Bundessozialgericht, Urteil vom 13.03.2018, Az. B 11 AL 12/17 R

11. Senat | REWIS RS 2018, 12424

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Arbeitslosengeldanspruch - Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung - Sperrzeitbeginn -sperrzeitbegründendes Ereignis - Eintritt der Beschäftigungslosigkeit


Leitsatz

Die Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beginnt nicht bereits mit dem Versäumnis dieser Obliegenheit, sondern mit Eintritt der Beschäftigungslosigkeit.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 26. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt im Revisionsverfahren [X.] für den [X.]raum vom [X.] bis [X.]. Streitig ist insbesondere, ob der Anspruch auf [X.] wegen des Eintritts einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung geruht hat.

2

Der Kläger war seit Dezember 2007 bei der Firma [X.], N (im Folgenden: Arbeitgeberin) als Kraftfahrer beschäftigt. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.12.2012 und informierte ihn über seine Pflicht, sich frühzeitig arbeitsuchend zu melden (Schreiben vom 5.7.2012). Der Kläger meldete sich jedoch erst am 22.10.2012 bei der beklagten [X.] ([X.]) zum [X.] arbeitslos und beantragte [X.]. Am [X.] legte er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ([X.]-Bescheinigung) seines behandelnden Arztes mit attestierter Arbeitsunfähigkeit ([X.]) am [X.] und am [X.] eine [X.]-Bescheinigung über eine [X.] vom [X.] bis [X.] vor.

3

Die Beklagte stellte wegen des Eintritts einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung von einer Woche ([X.] bis [X.]) das Ruhen des [X.]-Anspruchs in diesem [X.]raum sowie die Minderung der Anspruchsdauer um sieben Tage fest (Bescheid vom [X.]). Ab 12.1.2013 bewilligte sie [X.] (Bescheid vom [X.]). Der Widerspruch gegen diese Bescheide blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 24.4.2013).

4

Das [X.] hat die auf die Bewilligung von [X.] für die [X.] vom [X.] bis [X.] gerichtete Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dass der Kläger in dem [X.]raum vom [X.] bis zum [X.] keinen Anspruch auf [X.] habe, weil eine einwöchige Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung eingetreten sei, die erst ab dem [X.] begonnen habe. Auch für den [X.]raum vom [X.] bis zum [X.] bestehe kein Anspruch auf [X.], weil der Kläger durch die Vorlage der [X.]-Bescheinigungen jedenfalls seine fehlende subjektive Verfügbarkeit zum Ausdruck gebracht habe. Mangels eines vorangegangenen rechtmäßigen Leistungsbezugs sei keine Fortzahlung des [X.] bei [X.] möglich.

5

Mit der vom L[X.] zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 159 Abs 2 [X.]B III. Ausgehend von dessen Wortlaut beginne die Sperrzeit mit dem Tag der verspäteten Arbeitsuchendmeldung. Daher solle festgestellt werden, dass die Sperrzeit nicht in der [X.] vom [X.] bis [X.], sondern in der [X.] vom 2.10.2012 bis 8.10.2012 eingetreten sei. Im Revisionsverfahren begehre er nur [X.] für den [X.]raum vom [X.] bis [X.].

6

Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Urteils des [X.] vom 26. Januar 2017 sowie des Urteils des [X.] vom 4. März 2015 und der Bescheide vom 30. Januar 2013 und 31. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. April 2013 zu verurteilen, dem Kläger für den [X.]raum vom 1. Januar 2013 bis 7. Januar 2013 Arbeitslosengeld zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des [X.] ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass der [X.]läger wegen des Eintritts einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung keinen Anspruch auf [X.] für den Zeitraum vom [X.] bis [X.] hat.

