Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.03.2017, Az. 3 AZR 86/16

3. Senat | REWIS RS 2017, 13705

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Gegenstand

Betriebliche Altersversorgung - Hinterbliebenenversorgung - Tarifauslegung


Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 18. November 2015 - 6 [X.]/15 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine betriebliche Hinterbliebenenrente.

2

Der im Juli 1932 geborene und im Dezember 2011 verstorbene Ehemann der Klägerin war von 1956 bis zum Eintritt in den Ruhestand zuletzt als Flugkapitän für die Beklagte tätig. Er war Mitglied der [X.] (im Folgenden [X.]). Die Beklagte ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes [X.] (im Folgenden [X.]). Das bei der [X.] für das [X.] jeweils geltende Tarifrecht fand auf das Arbeitsverhältnis auch kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung.

3

Der verstorbene Ehemann der Klägerin bezog nach der Vollendung des 65. Lebensjahrs auf der Grundlage der bei der [X.] geltenden Tarifverträge ab dem 1. August 1997 eine Betriebsrente iHv. zuletzt 2.552,63 [X.] brutto monatlich. Die Ehe der Klägerin mit dem Verstorbenen wurde im Jahr 1998 geschlossen.

4

Die Beklagte war bis zum 31. Dezember 1994 als Unternehmen des Öffentlichen Dienstes Mitglied der [X.] (im Folgenden [X.]). Die betriebliche Altersversorgung des verstorbenen Ehemanns der Klägerin richtete sich nach dem Versorgungstarifvertrag Nr. 3 (im Folgenden [X.] Nr. 3). § 2 [X.] Nr. 3 sah die Verpflichtung der [X.] vor, die Arbeitnehmer bei der [X.] so zu versichern, dass auch die Hinterbliebenen eine Anwartschaft auf eine Gesamtversorgung erwerben konnten. Im Zuge ihrer Privatisierung endete die Mitgliedschaft der [X.] in der [X.] zum 31. Dezember 1994. Um den Arbeitnehmern weiterhin eine Versorgung entsprechend der Satzung der [X.] zu ermöglichen, schloss die Beklagte am 10. Mai 1994 den [X.] Nr. 3 (im Folgenden [X.] Nr. 3). In diesem war ua. geregelt:

        

„1.     

[X.]/LSG/CFG sind verpflichtet, nach Beendigung der [X.]-Beteiligung alle am 31.12.1994 bei der [X.] pflichtversicherten Mitarbeiter/-innen so zu stellen, als würde ihre spätere Zusatzversorgung von der [X.] nach deren jeweils geltender Satzung fortgeführt.

                 

…       

                 

Die Sätze 1 bis 3 finden auch für Hinterbliebene der dort Berechtigten bei [X.]/LSG/CFG, die nach dem 31.12.1994 versterben, entsprechende Anwendung.

        

2.    

Die Fortführung der Zusatzversorgung gemäß Ziffer 1 erfolgt in entsprechender Anwendung des [X.]-/LSG-/CFG-[X.] mit der Maßgabe, daß [X.]/LSG/CFG anstelle der [X.] deren Verpflichtungen nach Maßgabe der jeweils geltenden Satzung übernehmen.“

5

Für ab dem 1. Januar 1995 eingestellte Arbeitnehmer richtete sich die betriebliche Altersversorgung zunächst nach dem Tarifvertrag „Betriebliche Altersversorgung vom 1. September 1995“. Dieser wurde vom Tarifvertrag [X.] für das [X.] vom 4. Dezember 2004 (im Folgenden [X.]) abgelöst. Der [X.] lautet auszugsweise wie folgt:

        

§ 9   

        

Betriebliche Witwen-, Witwer- und Waisenrente

        

(1)     

Nach dem Tode eines versorgungsberechtigten Mitarbeiters oder eines versorgungsberechtigten ehemaligen Mitarbeiters hat der überlebende Ehegatte Anspruch auf betriebliche Witwen- bzw. Witwerrente.

