Bundessozialgericht, Urteil vom 29.11.2022, Az. B 11 AL 33/21 R

11. Senat | REWIS RS 2022, 8720

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Gegenstand

Arbeitslosengeldanspruch - Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme - Anknüpfung an Sperrzeit bei Ablehnung - Anforderung an eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung - Warnfunktion - Unwirksamkeit bei fehlender Angabe zum Sperrzeitbeginn


Leitsatz

1. Der Eintritt einer Sperrzeit bei Abbruch einer Maßnahme setzt in gleicher Weise eine Rechtsfolgenbelehrung voraus wie der Eintritt einer Sperrzeit bei deren Ablehnung.

2. Eine Rechtsfolgenbelehrung ist unwirksam, wenn sie nicht über den Beginn der drohenden Sperrzeit informiert.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 1. Februar 2021 aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des [X.] vom 19. Mai 2020 zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld [X.]) für die [X.] vom 6.8. bis 26.8.2019 wegen des Eintritts einer dreiwöchigen Sperrzeit und die damit verbundene Minderung der Dauer seines Anspruchs auf [X.] um 21 Tage.

2

Dem 1958 geborenen Kläger wurde von der [X.] [X.] für die [X.] vom [X.] bis 24.6.2020 bewilligt (Bescheide vom 10.8.2018, 30.8.2018, 8.10.2018 und 30.11.2018). Unter dem [X.] forderte die Beklagte den Kläger auf, an der vom [X.] bis 4.1.2020 von der [X.] durchgeführten Maßnahme "Integration durch Praxis" teilzunehmen. Der Zuweisung war eine Rechtsfolgenbelehrung beigefügt, in der es auszugsweise heißt:
"Lehnen Sie ohne wichtigen Grund die Teilnahme an der umseitig angebotenen Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung ab, treten sie diese nicht an, brechen Sie die Maßnahme ab oder werden Sie wegen Ihres maßnahmewidrigen Verhaltens durch den Maßnahmeträger oder die [X.] aus der Maßnahme ausgeschlossen, tritt eine Sperrzeit ein (§ 159 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 [X.]). Sie dauert längstens zwölf Wochen. Die Sperrzeit dauert drei Wochen im Falle des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens (§ 159 Abs. 4 Nr. 1 [X.]), sechs Wochen im Falle des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens (§ 159 Abs. 4 Nr. 2 [X.]). Ein versicherungswidriges Verhalten in diesem Sinne liegt vor, wenn Sie […]. Während der Sperrzeit ruht Ihr Anspruch auf Leistungen […], das heißt, Leistungen werden nicht gezahlt. Ihre Anspruchsdauer vermindert sich um die Tage einer Sperrzeit."

3

Zu Beginn der Maßnahme erschien der Kläger zwar bei dem Träger, weigerte sich aber, die vorgesehene "[X.]" zu unterzeichnen. Eine (weitere) Teilnahme des [X.] an der Maßnahme erfolgte daraufhin nicht.

4

Nach Anhörung des [X.] hob die Beklagte die [X.]-Bewilligung wegen des Eintritts einer dreiwöchigen Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme für die [X.] vom 6.8. bis 26.8.2019 auf. Insoweit ruhe der [X.]-Anspruch; seine Dauer mindere sich um 21 Tage (Bescheide vom [X.], Widerspruchsbescheid vom 15.11.2019).

5

Das [X.] hat die angefochtenen Bescheide antragsgemäß aufgehoben (Gerichtsbescheid vom 19.5.2020). Eine Sperrzeit sei nicht eingetreten, weil es der Aufforderung der [X.] zur Teilnahme an der Maßnahme an einer ordnungsgemäßen Rechtsfolgenbelehrung gefehlt habe. Die diesbezüglichen Hinweise der [X.] seien nicht konkret genug gewesen, sondern erschöpften sich in einer sinngemäßen Wiedergabe des Gesetzestexts.

6

Diese Entscheidung hat das L[X.] auf die Berufung der [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Die rückwirkende Aufhebung der [X.]-Bewilligung sei rechtmäßig, weil eine Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme eingetreten sei, die den Anspruch zum Ruhen gebracht habe. Sollte der Kläger dies nicht gewusst haben, falle ihm zumindest grob fahrlässige Unkenntnis zur Last. In dem Abbruch der Maßnahme ohne wichtigen Grund liege ein versicherungswidriges Verhalten. Der Kläger sei zuvor von der [X.] auch ausreichend belehrt worden, soweit ein erstes Fehlverhalten und eine dreiwöchige Sperrzeit in Rede stehe. Ein konkretes Datum des [X.] könne in einer Rechtsfolgenbelehrung nicht angegeben werden, weil der Sperrzeitbeginn davon abhänge, wann die Maßnahme abgebrochen werde. Dies ergebe sich für den Adressaten hinreichend deutlich aus der von der [X.] verwendeten Formulierung "brechen Sie die Maßnahme ab oder werden Sie wegen Ihres maßnahmewidrigen Verhaltens durch den Maßnahmeträger oder die [X.] aus der Maßnahme ausgeschlossen, tritt eine Sperrzeit ein".

