Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2008, Az. V ZB 59/08

V. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1742

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[X.][X.]/08vom 25. September 2008 in dem Rechtsstreit - 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 25. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und Dr. [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Kläger wird der Beschluss der 15. Zivilkammer des [X.] (Oder) vom 31. März 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen. Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 1.200 •. Gründe: [X.] Die Parteien sind [X.]. Auf dem Grundstück der Kläger befindet sich als Abgrenzung zu dem Grundstück der Beklagten ein in Sockel einbetonierter Maschendrahtzaun. Die dadurch bis zur tatsächlichen Grund-stücksgrenze entstehende Fläche von 24 qm nutzen die Beklagten. 1 Die Kläger haben die Verurteilung der Beklagten zur Entfernung des Zaunes beantragt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Kläger keinen Herausgabe- und Beseitigungsanspruch aus §§ 985, 1004 BGB hätten. 2 - 3 - Die Berufung der Kläger hat das [X.] - nach Erteilung eines Hinweises - durch Beschluss als unzulässig verworfen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde wollen die Kläger unter Aufhebung des an-gefochtenen Beschlusses die Durchsetzung ihres - mit dem erstinstanzlichen Antrag übereinstimmenden - Berufungsantrags, hilfsweise die Zurückverwei-sung der Sache an das Berufungsgericht erreichen. 3 I[X.] Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Berufung unzulässig, weil die Beschwer der Kläger nicht mehr als 600 •, sondern lediglich 100 • betrage. Denn sie verlangten nur die Beseitigung des Zaunes, nicht aber die Einräumung des Besitzes an dem dahinter liegenden Grundstücksteil. Aus einer Verurteilung der Beklagten zur Entfernung des Zaunes ergäbe sich nicht, dass diese die Teilfläche von 24 qm nicht weiter nutzen dürften. Die Rechtskraft eines Urteils werde nämlich durch die Anträge der Parteien und den Tenor begrenzt. Dass die Kläger und die Beklagten ebenso wie das Amtsgericht möglicherweise da-von ausgegangen seien, dass eine Verurteilung zur Entfernung des Zaunes zugleich die Verpflichtung der Beklagten zur Herausgabe der Teilfläche [X.], ändere daran nichts. Deshalb bemesse sich die Beschwer der Kläger nur nach ihrem wirtschaftlichen Interesse an der Beseitigung der durch den Zaun allenfalls geringfügig und nicht nachhaltig entstandenen Substanzverletzung des Erdreichs in Verbindung mit einem wohl eher immateriellen Interesse an der Beseitigung einer eventuellen optischen Beeinträchtigung durch den Zaun. 4 II[X.] Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 5 - 4 - [X.] (§§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 575 ZPO). Sie ist auch im Übrigen zulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO liegen vor; die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfor-dert eine Entscheidung des [X.] (Nr. 2 Alt. 2). 6 1. Entgegen der in der Rechtsbeschwerdebegründung vertretenen [X.] hat das Berufungsgericht allerdings den Anspruch der Kläger auf Gewäh-rung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht verletzt. Denn es hat ihren Vortrag, dass sie sowohl in erster als auch in zweiter Instanz die Herausgabe der von den Beklagten genutzten Teilfläche verlangt hätten und dies habe das Amtsgericht auch so verstanden, in dem angefochtenen Beschluss sowohl zur Kenntnis genommen als auch erwogen. Es hat ihn lediglich rechtlich anders bewertet als die Kläger. 7 2. Das Berufungsgericht hat jedoch entgegen dem in Art. 19 Abs. 4 GG verankerten Justizgewährungsanspruch den Klägern den Zugang zur [X.] in unzumutbarer Weise erschwert und damit gegen das aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG als allgemeinem Prozessgrundrecht folgen-de Recht auf ein faires Verfahren verstoßen (vgl. [X.] 110, 339, 342). 8 3. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. 9 a) Das Amtsgericht hat - allerdings ohne auf die Stellung eines [X.] Klageantrags hinzuwirken (§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO) - das Klageziel, nämlich auch die Herausgabe der durch den Maschendrahtzaun abgetrennten Teilfläche des Grundstücks der Kläger, richtig erkannt; die Beklagten sind ebenfalls davon ausgegangen, dass sie die Fläche herausgeben sollen. Die erstinstanzliche Klageabweisung beruht auf der Überlegung, dass die Kläger die Zufahrt zu der Garage der Beklagten unter Inanspruchnahme eines Teils 10 - 5 - ihres Grundstücks aus dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschafts-verhältnisses (§ 242 BGB) dulden müssen. Somit bildete der Herausgabean-spruch den rechtlichen Schwerpunkt des Prozesses. Insoweit sind die Kläger durch die Klageabweisung beschwert. b) Diesen Umfang der Beschwer hat das Berufungsgericht verkannt, in-dem es zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass die Rechtskraft eines Urteils durch die Anträge und den Tenor begrenzt werde. Richtig ist demgegenüber, dass zur Bestimmung des Umfangs der Rechtskraft auch Tatbestand und Ent-scheidungsgründe einschließlich des Parteivorbringens heranzuziehen sind, wenn sich, wie bei Klageabweisungen, der Urteilsformel nicht mit genügender Bestimmtheit entnehmen lässt, worüber das Gericht entschieden hat ([X.] NJW 2003, 3759). 11 c) Der Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts vom 6. März 2008 [X.] an der rechtsfehlerhaften Behandlung der Sache nichts. Nachdem die Klä-ger daraufhin ihr Klageziel ausführlich dargelegt haben, musste das Berufungs-gericht ihnen die Gelegenheit geben, dieses - gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren unveränderte - Ziel in dem Berufungsverfahren - gegebenenfalls mit einem sachdienlichen Antrag - weiter zu verfolgen. Diese Möglichkeit hat das Berufungsgericht ihnen mit dem angefochtenen Beschluss genommen. 12 - 6 - IV. Den Gegenstandswert des [X.] bemisst der Senat entsprechend den Angaben der Kläger mit dem Wert der Teilfläche. 13 [X.] [X.] Lemke

Schmidt-Ränsch [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 11.09.2007 - 11 C 93/06 - [X.] (Oder), Entscheidung vom 31.03.2008 - 15 S 241/07 -

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V ZB 59/08

25.09.2008

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2008, Az. V ZB 59/08 (REWIS RS 2008, 1742)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1742

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