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind neben den Entscheidungen der Vorinstanzen die Bescheide vom [X.] und 3[X.], beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.4.2013. Mit dem Bescheid vom [X.] hat die Beklagte die Bewilligung von [X.] wegen des Eintritts einer Sperrzeit vom [X.] bis [X.] und das Ruhen des Anspruchs auf [X.] für diesen Zeitraum abgelehnt und gleichzeitig über die Anspruchsdauer durch Feststellung ihrer Minderung um insgesamt sieben Tage verfügt. Diese Verfügungen korrespondieren mit denjenigen des [X.] vom 3[X.] über die Zahlung von [X.] erst ab [X.] mit einer Anspruchsdauer von nur noch 353 [X.]alendertagen. Alle Bescheide stellen eine einheitliche Regelung dar (BSG vom 5.8.1999 - [X.] [X.] 14/99 R - [X.], 225, 227 = [X.]-4100 § 119 [X.]; vgl zuletzt BSG vom 12.10.2017 - [X.] [X.] 17/16 R - [X.] 4-4300 § 159 [X.] Rd[X.]1). Im Revisionsverfahren hat der [X.]läger sein Begehren beschränkt, weil er sich nicht mehr dagegen wendet, dass die Beklagte die Zahlung von [X.] für den Zeitraum vom [X.] bis 1[X.] abgelehnt hat. Auch wendet er sich im Revisionsverfahren nicht mehr gegen die Minderung der Anspruchsdauer. Dies entnimmt der Senat in Auslegung des Revisionsbegehrens (§ 123 SGG) dem Umstand, dass der [X.]läger ausdrücklich nur [X.] für den begrenzten Zeitraum vom [X.] bis [X.] begehrt und damit weder in seinem Revisionsantrag noch in seinem Revisionsvorbringen auf die Verfügungen der Beklagten zur Minderung des Anspruchs auf [X.] Bezug nimmt.

Zwar hat der [X.]läger mit seiner Arbeitslosmeldung am [X.] ein Stammrecht auf [X.] erworben, weil er die Regelvoraussetzungen des Anspruchs auf [X.] erfüllte. Nach den Feststellungen des [X.], an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), hat er sich am 22.10.2012 mit Wirkung zum [X.] arbeitslos gemeldet (§§ 137 Abs 1 [X.], 141 [X.]), die Anwartschaftszeit erfüllt (§§ 137 Abs 1 [X.], 142 [X.]) und war auch arbeitslos (§§ 137 Abs 1 [X.], 138 [X.]). Insbesondere war seine Verfügbarkeit als Merkmal der Arbeitslosigkeit iS des § 138 Abs 1 [X.] [X.] iVm § 138 Abs 5 [X.] zum Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs nicht durch eine zuvor bestehende und noch andauernde [X.] eingeschränkt. Das Berufungsgericht ist jedoch zu Recht davon ausgegangen, dass der Auszahlungsanspruch auf [X.] in dem Zeitraum vom [X.] bis [X.] wegen des Eintritts einer Sperrzeit geruht hat.

Nach § 159 Abs 1 Satz 1 [X.] ruht der Anspruch auf [X.] für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich ein Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt nach § 159 Abs 1 Satz 2 Nr 7 [X.] vor, wenn die oder der [X.] der Meldepflicht nach § 38 [X.] nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung). Nach § 38 Abs 1 Satz 1 [X.] sind Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der [X.] arbeitsuchend zu melden. Über seinen Wortlaut hinaus setzt § 159 Abs 1 Satz 2 Nr 7 [X.] als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein Verschulden des [X.] voraus. Zwar gehört das Merkmal der "[X.]" der Arbeitsuchendmeldung in der Vorgängerregelung des § 37b [X.] in der Fassung des [X.] am Arbeitsmarkt vom [X.] ([X.] 4607), welches das BSG als rechtlichen Ansatzpunkt für das Verschuldenserfordernis erachtet hat (vgl nur BSG vom 18.8.2005 - [X.]/7 [X.] 94/04 R - [X.], 80 = [X.] 4-4300 § 140 [X.] mwN), nicht mehr zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der Arbeitsuchendmeldung nach dem jetzigen § 38 [X.]. Gegenstand einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung ist jedoch weiterhin die Verletzung einer versicherungsrechtlichen Obliegenheit. Dabei ist Anknüpfungspunkt einer Obliegenheitsverletzung nicht der Eintritt eines bestimmten Erfolges (etwa Arbeitslosigkeit), sondern das dem [X.] vorgelagerte schuldhafte Fehlverhalten (vgl Voelzke, Die Herbeiführung des Versicherungsfalls im Sozialversicherungsrecht, 2004, [X.] ff). Insofern hat das BSG bezogen auf die Ausgestaltung der versicherungsrechtlichen Obliegenheiten im Arbeitsförderungsrecht bereits betont, dass dem Leistungsberechtigten eine Obliegenheitsverletzung mit nachteiligen Auswirkungen auf seinen Leistungsanspruch - auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten (s dazu [X.] vom 10.2.1987 - 1 BvL 15/83 - [X.]E 74, 203, 216 f = [X.] 4100 § 120 [X.] S 4) - nur entgegengehalten werden kann, wenn er gegen diese subjektiv vorwerfbar verstößt (vgl BSG vom 11.5.2000 - [X.] [X.] 54/99 R - [X.], 147, 150 = [X.]-4300 § 156 [X.] S 5; BSG vom 27.5.2003 - [X.] [X.] 4/02 R - [X.], 90, 94 = [X.] 4-4300 § 144 [X.] S 12; BSG vom [X.] - [X.]a/11 [X.] 81/04 R - [X.], 8 = [X.] 4-4300 § 140 [X.], Rd[X.]1; BSG vom 20.10.2005 - [X.] [X.] 18/05 R - [X.], 176 = [X.] 4-4300 § 119 [X.], Rd[X.]3).

Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass diese tatbestandlichen Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung vorlagen. Da das der Versicherungspflicht unterliegende Beschäftigungsverhältnis des [X.] zum 31.12.2012 endete und er sich erst am 22.10.2012 und damit nicht - wie gesetzlich in § 38 Abs 1 Satz 1 [X.] gefordert - drei Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsuchend gemeldet hat, liegt eine verspätete Arbeitsuchendmeldung vor. Der [X.]läger ist seiner Obliegenheit zur frühzeitigen Meldung auch subjektiv vorwerfbar nicht nachgekommen. Ein Verschulden ist zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer nach seinem individuellen Vermögen fahrlässig in Unkenntnis über die ihm auferlegte Obliegenheit war und sich fahrlässig nicht unmittelbar nach dem Zeitpunkt der [X.]enntnis über die Beendigung des [X.] bei der zuständigen [X.] gemeldet hat (vgl zur "doppelten Verschuldensprüfung": BSG vom 28.8.2007 - [X.]/7a [X.] 56/06 R - [X.] 4-4300 § 37b [X.], Rd[X.]3; [X.] in [X.], [X.] zum Sozialrecht, 5. Aufl 2017, § 159 [X.] Rd[X.]9 ff; [X.] in [X.], [X.] nF, § 159 Rd[X.]74 und 490, Stand Oktober 2015). Insofern ergibt sich aus den tatsächlichen Feststellungen des [X.], an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), dass der [X.]läger in einem im August 2012 geführten Telefongespräch mit der Beklagten über seine Verpflichtung zur Arbeitsuchendmeldung bis spätestens zum 1.10.2012, dem auf den 30.9.2012 nächstfolgenden Werktag (vgl § 26 Abs 3 Satz 1 SGB X), zutreffend informiert worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass er diese Informationen nicht verstehen konnte oder es Hinderungsgründe für eine rechtzeitige Meldung gab, sind nicht erkennbar.

Der [X.]läger kann sich für sein pflichtwidriges Verhalten auch auf keinen wichtigen Grund iS des § 159 Abs 1 Satz 1 [X.] berufen. Ein solcher ist anzunehmen, wenn dem Versicherten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden kann (vgl nur BSG vom 12.9.2017 - [X.] [X.] 25/16 R - juris, Rd[X.]6, vorgesehen zur Veröffentlichung in [X.] 4-4300 § 159 [X.]). Entgegen der Rechtsauffassung des [X.] kommt es im Rahmen dieser Gesamtabwägung nicht auf ein vorwerfbares Fehlverhalten des [X.] an, weil - wie dargelegt - bereits kein versicherungswidriges Verhalten iS von § 159 Abs 1 Satz 2 Nr 7 [X.] gegeben ist, wenn der Leistungsberechtigte unverschuldet der Meldepflicht des § 38 [X.] nicht nachgekommen ist (ebenso [X.] in [X.], [X.] nF, § 159 Rd[X.]93, Stand Oktober 2015; [X.] in [X.], [X.] zum Sozialrecht, 5. Aufl 2017, § 159 [X.] RdNr 91; [X.], NJW 2006, 721, 726 f; vgl auch BSG vom 14.7.2004 - [X.] [X.] 67/03 R - [X.], 105, 107 f = [X.] 4-4300 § 144 [X.] f und 35 zur Sperrzeit bei [X.]; [X.] in [X.], [X.]/[X.], § 159 [X.] Rd[X.]37, Stand März 2015; Preis/[X.], [X.], 177, 179). Soweit aus der früheren Rechtsprechung etwas anderes abgeleitet werden kann (vgl insbesondere BSG vom 25.8.2011 - [X.] [X.] 30/10 R - [X.] 4-4300 § 144 [X.]2 Rd[X.]1), hält der Senat hieran nicht fest. [X.] Umstände im vorbezeichneten Sinne hat das [X.] nicht festgestellt. Insbesondere verfügte der [X.]läger über keine verbindliche Zusage für ein nahtloses Anschlussbeschäftigungsverhältnis, was abhängig von weiteren konkreten Umständen des Einzelfalls ggf zur Unzumutbarkeit einer Arbeitsuchendmeldung führen kann (vgl [X.] in [X.], [X.] nF, § 159 Rd[X.]93, Stand Oktober 2015).

