Bundessozialgericht, Urteil vom 30.08.2018, Az. B 11 AL 2/18 R

11. Senat | REWIS RS 2018, 4272

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 23. Januar 2018 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt [X.] für den Zeitraum vom 1.7.2014 bis 7.7.2014. Streitig ist, ob der Anspruch auf [X.] wegen des Eintritts einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung geruht hat.

2

Der Kläger war seit Mai 2011 in einem zuletzt bis zum [X.] befristeten Arbeitsverhältnis als Produktionsmitarbeiter bei der [X.] beschäftigt. Nachdem er sich am 30.5.2014 bei der beklagten [X.] ([X.]) arbeitsuchend gemeldet hatte, bewilligte die Beklagte für den Zeitraum vom [X.] bis 29.6.2015 [X.] und stellte den "Eintritt einer Sperrzeit vom 1. Juli 2014 bis 7. Juli 2014" fest (Bescheide vom 19.8.2014; Widerspruchsbescheid vom 30.9.2014).

3

Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen (Urteil vom 23.1.2018). Der Kläger habe in dem Zeitraum vom 1.7.2014 bis 7.7.2014 keinen Anspruch auf [X.], weil eine einwöchige Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung eingetreten sei. Ein das versicherungswidrige Verhalten ausschließender wichtiger Grund sei nicht ersichtlich. Eine als wichtiger Grund bzw als verschuldensausschließender Umstand zu bewertende vollständige Unkenntnis vom Bestand einer Meldeobliegenheit sei weder im Anhörungsverfahren bzw weiteren Verwaltungs- und Klageverfahren vorgetragen noch - unter Berücksichtigung einer früheren mehr als eineinhalb Jahre dauernden Arbeitslosigkeit - aus den Umständen ersichtlich. Die von dem Kläger vorgetragene irrtümliche Annahme, der Meldeobliegenheit aufgrund der Unsicherheit der Beendigung der Beschäftigung bzw der erwarteten Weiterbeschäftigung erst ab dem Zeitpunkt einer wahrscheinlichen Beendigung zu unterfallen bzw die Meldung bis dahin für nicht sinnvoll gehalten zu haben, zeige seine grundsätzliche Kenntnis von deren Erforderlichkeit. Eine unzutreffende Bewertung schließe ein Verschulden nicht aus. Unter Berücksichtigung des maßgeblichen subjektiven Fahrlässigkeitsbegriffs zur Vermeidung einer insoweit ausreichenden leichten Fahrlässigkeit sei jedenfalls unter Berücksichtigung einer gebotenen Parallelbewertung in der [X.] eine klarstellende rechtliche Nachfrage, zB bei der [X.], erforderlich, geboten und zumutbar gewesen. Das für den Beginn der Sperrzeit maßgebliche sperrzeitbegründende Ereignis iS des § 159 Abs 2 Satz 1 [X.]B III sei nicht bereits der nur risikoerhöhende Umstand der verspäteten Meldung, sondern erst der risikoverwirklichende Eintritt der Beschäftigungslosigkeit.

4

Mit seiner vom L[X.] zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des Art 14 Abs 1 GG. Sein Anspruch auf [X.] sei durch die Eigentumsgarantie des Art 14 GG geschützt. In dem Urteil vom [X.] ([X.]/7a [X.] 56/06 R) habe das B[X.] die Frage aufgeworfen, ob das [X.] am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 ([X.] 2848) als staatliche Maßnahme, mit der die frühzeitige Arbeitsuchendmeldung eingeführt worden sei, Versicherte in ihrem Eigentumsrecht verletze. Bezogen auf die Prüfung der Geeignetheit des neuen arbeitsmarktpolitischen Instruments sei versäumt worden, auf die in dem "Bericht 2006 der Bundesregierung zur Wirksamkeit modernder Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" geäußerten Zweifel einzugehen.