                 

…       

        

(2)     

Die Gewährung einer betrieblichen Witwen- oder Witwerrente setzt voraus, dass die Ehe vor dem Eintritt des [X.] geschlossen wurde und im [X.]punkt des Todes fortbestanden hat. Der Anspruch auf betriebliche Witwen- oder Witwerrente besteht solange nur in Höhe von 2/3 der ansonsten zustehenden betrieblichen Witwen- oder Witwerrente, bis der hinterbliebene Ehegatte das 45. Lebensjahr vollendet hat. Die vorgenannte Beschränkung findet keine Anwendung, solange der hinterbliebene Ehegatte selbst erwerbsgemindert im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung ist oder mindestens ein in der gesetzlichen Rentenversicherung waisenrentenberechtigtes Kind erzieht.

        

…       

        
        

(5)     

Die betriebliche Hinterbliebenenrente beträgt für

                 

a)    

die Witwe bzw. den Witwer

60 vH,

                 

…       

                 
                 

der Betriebsrente, die der verstorbene [X.] von der [X.] bezogen hat oder bezogen hätte, wenn er zum [X.]punkt seines Ablebens erwerbsgemindert gewesen wäre.

        

…       

        

§ 18   

        

In [X.] Treten

        

(1)     

Dieser Versorgungstarifvertrag tritt mit Wirkung vom 01. Januar 2002 in [X.]. Davon abweichend treten § 10 Absätze (3) bis (5), § 14 Absatz (1) und (2) sowie § 16 mit Wirkung zum 01.01.2005 in [X.].“

6

Vor dem Hintergrund, dass sich die Tarifvertragsparteien des Öffentlichen Dienstes im [X.] 2001 vom 13. November 2001 auf eine grundlegende Reform der [X.]-Zusatzversorgung geeinigt hatten und [X.] den [X.] Nr. 3 zum 31. Dezember 2001 bereits gekündigt hatte, schlossen die [X.] und die [X.] am 4. Dezember 2004 den „Tarifvertrag zur Vereinheitlichung der betrieblichen Altersversorgung für das [X.] - Ablösung der [X.]-gleichen Altersversorgung und Überleitung in die [X.]“ (im Folgenden [X.]). Dieser bestimmt ua.:

        

Präambel

        

...     

        

Das bisherige [X.]-gleiche Gesamtversorgungssystem im [X.] wird mit Ablauf des 31.12.2001 abgelöst. Ab 01.01.2002 werden alle Anwartschaften und bestehenden Ansprüche auf Versorgungsleistungen auf bzw. aus [X.]-gleicher Zusatzversorgung in das im [X.] seit 01.01.1995 geltende System der Neuen Betrieblichen Altersversorgung, künftig [X.], überführt.

        

Teil I:

Geltungsbereich

        

§ 1     

Geltungsbereich

        

(1) Dieser Tarifvertrag gilt für alle aktiven und ehemaligen Mitarbeiter des [X.]s der [X.]en [X.], [X.], [X.], [X.] sowie [X.] (nachfolgend ...), die auf der Grundlage des bis 31.12.2001 geltenden [X.] Nr. 3 einschließlich des Ergänzungstarifvertrages hierzu vom 10.05.1994 Anwartschaften oder Ansprüche auf Leistungen der [X.]-gleichen Zusatzversorgung erworben haben.

        

(2) Der Tarifvertrag regelt auch die Ansprüche der Hinterbliebenen von aktiven oder ehemaligen Mitarbeitern, die aufgrund einer Anwartschaft oder eines Anspruchs nach Absatz 1 Versorgungsleistungen beanspruchen können.

                 
        

Teil II:

Mitarbeiter mit Anwartschaft auf [X.]-gleiche Gesamtversorgung

        

Abschnitt I: Rückwirkende Zusage der [X.]

        

§ 2     

Rückwirkende Zusage der [X.]

        

(1) Alle am 01.01.2002 [X.]-gleich pflichtversicherten Mitarbeiter werden unter den Voraussetzungen und nach näherer Maßgabe der folgenden Bestimmungen so gestellt, als hätten sie ab Beginn der [X.]- oder [X.]-gleichen Versicherungspflicht aufgrund ihres Arbeitsverhältnisses mit [X.] eine Zusage auf Leistungen nach dem Tarifvertrag [X.] erhalten (rückwirkende Einführung der ‚[X.]‘).

