Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.07.2020, Az. 35 W (pat) 418/18

35. Senat | REWIS RS 2020, 3186

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Gegenstand

Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren - ein die mündliche Verhandlung vorbereitender Schriftsatz mit dem Antrag das angegriffene Gebrauchsmuster nur noch im Umfang einer gegenüber der eingetragenen Fassung eingeschränkten Fassung zu verteidigen - keine teilweise Rücknahme des ursprünglich uneingeschränkt erhobenen Löschung-Widerspruchs


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Gebrauchsmuster 20 2012 012 986.4

hat der 35. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], des Richters [X.] und des Richters Dr. Dorfschmidt

beschlossen:

1. Der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des [X.] vom 6. März 2018 wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

3. Für das Beschwerdeverfahren werden Kosten weder auferlegt, noch erstattet.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über den Bestand des am 14. Mai 2014 beantragten und am 23. Juli 2014 mit der Bezeichnung „Werkzeughalter“ und den [X.]n 1 – 13 eingetragen Gebrauchsmusters 20 2012 012 986.4 (i. F.: Streitgebrauchsmuster). Das Streitgebrauchsmuster ist aus der [X.] 2013/098192 [X.] = PCT/EP2012/076410 (i. F.: [X.]) mit Anmeldetag 20. Dezember 2012 abgezweigt worden beansprucht zwei inländische Prioritäten, nämlich 20 2011 109 498.0, 27. Dezember 2011 und 10 2012 110 392.5, 30. Oktober 2012. Es ist in Kraft.

2

Der eingetragene Schutzanspruch 1 lautet:

3

1. Werkzeughalter (1) mit einem Grundkörper (2), einer verformbaren Aufnahme (3; 16; 17; 22; 25) zum Spannen eines Werkzeugs (15) und mindestens einem Sperrelement (12), das zur Verhinderung eines axialen Auswandern des Werkzeugs (15) aus dem Werkzeughalter (1) zum Eingriff in ein korrespondierendes Gegenelement (13) am Werkzeug (15) ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass das mindestens eine Sperrelement (12) einteilig mit der Aufnahme (3; 16; 17; 22; 25) ausgebildet ist.

4

Die eingetragenen [X.] 2 – 12 sind auf den Schutzanspruch 1 rückbezogene [X.]. Schutzanspruch 13 betrifft als nebengeordneter Anspruch ein Spannsystem mit einem Werkzeughalter, u.a. mit nach einem der [X.] 1 – 12, und einem Werkzeug. Zu deren Wortlaut wird auf die [X.]. verwiesen.

5

Die dem Streitgebrauchsmuster zugrundeliegende Erfindung betrifft einen Werkzeughalter zum reibschlüssigen Spannen von Werkzeugen, außerdem ein Spannsystem mit einem derartigen Werkzeughalter sowie ein Verfahren zur Herstellung einer Werkzeugaufnahme für einen solchen Werkzeughalter (Abs. [0001] der Gebrauchsmusterschrift (i. F.: [X.]). Bei aus dem Stand der Technik bekannten Werkzeughaltern (Abs. [0002] [X.]. verweist insoweit auf die [X.] 2007/118626 [X.]) müsse der Grundkörper aufwändig bearbeitet werden, um Sperrelemente (Sperrstifte oder Kugeln), die in korrespondierende Gegenelemente an Werkzeug (Sperrnuten) eingreifen, aufnehmen zu können. Aufgabe der vorl. Erfindung ist es, einen Werkzeughalter der eingangs genannten Art und ein Spannsystem mit einem solchen Werkzeughalter zu schaffen, die einfacher herstellbar und leicht montierbar sind (Abs. [0003] [X.].).

6

Gegen das Streitgebrauchsmuster hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 20. Mai 2015, ergänzt mit Schriftsatz vom 10. Juni 2015 Löschungsantrag gestellt. Als Löschungsgründe macht sie fehlende Schutzfähigkeit und entgegenstehendes älteres Recht geltend (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 [X.]). Zum Stand der Technik hat sie 60 Entgegenhaltungen in das Verfahren eingeführt. Sie beanstandet fehlende Neuheit des Gegenstands des eingetragenen [X.] 1 sowie fehlenden erfinderischen Schritt. Außerdem stehe die [X.] 2012 013 200.8 als inhaltsgleiches älteres Recht dem Schutz des Streitgebrauchsmusters entgegen.

