Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.02.2015, Az. 35 W (pat) 427/12

35. Senat | REWIS RS 2015, 15558

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Gegenstand

Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren – „Vorrichtung zum Bearbeiten von Werkstücken“ – kein Wegfall der Anschlussbeschwerde mit Erledigung des Löschungsverfahrens


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Gebrauchsmuster 202 20 352

(hier: Kostengrundentscheidung nach § 91a ZPO)

hat der 35. Senat ([X.]) des [X.] am 12. Februar 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie [X.] Dr.-Ing. [X.] und Dipl.-Ing. Wiegele

beschlossen:

Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzenzügen werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Antragsgegnerin) ist Inhaberin des Gebrauchsmusters 202 20 352 (im Folgenden: [X.]) mit der Bezeichnung

2

„Vorrichtung zum Bearbeiten von Werkstücken“,

3

das unter Inanspruchnahme des 31. Oktober 2002 als Anmeldetag der [X.] 102 50 662 angemeldet und am 15. Mai 2003 in das Gebrauchsmuster-Register eingetragen worden ist.

4

Gegen das [X.] hatte bereits die [X.] in E1…, im April 2005 beim [X.] ([X.]) Löschungsantrag gestellt mit der Begründung, das [X.] sei nicht schutzfähig i. S. v. §§ 1 – 3 [X.]. Das Verfahren wurde beim [X.] unter dem Aktenzeichen [X.] geführt. Mit Beschluss vom 26. März 2007 hat die [X.] das [X.] teilweise gelöscht, nämlich insoweit, als es über Schutzanspruch 1 des [X.] 8 der - damaligen und jetzigen – Antragsgegnerin und die darauf rückbezogenen eingetragenen [X.] 2, 4 bis 7 und 9 bis 25 hinausging. Dagegen hat die Antragsgegnerin Beschwerde zum [X.] eingelegt. Hierauf hat die [X.] in E1…, unselbständige [X.] erhoben. Dieses frühere patentgerichtliche Beschwerdeverfahren hat das Aktenzeichen 35 W (pat) 432/07. Am Schluss der mündlichen Verhandlung vom 24. März 2009 hat der 35. Senat ([X.]) beschlossen und verkündet, dass auf die [X.] der [X.] … GmbH in E1…, hin das [X.] in vollem Umfang gelöscht werde. Daraufhin hat die Antragsgegnerin ihre (damalige) Beschwerde zurückgenommen, was der 35. Senat mit Beschluss vom 1. Februar 2010 als wirksam anerkannt hat mit der Folge, dass die mit dem Beschluss der [X.] vom 26. März 2007 beschlossene Teillöschung des [X.]s bestandskräftig geworden ist.

5

Dadurch bekam das [X.] folgende veränderte Fassung. Der neue Schutzanspruch 1 lautete:

6

„1. Vorrichtung zum Bearbeiten eines band- oder plattenförmigen metallischen Werkstücks, insbesondere zum Entfernen der Oxidschicht von Schnittflächen und/oder Schnittkanten des Werkstücks,

7

dadurch gekennzeichnet,

8

dass wenigstens zwei jeweils mit wenigstens einer Bürste versehene, umlaufende Fördereinrichtungen vorgesehen sind, wobei die Fördereinrichtungen die jeweils wenigstens eine Bürste schräg bzw. quer zur Vorschubrichtung des Werkstücks im Bereich des zu bearbeitenden Werkstücks wenigstens annähernd linear vorbeiführen, wobei das Werkstück derart durchführbar ist, dass die wenigstens zwei Fördereinrichtungen mit den zugeordneten Bürsten zu dem Werkstück gegenüberliegend und in Durchlaufrichtung des Werkstücks um 10 bis 100 mm versetzt zueinander angeordnet sind.“

9

Außerdem galten nur noch die eingetragenen [X.] 2, 4 bis 7 und 9 bis 25, insoweit sie auf den neuen Schutzanspruch 1 zurückbezogen waren.

Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2010 hat auch der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) die Löschung des [X.]s wegen fehlender Schutzfähigkeit beantragt. Dem hat die Antragsgegnerin rechtzeitig widersprochen.