        

Satz 1 gilt entsprechend für ehemalige, bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis [X.]-gleich versicherte Mitarbeiter, die nach den Vorschriften der [X.]-Satzung i.d.F. der 40. Satzungsänderung ([X.]-S 40) bei Eintritt des Versicherungsfalles als pflichtversichert gelten.

        

Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, sofern bereits vor dem [X.] die Leistung einer [X.]-gleichen Rente begonnen hat. Sie gelten ferner nicht, wenn der ehemalige Mitarbeiter vor dem [X.] das 63. Lebensjahr vollendet hat.

        

...     

        

Teil III:

Ehemalige Mitarbeiter und Hinterbliebene

        

§ 13   

[X.]-gleiche Versorgungsrenten mit Rentenbeginn vor dem [X.]

        

(1) (Festsetzung) [X.]-gleiche Versorgungsrenten und [X.]-gleiche Versorgungsrenten an Hinterbliebene mit Rentenbeginn vor dem [X.] sind auf Grundlage des am 31.12.2001 geltenden [X.]-Satzungsrechts i.d.F. der 40. Satzungsänderung ([X.]-S 40) zu berechnen. ...

        

(2) (Weiterzahlung - Anpassung) Die nach Abs. 1 festgestellten Versorgungsrenten werden vorbehaltlich der Absätze 3 bis 5 als garantierte Betriebsrenten auf der Grundlage und gemäß den Regelungen des Tarifvertrages [X.] weitergeleistet. Sie erhöhen sich nach ihrem Beginn jeweils zum 01. Juli - frühestens ab dem [X.] - um 1 vom Hundert ihres Betrages und werden weiterhin zum bisher maßgeblichen [X.]punkt ausgezahlt. ...

        

…       

        

(5) (Anspruch auf Hinterbliebenenrente) Verstirbt ein nach Abs. 1 unmittelbar Berechtigter, haben seine Hinterbliebenen nach Maßgabe der Absätze 1 bis 4 und der Regelungen des Tarifvertrages [X.] Anspruch auf [X.]. Die Berechnung dieser Leistungen erfolgt gemäß § 9 Tarifvertrag [X.] auf Grundlage der garantierten Betriebsrente, die der Berechtigte vor seinem Ableben als Altersrente oder wegen voller Erwerbsminderung bezogen hat oder bezogen hätte.

        

…       

        

Teil V:

Schlussbestimmungen

        

…       

        
        

§ 18   

In-[X.]-Treten

        

(1) Dieser Tarifvertrag tritt mit Wirkung vom 01.01.2002 in [X.]. …“

7

Die Satzung der [X.] idF der 38., 39., 40. und 41. Satzungsänderung bestimmte hinsichtlich der Hinterbliebenenversorgung ua. Folgendes:

        

„§ 46 

        

Ausschluss von Ansprüchen

        

(1) Anspruch auf Versorgungsrente oder Versicherungsrente für Witwen besteht nicht, wenn

        

a) …, oder

        

b) die Ehe nach dem Eintritt des Versicherungsfalles geschlossen worden ist und der Verstorbene zur [X.] der Eheschließung das 65. Lebensjahr vollendet hatte, es sei denn, dass aus der Ehe ein Kind hervorgegangen ist oder dass im [X.]punkt der Eheschließung ein Kind aus einer früheren Ehe des Verstorbenen der elterlichen Betreuung bedurfte.“

8

Die Satzung der [X.] vom 19. September 2002 - die rückwirkend zum 1. Januar 2001 in [X.] trat (im Folgenden [X.]-S 2001) - regelte die Berechtigung für eine Hinterbliebenenversorgung wie folgt:

        

§ 38 Betriebsrente für Hinterbliebene

        

(1) … 

        

(2) Anspruch auf Betriebsrente für Witwen/Witwer besteht nicht, wenn die Ehe mit der/dem Verstorbenen weniger als zwölf Monate gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe/dem Witwer eine Betriebsrente zu verschaffen.“

9

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Zahlung einer Witwenrente ab dem 1. Januar 2012 iHv. [X.] der von ihrem verstorbenen Ehemann zuletzt bezogenen Betriebsrente zuzüglich eines jährlichen [X.] iHv. [X.] begehrt. Sie hat geltend gemacht, ihrem Anspruch stehe nicht entgegen, dass ihre Ehe erst nach Eintritt des [X.] geschlossen worden sei.