Die Vorinstanzen sind auch zutreffend davon ausgegangen, dass die einwöchige Sperrzeit in dem Zeitraum vom [X.] bis [X.] eingetreten ist. Nach § 159 Abs 2 Satz 1 [X.] beginnt die Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Das Ereignis iS des § 159 Abs 2 Satz 1 [X.], das den Lauf der einwöchigen Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung in Gang setzt, ist nicht bereits die verspätete Arbeitsuchendmeldung, sondern (erst) der Eintritt der [X.] (ebenso Voelzke in [X.]üttner, Personalbuch, 24. Aufl 2017, Sperrzeit Rd[X.]3 [X.]; [X.] in [X.], [X.] zum Sozialrecht, 5. Aufl 2017, § 159 [X.] RdNr 99a; [X.] in [X.], [X.] nF, § 159 Rd[X.]26, Stand März 2015; [X.] in Brand, [X.], 8. Aufl 2018, § 159 Rd[X.]53; [X.] in [X.]/Schmidt-De Caluwe/[X.], [X.], 6. Aufl 2017, § 159 Rd[X.]83; [X.], [X.], 1009, 1011; [X.] in LP[X.]-[X.], 2. Aufl 2015, § 159 Rd[X.]6). Bereits der Wortlaut des § 159 Abs 1 Satz 2 Nr 7 [X.] iVm § 159 Abs 2 Satz 1 [X.] verweist mit der Verwendung des Begriffs des "[X.]n" und der Vergangenheitsform der versäumten Handlung ("Meldepflicht ... nicht nachgekommen ist") auf einen (notwendigen) Zusammenhang zwischen der versäumten Arbeitsuchendmeldung und dem Eintritt von [X.]. [X.] ist ein Arbeitnehmer erst nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im leistungsrechtlichen Sinne. Dies folgt auch aus einer an Systematik, Entstehungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck der Regelungen orientierten Auslegung.