5

Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des [X.] vom 23. Januar 2018 sowie des Urteils des [X.] vom 29. April 2015 und der Bescheide vom 19. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. September 2014 zu verurteilen, dem Kläger bereits ab dem 1. Juli 2014 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision des [X.] zurückzuweisen.

7

Sie trägt vor, eine frühzeitige Meldung eröffne die realistische Chance, dass jedenfalls ein Teil der Personen, die sich bisher erst bei eingetretener Arbeitslosigkeit der Vermittlung zur Verfügung gestellt hätten, früher erneut in Arbeit vermittelt werden könnten. Dem Gesetzgeber habe kein milderes, die Betroffenen weniger belastendes Mittel zur Verfügung gestanden, mit dem er das gesetzgeberische Ziel ebenso gut habe erreichen können.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des [X.] ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf [X.] für den [X.]raum vom 1.7.2014 bis 7.7.2014 hat, weil der Anspruch in diesem [X.]raum wegen des Eintritts einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung geruht hat.

9

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zunächst der Bewilligungsbescheid vom 19.8.2014, mit dem die Beklagte [X.] für den [X.]raum vom 1.7.2014 bis 7.7.2014 abgelehnt und erst ab [X.] bewilligt hat, sowie der weitere Bescheid vom 19.8.2014, mit dem sie den "Eintritt einer Sperrzeit" festgestellt und in dessen Begründung aufgenommen hat, dass der Anspruch des [X.] auf [X.] während dieser [X.] ruhe und die Dauer des Anspruchs auf [X.] um sieben Tage gemindert werde. Die beiden Bescheide vom 19.8.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.9.2014 (§ 95 SGG) stellen eine einheitliche Regelung dar ([X.] vom 5.8.1999 - [X.] [X.] 14/99 R - [X.], 225, 227 = [X.]-4100 § 119 [X.] Rd[X.]4; vgl zuletzt [X.] vom [X.] B 11 [X.] 12/17 R - juris, Rd[X.]0, zur [X.] in [X.] und [X.] 4-4300 § 159 [X.] vorgesehen). Der Kläger begehrt allein die Zahlung von [X.] für den [X.]raum vom 1.7.2014 bis 7.7.2014.

Zwar hat der Kläger mit seiner Arbeitslosmeldung zum 1.7.2014 ein Stammrecht auf [X.] erworben, weil er die Regelvoraussetzungen des Anspruchs auf [X.] erfüllte. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] hat er sich am 30.5.2014 arbeitsuchend und auch mit Wirkung zum 1.7.2014 arbeitslos gemeldet (§ 137 Abs 1 [X.], § 141 [X.]), die Anwartschaftszeit erfüllt (§ 137 Abs 1 [X.], § 142 [X.]) und war auch arbeitslos (§ 137 Abs 1 [X.], § 138 [X.]). Das Berufungsgericht ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass der Auszahlungsanspruch auf [X.] in dem [X.]raum vom 1.7.2014 bis 7.7.2014 wegen des Eintritts einer Sperrzeit geruht hat.

Nach § 159 Abs 1 Satz 1 [X.] ruht der Anspruch auf [X.] für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich ein Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt nach § 159 Abs 1 Satz 2 Nr 7 [X.] vor, wenn die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Abs 1 [X.] nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung). Nach § 38 Abs 1 Satz 1 [X.] sind Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der [X.] arbeitsuchend zu melden. Über seinen Wortlaut hinaus setzt § 159 Abs 1 Satz 2 Nr 7 [X.] als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein Verschulden des [X.] voraus. Insofern hat der [X.] bereits entschieden, dass der Anlass einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung weiterhin die Verletzung einer versicherungsrechtlichen Obliegenheit ist (vgl hierzu ausführlich [X.] vom [X.] B 11 [X.] 12/17 R - juris, Rd[X.]2 ff, zur [X.] in [X.] und [X.] 4-4300 § 159 [X.] vorgesehen). Dabei ist Anknüpfungspunkt einer Obliegenheitsverletzung nicht der Eintritt eines bestimmten Erfolges (etwa Arbeitslosigkeit), sondern das dem [X.] vorgelagerte schuldhafte Fehlverhalten (vgl Voelzke, Die Herbeiführung des Versicherungsfalls im Sozialversicherungsrecht, 2004, 222 ff). Der [X.] hat betont, dass - auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten (siehe dazu [X.] vom 10.2.1987 - 1 BvL 15/83 - [X.]E 74, 203, 216 f) - dem Leistungsberechtigten eine Obliegenheitsverletzung mit nachteiligen Auswirkungen auf seinen Leistungsanspruch nur entgegengehalten werden kann, wenn er gegen diese subjektiv vorwerfbar verstößt (vgl im Einzelnen [X.] vom [X.], aaO).

Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung vorlagen. Da das der Versicherungspflicht unterliegende Beschäftigungsverhältnis des [X.] zum [X.] endete und er sich erst am 30.5.2014 und damit nicht - wie gesetzlich in § 38 Abs 1 Satz 1 [X.] gefordert - spätestens drei Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsuchend gemeldet hat, liegt eine verspätete Arbeitsuchendmeldung vor.

Der Kläger ist seiner Obliegenheit zur frühzeitigen Meldung auch subjektiv vorwerfbar nicht nachgekommen. Ein Verschulden ist zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer nach seinem individuellen Vermögen fahrlässig in Unkenntnis über die ihm auferlegte Obliegenheit war und sich fahrlässig nicht unmittelbar nach dem [X.]punkt der Kenntnis über die Beendigung des [X.] bei der zuständigen [X.] gemeldet hat (vgl zur "doppelten Verschuldensprüfung": [X.] vom [X.] - [X.]/7a [X.] 56/06 R - [X.] 4-4300 § 37b [X.] Rd[X.]3; [X.] vom [X.] B 11 [X.] 12/17 R - juris, Rd[X.]3 mwN, zur [X.] in [X.] und [X.] 4-4300 § 159 [X.] vorgesehen). Ausgehend von diesem nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] zugrunde zu legenden subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab (zu den Anforderungen vgl etwa [X.] vom 29.10.2008 - B 11 [X.] 52/07 R - [X.] 4-4300 § 118 [X.] Rd[X.]0 mwN) hat das [X.] unter Berücksichtigung seiner nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den [X.] bindenden tatsächlichen Feststellungen (§ 163 SGG), auch zu einer bei dem Kläger vorhandenen persönlichen Einsichtsfähigkeit, eine fahrlässige Unkenntnis der Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung bejaht. Da das [X.] auch keine Hinderungsgründe für eine rechtzeitige Arbeitsuchendmeldung festgestellt hat, ergibt sich auch, dass sich der Kläger fahrlässig nicht zeitgerecht bei der [X.] gemeldet hat.

Der Kläger kann sich für sein pflichtwidriges Verhalten auch auf keinen wichtigen Grund iS des § 159 Abs 1 Satz 1 [X.] berufen. Ein solcher ist anzunehmen, wenn dem Versicherten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden kann (stRspr; vgl etwa [X.] vom 12.9.2017 - B 11 [X.] 25/16 R - [X.] 4-4300 § 159 [X.] Rd[X.]6), ohne dass es bei diesem Tatbestandsmerkmal auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des [X.] ankommt (vgl hierzu im Einzelnen [X.] vom [X.] B 11 [X.] 12/17 R - juris, Rd[X.]4, zur [X.] in [X.] und [X.] 4-4300 § 159 [X.] vorgesehen). [X.] Umstände im vorbezeichneten Sinne hat das [X.] nicht festgestellt. Insbesondere verfügte der Kläger über keine verbindliche Zusage für ein nahtloses Anschlussbeschäftigungsverhältnis, was abhängig von weiteren konkreten Umständen des Einzelfalls ggf zur Unzumutbarkeit einer frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung führen kann (vgl [X.] in [X.], [X.], § 159 RdNr 493, Stand Oktober 2015). Insofern hat das [X.] für den [X.] bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass keine belegten und nachvollziehbaren Umstände vorgelegen hätten, die bei objektiver Beurteilung den hinreichend sicheren Schluss auf die wenigstens überwiegende Wahrscheinlichkeit der Fortführung des befristeten Arbeitsverhältnisses des [X.] zugelassen hätten.