Ihre Versorgung richte sich nach § 38 [X.]-S 2001. Danach könne die Ehe auch nach dem Eintritt des [X.] geschlossen sein. Der [X.] habe den Besitzstand wahren sollen. Der Verweis auf § 9 [X.] sei lediglich für die Berechnung und damit die Höhe der Versorgungsleistungen maßgeblich. Die Einführung einer Spätehenklausel sei zudem unwirksam. Im Übrigen bestehe ein Widerspruch zwischen der durch den [X.] garantierten Anwartschaft gemäß der am 31. Dezember 2001 geltenden [X.]-S 2001 und der in § 9 Abs. 2 Satz 1 [X.] geregelten Hinterbliebenenversorgung.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihr beginnend ab dem 1. Dezember 2015 monatlich, jeweils zum Monatsersten, eine Hinterbliebenenrente iHv. 1.593,77 [X.] und, beginnend ab dem 1. Juli 2016 und ab dem 1. Juli der Folgejahre, jeweils zuzüglich ein Prozent des bis dahin gezahlten Betrags zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihr für die [X.] vom 1. Januar 2012 bis zum 30. April 2015 rückständige Hinterbliebenenrente iHv. 73.406,21 [X.] zu zahlen, zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,

                 

ab 1. Januar 2012 und ab dem [X.] bis einschließlich 1. Juni 2012 aus jeweils 1.531,58 [X.],

                 

ab 1. Juli 2012 und ab dem [X.] bis einschließlich 1. Juni 2013 aus jeweils weiteren 1.546,89 [X.],

                 

ab 1. Juni 2013 und ab dem [X.] bis einschließlich 1. Juni 2014 aus jeweils weiteren 1.562,36 [X.],

                 

ab 1. Juli 2014 und ab dem [X.] bis einschließlich 1. Juni 2015 aus jeweils weiteren 1.577,99 [X.] und

                 

ab 1. Juli 2015 und ab dem [X.] bis einschließlich 1. November 2015 aus jeweils weiteren 1.593,77 [X.].

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre - auf den [X.]punkt der Revisionsbegründung im April 2016 angepassten - Klageanträge weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Hinterbliebenenrente.

I. Die Hinterbliebenenversorgung der Klägerin ist nach § 9 Abs. 2 [X.] ausgeschlossen, denn die Ehe der Klägerin mit ihrem verstorbenen Ehemann wurde erst nach dem Eintritt seines [X.] geschlossen. § 9 Abs. 2 [X.] ist nach § 13 [X.] anwendbar.

1. Die Regelungen des [X.] und des [X.] galten [X.] im Rechtsverhältnis des verstorbenen Ehemanns der Klägerin und der [X.] unmittelbar (§ 3 Abs. 1 iVm. § 4 Abs. 1 [X.]).

2. Der Anwendung dieser Tarifverträge steht nicht entgegen, dass das Versorgungsverhältnis des verstorbenen Ehemanns der Klägerin nach dessen Eintritt in den Ruhestand durch den [X.] und den [X.] neu geregelt wurde. Die Tarifvertragsparteien können auch tarifliche Regelungen für Versorgungsempfänger vereinbaren.

