Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.10.2016, Az. B 10 ÜG 23/16 B

10. Senat | REWIS RS 2016, 3465

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - überlanges Gerichtsverfahren - PKH-Verfahren als Gerichtsverfahren neben dem Hauptsacheverfahren - Auswirkungen von Verzögerungen im PKH-Verfahren auf das gleichzeitige Hauptsacheverfahren - Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls - sozialgerichtliches Verfahren


Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 26. April 2016 wird als unzulässig verworfen.

Der Beklagte trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auf 1800 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. In der Hauptsache begehrt der Kläger Entschädigungsleistungen aufgrund einer überlangen Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens wegen eines Berufsschadensausgleichs nach dem [X.], währenddessen er erstinstanzlich auch Prozesskostenhilfe ([X.]) erhielt. Das [X.] hat auf die [X.] des [X.] hin eine Verzögerung des Verfahrens vor dem [X.] von 30 Monaten festgestellt, die um 12 Monate für die Instanz auf 18 Monate zu reduzieren sei und den Beklagten verurteilt, an den Kläger 1800 Euro nebst Zinsen ab dem 14.2.2014 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen. Dabei handele es sich bei dem Hauptsacheverfahren und dem Verfahren auf Gewährung von [X.] nach § 198 Abs 6 Gerichtsverfassungsgesetz ([X.]) um getrennt zu bewertende Verfahren, sodass das Verhalten des [X.] im Verfahren um die [X.]-Bewilligung nicht dem zu prüfenden Hauptsacheverfahren zuzurechnen sei. Ungeachtet dessen befreie diese insgesamt geringe Verzögerung des Verfahrens um [X.] durch den Kläger die [X.] nicht von ihrer Verpflichtung, für die gemäß Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention gebotene Zügigkeit Rechnung zu tragen (Urteil vom 26.4.2016).

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Beklagte beim B[X.] Beschwerde eingelegt, die er mit dem Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) begründet.

3

II. Die Beschwerde des Beklagten ist unzulässig. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist nicht hinreichend bezeichnet (§ 160a Abs 2 S 3 [X.]G).

4

Der Beklagte legt die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern die Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB B[X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]; B[X.] [X.] 3-4100 § 111 [X.] S 2 f; s a B[X.] [X.] 3-2500 § 240 [X.] 151 f mwN).

5

Der Beklagte wirft die Frage auf,

        

ob verfahrensfördernde Handlungen des Gerichts und vom Kläger zu verantwortende Verzögerungen im Verfahren um Bewilligung von Prozesskostenhilfe bei der Beurteilung der Angemessenheit der Dauer des gleichzeitig rechtshängig gewordenen Hauptsacheverfahrens gemäß § 198 Abs 6 [X.], [X.] [X.] zu berücksichtigen sind?

6

Diese von dem Beklagten für klärungsbedürftig gehaltene Rechtsfrage ist allerdings im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdebegründung nicht mehr klärungsbedürftig (vgl hierzu B[X.] Beschluss vom 16.5.2007 - B 11b [X.]/06 B - Juris RdNr 7 mwN). Wie der Senat bereits im vom Beklagten selbst zitierten Urteil vom 10.7.2014 (B 10 ÜG 8/13 R - [X.] 4-1720 § 198 [X.]) entschieden hat, ergibt sich bereits aus dem Gesetz in § 198 Abs 6 [X.] [X.], dass ua Verfahren zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe in den Anwendungsbereich des § 198 [X.] fallen und ua neben den Klageverfahren zur Hauptsache erfasst werden (vgl B[X.], aaO, Rd[X.]6 ff, 22). Hierzu hat auch bereits der [X.] mit Urteil vom 5.12.2013 ([X.]/13 - [X.]Z 199, 190, Rd[X.]3) ausgeführt, dass § 198 Abs 6 [X.] [X.] ausdrücklich das Verfahren zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe zu den gerichtlichen Verfahren zählt. Denn aus dem Prinzip der Rechtsschutzgleichheit (Art 3 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG) folge das Gebot, die Situation vom [X.] und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen. Daher sei auch beim Verfahren zur Bewilligung der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe eine angemessene schnelle richterliche Entscheidung geboten. Komme dieses zu spät, könne das den Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes verletzen ([X.], aaO, unter Hinweis auf BT-Drucks 17/3802 [X.]). Warum gleichwohl noch Klärungsbedarf fortbestehen sollte, hat der Beklagte bei seiner Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des B[X.] nicht ausreichend begründen können (vgl dazu B[X.] [X.] 3-1500 § 146 [X.]) und die Rechtsprechung des [X.] völlig außer [X.] gelassen. Schließlich verweist der Beklagte selbst auf die Rechtsprechung des [X.] mit Beschluss vom [X.] (1 BvR 2662/06 - Juris RdNr 31), wonach ein schwebendes [X.]-Beschwerdeverfahren grundsätzlich den Fortgang in der Hauptsache nicht hindere. Der ggf daraus folgende Umstand, dass ein Gericht im Rahmen des [X.]-Verfahrens die Hauptsache nicht so zügig bearbeitet wie dies ggf erforderlich wäre, ist insoweit nach der Rechtsprechung des B[X.] im Rahmen des § 198 [X.] [X.] bei den Umständen des Einzelfalles zu bewerten (vgl B[X.], aaO, Rd[X.]9 mwN). Darüber hinaus hätte sich der Beklagte auch mit der Vorschrift des § 198 Abs 6 [X.] [X.] inhaltlich auseinandersetzen müssen, da dort als Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozesskosten- oder Verfahrenskostenhilfe genannt wird (vgl hierzu B[X.] Urteil vom [X.] ÜG 8/13 R - [X.] 4-1720 § 198 [X.] Rd[X.]7 und 18). Dieses hat er unterlassen.

7

Soweit der Beklagte eine unzutreffende Rechtsanwendung des [X.] rügen wollte, kann er hierauf eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht stützen (vgl B[X.] [X.] 1500 § 160a Nr 7 S 10).

8

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher [X.] (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 [X.]G).

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 [X.]G iVm § 154 Abs 2 VwGO.

Die [X.] folgt aus § 197a Abs 1 S 1 [X.]G iVm §§ 47, 52 Abs 1 und 3 GKG.

Meta

B 10 ÜG 23/16 B

25.10.2016

Bundessozialgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend SG Magdeburg, 15. Januar 2009, Az: XX, Beschluss

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 198 Abs 6 Nr 1 GVG, § 198 Abs 1 S 1 GVG, § 198 Abs 1 S 2 GVG, § 73a SGG, § 114 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 25.10.2016, Az. B 10 ÜG 23/16 B (REWIS RS 2016, 3465)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3465

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