Der Antragsteller war im Zeitpunkt seiner Antragstellung Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer der [X.] in E1…. In beide Stellungen war er erst eingetreten, nachdem in dem früheren Löschungsverfahren gegen das [X.], das die [X.] beim [X.] betrieben hat, die Beschwerdefrist abgelaufen war.

In der mündlichen Verhandlung vor der [X.] am 29. März 2012 hat die Antragsgegnerin die Zurückweisung des [X.] beantragt, hilfsweise hat sie das [X.] in der jeweiligen Fassung nach den [X.] 1) und 2) verteidigt, die sie in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hatte.

Schutzanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 der Antragsgegnerin lautete:

„1. Vorrichtung zum Bearbeiten eines band- oder plattenförmigen metallischen Werkstücks, insbesondere zum Entfernen der Oxidschicht von Schnittflächen und/oder Schnittkanten des Werkstücks,

dadurch gekennzeichnet,

wenigstens zwei jeweils mit wenigstens einer Bürste versehene, umlaufende Fördereinrichtungen vorgesehen sind, wobei die Fördereinrichtungen die jeweils wenigstens eine Bürste schräg bzw. quer zur Vorschubrichtung des Werkstücks im Bereich des zu bearbeitenden Werkstücks wenigstens annähernd linear vorbeiführen, wobei das Werkstück derart durchführbar ist, dass die wenigstens zwei Fördereinrichtungen mit den zugeordneten Bürsten zu dem Werkstück gegenüberliegend und in Durchlaufrichtung des Werkstücks um 10 bis 100 mm versetzt zueinander angeordnet sind.“

Diese Fassung weicht von der letzten geltenden Fassung von Schutzanspruch 1 des [X.]s nur durch die vorstehend gekennzeichneten Streichungen des Wortes „wenigstens“ ab.

Anders als im [X.] in der Fassung bei Einreichung des [X.] sollten zusammen mit diesem neuen Schutzanspruch 1 die abhängigen [X.] 7 und 9 gelöscht werden. Danach hätten nur noch die abhängigen [X.] 2, 4 bis 6 und 10 bis 25 gegolten.

Mit auf den 25. April 2012 datiertem Beschluss, der den Verfahrensbeteiligten auf die mündliche Verhandlung vom 29. März 2012 hin an [X.] Statt zugestellt worden ist, hat die [X.] das [X.] gelöscht, soweit es über den Hilfsantrag 1 der Antragsgegnerin vom 29. März 2012 hinausging. Die Kosten des patentamtlichen Verfahrens wurden gegen einander aufgehoben.

Diese Entscheidung hat die [X.] im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Löschungsantrag sei zulässig. Das bestandskräftige Resultat des früheren [X.], das die [X.] in E1… gegen das [X.] geführt hat, stünde dem Löschungsantrag nicht als Verfahrenshindernis entgegen. Auf den Antragsteller träfen auch nicht die Voraussetzungen zu, unter denen ausnahmsweise ein von einem sogenannten Strohmann geführtes Löschungsverfahren unzulässig sei. Schutzanspruch 1 nach dem Hauptantrag der Antragsgegnerin, der auf eine Verteidigung des [X.]s in der zuletzt geltenden Fassung gerichtet war, hat die [X.] als unzulässig erweitert und deswegen als nicht schutzfähig angesehen. Dagegen hat die [X.] den Gegenstand des [X.]s nach Hilfsantrag 1 der Antragsgegnerin vom 29. März 2012 als zulässig, neu und erfinderisch angesehen und hat den Löschungsantrag des Antragstellers im Umfang dieses [X.] zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller im Mai 2012 Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, über den angegriffenen Beschluss hinaus eine vollständige Löschung des [X.]s zu erreichen.

Der Antragsteller meint, die [X.] sei bei ihrer Entscheidung in der Sache an die Entscheidung gebunden gewesen, die der Senat in dem früheren Löschungsverfahren nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2009 im Beschwerdeverfahren verkündet hatte und die auf eine vollständige Löschung des [X.]s gerichtet war. Das sei für Rechtssicherheit und Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich gewesen. Es sei nicht nachvollziehbar, wie dasselbe Schutzrecht einmal vom [X.] als vollständig löschungsreif beurteilt werden und danach vom [X.] in seinem Bestand weitgehend bestätigt werden könnte.