7

Der Löschungsantrag ist der Antragsgegnerin am 12. Juni 2015 zugestellt worden. Sie hat dem Löschungsantrag mit Schriftsatz vom 9. Juli 2015, eingereicht per Fax am selben Tag, „in vollem Umfang“ widersprochen.

8

In ihrer mit Schriftsatz vom 20. November 2015 eingereichten [X.] heißt es eingangs:

9

A.

Anträge

1. Der Löschungsantrag wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass die [X.] des Gebrauchsmusters 20 2012 012 986.4 U1 die Form des Anspruchssatzes erhalten, der als mit dem Wort „Hauptantrag“ überschriebene Anlage beigefügt ist.

2. Die Löschungsantragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.“

Unter den mit „B. Begründung“ legte die Antragsgegnerin die Merkmale des geänderten [X.] 1 sowie i. E. dar, weswegen aus ihrer Sicht die geänderten [X.] schutzfähig seien und ihnen auch kein älteres Recht entgegenstehe. In der Anlage zu diesem Schriftsatz hat sie geänderte [X.] 1 – 12 eingereicht, zu deren Wortlaut auf die Akten verwiesen wird.

Nach weiteren gewechselten Schriftsätzen, u. a. einem Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 7. September 2016, mit welchem sie nochmals überarbeitete Anspruchsfassung mit geänderten [X.]n 1 – 5 eingereicht hat, hat die [X.] den Beteiligten mit Zwischenbescheid vom 18. Dezember 2017 als vorläufige Auffassung mitgeteilt, dass mit der Löschung des Streitgebrauchsmusters zu rechnen sei. Die eingetragene Fassung sei nicht mehr maßgebend, weil die Antragsgegnerin mit der Einreichung der geänderten [X.] vom 20. November 2015 den Widerspruch gegen den Löschungsantrag im darüberhinausgehenden Umfang zurückgenommen habe. Der Gegenstand des [X.] 1 vom 20. November 2015 sei nicht neu, derjenige vom 7. September 2016 sei unzulässig erweitert, weise aber auch keinen erfinderischen Schritt auf.

Mit Schriftsatz vom 13. Februar 2018 hat die Antragsgegnerin der Auffassung der [X.], sie habe den Widerspruch gegen den Löschungsantrag aufgrund ihres mit Schriftsatz 20. November 2015 eingereichten neuen [X.] teilweise zurückgenommen, widersprochen, da es sich lediglich um einen für die mündliche Verhandlung angekündigten Antrag handele. Sie hat ferner eine als Hilfsantrag II bezeichnete Anspruchsfassung mit [X.]n 1 – 6 eingereicht.

In der mündlichen Verhandlung vor der [X.] 6. März 2018 hat die Antragsgegnerin zwei weitere Hilfsanträge, nämlich Hilfsantrag [X.] mit geänderten [X.]n 1, 2, 6 und Hilfsantrag [X.] mit einem einzigen geänderten Schutzanspruch eingereicht. Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung die vollständige Löschung des Streitgebrauchsmusters beantragt. Die Antragsgegnerin hat lt. Protokoll (dort [X.], 3. Abs.) an erster Stelle beantragt, den Löschungsantrag zurückzuweisen. Hilfsweise hat sie sodann das Streitgebrauchsmuster im Umfang der Anspruchsfassung vom 8. Juni 2017 (Hilfsantrag I), sodann im Umfang der Anspruchsfassung vom 13. Februar 2018 (Hilfsantrag II) und sodann im Umfang der in der mündlichen Verhandlung eingereichten [X.] und [X.] verteidigt.

