Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.07.2010, Az. 27 W (pat) 211/09

27. Senat | REWIS RS 2010, 4372

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Gelbe Seiten" - offensichtliche Unzulässigkeit und Unbegründetheit der Anhörungsrüge - zur Kostenentscheidung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 396 44 690

(hier Löschungsverfahren [X.] und [X.]/08)

hat der 27. Senat ([X.]) durch… am 28. Juli 2010

beschlossen:

Die Anhörungsrüge der Beschwerdegegnerin zu 1) wird als unzulässig verworfen.

Die Beschwerdegegnerin zu 1) trägt die durch die Anhörungsrüge entstandenen Kosten einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin.

Gründe

I.

1

Mit Schriftsatz vom 9. Juni 2010 hat die Beschwerdegegnerin zu 1) gegen den Beschluss des Senates vom 9. März 2010 eine Anhörungsrüge erhoben, die sie im Wesentlichen darauf gestützt hat, der Senat habe in der mündlichen Verhandlung nicht darauf hingewiesen, dass er bei der Beurteilung der originären Unterscheidungs[X.] der Streitmarke von einer früheren Entscheidung (27 W (pat) 6/09, Beschluss vom 06.04.2009 - [X.] [X.]) abweichen werde und im Übrigen aus ihrer Sicht wesentlichen Vortrag der Beschwerdegegnerin zu 1) nicht ausreichend berücksichtigt, insbesondere dass der Begriff "Gelbe Seiten" aufgrund der beschreibenden Verwendung in [X.] und aller Herausgeber von [X.] weltweit bereits im Zeitpunkt der Anmeldung der Streitmarke freihaltungsbedürftig gewesen sei, aus verfassungsrechtlichen Gründen die Monopolstellung der Markeninhaberin zu berücksichtigen sei und die als Beleg der Verkehrsdurchsetzung vorgelegten Gutachten über wesentliche Mängel verfügt hätten.

2

Die Beschwerdegegnerin zu 1) beantragt daher,

3

das Verfahren fortzusetzen.

4

Die Beschwerdeführerin beantragt,

5

die Anhörungsrüge der Beschwerdegegnerin zu 1) als unzulässig zu verwerfen.

6

Sie ist der Anhörungsrüge entgegen getreten, weil sie zum einen unzulässig sei und zum anderen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht ersichtlich sei; sämtliche entscheidungsrelevanten Fragen seien bereits schriftsätzlich ausführlich vorbereitet und in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert worden.

7

Die Beschwerdegegnerin zu 2) hat sich zum [X.] nicht geäußert.

II.

8

Der Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens ist als unzulässig zu verwerfen.

9

§ 89 a [X.], welcher bei einem Verstoß des rechtlichen Gehörs eine Fortsetzung des Verfahrens vorsieht, ist für Verfahren des [X.] nicht anwendbar. Diese Vorschrift gilt vielmehr, wie sich bereits aus seiner Zugehörigkeit zum allein das Verfahren vor dem [X.] betreffenden Abschnitt 6 des [X.] ergibt, ausschließlich für die Fortsetzung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens vor dem [X.]. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Verfahren vor dem [X.] fehlt es an einer Regelungslücke. Ziel der Fortsetzung des Verfahrens bei Verletzung des rechtlichen Gehörs ist es nämlich allein, möglichen Verfassungsbeschwerden wegen Verstoßes gegen Art. 103 GG, die nur bei Erschöpfung des Rechtsweges zulässig sind, vorzubeugen (vgl. [X.] 107, 335). Da gegen Entscheidungen des [X.] bei Versagung des rechtlichen Gehörs jedoch stets die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs. 2 Nr. 3 [X.] eröffnet ist, welche ausreichend Gewähr zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör bietet, fehlt es an einer Regelungslücke, welche mittels der Analogie zu § 89 a [X.] gefüllt werden könnte.

Aus demselben Grund sind auch die Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Verfahrens nach § 82 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 321 a Abs. 1 ZPO nicht erfüllt (vgl. [X.]/Hacker, [X.], 9.Aufl. 2009, § 82 RdNr. 11).

Damit erweist sich der Antrag der Beschwerdegegnerin zu 1) bereits als offensichtlich unzulässig, so dass er zu verwerfen war.