Die [X.] der Tarifvertragsparteien erstreckt sich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch auf das anschließende [X.]. Dies folgt aus Art. 9 Abs. 3 GG. Diese Verfassungsnorm gewährleistet als Teil der Koalitionsfreiheit auch die Tarifautonomie. Das [X.] füllt den von der Verfassung vorgegebenen Rahmen lediglich aus. Dessen durch die Verfassungsordnung vorgegebener Zweck ist es, die Tarifautonomie weitgehend zu aktualisieren. Wie sich aus der Formulierung „jedermann“ in Art. 9 Abs. 3 GG ergibt, ist die Tarifautonomie allerdings hinsichtlich ihres persönlichen Anwendungsbereiches nicht auf aktive Arbeitsverhältnisse beschränkt, sondern besteht auch darüber hinaus. Soweit § 1 Abs. 1 [X.] Normen über den Inhalt von Arbeitsverhältnissen ermöglicht, betrifft dies deshalb auch solche auf das Arbeitsverhältnis bezogene Rechtsnormen, die erst nach dessen Ende wirken oder wirksam werden. Dazu gehören auch Normen, die die betriebliche Altersversorgung regeln ([X.] 20. September 2016 - 3 [X.] - Rn. 23 mwN). Die [X.] der Tarifvertragsparteien ist nicht auf begünstigende Regelungen zugunsten der Betriebsrentner beschränkt. Die [X.] umfasst auch die Vereinbarung ungünstigerer Bedingungen im Rahmen der allgemeinen Rechtmäßigkeitsanforderungen (vgl. [X.] 11. August 2009 - 3 [X.] - Rn. 29, [X.]E 131, 298).

3. Der verstorbene Ehemann der Klägerin unterfiel auch dem persönlichen Anwendungsbereich des [X.]. Nach § 1 Abs. 1 [X.] galt dieser Tarifvertrag für alle aktiven und ehemaligen Mitarbeiter des [X.] der [X.], die - wie der verstorbene Ehemann der Klägerin - auf der Grundlage des bis zum 31. Dezember 2001 geltenden [X.] Nr. 3 einschließlich des [X.] Nr. 3 Anwartschaften oder Ansprüche auf Leistungen der [X.] Zusatzversorgung erworben haben.

Die Regelungen zum persönlichen Anwendungsbereich in § 2 Abs. 1 Sätze 3 und 4 [X.] sind auch wirksam (vgl. ausf. [X.] 11. August 2009 - 3 [X.] - Rn. 31 ff., [X.]E 131, 298; [X.] 12. Juli 2010 - 1 BvR 1568/10 -). Dies hat die Klägerin nicht in Zweifel gezogen.

4. Die Auslegung der tarifvertraglichen Regelungen ergibt, dass nach § 13 Abs. 5 [X.] die Vorgaben des § 9 [X.] Anwendung finden (zu den Auslegungsgrundsätzen [X.] 10. Februar 2015 - 3 [X.] - Rn. 27 mwN, 18. Februar 2014 - 3 [X.] - Rn. 29). Die in § 13 Abs. 5 [X.] enthaltene Verweisung auf § 9 [X.] ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - eine Rechtsgrundverweisung. Deshalb erfordert der Anspruch auf Witwenrente, dass auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 [X.] erfüllt sind.

a) Bereits der Wortlaut von § 13 Abs. 5 [X.] spricht dafür, dass eine Hinterbliebenenversorgung nur zu gewähren ist, wenn die Vorgaben von § 9 [X.] erfüllt sind.

aa) Nach § 13 Abs. 5 Satz 1 [X.] haben Hinterbliebene bei Eintritt des [X.] „nach Maßgabe“ der Absätze 1 bis 4 und der Regelungen des [X.] Anspruch auf [X.]. Der Begriff „Maßgabe“ bezeichnet nach dem gebräuchlichen Wortverständnis „einer Sache entsprechend, gemäß“ ([X.] Deutsches Universalwörterbuch 5. Aufl. Stichwort „Maßgabe“). Es kommt mithin auf den [X.] der Absätze 1 bis 4 sowie des [X.] an. Damit müssen zur Begründung eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen der in Bezug genommenen Regelungen erfüllt sein.

