Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.12.2010, Az. 2 B 29/10

2. Senat | REWIS RS 2010, 114

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Gegenstand

Disziplinarbefugnis der Verwaltungsgerichte; Straftaten mit rechtsextremistischem und fremdenfeindlichem Hintergrund; Dienstbezug; Bemessung der Disziplinarmaßnahme


Leitsatz

1. Ein Dienstbezug ist nicht allein in den Fällen gegeben, in denen der Beamte auf seinem Dienstposten mit gerade denjenigen Aufgaben befasst war, die Gegenstand des ihm zur Last gelegten außerdienstlichen Fehlverhaltens sind. Es genügt, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung in dem Amt im konkret-funktionellen Sinn zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt (vgl. Urteile vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 und BVerwG 2 C 13.10 - jeweils Rn. 14 ff.).

2. Für strafbares außerdienstliches Verhalten ist die gesetzliche Strafdrohung Orientierungsrahmen für die Maßnahmebemessung (vgl. Urteile vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - Rn. 22 ff. und - BVerwG 2 C 13.10 - Rn. 16, 25 f.).

Gründe

1

[X.]ie allein auf die [X.] nach § 70 Bbg [X.] i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

1. [X.]er 1975 geborene [X.] stand zuletzt als Kriminalobermeister im Polizeidienst des klagenden [X.]. Er wurde 2007 wegen andauernder [X.]ienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Gegenstand des [X.] sind mehrere zwischen 1996 und 2003 außerhalb des [X.]ienstes begangene Handlungen mit [X.] Hintergrund. Wegen zwei dieser Handlungen - öffentliche [X.]arbietung des Hitlergrußes - wurde er mit Urteil des [X.] vom April 2005 wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 4, § 86a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB zu einer Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Im [X.] ist dem [X.]n das Ruhegehalt aberkannt worden.

3

2. Eine [X.]ivergenz i.S.v. § 70 Bbg [X.] i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist gegeben, wenn das Berufungsgericht in dem angefochtenen Urteil einen das Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, mit dem es einem Rechtssatz widersprochen hat, den eines der in den § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 127 Nr. 1 [X.] genannten Gerichte in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Es genügt nicht, wenn das Berufungsgericht einen Rechtssatz im Einzelfall rechtsfehlerhaft anwendet oder daraus nicht die rechtlichen Folgerungen zieht, die etwa für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung im konkreten Fall geboten sind (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 und vom 3. Juli 2007 - BVerwG 2 [X.] - [X.] 235.1 § 69 [X.] Nr. 1). Hieran gemessen liegt die geltend gemachte [X.]ivergenz nicht vor.

4

a) [X.]er [X.] sieht eine Abweichung vom Urteil des [X.] vom 30. August 2000 - BVerwG 1 [X.] 37.99 - (BVerwGE 112, 19 = [X.] 232 § 54 Satz 3 [X.] Nr. 23), wonach bei der Prüfung der Frage, ob ein außerdienstliches [X.]ienstvergehen einen Verstoß gegen die beamtenrechtliche Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten darstellt, auf das [X.] des Beamten abzustellen sei. [X.]iesen Rechtssatz habe das Berufungsgericht zwar scheinbar zum Ausgangspunkt seiner Erwägungen genommen, formuliere aber dann, dass ein [X.], der mehrfach den Hitlergruß in der Öffentlichkeit zeige und sich dadurch strafbar gemacht habe, ein Verhalten offenbare, das geeignet sei, das ihm entgegengebrachte Vertrauen als [X.] erheblich zu beeinträchtigen. Hiermit und mit den folgenden Ausführungen habe das Berufungsgericht den Rechtssatz aufgestellt, dass bei der Prüfung zwar theoretisch auf das [X.], in der Rechtsanwendung aber auf die Zugehörigkeit des Beamten zu einer bestimmten Laufbahn abzustellen sei. [X.]iese Abweichung sei auch entscheidungserheblich. Hätte das Berufungsgericht den Pflichtenverstoß anhand des [X.] geprüft, so hätte es den jeweils dem [X.]n übertragenen [X.]ienstposten feststellen müssen. Es hätte dann festgestellt, dass der [X.] im Zeitpunkt des ihm vorgeworfenen Verhaltens im April 2003 und 2005 nicht mehr als Sachbearbeiter für Verfahren mit rechtsextremistischem und fremdenfeindlichem Hintergrund, sondern für organisierte [X.] zuständig gewesen sei.