Die Vorinstanzen sind auch zutreffend davon ausgegangen, dass die einwöchige Sperrzeit in dem [X.]raum vom 1.7.2014 bis 7.7.2014 eingetreten ist. Nach § 159 Abs 2 Satz 1 [X.] beginnt die Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Das Ereignis iS des § 159 Abs 2 Satz 1 [X.], das den Lauf der einwöchigen Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung in Gang setzt, ist nicht bereits die verspätete Arbeitsuchendmeldung, sondern (erst) der Eintritt der [X.]. Dies ergibt sich - wie der [X.] bereits im Einzelnen dargelegt hat (vgl [X.] vom [X.] B 11 [X.] 12/17 R - juris, Rd[X.]5 ff mwN, zur [X.] in [X.] und [X.] 4-4300 § 159 [X.] vorgesehen) - aus dem Wortlaut des § 159 Abs 1 Satz 2 Nr 7 [X.] iVm § 159 Abs 2 Satz 1 [X.], der Systematik der Sperrzeitregelungen insgesamt, einer gesetzeshistorischen Auslegung sowie dem Sinn und Zweck der Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung.

Schließlich bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Sperrzeitregelung des § 159 Abs 1 Satz 2 Nr 7 [X.]. Der Kläger rügt zu Unrecht eine Verletzung des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG mit Bezug auf die Entscheidung des [X.] vom [X.] ([X.]/7a [X.] 56/06 R - [X.] 4-4300 § 37b [X.]). Zwar ist ein Anspruch auf [X.] grundsätzlich durch die Eigentumsgarantie geschützt (vgl nur [X.] vom 12.2.1986 - 1 BvL 39/83 - [X.] 4100 § 104 [X.]3 S 12; [X.] vom 10.2.1987 - 1 BvL 15/83 - [X.] 4100 § 120 [X.] Rd[X.]6 mwN). Ein Eingriff in den Schutzbereich des Eigentums liegt aber nur dann vor, wenn der Bestand an geschützten vermögenswerten Rechten in der Hand des Grundrechtsinhabers aufgrund einer gesetzlichen oder auf einem Gesetz beruhenden staatlichen Maßnahme zu einem bestimmten [X.]punkt vermindert wird (vgl [X.] vom 26.9.2005 - 1 BvR 1773/03 - [X.] 4-4300 § 434c [X.] Rd[X.]4; [X.] vom 25.8.2011 - B 11 [X.] 30/10 R - [X.] 4-4300 § 144 [X.]2 Rd[X.]3). Daran fehlt es hier. Der Kläger hat den für den streitigen [X.]raum geltend gemachten [X.]-Anspruch als Stammrecht durch seine Beschäftigung vom 26.5.2011 bis [X.] und damit nach der Einführung des eigenständigen Sperrzeittatbestands des § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 7 [X.] durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des [X.] und anderer Gesetze vom 22.12.2005 ([X.]), dem § 159 Abs 1 Satz 2 Nr 7 [X.] entspricht, erworben. Dieser [X.]-Anspruch war von vornherein mit der Möglichkeit der Sanktion in Form einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung belastet. Insofern besteht - bezogen auf einen Eingriff in Art 14 Abs 1 GG - eine andere Ausgangslage als in dem vom Kläger zitierten Urteil des [X.]s vom [X.] ([X.]/7a [X.] 56/06 R - [X.] 4-4300 § 37b [X.]), weil vorliegend auch ein etwaiger Restanspruch aus der [X.] vor Aufnahme der letzten Beschäftigung des [X.] (Mai 2011 bis Juni 2014) von vornherein mit einer Minderungsmöglichkeit wegen dieser Sperrzeit belastet gewesen wäre.