[X.]) § 13 Abs. 5 Satz 2 [X.] stützt dieses Verständnis. Danach erfolgt die „Berechnung“ der Leistungen gemäß § 9 [X.] auf Grundlage der garantierten Betriebsrente. Diese ist in § 13 Abs. 2 Satz 1 [X.] definiert. Hierbei handelt es sich um die Rente iSd. § 13 Abs. 1 [X.]. Insofern enthält § 13 Abs. 5 Satz 2 TV Vereinheitlichung lediglich die Klarstellung, dass für die Berechnung der Höhe der Hinterbliebenenrente auf die im [X.] definierte garantierte Betriebsrente abzustellen ist. Damit haben die Tarifvertragsparteien verdeutlicht, dass § 13 Abs. 5 Satz 1 [X.] die Voraussetzungen für die Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung regelt, während § 13 Abs. 5 Satz 2 [X.] nur Vorgaben für deren Berechnung enthält.

b) Dieses Ergebnis wird durch die Systematik des [X.] gestützt.

(aa) § 13 Abs. 5 [X.] regelt die Ansprüche der Hinterbliebenen von Mitarbeitern, die vor dem 2. Januar 2002 Leistungen einer [X.] Versorgungsrente bezogen haben (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 [X.]). Zwar befindet sich die Regelung des § 13 [X.] in dem mit dem Titel „Ehemalige Mitarbeiter und Hinterbliebene“ überschriebenen Teil III des Tarifvertrags. Die Norm erfasst aber nicht sämtliche ehemaligen Mitarbeiter, sondern nur diejenigen, die bereits vor dem 2. Januar 2002 eine [X.] Versorgungsrente bezogen haben. Für die anderen Mitarbeiter, die am 1. Januar 2002 noch aktive Beschäftigte der [X.] waren (§ 2 Abs. 1 Satz 1 [X.]) oder die mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausgeschieden sind (§ 2 Abs. 1 Satz 2 [X.]), richten sich die Anforderungen für die Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung nach dem [X.] unter Berücksichtigung der im [X.] enthaltenen Modifikationen. Diese Systematik findet sich auch in § 13 TV Verein-heitlichung.

Dementsprechend bestimmt § 13 Abs. 1 Satz 1 [X.], dass die [X.] Versorgungsrenten der ehemaligen Arbeitnehmer und deren Hinterbliebenen mit Rentenbeginn vor dem 2. Januar 2002 auf der Grundlage der [X.] zu berechnen sind. Hieran knüpft § 13 Abs. 5 Satz 1 [X.] an. Stirbt ein nach Absatz 1 unmittelbar Berechtigter, bestimmen sich die Ansprüche seiner Hinterbliebenen nach dieser Norm.

([X.]) Für dieses Verständnis spricht auch, dass die von den Versorgungsberechtigten bereits vor dem 2. Januar 2002 bezogenen Versorgungsrenten nicht in den [X.] überführt wurden; die Berechnung dieser Versorgungsrenten erfolgt auch weiterhin nach der [X.]. Bei der Hinterbliebenenversorgung unterscheidet § 13 [X.] zwischen denjenigen versorgungsberechtigten Hinterbliebenen, die bereits vor dem 2. Januar 2002 Hinterbliebenenrenten bezogen haben und denjenigen, die erst ab dem 2. Januar 2002 Anspruch auf Hinterbliebenenrente haben. Für die erste Gruppe bleibt es bei den bisherigen Regelungen einschließlich der Berechnung auf der Grundlage der [X.] (§ 13 Abs. 1 [X.]). Die Hinterbliebenenversorgung von Versorgungsberechtigten, bei denen der [X.] (Tod des unmittelbar Versorgungsberechtigten) erst nach dem 1. Januar 2002 eingetreten ist, richtet sich nach § 13 Abs. 5 [X.] iVm. § 9 [X.]. Folglich werden bereits laufende Leistungen unabhängig davon, ob sie dem unmittelbar Versorgungsberechtigten oder dessen Hinterbliebenen gewährt werden, nicht in den [X.] überführt. Tritt hingegen der [X.] nach dem 1. Januar 2002 ein, richten sich die Versorgungsrenten seiner Hinterbliebenen nach dem [X.].