5

[X.]er Senat hat in seinen Urteilen vom 19. August 2010 - BVerwG 2 [X.] 5.10 - und - BVerwG 2 [X.] 13.10 - (jeweils juris, zur [X.] in der Fachpresse vorgesehen) für die [X.]isziplinarwürdigkeit außerdienstlichen Verhaltens den notwendigen Bezug zu den dienstlichen Pflichten eines Beamten unter Zugrundelegung des von der Beschwerde angeführten Urteils des [X.]isziplinarsenats vom 30. August 2000 (a.a.[X.]) näher bestimmt und ausgeführt, dass sich die Beeinträchtigung der [X.]ung und des Vertrauens entweder auf das Amt des Beamten im konkret-funktionellen Sinne ([X.]ienstposten), d.h. auf die Erfüllung der dem Beamten konkret obliegenden [X.]ienstpflichten, oder auf das Ansehen des Berufsbeamtentums als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung beziehen muss (Urteile vom 19. August 2010 a.a.[X.], jeweils Rn. 14 m.w.N.). Ein Bezug zwischen einem außerdienstlichen [X.]ienstvergehen zu dem [X.]ienstposten des Beamten ist gegeben, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die [X.]ienstausübung in dem Amt im konkret-funktionellen Sinn zulässt oder den Beamten in der [X.]ienstausübung beeinträchtigt (Urteile vom 19. August 2010 a.a.[X.], jeweils Rn. 15).

6

Beim außerdienstlichen Besitz kinderpornografischer Schriften hat der Senat im Fall eines Zollinspektors einen solchen [X.]ienstbezug verneint (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 [X.] 13.10 - Rn. 15). [X.]emgegenüber hat der Senat den [X.]ienstbezug im Fall eines Lehrers bejaht, weil ein Lehrer nach Bekanntwerden eines derartigen Fehlverhaltens bei der Aufgabenwahrnehmung zumindest stark beeinträchtigt ist. Er hat elementare Rechte gerade derjenigen Personengruppe verletzt, deren Schutz und Erziehung ihm als [X.]ienstpflicht obliegt und anvertraut sind. Insoweit genügt die bloße Eignung, zu einem konkreten Ansehensschaden oder konkreten Übergriffen muss es nicht gekommen sein (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 [X.] 5.10 - Rn. 15 und 17).

7

[X.]ies bedeutet, dass ein [X.]ienstbezug nicht allein in den Fällen gegeben ist, in denen der Beamte auf seinem [X.]ienstposten mit gerade denjenigen Aufgaben befasst war, die Gegenstand des ihm zur Last gelegten außerdienstlichen Fehlverhaltens sind, der [X.] hier also nicht als Polizeibeamter dienstlich mit Verfahren mit rechtsextremistischem und fremdenfeindlichem Hintergrund befasst sein musste. Es genügt, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die [X.]ienstausübung in dem Amt im konkret-funktionellen Sinn zulässt oder den Beamten in der [X.]ienstausübung beeinträchtigt.

8

Von diesem Ansatz ist das Berufungsgericht nicht abgewichen. Es hat angenommen, dass das außerdienstliche Verhalten des [X.]n "aus der Sicht eines unbefangenen Betrachters den Eindruck einer inneren Abkehr von den Grundprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und die darauf gestützte Befürchtung entstehen (lasse), der Polizeivollzugsbeamte werde seinen dienstlichen Aufgaben nicht mehr unbefangen nachkommen." [X.]amit ist es von einer Beeinträchtigung bei der [X.]ienstausübung ausgegangen. [X.]ass das Berufungsgericht dabei allgemein auf "Polizeivollzugsbeamte" abstellt, ist dem Umstand geschuldet, dass nach seiner Auffassung das außerdienstliche Verhalten des Beamten wegen des mit diesem Verhalten konkret einhergehenden Ansehensschadens den Beamten bei der Ausübung jeder Tätigkeit als [X.] beeinträchtigt, unabhängig von dem konkreten [X.]ienstposten. [X.]as außerdienstliche Verhalten des [X.]n indiziert damit nach Auffassung des Berufungsgerichts einen Persönlichkeitsmangel, der Anlass zu Zweifeln an seiner Eignung gibt, der einem Polizeivollzugsbeamten auf jedem [X.]ienstposten obliegenden [X.]ienstpflicht, seine Aufgaben auf den Grundprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu erfüllen, gerecht zu werden. [X.]ies ist nicht zu beanstanden.