Mit in der mündlichen Verhandlung vom 6. März 2018 verkündetem Beschluss hat die [X.] das Streitgebrauchsmuster gelöscht und die Kosten der Antragsgegnerin auferlegt. Zur Begründung hat die [X.] im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Der mit Schriftsatz vom 20. November 2015 ohne Vorbehalt oder sonstige Einschränkungen eingereichte Hauptantrag sei dahingehend zu bewerten, dass der Widerspruch gegen den Löschungsantrag im über die Anspruchsfassung vom 20. November 2015 hinausgehenden Umfang als teilweise zurückgenommen gelte. In einem solchen Fall müssten die Verfahrensbeteiligten davon ausgehen, dass das Streitgebrauchsmuster über den ausformulierten Antrag hinaus nicht mehr verteidigt werde. Die [X.] (pat) 429/08 vom 7. April 2009 betreffe einen anderen Fall, da dort kein ausformulierter Antrag, sondern nur eine Anspruchsfassung eingereicht wurde, die dort dem weiteren Verfahren zugrunde gelegt werden sollte. Die Anspruchsfassung vom 20. November 2015 sei zulässig; insbesondere liege keine unzulässige Erweiterung vor, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt von einer wirksamen Teil-Rücknahme des Widerspruchs auszugehen sei. Im über die Anspruchsfassung v. 20. November 2015 hinausgehenden Umfang sei das Streitgebrauchsmuster daher ohne Sachprüfung zu löschen, so dass der Hauptantrag der Antragsgegnerin (Verteidigung der eingetragenen Fassung) ohne Erfolg bleibe. Die Anspruchsfassung vom 8. Juni 2017 (Hilfsantrag I) sei gegenüber der Fassung vom 20. November 2015 unzulässig erweitert, weil das [X.] „durch induktive Erwärmung“ gestrichen sei. Gleiches gelte für die [X.], [X.] und [X.].

Der Beschluss ist der Antragstellerin am 11. April 2018 und der Antragsgegnerin am 12. April 2018 zugestellt worden.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 14. Mai 2015 erhobene und per Fax am selben Tag eingereichte Beschwerde.

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass der Antrag gem. Schriftsatz v. 20. November 2015 keine Teil-Rücknahme des Widerspruchs gegen den Löschungsantrag darstelle, sondern nur die Ankündigung seines für die mündliche Verhandlung vor der [X.] beabsichtigten Antrags, der den Tenor einer Entscheidung der [X.] habe vorgeben sollen. Die [X.] hätte zudem nach § 139 ZPO darauf hinweisen müssen, dass sie den Antrag v. 20. November 2015 als [X.]. Soweit die [X.] die Anspruchsfassung vom 20. November 2015 auf eine unzulässige Erweiterung überprüfe und dabei davon ausgehe, dass im Falle einer unzulässigen Erweiterung nicht von einer teilweisen Widerspruchsrücknahme auszugehen sei, sei dies dogmatisch nicht haltbar. Sie habe im Verfahren vor der [X.] das Streitgebrauchsmuster in vollem Umfang verteidigen wollen und ziele auch in der Beschwerdeinstanz auf die Aufrechterhaltung des Streitgebrauchsmusters in der eingetragenen Fassung ab. Zur Schutzfähigkeit der des jeweiligen Gegenstands der von ihr eingereichten Anspruchsfassungen verweist sie auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss der [X.] des [X.] vom 6. März 2018 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen,

hilfsweise in der nachfolgend genannten Rangfolge: Schutzansprüche 1 – 12, eingereicht mit [X.]. v. 20. November 2015, Schutzansprüche 1 – 5, eingereicht mit [X.]. v. 8. Juni 2017, Schutzansprüche 1, 3, 4, 6, eingereicht als Hilfsantrag [X.] in der mündlichen Verhandlung vor der [X.] am 6. März 2018 und Schutzanspruch 1, eingereicht als Hilfsantrag [X.] in der mündlichen Verhandlung vor der [X.] am 6. März 2018,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Löschungsantrag im Umfang nach einer dieser Anspruchsfassungen zurückzuweisen.

Ferner regt sie an, die Sache zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Ferner regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass der Antrag der Antragsgegnerin vom 20. November 2015 nach objektiver Auslegung als Teilrücknahme des Widerspruchs gegen den Löschungsantrag aufzufassen sei. Die Antragsgegnerin habe diesen Anspruchssatz als Hauptantrag und nicht als Hilfsantrag oder bloße Diskussionsgrundlage eingereicht. Die im Schriftsatz vom 20. November 2015 seitens der Antragsgegnerin formulierten Anträge seien auch nach der zur Bedeutung nachgereichter [X.] im gebrauchsmusterrechtlichen Löschungsverfahren eindeutig und ohne Zweifel als verbindliche Einschränkung der Verteidigung des Streitgebrauchsmusters, anzusehen, zumal sie im gesamten erstinstanzliche Verfahren zur Schutzfähigkeit der eingetragenen [X.] nichts vorgetragen habe. Die angefochtene Entscheidung halte sich an den Grundsatz der Antragsbindung, sei nicht zu beanstanden und für eine Zurückverweisung an das [X.] bestehe auch aus Gründen der Verfahrensökonomie kein Anlass. Falls der Senat die im Schriftsatz vom 20. November 2015 erfolgte Antragstellung nicht als Teil-Rücknahme des Widerspruchs gegen den Löschungsantrag erachte, sei die Zulassung der Rechtsbeschwerde geboten.