7

Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Der Eintritt einer Sperrzeit nach § 159 [X.] setze eine Rechtsfolgenbelehrung voraus, die erkennen lasse, wann die jeweilige Rechtsfolge eintrete. Entgegen der Ansicht des L[X.] sei der Beginn der Sperrzeit den Hinweisen der [X.] nicht zu entnehmen gewesen. Zwar könne dieser im Vorfeld noch nicht kalendarisch bestimmt werden; es müsse aber deutlich werden, von welchem Ereignis er abhänge. Die dafür maßgebende Regelung des § 159 Abs 2 Satz 1 [X.] sei jedoch von der [X.] nicht erläutert worden.

8

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] vom 1. Februar 2021 aufzuheben und die Berufung der [X.] gegen den Gerichtsbescheid des [X.] vom 19. Mai 2020 zurückzuweisen.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision des [X.] zurückzuweisen.

Sie teilt die Rechtsauffassung des L[X.].

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist auch begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 [X.]G).

Das [X.] hat der Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des [X.] zu Unrecht stattgegeben. Die Klage ist zulässig und begründet.

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind neben den vorinstanzlichen Entscheidungen die Bescheide der Beklagten vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.], mit denen der Eintritt einer Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, das Ruhen des [X.]-Anspruchs vom 6.8. bis 26.8.2019 und die Minderung der Anspruchsdauer um 21 Tage festgestellt sowie die [X.]-Bewilligung rückwirkend aufgehoben worden ist. Nach ständiger [X.]srechtsprechung bilden derartige Verwaltungsentscheidungen eine rechtliche Einheit (zuletzt B[X.] vom [X.] - [X.] [X.] 14/18 R - B[X.]E 128, 255 = [X.]-4300 § 159 [X.], Rd[X.]1 mwN). Der Kläger greift die Bescheide vom [X.] zu Recht mit einer isolierten Anfechtungsklage an (§ 54 Abs 1 [X.]G). Aufgrund der zuvor mit den Bescheiden vom 10.8.2018, 30.8.2018, 8.10.2018 und 30.11.2018 erfolgten bindenden Bewilligung von [X.] für den streitbefangenen [X.]raum bedurfte es keiner damit verbundenen Leistungsklage (vgl B[X.] vom [X.] - [X.] [X.] 2/17 R - B[X.]E 126, 25 = [X.]-4300 § 159 [X.], Rd[X.]0; B[X.] vom [X.] - [X.] [X.] 14/18 R - B[X.]E 128, 255 = [X.]-4300 § 159 [X.], Rd[X.]2).

Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.

Als Rechtsgrundlage für die rückwirkende Aufhebung der [X.]-Bewilligung für die [X.] vom 6.8. bis 26.8.2019 kommt nur § 48 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.]B X iVm § 330 Abs 3 [X.]B III in Betracht. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung vom [X.]punkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Wesentlich ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der Leistung auswirkt (vgl nur B[X.] vom 21.3.1996 - 11 [X.]/94 - B[X.]E 78, 109, 111 = [X.]-1300 § 48 [X.] mwN).

An einer solchen wesentlichen Änderung der Verhältnisse fehlt es indes im streitbefangenen [X.]raum, weil insoweit - entgegen der Auffassung der Beklagten und des [X.] - keine Sperrzeit eingetreten ist. Daher ist der klägerische [X.]-Anspruch auch nicht zum Ruhen gekommen und seine Dauer hat sich nicht um 21 Tage vermindert.

Eine Sperrzeit setzt gemäß § 159 Abs 1 [X.]B III ein versicherungswidriges Verhalten voraus. Davon ist etwa auszugehen, wenn Arbeitslose sich weigern, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45 [X.]B III) teilzunehmen oder die Teilnahme an einer solchen Maßnahme abbrechen bzw durch [X.] Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen geben 159 Abs 1 Satz 2 [X.], 5 [X.]B III). Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt; der Kläger ist nicht hinreichend über die Rechtsfolgen eines solchen Fehlverhaltens belehrt worden.