[X.] und [X.] nicht schutzfähig i. S. v. §§ 1 – 3 [X.].

Diesem Vortrag des Antragstellers hätte der Antrag entsprochen,

den auf den 25. April 2012 datierten Beschluss der [X.] des [X.]s insoweit aufzuheben, als darin der Löschungsantrag des Antragstellers teilweise zurückgewiesen worden war, und die vollständige Löschung des [X.]s anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat ihrerseits [X.] erhoben mit dem Ziel, den angegriffenen Beschluss rückgängig zu machen und so den Fortbestand des [X.]s in der Fassung zu erreichen, die es bei Einreichung des [X.] hatte. Dementsprechend hat sie sinngemäß beantragt,

A) im Zuge ihrer [X.]:

den auf den 25. April 2012 datierten Beschluss der [X.] aufzuheben und den Löschungsantrag als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise,

den Löschungsantrag als unbegründet zurückzuweisen.

B) gegenüber der Beschwerde des Antragstellers:

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hält den Löschungsantrag für unzulässig, weil sie meint, dass der Antragsteller als Mitgeschäftsführer und Mitgesellschafter der [X.] … GmbH in E1…, das Ergebnis des von dieser [X.] in der Vergangenheit betriebenen und bestandskräftig abgeschlossenen [X.] gegen sich gelten lassen müsse. Außerdem handele der Antragsteller ausschließlich als Strohmann der [X.] und in deren Interessen. Eigene, für die Frage der Zulässigkeit seines [X.] ins Gewicht fallende Interessen hätte der Antragsteller dagegen nicht.

In der Sache hält die Antragsgegnerin den Löschungsantrag für von Anfang an unbegründet, weil sie meint, dass das [X.] in vollem Umfang zulässig und schutzfähig sei. Das begründet auch ihren Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Folgende Druckschriften befanden sich im Verfahren:

L3) [X.] 201 20 999 U1

L4) [X.] 1 692 780

[X.]) Produktbroschüre Fa. W… GmbH

[X.]) Verkaufsprospekt Fa. E… GmbH

[X.]) [X.] 2003/0014743 A

L8) [X.] 89 12 042 U1

[X.]) [X.] 63 87 12 [X.]

L10) Brief der Fa. W… an die Fa. … GmbH

L11) [X.] 3 072 945 A

L12) [X.] 010 A2

[X.]) [X.]/38360 A1

[X.]) [X.] 100 11 064 A1.

Mit Wirkung vom 1. November 2012 ist das [X.] mit Ablauf der zehnjährigen Laufzeit erloschen.

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2012 hat der gesetzliche Vertreter der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller erklärt, gegen ihn persönlich keine Ansprüche aus dem [X.] geltend zu machen. Mit anwaltlichem Schreiben vom selben Tage hat die Antragsgegnerin dem Gericht eine Kopie des vorgenannten Schreibens ihres gesetzlichen Vertreters übersandt und gleichzeitig darum gebeten, bei einer Kostenentscheidung die Anträge der Antragsgegnerin, gegebenenfalls auch deren Hilfsanträge aus deren Schriftsatz vom 10. Dezember 2012, zu berücksichtigen.

Mit Schriftsatz vom 24. Januar 2013 hat der Antragsteller das Löschungsverfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Dieser Schriftsatz ist der Antragsgegnerin gegen [X.] am 30. Januar 2013 mit dem Hinweis zugestellt worden, dass der Senat nach § 91a Abs. 1 ZPO verfahren werde, wenn die Antragsgegnerin der Erledigungserklärung der Antragsteller nicht binnen 2 Wochen widerspräche. Auf diese Zustellung hin hat sich die Antragsgegnerin verschwiegen.

Für die weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verfahrensakten in beiden Rechtszügen.

II.

