Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.05.2018, Az. 3 StR 148/18

3. Strafsenat | REWIS RS 2018, 9697

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Gegenstand

Revision des Angeklagten: Nachholung der Unterbringungsanordnung nach Aufhebung des Urteils bei fehlender Ausnahme der unterbliebenen Unterbringung vom Rechtsmittelangriff


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 18. Dezember 2017, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zehn Fällen, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 18 weiteren Fällen, Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum Erwerb von Betäubungsmitteln, sowie Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt und in Höhe von 540 € die Einziehung des Werts des [X.] angeordnet. Dagegen wendet er sich mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

3

2. Die Nachprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch sowie zur Einziehungsentscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

4

3. Das Urteil hält sachlichrechtlicher Überprüfung jedoch nicht stand, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterblieben ist.

5

a) Das [X.] hat die Maßregel nicht unerörtert lassen dürfen. Der [X.] hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt:

"Nach den Feststellungen konsumiert der Angeklagte seit seinem 17. Lebensjahr Drogen - teilweise in exzessivem Maße - und beging aufgrund des Drogenkonsums bereits in der Vergangenheit eine Reihe von Straftaten ([X.]). Auch nach seiner letzten Haftentlassung war 'sein Alltag weiterhin von erheblichem Konsum von Kokain und Cannabis und von Suchtdruck geprägt' ([X.]). Auch wenn er sich zwischenzeitlich von seinem Kokainkonsum 'losgesagt' hat, konsumierte er bis zuletzt täglich 2 Gramm Cannabis ([X.]). Angesichts dessen und des Umstandes, dass der Beschwerdeführer die verfahrensgegenständlichen Betäubungsmittelstraftaten zumindest teilweise auch zur Ermöglichung des Eigenkonsums beging, hätte es zwingend einer Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen einer Maßregelunterbringung nach § 64 StGB bedurft.

Allerdings kann eine Maßregelanordnung - je nach Verlauf der Unterbringung - wegen der Höchstfrist des § 67d Abs. 1 S. 3 StGB zu einem die Dauer der hier verhängten Freiheitsstrafe deutlich übersteigenden Zeitraum des [X.] führen, weil sich die zweijährige Höchstfrist des § 67d Abs. 1 S. 1 nach Maßgabe des § 67d Abs. 1 S. 3 StGB um die Dauer des nach § 67 Abs. 4 StGB anrechenbaren Teils der Freiheitsstrafe verlängert. Doch hindert diese Möglichkeit und der Umstand, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, die spätere Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 S. 3 StPO), sofern der Beschwerdeführer die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen hat oder noch bis zu einer Entscheidung des [X.] ausnimmt (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Juni 2017 - 3 StR 97/17)."

6

Dem schließt sich der Senat an.

7

b) Über die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt muss daher - unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) - neu verhandelt und entschieden werden. Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB - auch nach der Stellungnahme des [X.]s - nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen.

8

4. Der aufgezeigte Rechtsfehler lässt den Strafausspruch unberührt. Es ist auszuschließen, dass das [X.] bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt auf eine mildere Strafe erkannt hätte. Anders als der Beschwerdeführer meint, besteht zwischen dieser und der Maßregel grundsätzlich keine notwendige Wechselwirkung; die beiden Rechtsfolgen sollen unabhängig voneinander bemessen bzw. angeordnet werden (vgl. [X.], Beschluss vom 6. September 2016 - 3 [X.], [X.], 358).

Becker     

        

Gericke     

        

     Spaniol

                          

Ri[X.] Hoch befindet sich im
Urlaub und ist daher gehindert
zu unterschreiben.

        
        

Berg     

        

Becker

        

Meta

3 StR 148/18

03.05.2018

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 3. Mai 2018, Az: 3 StR 148/18, Beschluss

§ 344 Abs 1 StPO, § 358 Abs 2 S 3 StPO, § 64 StGB, § 67d Abs 1 S 3 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.05.2018, Az. 3 StR 148/18 (REWIS RS 2018, 9697)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 9697


Verfahrensgang

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Az. 3 StR 148/18

Bundesgerichtshof, 3 StR 148/18, 03.05.2018.

Bundesgerichtshof, 3 StR 148/18, 03.05.2018.


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