Dabei kann dahinstehen, ob dem Kläger - wie die Beklagte und das [X.] meinen - eine Ablehnung oder - wie das [X.] meint - ein Abbruch der ihm von der Beklagten bewilligten Maßnahme "Integration durch Praxis" vorzuwerfen ist, denn in beiden Fällen gelten für den Eintritt einer Sperrzeit dieselben Anforderungen an die Rechtsfolgenbelehrung.

Die Abgrenzung zwischen der Ablehnung und dem Abbruch einer Maßnahme, die sich abstrakt danach bestimmt, ob der Teilnehmer die Maßnahme zunächst angetreten hat, kann im Einzelfall schwierig sein ([X.] in [X.]/[X.], [X.]B III, § 159 Rd[X.]36, Stand August 2020). Auch im vorliegenden Fall lassen die Feststellungen des [X.] zwar erkennen, dass der Kläger zum Maßnahmebeginn bei dem Maßnahmeträger erschienen ist, aber nicht, ob er dort auch in den Kreis der Teilnehmer aufgenommen worden ist. Dagegen spricht, dass er sich bereits geweigert hat, die vom Maßnahmeträger vorgegebene "Teilnehmervereinbarung" zu unterzeichnen.

Wie das B[X.] bereits entschieden hat, setzt aber ohnehin auch der Eintritt einer Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme gemäß § 159 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.]B III eine Rechtsfolgenbelehrung voraus, obwohl sich dies dem abweichend von § 159 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.]B III gefassten Gesetzestext nicht unmittelbar entnehmen lässt (B[X.] vom 16.9.1999 - B 7 [X.] 32/98 R - B[X.]E 84, 270, 276 = [X.]-4100 § 119 [X.] f zu den ähnlich lautenden Vorgängervorschriften in § 119 Abs 1 Satz 1 [X.], 4 [X.]; ebenso [X.] in [X.], [X.]B III, § 159 Rd[X.]17, Stand September 2013; [X.] in Knickrehm/[X.]/Waltermann, 7. Aufl 2021, [X.]B III, § 159 Rd[X.]6; [X.] in [X.]/[X.], [X.]B III, § 159 Rd[X.]58, Stand August 2020; Voelzke in Küttner, Personalbuch 2022, 29. Aufl 2022, Stichwort "Sperrzeit" Rd[X.]1; [X.]/Schmidt-De Caluwe/[X.], [X.]B III, 7. Aufl 2021, § 159 RdNr 99). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Der Sperrzeittatbestand der [X.] knüpft inhaltlich und sprachlich unmittelbar an denjenigen der [X.] an; das in [X.] normierte Erfordernis einer Rechtsfolgenbelehrung erstreckt sich damit auch auf den Tatbestand der [X.]. Zudem ändert sich die Schutzbedürftigkeit des Versicherten mit dem Eintritt in die Maßnahme nicht. An einer solchen - ordnungsgemäßen - Rechtsfolgenbelehrung fehlt es hier.

In einer seit Jahrzehnten gefestigten, ständigen Rechtsprechung (seit B[X.] vom 10.12.1981 - 7 [X.] - B[X.]E 53, 13, 15 = [X.]100 § 119 [X.]) verlangt das B[X.] im Sperrzeitrecht, dass die Rechtsfolgenbelehrung als Voraussetzung für ihre Wirksamkeit konkret, richtig, vollständig und verständlich sein und dem Arbeitslosen zeitnah im Zusammenhang mit einem Angebot oder einer Aufforderung der Arbeitsverwaltung zutreffend erläutern muss, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen auf seinen Leistungsanspruch eine unbegründete Weigerung haben würde. Die Hinweise müssen also inhaltlich korrekt und erschöpfend sein. Erforderlich ist eine auf die aktuelle persönliche Situation des Adressaten zugeschnittene konkret-individuelle Information, auf deren Grundlage er eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen kann (so schon B[X.] vom 10.10.1978 - 7 [X.]/77 - B[X.]E 47, 101, 105 = [X.]100 § 119 [X.] S 29). Dabei hat das B[X.] stets den zwingenden formalen Charakter der Rechtsfolgenbelehrung betont und dies aus dem übergeordneten [X.] Schutzzweck abgeleitet, den Arbeitslosen vor den Folgen einer sperrzeitbegründenden Obliegenheitsverletzung zu warnen (zuletzt [X.]surteil vom [X.] - [X.] [X.] 14/18 R - B[X.]E 128, 255 = [X.]-4300 § 159 [X.], Rd[X.]7; vgl ferner etwa B[X.] vom 16.9.1999 - B 7 [X.] 32/98 R - B[X.]E 84, 270 = [X.]-4100 § 119 [X.] mit Hinweis auf B[X.]E 61, 289, 293 = [X.]100 § 119 [X.]1 S 151). Deshalb kommt es nicht auf den bereits vorhandenen Kenntnisstand des Adressaten an, der sich darauf verlassen können soll, in jedem Einzelfall von der [X.] umfassend informiert zu werden. Schließlich muss die Belehrung rechtzeitig erfolgen, sodass der Arbeitslose unmittelbar vor dem jeweiligen - potentiell versicherungswidrigen - Verhalten gewarnt ist, welche Konsequenzen dieses nach sich ziehen würde. An diesen Grundsätzen hält der [X.] fest.