1. Das Löschungsverfahren ist in der Hauptsache erledigt, § 91a Abs. 1 ZPO. Die Erledigungserklärung des Antragstellers vom 24. Januar 2013 ist der Antragsgegnerin ausweislich ihres [X.]ses am 30. Januar 2013 zugestellt worden zusammen mit der Mitteilung, dass der Senat nach § 91a Abs. 1 ZPO verfahren würde, wenn die Antragsgegnerin der Erledigungserklärung nicht binnen 2 Wochen nach Zustellung widerspräche, § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO. Auf diese Zustellung hin hat sich die Antragsgegnerin verschwiegen. Auf diese Weise hat sich das Löschungsverfahren in der Hauptsache erledigt.

2. Bei dieser Verfahrenslage ist jetzt nur noch gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 [X.] [X.] m. § 84 Abs. 2 [X.] [X.] m. § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Diese Entscheidung bezieht sich auf die Kosten des gesamten Rechtsstreits, also beider Rechtszüge (vgl. [X.] in [X.], ZPO, 35. Auflage, 2014, § 91a Rdnr. 30).

Die Kostenentscheidung ist nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu treffen. Danach sind die Kosten des [X.] in beiden Rechtszügen gemäß §§ 91a Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO [X.] m. § 18 Abs. 1 Satz 2 [X.] [X.] m. § 84 Abs. 2 [X.] gegeneinander aufzuheben, weil der Senat voraussichtlich sowohl die [X.] als auch die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen hätte. Damit wäre der angegriffene Beschluss der [X.] bestätigt worden mit dem Ergebnis, dass der ursprüngliche, auf eine vollständige Löschung des [X.]s gerichtete Löschungsantrag nur zu einer Teillöschung geführt hätte, mit der eine unzulässige Erweiterung in Schutzanspruch 1 beseitigt und die abhängigen [X.] 7 und 9 gelöscht worden wären. Der weitergehende Löschungsantrag wäre zurückgewiesen worden. Dieses Ergebnis hätte im Vergleich zur zuletzt geltenden Fassung des [X.]s dessen etwa hälftige Teillöschung bedeutet, was zu dem [X.] nach § 92 Abs. 1 ZPO geführt hat.

3. Mit Rücksicht auf die wirksame, unselbständige [X.] der Antragsgegnerin ist die teilweise Löschung des [X.]s, die die [X.] in dem angegriffenen Beschluss angeordnet hat, nicht bestandskräftig geworden. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bis zum Eintritt der Erledigung des [X.] in der Hauptsache war daher das [X.] in seiner bei Einleitung des [X.] geltenden Fassung, die es durch das frühere Löschungsverfahren (mit den Aktenzeichen [X.] bzw. 35 W (pat) 432/07) erhalten hatte.

Der Antragsteller irrt, wenn er in seinem Schriftsatz vom 24. Januar 2013 meint, dass mit der Erledigung des [X.] in der Hauptsache die [X.] der Antragsgegnerin in Wegfall käme und bei der nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO noch ausstehenden Kostengrundentscheidung nicht zu berücksichtigen sei. Gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO ist bei Erledigung eines Verfahrens in der Hauptsache für die Kostengrundentscheidung auf den „bisherigen Sach- und Streitstand“ abzustellen. Den Ausschlag gibt der ohne die Erledigung zu erwartende Verfahrensausgang (vgl. [X.]/Vollkommer ZPO, 29. Auflage 2012, § 91a Rdnr. 24). Dafür kommt es auch auf die Antragslage im Zeitpunkt der Erledigung an. Zu einem Wegfall der [X.] hätte es nur durch deren Rücknahme durch die Antragsgegnerin oder in analoger Anwendung von § 567 Abs. 3 Satz 2 ZPO durch die Rücknahme der Beschwerde durch den Antragsteller kommen können. Keine dieser Voraussetzungen war hier erfüllt.

4. Der zuständige Fachmann, auf dessen Wissen und Können es insbesondere für die Auslegung der Merkmale des [X.]s und für die Beurteilung des Standes der Technik angekommen wäre, wäre nach Auffassung des Senats ein Dipl.-Ing. (FH) bzw. Bachelor der Fachrichtung Fertigungstechnik gewesen mit Erfahrung in der Konstruktion von Bearbeitungsmaschinen, insbesondere von [X.] zum Entgraten und Schleifen mit Bürsten.