9

b) [X.]ie Beschwerde sieht außerdem eine Abweichung vom Beschluss des [X.]isziplinarsenats vom 17. Mai 2001 - BVerwG 1 [X.]B 15.01 - ([X.] 232 § 52 [X.] Nr. 13 Rn. 38 m.w.N.), in dem der Rechtssatz aufgestellt worden sei, dass der erstmalige Verstoß gegen die beamtenrechtlichen Pflichten nach § 54 Satz 3 [X.] (a.[X.], jetzt: § 61 Abs. 1 Satz 3 [X.]), der keine Verletzung der Verfassungstreuepflicht nach § 52 Abs. 2 [X.] (a.[X.], jetzt: § 60 Abs. 1 Satz 3 [X.]) darstelle, nicht mit der [X.] zu ahnden sei. [X.]emgegenüber habe das Berufungsgericht formuliert, dass der Rechtsprechung der [X.]isziplinargerichte für Fälle, in denen eine [X.] nicht im Raum stehe, keine gefestigten [X.] zu entnehmen seien, sodass unabhängig von der generellen Eignung des [X.]elikts, die [X.]ungs- und Vertrauenswürdigkeit des Beamten zu beeinträchtigen, auf die konkreten Merkmale des Einzelfalles und die Gesamtumstände der Tat abzustellen sei. Zugleich lasse das Berufungsgericht die disziplinarrechtliche Unbescholtenheit des [X.]n außer [X.]. Es weiche damit von dem dargestellten Rechtssatz des [X.]isziplinarsenats ab, nach dem eine [X.]isziplinarmaßnahme unterhalb der [X.] auszusprechen sei.

Entgegen der Auffassung der Beschwerde besteht die dargestellte [X.]ivergenz nicht. [X.]ie aus dem angegriffenen Urteil zitierten Sätze sind keine Rechtssätze im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, sondern tatsächliche Würdigungen des festgestellten Sachverhalts. Feste [X.] gibt es im [X.]isziplinarrecht nicht. Vielmehr ist nach § 13 Abs. 1 [X.] - nichts anderes gilt für § 13 Bbg [X.] - eine Prognoseentscheidung aufgrund einer Gesamtwürdigung zu treffen. Bei der Gesamtwürdigung haben die Verwaltungsgerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Auf der Grundlage des so zusammengestellten [X.] haben die Verwaltungsgerichte eine Prognose über das voraussichtliche dienstliche Verhalten des Beamten zu treffen und das Ausmaß der von ihm herbeigeführten Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums einzuschätzen.

Als [X.] ist die Schwere des [X.]ienstvergehens gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] bzw. § 13 Abs. 1 Satz 2 Bbg [X.] richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen [X.]isziplinarmaßnahme. [X.]ies bedeutet, dass das festgestellte [X.]ienstvergehen zunächst nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 [X.] aufgeführten [X.]isziplinarmaßnahmen zuzuordnen ist. [X.]abei können die vom [X.]isziplinarsenat des [X.] für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein. [X.]avon ausgehend kommt es für die Bestimmung der [X.]isziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der [X.] im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des [X.]ienstvergehens indizierte [X.]isziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. zuletzt Urteile vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 [X.] 25.06 - insoweit nicht veröffentlicht in [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 4 = juris Rn. 17 - 19, - BVerwG 2 [X.] 28.06 - juris Rn. 19 - 22, vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 [X.] 9.06 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 3 Rn. 20 - 23, - BVerwG 2 [X.] 30.05 - insoweit nicht veröffentlich in [X.] 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 = juris Rn. 29 - 36, und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 [X.] 59.07 - insoweit nicht veröffentlicht in [X.] 235.1 § 70 [X.] Nr. 3 = juris Rn. 20 - 23).

[X.]ie vom [X.]isziplinarsenat für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen betreffen innerdienstliches Verhalten. Für strafbares außerdienstliches Verhalten hat der Senat nun in seinen Urteilen vom 19. August 2010 (a.a.[X.]) die Bedeutung der gesetzlichen Strafdrohung als Orientierungsrahmen für die Maßnahmebemessung hervorgehoben. [X.]ie Anlehnung an den Strafrahmen beruht auf den gesetzgeberischen Wertungen der Begehung einer Straftat zum Nachteil des Staates in § 100 Satz 1 Nr. 2 BbG LBG a.[X.], § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG (für Bundesbeamte: § 48 Satz 1 Nr. 2 [X.] a.[X.], § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]) oder der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen einer vorsätzlich begangenen schwerwiegenden Straftat in § 100 Satz 1 Nr. 1 BbG LBG a.[X.], § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG (für Bundesbeamte: § 48 Satz 1 Nr. 1 [X.] a.[X.], § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]; vgl. zum Ganzen: Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 [X.] 13.10 - Rn. 16 m.w.N.).