In systematischer Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass die unmittelbare und regelmäßige Rechtsfolge des Ruhens des Anspruchs auf [X.] für sämtliche [X.] nach § 159 Abs 1 Satz 1 [X.] einheitlich geregelt ist, wobei Unterschiede hinsichtlich der Dauer der Sperrzeiten bestehen. Das BSG hat bereits entschieden, dass die Sperrzeit kraft Gesetzes eintritt und unabhängig vom Bestehen eines Leistungsanspruchs und einer Arbeitslosmeldung kalendermäßig abläuft (BSG vom [X.] - [X.]-4100 § 119 [X.] S 10). Für Beginn und Ablauf der Sperrzeit ist es daher unerheblich, wenn ein Anspruch auf [X.] - etwa wegen Ruhens des Anspruchs aus anderen Gründen - nicht geltend gemacht werden kann. Der [X.] kann zB durch eine spätere Antragstellung die unmittelbaren Rechtsfolgen des Ruhens seines [X.]-Anspruchs vermeiden, nicht jedoch den Eintritt einer Sperrzeit und das kalendermäßige Ablaufen dieser Sperrzeit verhindern (vgl BSG vom 5.8.1999 - [X.] [X.] 14/99 R - [X.], 225, 234 = [X.]-4100 § 119 [X.]7 S 86; BSG vom 5.8.1999 - [X.] [X.] 38/98 R - [X.]-4100 § 110 [X.] S 5 f). Vor Eintritt der objektiven Tatsache der faktischen [X.] als eines wesentlichen Elements der Arbeitslosigkeit im rechtlichen Sinne des § 138 [X.] kann - unabhängig vom Vorliegen der weiteren Merkmale der Arbeitslosigkeit als [X.] (Verfügbarkeit, [X.]) - von vornherein kein Anspruch iS von § 159 Abs 1 Satz 1 [X.] entstanden sein, der zum Ruhen gebracht werden könnte (BSG vom 25.4.2002 - [X.] [X.] 65/01 R - [X.], 243, 249 = [X.]-4300 § 144 [X.]; BSG vom 17.10.2002 - [X.] [X.] 136/01 R - [X.]-4300 § 144 [X.]2 S 33). Für dieses Verständnis spricht auch die Regelung des § 159 Abs 4 Satz 2 [X.], wonach im Falle der Ablehnung eines Arbeitsangebots oder einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme während der frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 [X.]) die Sperrzeit erst "mit der Entstehung des Anspruchs" auf [X.] beginnt (vgl auch [X.] in [X.], [X.] zum Sozialrecht, 5. Aufl 2017, § 159 [X.] Rd[X.]15). Anders als der [X.]läger meint, ergibt sich aus den von ihm zitierten Urteilen des 7. Senats des BSG nicht, dass eine Sperrzeit ablaufen könne, ohne dass eine [X.] begonnen hat. Vielmehr wird in diesen Entscheidungen davon ausgegangen, dass der Eintritt der Arbeitslosigkeit, die nach der dort zugrunde gelegten Regelung des § 101 [X.] nur die [X.] umfasste, zum Tatbestand der Sperrzeit (bei Arbeitsaufgabe) gehöre, die nicht ohne Arbeitslosigkeit (in diesem Sinne) beginnen könne (BSG vom [X.] - [X.], 26, 28 = [X.]-4100 § 119 [X.] S 10; BSG vom 5.8.1999 - [X.] [X.] 14/99 R - [X.], 225, 231 = [X.]-4100 § 119 [X.]7 S 82).

Auch der entstehungsgeschichtliche Zusammenhang der hier streitigen Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung mit der Vorgängerregelung des § 140 [X.] (idF des [X.] am Arbeitsmarkt vom [X.], [X.] 4607) steht der vom [X.]läger begehrten Auslegung entgegen. Die als versicherungsrechtliche Obliegenheit ausgestaltete Pflicht zur frühzeitigen Arbeitslosmeldung (§ 37b [X.] aF) wurde erstmals durch Art 1 [X.] des [X.] am Arbeitsmarkt vom [X.] ([X.] 4607) mit Wirkung ab dem [X.] eingeführt. Die leistungsrechtlichen Folgen, die im Falle der Arbeitslosigkeit eintraten, wenn Arbeitsuchende ihrer Meldepflicht nicht genügten, ergaben sich aus § 140 [X.] aF. Danach minderte sich in bestimmter Höhe das [X.], das dem [X.]n aufgrund des Anspruchs zustand, der nach der Pflichtverletzung entstanden ist. Die Minderung trat demnach nicht vor Eintritt der [X.] ein und war in leistungsrechtlicher Hinsicht zwingend (vgl auch [X.] in [X.], [X.] nF, § 159 Rd[X.]26, Stand März 2015). Durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des [X.] und anderer Gesetze vom 22.12.2005 ([X.] 3676) wurde die Vorschrift des § 140 [X.] aF aufgehoben und die verspätete Arbeitsuchendmeldung zum 31.12.2005 als eigenständiger Sperrzeittatbestand in § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 7 [X.] aF/§ 159 Abs 1 Satz 2 Nr 7 [X.] ausgestaltet. Die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung bezeichnet dabei allein die Vereinfachung und Überschaubarkeit des Rechts sowie eine größere Einzelfallgerechtigkeit als das mit der Novellierung verfolgte wesentliche Ziel (vgl BT-Drucks 16/109 S 7). Dass eine wesentliche Besserstellung bei den Rechtsfolgen der Obliegenheitsverletzung der frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung bezweckt war, lässt sich den in den Gesetzesmaterialien niedergelegten Erwägungen nicht entnehmen. Dementsprechend heißt es in der Entwurfsbegründung ausdrücklich, dass "das die Sperrzeit begründende Ereignis der Eintritt der [X.]" ist (vgl BT-Drucks 16/109 S 7; bestätigt in BT-Drucks 16/10810 [X.] anlässlich der Novellierung des § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 7 [X.] aF durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom [X.] <[X.] 2917>).