c) Auch Sinn und Zweck des [X.] sprechen für das vom Wortlaut vorgegebene Verständnis. Die Tarifvertragsparteien wollten - wie Absatz 3 der Präambel zeigt - die unterschiedlichen im [X.] bestehenden Versorgungssysteme zusammenführen. Hierzu sollten die Anwartschaften und bestehenden Ansprüche auf künftige Versorgungsleistungen auf bzw. aus [X.]r Zusatzversorgung in die „[X.]“ und damit in den [X.] überführt werden und keine dynamischen Verweisungen auf das in seiner Entwicklung ungewisse [X.]atzungsrecht enthalten. Deshalb verweist der [X.] durchweg statisch auf die [X.].

5. Die im [X.] enthaltene Bezugnahme auf die [X.] und § 9 [X.] kann mangels einer planwidrigen Regelungslücke auch nicht durch eine Bezugnahme auf die - eine Hinterbliebenenversorgung vorliegend nicht ausschließende - [X.] 2001 ersetzt werden. Die Tarifvertragsparteien haben bei Abschluss des [X.] und des [X.] nicht übersehen, dass die [X.] 2001 rückwirkend zum 1. Januar 2001 in [X.] getreten ist. Die Präambel des [X.] zeigt vielmehr, dass die Tarifvertragsparteien die Änderungen des [X.]atzungsrechts kannten. Folglich scheidet auch die Annahme einer tariflichen Regelungslücke, die im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung im Sinne der Klägerin geschlossen werden könnte (vgl. dazu [X.] 23. April 2013 - 3 [X.] - Rn. 29), aus. Die Tarifvertragsparteien wollten die mit der [X.] 2001 einsetzende Neuausrichtung der [X.] gerade nicht für die Beklagte übernehmen.

II. Der [X.] hat entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in ihre Rechte nach der [X.] 2001 eingegriffen. Eine unzulässige Rückwirkung des [X.] liegt deshalb nicht vor. Die [X.] 2001 vom 19. September 2002 trat zwar rückwirkend zum 1. Januar 2001 in [X.]. Allerdings war der das Satzungsrecht der [X.] dynamisch in Bezug nehmende [X.] Nr. 3 durch die [X.] bereits zum 31. Dezember 2001 gekündigt worden und damit die Dynamik in der Bezugnahme zu diesem Zeitpunkt beendet.

1. Enthält ein Tarifvertrag eine dynamische Verweisung auf einen anderen Tarifvertrag (oder ein Gesetz), so endet die Dynamik mit dem Tarifende und damit mit dem Beginn des [X.]. Für die Einbeziehung nachlaufender Änderungen des in Bezug genommenen Tarifvertrags fehlt jede Geltungslegitimation. Die Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 [X.] ist statisch ([X.] 12. Dezember 2007 - 4 [X.] - Rn. 25, [X.]E 125, 169; vgl. auch [X.]/[X.] 4. Aufl. § 4 Rn. 808; [X.]/[X.] 4. Aufl. § 4 Rn. 999). Ein Arbeitgeber ist an nach der Beendigung des Tarifvertrags und damit nach Eintritt der Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 [X.] vereinbarte Änderungen des Tarifvertrags oder des dynamisch in Bezug genommenen Tarifvertrags nicht mehr gebunden, auch wenn diese Änderungen zurückwirken (vgl. [X.] 19. September 2007 - 4 [X.] - Rn. 26, [X.]E 124, 123). Dies gilt jedenfalls auch bei einer Verweisung auf die Satzungen der [X.], die ihrerseits auf tariflichen Regelungen beruhen.

2. Die [X.] 2001 wurde erst am 19. September 2002 erlassen und am 3. Januar 2003 im [X.] veröffentlicht; sie trat rückwirkend zum 1. Januar 2001 in [X.]. Zum Zeitpunkt der Neufassung der [X.] 2001 war jedoch die Dynamik im [X.] Nr. 3 aufgrund dessen Kündigung zum 31. Dezember 2001 bereits beendet. Sie konnte deshalb nicht mehr zu einer Anwendung der [X.] 2001 führen.