[X.]eshalb sieht der Senat als maßgeblich für die Maßnahmebemessung die jeweilige Strafandrohung unter Berücksichtigung des [X.] der Pflichtverletzung des Beamten an. [X.]ie Anknüpfung an den Strafrahmen gewährleistet auch eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarrechtliche Ahndung von [X.]ienstvergehen. [X.]ie Verwaltungsgerichte dürfen ihre eigene Einschätzung des [X.] eines [X.]elikts nicht an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen, wenn sie den Strafrahmen für unangemessen niedrig halten. Ebenso wie bei einer Regeleinstufung sind die Verwaltungsgerichte auch bei der Bestimmung eines Orientierungsrahmens gehalten, über die erforderliche [X.]isziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden (vgl. Urteile vom 19. August 2010 - BVerwG 2 [X.] 5.10 - Rn. 22 und - BVerwG 2 [X.] 13.10 - Rn. 25).

[X.]er Senat hat bei einem Strafrahmen von bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe bei Fehlen jeglichen [X.] allenfalls eine [X.]isziplinarmaßnahme im unteren Bereich für angemessen erachtet (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 [X.] 5.10 - Rn. 23) und bei einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren die Zurückstufung als Orientierungsrahmen für die Maßnahmebemessung angesehen (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 [X.] 13.10 - Rn. 26). Kommt ein [X.]ienstbezug hinzu, so kann der Orientierungsrahmen bei einem Strafrahmen bis zu einem Jahr ebenfalls die Zurückstufung, bei einem Strafrahmen bis zu zwei Jahren sogar die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sein (Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 [X.] 5.10 - Rn. 23 f.).

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist festzustellen, dass die vom [X.]n verwirklichten Strafdelikte nach § 86 Abs. 1 StGB (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen) und § 86a Abs. 1 StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) jeweils mit einer Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren geahndet werden können. [X.]ieser gesetzliche Strafrahmen lässt es wegen des vom Berufungsgericht gleichfalls bejahten [X.] zu, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Orientierungsrahmen zu nehmen. [X.]ies gilt selbst dann, wenn das Berufungsgericht - wie vorliegend - keine Verletzung der Verfassungstreuepflicht festgestellt hat, weil es hierauf angesichts des hohen Strafrahmens bei der Bestimmung des Orientierungsrahmens nicht mehr ausschlaggebend ankommt. Gleichwohl ist mit Blick auf die Ausführungen in der Beschwerde festzuhalten, dass ein so bestimmter Orientierungsrahmen lediglich Ausgangspunkt der Bemessungsentscheidung ist. Hiervon ausgehend haben die Gerichte zu prüfen, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der [X.] im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des [X.]ienstvergehens indizierte [X.]isziplinarmaßnahme geboten ist. [X.]anach kann die [X.]isziplinarmaßnahme sowohl höher als auch niedriger ausfallen.

c) [X.]ie Beschwerde sieht außerdem eine Abweichung von dem in dem Urteil des [X.]s vom 20. Mai 1983 - BVerwG 2 W[X.] 11.82 - (BVerwG 83, 136) aufgestellten Rechtssatz, vorsätzlich im Sinne des [X.] handele, wer alle Tatumstände mit Wissen und Wollen verwirkliche, die in ihrer Gesamtheit das [X.]ienstvergehen bildeten. [X.]as Berufungsgericht habe demgegenüber auf S. 15 f. seines Urteils "zwischen den Zeilen" den Rechtssatz aufgestellt, vorsätzlich im Sinne des [X.] handele, wer einen Großteil der Tatumstände mit Wissen und Wollen verwirkliche. Es hätte prüfen müssen, ob der [X.] eine etwaige Wahrnehmbarkeit seines auf ausländischem Boden gezeigten Verhaltens im Inland in seinen Vorsatz einbezogen habe.

Auch diese Ausführungen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision, denn der genannten Entscheidung liegen zum einen andere Normen zugrunde. Zum anderen ergibt sich aus den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts nicht, dass der [X.] insoweit zumindest geltend gemacht haben könnte, nicht vorsätzlich gehandelt zu haben. Verfahrensrügen hat der [X.] nicht erhoben.