5. Die [X.] der Antragsgegnerin wäre voraussichtlich zurückgewiesen worden, weil der Löschungsantrag des Antragstellers zulässig und das [X.] in der Fassung, die es zu Beginn des [X.] hatte, wegen einer unzulässigen Erweiterung i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 3 [X.] löschungsreif war.

5.1 Der Löschungsantrag des Antragstellers war zulässig. Unabhängig davon, ob das von dem Antragsteller betriebene Löschungsverfahren auch im Interesse der [X.] in E1…, lag, hatte der Antragsteller deswegen ein eigenes Rechtsschutzinteresse an dem Verfahren, weil er als Mitgeschäftsführer der [X.] sowohl gegenüber der [X.] als auch gegenüber Dritten für seine Geschäftsführung haftet. Im übrigen ist der Antragsteller weder in seiner Eigenschaft als Mitgesellschafter noch in seiner Eigenschaft als Mitgeschäftsführer mit der [X.] rechtlich oder wirtschaft- lich identisch, sodass der bestandskräftig gewordene Beschluss der [X.] aus dem früheren Löschungsverfahren, das zwischen der [X.] und der Antragsgegnerin geführt worden ist, keine Wirkungen für und wider den Antragsteller entfalten konnte. (Zu den vorstehenden Ausführungen unter 5.1 vgl. [X.], [X.], 540 ff. – [X.]; [X.] 17.12.2002 X ZR 155/99; Busse/Keukenschrijver Patentgesetz, 7. Auflage 2012, § 81 [X.] Rdnr. 87, 88 und [X.][X.] Patentgesetz, 10. Auflage 2006, § 22 [X.] Rdnr. 34).

5.2 Der Hilfsantrag, den die Antragsgegnerin im Zuge ihrer [X.] auf eine vollständige Zurückweisung des [X.] gestellt hat, wäre voraussichtlich zurückgewiesen worden, weil das [X.] in der Fassung, die es bei Einreichung des [X.] hatte, wegen einer unzulässigen Erweiterung i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 3 [X.] löschungsreif war.

Schutzanspruch 1 in der geltenden Fassung des [X.]s bei Einleitung des [X.] enthält die folgenden Merkmale:

1. Vorrichtung zum Bearbeiten eines band- oder plattenförmigen metallischen Werkstücks,

1.1 insbesondere zum Entfernen der Oxidschicht von Schnittflächen und/oder Schnittkanten des Werkstücks

dadurch gekennzeichnet, dass

2. wenigstens zwei jeweils mit wenigstens einer Bürste versehene, umlaufende Fördereinrichtungen vorgesehen sind,

2.1 wobei die Fördereinrichtungen die jeweils wenigstens eine Bürste schräg bzw. quer zur Vorschubrichtung des Werkstücks im Bereich des zu bearbeitenden Werkstücks wenigstens annähernd linear vorbeiführen,

3. wobei das Werkstück derart durchführbar ist,

dass die wenigstens zwei Fördereinrichtungen mit den zugeordneten Bürsten zu dem Werkstück gegenüberliegend

3.1 und in Durchlaufrichtung des Werkstücks um 10 bis 100 mm versetzt zueinander angeordnet sind.

Dabei enthalten die Merkmale 2 und 3 jeweils dieselbe unzulässige Erweiterung. Danach soll eine Vorrichtung zum Bearbeiten eines band- oder plattenförmigen metallischen Werkstücks „wenigstens zwei …. Fördereinrichtungen“ aufweisen, so dass eine Vorrichtung mit zwei oder mehr Fördereinrichtungen unter diesen Schutzumfang fallen würde. In den Anmeldeunterlagen des [X.]s sind jedoch nur Ausführungsformen offenbart, die eine (vgl. [X.]schrift, S. 16, letzte sechs Zeilen), zwei (vgl. [X.]schrift, S. 14, letzter Absatz) oder vier (vgl. [X.]schrift S. 18, 2. Absatz) Fördereinrichtungen aufweisen. Deswegen wäre das [X.] bei Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens jedenfalls im Umfang der bei Einleitung des [X.] geltenden Fassung i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 3 [X.] zu löschen gewesen und der Hilfsantrag, den die Antragsgegnerin im Zuge ihrer [X.] auf vollständige Zurückweisung des [X.] als unbegründet gerichtet hat, wäre zurückgewiesen worden.