III. Die in § 9 Abs. 2 [X.] enthaltene [X.] ist wirksam, sie verstößt weder gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters noch gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 GG oder gegen Art. 6 GG.

1. § 9 Abs. 2 [X.] ist nicht nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam und verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Voraussetzung, dass die Ehe vor dem Eintritt des [X.] beim unmittelbar versorgungsberechtigten Arbeitnehmer geschlossen worden sein muss, ist im Hinblick auf das Ziel, die Leistungspflichten des Arbeitgebers auf Risiken zu begrenzen, die vor dem Eintritt des [X.] beim Versorgungsberechtigten angelegt waren, angemessen und erforderlich (vgl. [X.] 15. Oktober 2013 - 3 [X.] - Rn. 22 ff., [X.]E 146, 200). [X.] - wie vorliegend - Ungleichbehandlungen gerügt, die an verpönte Merkmale iSd. § 1 AGG anknüpfen, enthält Art. 3 Abs. 1 GG keine weiter gehenden Anforderungen als § 3 Abs. 1 AGG (vgl. [X.] 20. April 2010 - 3 [X.] - Rn. 84, [X.]E 134, 89).

2. Die Einschränkung der Hinterbliebenenversorgung durch § 9 Abs. 2 [X.] begegnet auch vor dem Hintergrund des grundgesetzlichen Schutzes von Ehe und Familie durch Art. 6 GG keinen Bedenken. Die in § 9 Abs. 2 [X.] enthaltene Anforderung, dass die Ehe vor dem Eintritt des [X.] beim unmittelbar Versorgungsberechtigten geschlossen worden sein muss, widerspricht nicht dem Verbot des Art. 6 Abs. 1 GG, die Ehe zu schädigen oder sonst zu beeinträchtigen. Ehepartnern entsteht durch diese Einschränkung kein Nachteil, den sie ohne die Heirat nicht gehabt hätten. Das Ausbleiben eines erhofften Vorteils ist kein rechtlicher Nachteil (vgl. [X.] 15. Oktober 2013 - 3 [X.] - Rn. 46, [X.]E 146, 200). Aus Art. 6 Abs. 1 GG folgt keine Pflicht, dem überlebenden Ehegatten eine Hinterbliebenenrente zu gewähren (vgl. [X.] 1. März 2010 - 1 BvR 2584/06 - Rn. 18, [X.]K 17, 120).

IV. Auch aus der vertraglichen Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag des verstorbenen Ehemanns der Klägerin ergibt sich nichts Weitergehendes.

Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die bei der [X.] geltenden Tarifverträge für das [X.] verweist auf die in Bezug genommenen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung. Damit erfasst die [X.] den [X.] Nr. 3 nur in der Fassung und mit den Wirkungen, die er bei Ablauf der Kündigungsfrist am 31. Dezember 2001 hatte. Dessen dynamische Inbezugnahme des jeweils geltenden [X.]atzungsrechts endete mit dem Wirksamwerden der von der [X.] zum 31. Dezember 2001 ausgesprochenen Kündigung. Die nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung erfolgten (rückwirkenden) Änderungen des [X.]atzungsrechts werden folglich auch von der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel nicht mehr erfasst.

V. Soweit die Klägerin erstmals in der Revision geltend macht, die in § 46 [X.] enthaltene [X.] habe ihrerseits bereits gegen das [X.] und den Gleichheitssatz verstoßen, führt sie damit einen neuen Streitgegenstand in das Verfahren ein. Dies ist im Revisionsverfahren nicht mehr möglich (vgl. [X.] 10. März 2015 - 3 [X.] - Rn. 19 ff.).

VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Zwanziger    

        

    Spinner    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Silke Nötzel     

        

    Schultz     

                 

Meta

3 AZR 86/16

21.03.2017

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Frankfurt, 13. November 2014, Az: 19 Ca 4518/14, Urteil

§ 4 Abs 5 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.03.2017, Az. 3 AZR 86/16 (REWIS RS 2017, 13705)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13705

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Referenzen
Wird zitiert von

12 Sa 15/22

12 Sa 343/21

12 Sa 13/21

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