Unabhängig davon lässt sich der von der Beschwerde zwischen den Zeilen herausgelesene Rechtssatz den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht einmal im Ansatz entnehmen. Nach § 19 Satz 3 BbG LBG a.[X.] muss das Verhalten des Beamten innerhalb und außerhalb des [X.]ienstes der [X.]ung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 BbG LBG a.[X.] ist ein Verhalten des Beamten außerhalb des [X.]ienstes nur dann ein [X.]ienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet ist, [X.]ung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des öffentlichen [X.]ienstes bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Beide Vorschriften enthalten keine Einschränkung im Hinblick auf den [X.] und erfassen außerdienstliches Verhalten des Beamten unabhängig davon, ob es im Inland oder im Ausland gezeigt wird. Zutreffend hat das Berufungsgericht deshalb auf eine Eignung zur [X.]ungs- und [X.] geschlossen, weil das Verhalten unabhängig vom Handlungsort ernsthafte Zweifel daran aufkommen lasse, ob der Beamte verlässlich zu den Prinzipien von Menschenwürde, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit stehe und bereit sei, diese Werte aktiv zu verteidigen. [X.]ies gilt unabhängig von der Möglichkeit der Wahrnehmbarkeit des Verhaltens durch [X.]ritte und unabhängig vom [X.]. [X.]enn § 43 Abs. 1 Satz 2 BbG LBG a.[X.] stellt auf die besondere Eignung des außerdienstlichen Verhaltens ab, [X.]ung und Vertrauen in einer für das Amt oder das Ansehen des öffentlichen [X.]ienstes bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen, verlangt nach seinem eindeutigen Wortlaut also gerade keine konkrete Beeinträchtigung. [X.]ementsprechend hat das Berufungsgericht auch an keiner Stelle seiner Ausführungen eine etwaige Wahrnehmbarkeit des auf ausländischem Boden gezeigten Verhaltens des Beamten im Inland für erforderlich erachtet.

Schließlich ging es bei der von der Beschwerde herangezogenen Entscheidung des [X.]s um eine ganz andere Frage. [X.]er [X.] hat im Urteil vom 20. Mai 1983 (a.a.[X.]) auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 SG entschieden und in Abgrenzung zum Verbotsirrtum im konkreten Fall einen Tatbestandsirrtum angenommen (juris Rn. 500 f.). Es sei danach zu unterscheiden, ob der Soldat gewusst habe, dass er das ihm vorgeworfene Verhalten begangen, es aber für nicht pflichtwidrig gehalten habe - in diesem Fall handele es sich um einen Verbotsirrtum -, oder ob das ihm angelastete Verhalten nicht vollständig von seiner Vorstellung, von seinem Wissen und Wollen umfasst gewesen sei, so dass er über einen Tatumstand mit der Folge geirrt habe, dass er allenfalls fahrlässig gehandelt haben könnte. Hier habe der Soldat nicht darüber geirrt, ob die Unterstützung einer verfassungsfeindlichen [X.] pflichtwidrig sei, sondern sein Irrtum habe sich auf die Verfassungsfeindlichkeit der Zielsetzung der [X.] bezogen (juris Rn. 501).

Hierum geht es aber vorliegend nicht. [X.]er Beamte kannte alle Tatumstände, aus denen sich die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens ergab.

d) Schließlich rügt die Beschwerde: [X.]as Berufungsgericht sei in zwei Einzelfällen zu einer unterschiedlichen Gesamtprognose gelangt. [X.]adurch habe es "zwischen den Zeilen" in Abweichung von den Urteilen des [X.]isziplinarsenats des [X.] vom 20. Januar 2004 - BVerwG 1 [X.] 33.02 - (juris) und vom 21. Februar 1989 - BVerwG 1 [X.] 108.87 - ([X.]okBer 1989 S. 125 f.), einen Rechtssatz des Inhalts aufgestellt, dass wesentlich Gleiches im [X.]isziplinarrecht unterschiedlich zu würdigen sei.

Aus einem Vergleich zwischen zwei Urteilen eines Gerichts, das aufgrund von Einzelfallwürdigungen zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt, kann eine [X.]ivergenz nicht begründet werden. [X.]ie von der Beschwerde behauptete nahezu vollständige Sachverhaltskongruenz liegt im Übrigen nicht vor.

Meta

2 B 29/10

21.12.2010

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin, 20. Januar 2010, Az: 81 D 2.08, Urteil

§ 86a Abs 1 StGB, § 86 Abs 1 Nr 4 StGB, § 13 Abs 1 BDG, § 13 Abs 1 DG BB, § 19 S 3 BG BB, § 43 Abs 1 S 2 BG BB, § 61 Abs 1 S 3 BBG 2009, § 60 Abs 1 S 3 BBG 2009, § 41 Abs 1 BBG 2009

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.12.2010, Az. 2 B 29/10 (REWIS RS 2010, 114)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 114

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Wird zitiert von

16a DZ 13.177

AN 13b D 14.00989

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