Auch unter Berücksichtigung des bei jedem möglichen Grundrechtseingriff zu beachtenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, der sich als übergreifender Grundsatz allen staatlichen Handels aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) ableiten lässt und Verfassungsrang hat (vgl [X.] vom 9.2.1995 - 7 [X.] - [X.] 76, 12, 15 = [X.]-4100 § 119a [X.] mwN), ergibt sich kein anderes Ergebnis. Der Gesetzgeber konnte eine Gesichtspunkte der [X.] berücksichtigende sowie typisierende und pauschalierende Regelung zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung mit der Sanktionsfolge einer einwöchigen Sperrzeit schaffen. Zwar ist nach dem von dem Kläger benannten Bericht der Bundesregierung zur Wirksamkeit moderner Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 21.12.2006 (BT-Drucks 16/3982, [X.], 86 f) [X.] ein direkter Übergang in eine neue Erwerbstätigkeit (noch) nicht in dem ursprünglich erhofften Umfang erreicht worden. Angesichts der dort bezeichneten vielschichtigen und beeinflussbaren Gründe (ua unzureichende Kooperation der [X.], mangelnde Freistellung von der bisherigen Beschäftigung für eine Maßnahmeteilnahme, [X.]mangel bei [X.] und -vermittlern) konnte der Gesetzgeber aber im Rahmen seiner weiten Gestaltungsmöglichkeiten weiterhin von einer grundsätzlichen Eignung der Sperrzeitregelung wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung zur Erreichung des angestrebten Ziels einer schnellen beruflichen Wiederintegration ausgehen (vgl zu weiteren Forschungsansätzen: [X.], in WSI-Mitteilungen 2016, 292 ff; vgl zu einer Verdoppelung der Anzahl der [X.] gegenüber dem [X.]: BT-Drucks 16/13875, [X.]). Im Vergleich zu der früheren Regelung der §§ 37b, 140 [X.] ist mit der einwöchigen Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung zudem eine geringere Belastung des Arbeitslosen verbunden (vgl hierzu [X.] vom [X.] - [X.]/7a [X.] 56/06 R - [X.] 4-4300 § 37b [X.] Rd[X.]1). Schließlich setzt die Verletzung der Obliegenheit zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung auf Seiten des Versicherten ein Verschulden nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab voraus und schafft damit ein Korrektiv (vgl zB [X.] vom 25.8.2011 - B 11 [X.] 30/10 R - [X.] 4-4300 § 144 [X.]2 Rd[X.]5 mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 11 AL 2/18 R

30.08.2018

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Hannover, 29. April 2015, Az: S 9 AL 470/14, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 30.08.2018, Az. B 11 AL 2/18 R (REWIS RS 2018, 4272)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 4272

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 11 AL 12/17 R (Bundessozialgericht)

Arbeitslosengeldanspruch - Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung - Sperrzeitbeginn -sperrzeitbegründendes Ereignis - Eintritt der Beschäftigungslosigkeit


B 11 AL 31/21 R (Bundessozialgericht)

(Bemessung des Arbeitslosengeldes - einzuordnende Vereinbarung mit Arbeitgeber - Altersteilzeitvereinbarung - Teilzeitvereinbarung - Fortzahlung der …


B 11 AL 33/21 R (Bundessozialgericht)

Arbeitslosengeldanspruch - Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme - Anknüpfung an Sperrzeit bei Ablehnung - …


B 11 AL 19/18 R (Bundessozialgericht)

Überprüfungsverfahren - Rücknahme einer Sperrzeitentscheidung - Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses …


B 11 AL 25/16 R (Bundessozialgericht)

Ruhen des Arbeitslosengeldes - Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe - Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell - wichtiger …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.