Schließlich spricht auch der Sinn und Zweck der Bestimmungen zum Sperrzeitenrecht dafür, den Eintritt der [X.] als maßgebend für deren Beginn zu erachten. Durch die Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe soll die Gemeinschaft der Beitragszahler vor der Inanspruchnahme durch Leistungsberechtigte geschützt werden, die den Eintritt des versicherten Risikos der Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt haben. Der Versicherte selbst soll durch die Sperrzeitregelung an der Herbeiführung des Versicherungsfalls gehindert werden (BSG vom 17.11.2005 - [X.]a/11 [X.] 69/04 R - [X.], 232 = [X.] 4-4300 § 144 [X.]1, Rd[X.]8; [X.] - [X.] [X.] 18/11 R - [X.] 4-4300 § 144 [X.]4 Rd[X.]9). § 38 [X.], mit dem § 159 Abs 1 Satz 2 Nr 7 [X.] logisch verknüpft ist, verfolgt das vorrangige Ziel, auf das Verhalten des Arbeitnehmers einzuwirken, um den Eintritt des Versicherungsfalls der Arbeitslosigkeit möglichst zu vermeiden bzw die Dauer der Arbeitslosigkeit zu begrenzen (vgl BT-Drucks 15/25 S 27; BSG vom [X.] - [X.]a/11 [X.] 81/04 R - [X.], 8, 10 = [X.] 4-4300 § 140 [X.] S 3; BSG vom 18.8.2005 - [X.]/7 [X.] 94/04 R - [X.], 80, 85 = [X.] 4-4300 § 140 [X.] S 14 f). Diese Zielsetzung würde nicht in gleicher Weise verwirklicht, wenn die Sperrzeit bereits am Tage nach der erforderlichen Arbeitsuchendmeldung beginnen würde. Die Sperrzeit liefe dann faktisch ins Leere, weil das Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis noch mindestens drei Monate fortbesteht und sie wegen ihrer Dauer von nur einer Woche (vgl § 159 Abs 6 [X.]) regelmäßig abgelaufen wäre, bevor das Arbeitsverhältnis beendet bzw eine [X.] eingetreten ist. Die Sperrzeit hätte dann allenfalls Bedeutung bei der das Stammrecht betreffenden Regelung der Minderung des Anspruchs (§ 148 Abs 1 [X.] [X.]), ohne dass hiermit zwingend leistungsrechtliche Folgen einhergehen müssten (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] § 159 [X.] Rd[X.]45 f, Stand September 2014; [X.] in [X.], [X.] nF, § 159 Rd[X.]26, Stand März 2015).

Entgegen der Rechtsauffassung des [X.] ergibt sich aus der Auslegungsregel des § 2 Abs 2 [X.] zur Beachtung der im [X.] formulierten [X.] Rechte nicht, dass zu seinen Gunsten entschieden werden müsste. Folgt - wie hier - bereits anhand der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation, dass die überwiegenden Gründe für eine Begrenzung eines [X.] Anspruchs sprechen, so tritt § 2 Abs 2 [X.] zurück (vgl nur BSG vom 18.12.2008 - [X.] [X.] 48/07 R - [X.] 4-4300 § 158 [X.] Rd[X.]1-22).

Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 11 AL 12/17 R

13.03.2018

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Koblenz, 4. März 2015, Az: S 9 AL 101/13, Urteil

§ 159 Abs 1 S 1 SGB 3, § 159 Abs 1 S 2 Nr 7 SGB 3, § 159 Abs 2 S 1 SGB 3, § 38 Abs 1 S 1 SGB 3

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 13.03.2018, Az. B 11 AL 12/17 R (REWIS RS 2018, 12424)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 12424

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