6. Bei Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens wäre voraussichtlich auch die Beschwerde des Antragstellers als unbegründet zurückgewiesen worden. Denn die [X.] war an die Entscheidung, die der Senat in dem früheren Löschungsverfahren im Beschwerdeverfahren auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 2009 verkündet hatte, nicht gebunden, und der Gegenstand des [X.]s mit den [X.]n, die nach dem angegriffenen Beschluss in Zukunft geltend sollten, wäre zulässig und schutzfähig i. S. v. §§ 1 - 3 [X.] gewesen.

6.1 Die von dem Senat in dem früheren Beschwerdeverfahren 35 W (pat) 432/07 am 25. März 2009 verkündete Entscheidung, wonach das [X.] vollständig gelöscht werden sollte, hatte für die Entscheidung der [X.] im hiesigen Löschungsverfahren keine Bindungswirkung. Denn der frühere, verkündete Beschluss ist durch die nachfolgende Zurücknahme der Beschwerde gegenstandslos geworden. Das hat der Senat mit dem für das frühere Löschungsverfahren abschließenden Beschluss vom 1. Februar 2010, Aktenzeichen: 35 W (pat) 432/07, festgestellt. Nur dieser letzte Beschluss ist bestandskräftig geworden.

6.2 Mit dem im vorliegenden Beschwerdeverfahren angegriffenen Beschluss der [X.] vom 25. April 2012 sollte der Löschungsantrag des hiesigen Antragstellers im Umfang von Hilfsantrag 1 der Antragsgegnerin aus der mündlichen Verhandlung vor der [X.] vom 29. März 2012 zurückgewiesen werden. Nach diesem Antrag sollte Schutzanspruch 1 des [X.]s folgende Merkmale enthalten:

1. Vorrichtung zum Bearbeiten eines band- oder plattenförmigen metallischen Werkstücks,

1.1 insbesondere zum Entfernen der Oxidschicht von Schnittflächen und/oder Schnittkanten des Werkstücks

dadurch gekennzeichnet, dass

wenigstens zwei jeweils mit wenigstens einer Bürste versehene, umlaufende Fördereinrichtungen vorgesehen sind,

2.1 wobei die Fördereinrichtungen die jeweils wenigstens eine Bürste schräg bzw. quer zur Vorschubrichtung des Werkstücks im Bereich des zu bearbeitenden Werkstücks wenigstens annähernd linear vorbeiführen,

3. wobei das Werkstück derart durchführbar ist,

wenigstens zwei Fördereinrichtungen mit den zugeordneten Bürsten zu dem Werkstück gegenüberliegend

3.1 und in Durchlaufrichtung des Werkstücks um 10 bis 100 mm versetzt zueinander angeordnet sind.

Diese Neufassung von Schutzanspruch 1 des [X.]s wäre im Zusammenhang mit der mit diesem Hilfsantrag verbundenen Löschung der abhängigen [X.] 7 und 9 zulässig gewesen. Denn damit wäre die unzulässige Erweiterung von Schutzanspruch 1 in der bei Einleitung des [X.] geltenden Fassung beseitigt worden. Im Übrigen ergeben sich die Merkmale nach der neuen Fassung aus den ursprünglich eingetragenen [X.]n 1, 3 und 8 sowie aus Angaben in der Beschreibung auf Seite 17 der [X.]schrift. Die mit diesem Hilfsantrag verbundene Löschung der abhängigen [X.] 7 und 9 wäre notwendig gewesen, weil diese [X.] einen Bezug auf vier Fördereinrichtungen haben, nach Schutzanspruch 1 jedoch zwei Fördereinrichtungen vorgesehen sind.