Ungeachtet der Unzulässigkeit wäre der Antrag aber auch unbegründet gewesen. Soweit die Beschwerdegegnerin zu 1) behauptet, sie sei in der mündlichen Verhandlung nicht auf die frühere Entscheidung des Senats hingewiesen worden, ist dies schon unzutreffend; vielmehr war, wie dies in der seitens der Beschwerdegegnerin zu 1) unwidersprochenen gebliebenen Hinweis des Berichterstatters vom [X.] mitgeteilt worden war, auf die Abweichung der Beurteilung des Senats über die originäre Unterscheidungs[X.] der Streitmarke im zu verhandelnden Fall von der früheren Entscheidung in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich aufmerksam gemacht worden. Darüber hinaus hat die Beschwerdegegnerin zu 1) in ihrem Schriftsatz vom 15. Juli 2010 selbst mitgeteilt, dass ihr die frühere Entscheidung des Senats aufgrund des Zitats der Beschwerdeführerin bei der mündlichen Verhandlung bekannt gewesen war. Dann hätte es auch ohne der tatsächlich erfolgten Mitteilung über die Abweichung von der früheren Entscheidung keiner intellektuellen Anstrengungen seitens der Beschwerdegegnerin zu 1) bedurft, um zu erkennen, dass der Senat bei der von ihm in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich mitgeteilten, sich im Beschluss vom 9. März 2010 wiederfindenden Einschätzung der originären Unterscheidungs[X.] von der früheren Entscheidung abweichen wird.

ohne Berücksichtigung des Gutachtens der T… GmbH aufgrund der übrigen Unterlagen ergeben hatte; dementsprechend waren Ausführungen zu den von der Beschwerdegegnerin zu 1) angeblich behaupteten Mängeln mangels Entscheidungserheblichkeit entbehrlich, worauf im Beschluss auch ausdrücklich hingewiesen wird (vgl. Seite 26 unter Buchst. [X.]) des Beschlusses).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 82 Abs. 1 Satz 3 [X.] i. V. m. Nr. 403 100 [X.] zu § 2 Abs. 1 PatKostG sowie aus § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Da die Anhörungsrüge sowohl nach allg. M. unzulässig als auch offensichtlich unbegründet war und dies für die Beschwerdegegnerin zu 1) bei einem Mindestmaß an rechtlicher Prüfung ohne Mühe hätte erkennbar sein können, entspricht es der Billigkeit, dieser nicht nur die [X.] Gesetzes ohnehin von ihr zu tragenden Gerichtskosten sondern auch die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin, soweit sie durch die Anhörungsrüge entstanden sind, aufzuerlegen; denn wegen der offensichtlichen Erfolglosigkeit ihres Antrages - zumal nach entsprechendem Hinweis des Berichterstatters - steht zu vermuten, dass die Beschwerdegegnerin zu 1) mit ihrem Antrag weniger (vermeintliche) prozessuale Rechte geltend machen wollte, sondern vielmehr eine Behinderung und Schädigung der Verfahrensgegnerin bezweckte.

Meta

27 W (pat) 211/09

28.07.2010

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 321a Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 28.07.2010, Az. 27 W (pat) 211/09 (REWIS RS 2010, 4372)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4372


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 27 W (pat) 211/09a

Bundespatentgericht, 27 W (pat) 211/09a, 28.07.2010.


Az. 27 W (pat) 211/09

Bundespatentgericht, 27 W (pat) 211/09, 28.07.2010.

Bundespatentgericht, 27 W (pat) 211/09, 09.03.2010.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

29 W (pat) 7/15 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Karriere-Jura" – Ablehnungsgesuch – Kollektiv- bzw. Globalablehnung – pauschaler Vorwurf eigener …


30 W (pat) 38/20 (Bundespatentgericht)


30 W (pat) 1/21 (Bundespatentgericht)


30 W (pat) 2/21 (Bundespatentgericht)


28 W (pat) 522/17 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Umschreibung – zur Unterbrechung durch Insolvenzverfahren – Anwendbarkeit der Vorschriften der ZPO für …


Referenzen
Wird zitiert von

26 W (pat) 57/11

26 W (pat) 56/11

26 W (pat) 58/11

27 W (pat) 100/10

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.