Dieser Warnfunktion genügen Hinweise, die sich auf eine Vielzahl von Fällen denkbaren versicherungswidrigen Verhaltens beziehen, nicht. Erforderlich ist vielmehr eine auf die gegenwärtige individuelle Situation des Arbeitslosen bezogene Aufklärung (siehe zur nötigen Individualisierung der Rechtsfolgenbelehrung nur B[X.] vom [X.] - [X.] [X.] 14/18 R - B[X.]E 128, 255 = [X.]-4300 § 159 [X.], Rd[X.]). Ihm muss deutlich und unmissverständlich vor Augen geführt werden, welche Konsequenzen drohen, wenn er das ihm in engem zeitlichen Zusammenhang abverlangte Verhalten ohne wichtigen Grund verweigert. Daher reicht die Aushändigung eines allgemeinen Merkblatts oder einer Informationsbroschüre ebenso wenig aus wie die bloße (wörtliche oder sinngemäße) Wiedergabe des (notwendigerweise abstrakt-generellen) Gesetzestexts.

Nach diesen Maßstäben ist eine Rechtsfolgenbelehrung unvollständig (und damit nach den oben dargelegten Maßstäben unwirksam), die keinen Hinweis auf den Beginn einer drohenden Sperrzeit enthält (ebenso [X.] Niedersachsen-Bremen vom 8.5.2018 - L 11 [X.] 67/16 - info also 2018, 209 sowie diesem zustimmend [X.] in [X.], [X.]B III, § 159 Rd[X.]61, Stand Mai 2019; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]B III, 3. Aufl 2019, § 159 Rd[X.]5; [X.] Niedersachsen-Bremen vom 23.6.2021 - L 11 [X.] 95/19 - info also 2022, 28). Schon 1981 hat das B[X.] für eine wirksame Rechtsfolgenbelehrung ausdrücklich "die verständliche Aussage" verlangt, dass "der dem Arbeitslosen zustehende Anspruch auf Leistungen von dem Tage nach der Arbeitsablehnung an ganz erlischt" (B[X.] vom 10.12.1981 - 7 [X.] - B[X.]E 53, 13 = [X.]100 § 119 [X.] - juris Rd[X.]6). Diese Rechtsprechung haben die für das Arbeitsförderungsrecht zuständigen [X.]e in der Folgezeit nie ausdrücklich aufgegeben. Auch in dem [X.]surteil vom [X.] ([X.] [X.] 14/18 R - B[X.]E 128, 255 = [X.]-4300 § 159 [X.]) ist insofern keine Abgrenzung erfolgt; in dieser Entscheidung hat sich der [X.] mit der Belehrungspflicht hinsichtlich des [X.]s nicht auseinandergesetzt. Wenn das Urteil gleichwohl so verstanden werden kann, dass es sich dabei nicht um einen notwendigen Inhalt der Rechtsfolgenbelehrung handelt, hält der [X.] daran nicht fest.