Mit dem vorstehend erörterten Schutzanspruch 1 und bei gleichzeitiger Löschung der abhängigen [X.] 7 und 9 wäre der Gegenstand des [X.]s neu und erfinderisch und damit auch schutzfähig i. S. v. §§ 1 – 3 [X.] gewesen.

L3 bis [X.] und [X.], offenbart sämtliche Merkmale des Schutzanspruchs 1 nach dem ersten Hilfsantrag der Antragsgegnerin. So ist mindestens das Merkmal 3.1, dass die Fördereinrichtungen in [X.] des Werkstückes um 10 bis 100 mm versetzt zueinander angeordnet sind, aus keiner der Druckschriften bzw. Dokumente zu entnehmen.

[X.] beschrieben. Dort wird ein Werkstück gereinigt, indem als umlaufende Fördereinrichtung ein Bürstenriemen (14) quer zur Vorschubrichtung des Werkstücks im Bereich des zu bearbeitenden Werkstücks linear vorbeigeführt wird (siehe die [X.], Figur 1 sowie [X.]. 6, [X.] 12 – 15 und [X.] 46 – 53). Wie in [X.]. 5, [X.] 26 – 35, der [X.] ausgeführt, kann das Werkstück auch so durch die [X.] durchführbar sein, dass sowohl auf der Ober- als auch der Unterseite Fördereinrichtungen zur Reinigung vorgesehen sind und somit gegenüberliegen. Dabei können auch mehrere der Fördereinrichtungen hintereinander liegen. Deren versetzte Anordnung im Sinne des Merkmals 3.1 des Streitgegenstandes ist jedoch nicht vorgesehen. Stattdessen werden dort die jeweiligen [X.]en an der Ober- bzw. Unterseite identisch und an der gleichen Position angeordnet, um die Reinigungswirkung zu erhöhen, [X.]. 5, [X.] 26 – 35. Ein konkreter Hinweis davon abzuweichen, ist der [X.] nicht zu entnehmen.

[X.] und [X.] sowie die Druckschrift [X.] eine Vorrichtung zum Bearbeiten eines band- oder plattenförmigen Werkstücks beschreiben, bei der die zwei Fördereinrichtungen mit den zugeordneten Bürsten zu dem Werkstück gegenüberliegend angeordnet sind.

Alle weiteren Druckschriften offenbaren ersichtlich noch weiter vom Streitgegenstand ab liegende Vorrichtungen.

Daher wäre es auch nicht naheliegend gewesen, die zwei Fördereinrichtungen mit den zugeordneten Bürsten so zum Werkstück gegenüberliegend und in Durchlaufrichtung des Werkstücks um 10 bis 100 mm versetzt zueinander anzuordnen.

7. Nach den vorstehenden Überlegungen hätte der Senat bei einer abschließenden Entscheidung über Beschwerde und [X.] voraussichtlich beide als unbegründet zurückgewiesen. Damit wäre der angegriffene Beschluss der [X.] bestätigt worden mit dem Ergebnis, dass der ursprüngliche, auf eine vollständige Löschung des [X.]s in seiner zuletzt geltenden Fassung gerichtete Löschungsantrag zu einer Teillöschung geführt hätte, mit der eine unzulässige Erweiterung in Schutzanspruch 1 beseitigt und die abhängigen [X.] 7 und 9 gelöscht worden wären. Der weitergehende Löschungsantrag wäre zurückgewiesen worden. Dieses Ergebnis hätte zu einer etwa hälftigen Teillöschung des [X.]s geführt, weil die Zahl der Fördereinrichtungen nicht mehr – in zulässiger Weise – zwischen eins, zwei und vier hätte variieren können, sondern auf zwei festgelegt worden wäre. Dem entspricht der [X.] nach § 92 Abs. 1 ZPO.

Meta

35 W (pat) 427/12

12.02.2015

Bundespatentgericht 35. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 91 Buchst a Abs 1 ZPO § 92 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.02.2015, Az. 35 W (pat) 427/12 (REWIS RS 2015, 15558)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15558

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