleistung des [X.] gegenüber stand.

dd) Die Beschränkung der Anfechtung einer teils entgeltlichen, teils unentgeltlichen Leistung auf Wertersatz würde die prozessuale Lage des [X.]s demgegenüber insbesondere dann erheblich verschlechtern, wenn die Leistung auch nach anderen Tatbeständen als demjenigen des § 4 [X.], etwa auch nach § 3 [X.] anfechtbar wäre. Der [X.] könnte dann nämlich nicht einheitlich auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den anfechtbar übertragenen Gegenstand antragen, sondern müsste zwei gesonderte Anträge auf Ausgleich der Wertdifferenz einerseits, auf Duldung der Zwangsvollstreckung andererseits stellen. [X.] bestimmt (vgl. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) wäre die Klage dann nur, wenn die Reihenfolge mitgeteilt würde, in welcher die Anträge gestellt werden sollen. Es müsste ein Haupt- und Hilfsverhältnis gebildet werden.

Warum die Verfolgung eines etwa auf § 3 [X.] gestützten Anspruchs erschwert werden sollte, wenn außerdem eine Anfechtbarkeit nach § 4 [X.] in Betracht kommt, ist jedoch nicht ersichtlich. Die den Empfänger einer unentgeltlichen Leistung betreffende Schutzvorschrift des § 11 Abs. 2 [X.] gilt ausschließlich für eine Anfechtung nach § 4 [X.]. Sie ist nicht anwendbar, wenn und soweit die Leistung auch nach anderen Vorschriften als § 4 [X.] anfechtbar ist (MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 11 Rn. 136; [X.], [X.], 11. Aufl., § 11 Rn. 47). Ist der Empfänger einer nur teilweise unentgeltlichen Leistung, welche den Tatbestand des § 4 [X.] erfüllt, wegen seiner Gegenleistung auf den [X.] nach § 11 Abs. 2 [X.] beschränkt, braucht der Anfechtungskläger insgesamt nur einen Antrag auf Duldung der Zwangsvollstreckung zu stellen. Er kann diesen Antrag auf alle Anfechtungstatbestände des [X.] stützen und zu allen Anfechtungstatbeständen vortragen, ohne sich auf einen Tatbestand festlegen oder dem Gericht eine Reihenfolge vorgeben zu müssen. Das gilt auch für eine auf eine nur teilweise unentgeltliche Leistung gestützte Anfechtungsklage; denn die Anordnung der vorrangigen Befriedigung des [X.] aus dem [X.] schränkt den auf Duldung der Zwangsvollstreckung gerichteten Klageantrag ein, ändert ihn aber nicht. Die Klage ist begründet, wenn die Voraussetzungen auch nur eines der in Betracht kommenden Anfechtungstatbestände erfüllt sind. Wird die vorrangige Befriedigung des [X.] aus dem Erlös der Zwangsvollstreckung angeordnet, liegt darin ein teilweises Unterliegen des [X.]s, welches sich häufig in einer Kostenquote (§ 92 Abs. 1 ZPO) widerspiegeln wird; zu einer Verdoppelung (oder Vervielfachung) des Prozessrisikos des [X.]s kommt es jedoch nicht.

III.

Das angefochtene Urteil kann deshalb keinen Bestand haben. Es wird aufgehoben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache wird zur neuen Verhandlung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der [X.] weist auf folgende rechtliche Gesichtspunkte hin:

1. Soweit sich nach der Zurückverweisung herausstellen sollte, dass die Wohnungen, in welche der Kläger vollstrecken wollte, zwischenzeitlich veräußert worden sind, kann der Kläger nur noch Wertersatz verlangen, nicht mehr Duldung der Zwangsvollstreckung. Gemäß § 264 Nr. 2 und 3 ZPO handelt es sich nicht um eine nur unter den Voraussetzungen des § 533 ZPO zulässige Klageänderung. Der [X.] hat bereits entschieden, dass der Übergang vom [X.] zum [X.] nur eine Beschränkung des [X.] darstellt, der gemäß § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen ist ([X.], Urteil vom 17. Juli 2008 - [X.], [X.], 633 Rn. 17). Gleiches gilt für den umgekehrten Fall des Übergangs vom Primär- zum [X.] (MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 13 Rn. 49).

2. Das Berufungsgericht wird die Voraussetzungen des geltend gemachten, auf die Anfechtungstatbestände des § 3 Abs. 1 [X.] und des § 4 Abs. 1 [X.] gestützten Anfechtungsanspruchs neu zu prüfen haben. Hinsichtlich des [X.] der vorsätzlichen Benachteiligung gemäß § 3 Abs. 1 [X.] wird darauf hingewiesen, dass vom [X.] unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die Vorlage einer Liquiditätsbilanz des Schuldners gefordert werden kann.

Kayser                             Lohmann                        Pape

              Schoppmeyer                         Meyberg

Meta

IX ZR 113/15

15.12.2016

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 27. März 2015, Az: 14 U 63/13

§ 4 Abs 1 AnfG, § 11 Abs 2 AnfG, § 12 AnfG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.12.2016, Az. IX ZR 113/15 (REWIS RS 2016, 642)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 1035 WM 2017, 188 REWIS RS 2016, 642

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