Schon nach allgemeinem Sprachgebrauch lässt sich eine Aufklärung, die zwar die Dauer einer möglichen Sperrzeit (und damit die Länge des [X.]), aber nicht deren Beginn (und damit die Lage des [X.]) benennt, nur als unvollständig bezeichnen. Denn sie gibt keine Antwort auf die Frage, für welche konkreten Tage der Zahlungsanspruch entfallen würde. Vor allem kann eine solche Rechtsfolgenbelehrung auch ihr Ziel, dem Arbeitslosen unmissverständlich zu vermitteln, welche Nachteile ein versicherungswidriges Verhalten für ihn haben kann, nicht in Gänze erreichen. Unmittelbare Rechtsfolge einer Sperrzeit ist gemäß § 159 Abs 1 Satz 1 [X.]B III zunächst, dass der [X.]-Anspruch für ihre Dauer ruht (eingehend hierzu und zu den weiteren Folgen Boecken, [X.]b 2020, 713). Dadurch gewinnt die zeitliche Lage einer Sperrzeit entscheidende Bedeutung für das Ausmaß der mit ihr verbundenen Sanktion (exemplarisch hierfür steht die Diskussion um den Beginn einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung; vgl nur B[X.] vom [X.] [X.] [X.] 12/17 R - B[X.]E 125, 170 = [X.]-4300 § 159 [X.] mwN). Weil die Sperrzeit kraft Gesetzes eintritt und unabhängig vom Bestehen eines Leistungsanspruchs kalendermäßig abläuft, ist es für den Arbeitslosen von praktischer und (nicht nur vor dem Hintergrund des § 48 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.]B X) rechtlicher Bedeutung, im Vorhinein sicher erkennen zu können, für welche [X.] ihm seine Entgeltersatzleistung von der Beklagten aberkannt werden wird. Denn das [X.] ist - wie der [X.] bereits in anderem Zusammenhang betont hat - eine "für bestimmte Kalendertage vorgesehene Versicherungsleistung", die in Bestand und Höhe von den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen im jeweiligen Leistungszeitraum abhängt (B[X.] vom 17.12.2013 - [X.] [X.] 13/12 R - B[X.]E 115, 106 = [X.]-4300 § 143a [X.], Rd[X.]1 mit zustimmender [X.]erkung Söhngen in jurisPR-[X.] 15/2014 [X.] 2).

Diesem Ergebnis stehen auch keine unüberwindbaren Hindernisse im Hinblick auf die [X.] entgegen. Das B[X.] hat es in der Vergangenheit stets genügen lassen, wenn der Beginn der drohenden Sperrzeit mit der Formulierung "vom Tag nach […] an" in Aussicht gestellt worden ist (zB B[X.] vom 10.12.1981 - 7 [X.] - B[X.]E 53, 13 = [X.]100 § 119 [X.] - juris Rd[X.]6; B[X.] vom 18.9.1997 - 7 [X.] - [X.]-4465 § 3 [X.] - juris Rd[X.]4; B[X.] vom 25.8.2011 - [X.] [X.] 30/10 R - [X.]-4300 § 144 [X.]2, Rd[X.]6). An dieser Rechtsprechung hält der [X.] fest, solange das sperrzeitbegründende Ereignis hinreichend konkretisiert worden ist. Denn nach dem oben Gesagten genügt es gerade nicht, den abstrakten Wortlaut des § 159 Abs 2 [X.]B III in der Rechtsfolgenbelehrung wiederzugeben. Vielmehr gilt es, das in Betracht kommende versicherungswidrige Verhalten so zu spezifizieren, dass der Empfänger verstehen kann, was damit gemeint ist und welche Folgen es nach sich ziehen würde.

Diesen Anforderungen wird die dem Kläger mit der Maßnahmezuweisung übersandte Rechtsfolgenbelehrung nicht gerecht. Anders als das [X.] vermag der [X.] der Formulierung "brechen Sie die Maßnahme ab oder werden Sie wegen Ihres maßnahmewidrigen Verhaltens durch den Maßnahmeträger oder die [X.] aus der Maßnahme ausgeschlossen, tritt eine Sperrzeit ein" keinen nachvollziehbaren Hinweis auf den [X.] zu entnehmen. Vielmehr beschränkt sich die zitierte Aussage auf das "Ob" dieser Rechtsfolge. Ihr kann dagegen nicht entnommen werden, wann diese eintritt. Weder der Grundfall des § 159 Abs 2 Satz 1 [X.]B III ([X.] mit dem Tag nach der Ablehnung oder dem Abbruch) noch die im Gesetz geregelte Ausnahme ([X.] im [X.] an eine an diesem Tag laufende Sperrzeit) ist verständlich dargestellt (siehe zum [X.] nur B[X.] vom [X.] - [X.] [X.] 14/18 R - B[X.]E 128, 255 = [X.]-4300 § 159 [X.], Rd[X.]6).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 Satz 1 [X.]G.

[X.]

Meta

B 11 AL 33/21 R

29.11.2022

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Cottbus, 19. Mai 2020, Az: S 39 AL 191/19, Gerichtsbescheid

§ 159 Abs 1 S 2 Nr 4 SGB 3, § 159 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB 3, § 159 Abs 2 S 1 SGB 3

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 29.11.2022, Az. B 11 AL 33/21 R (REWIS RS 2022, 8720)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 8720

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