Der Senat hat den Beteiligten mit Hinweis vom 22. April 2020 als vorläufige Auffassung mitgeteilt, dass der dazu tendiere, in dem Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 20. November 2015 keine Teil-Rücknahme zu sehen, und eine Zurückverweisung an das [X.] erwäge.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der [X.], die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat insoweit Erfolg, als der angefochtene Beschluss der [X.] aufzuheben und die Sache an das [X.] zur weiteren Prüfung und Entscheidung zurückzuverweisen war.

1. Die Antragsgegnerin hat dem ihr am 12. Juni 2015 zugestellten, gegen das Streitgebrauchsmuster gerichteten Löschungsantrag am 9. Juli 2015 wirksam und in vollem Umfang widersprochen, so dass das Löschungsverfahren mit Sachprüfung durchzuführen war (§ 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 [X.]).

2. Die Antragsgegnerin hat den Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Löschungsantrag im weiteren Verfahren weder ganz noch teilweise zurückgenommen.

2.1 Der Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 20. November 2015 enthält eine solche Rücknahme nicht.

Zwar kann ein im gebrauchsmusterrechtlichen Löschungsverfahren gestellter Sachantrag, mit dem ein mit Löschungsantrag angegriffenes Gebrauchsmuster nur noch im Umfang einer gegenüber der eingetragenen Fassung eingeschränkten Anspruchsfassung verteidigt wird, die teilweise Rücknahme eines ursprünglich uneingeschränkt erhobenen [X.] im über die eingeschränkte Fassung hinausgehenden Umfang beinhalten ([X.], 210 - [X.]) – mit der Folge, dass das betr. Gebrauchsmuster im darüber hinausgehenden Umfang ohne jede weitere Sachprüfung zwingend zu löschen ist (§ 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Es ist allerdings zu beachten, dass über einen Löschungsantrag aufgrund einer mündlichen Verhandlung entschieden wird (§ 17 Abs. 3 Satz 1 [X.]). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist der „Antrag“ der Antragsgegnerin mithin gerade nicht in einem schriftlichen Verfahren erfolgt. Vielmehr handelt es sich dabei um einen die mündliche Verhandlung vor der [X.] vorbereitenden Schriftsatz, mit welchem für die mündliche Verhandlung Anträge angekündigt werden; maßgeblich für das Verfahren sind vielmehr die in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge, wie dies auch dem vorgenannten Beschluss „[X.]“ zugrunde lag. Alleine eine in einem vorbereitenden Schriftsatz als Antrag formulierte Anspruchsfassung kann eine den jeweiligen Antragsgegner an seine Beschränkung bindende Wirkung daher nicht entfalten ([X.]. den Senatsbeschluss vom 7. April 2009, [X.] [X.] 2010, 291 – Beschränkte Verteidigung).

Es kommt hinzu, dass angesichts der weitreichenden Folgen einer auch nur teilweisen Widerspruchsrücknahme durch den Gebrauchsmusterinhaber an eine Rücknahmeerklärung hinsichtlich ihrer Klarheit und Bestimmtheit strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. neben dem bereits gen. Beschluss „[X.]“: [X.], 910 – Scherbeneis; [X.] 1997, 625 – Einkaufswagen). Insbesondere genügt es insoweit nicht, wenn in einem vorbereitenden Schriftsatz neue, eingeschränkte [X.] mit der Erklärung eingereicht werden, dass sie der Verteidigung des angegriffenen Gebrauchsmusters zugrunde gelegt werden sollen ([X.], [X.], 625, [X.]. 29 – Einkaufswagen). Werden – wie im vorliegenden Fall – (aus Sicht der Antragsgegnerin) eingeschränkte [X.] in Antragsformulierung eingereicht, so stellt dies in der Sache nichts anderes dar als die Einreichung neuer [X.] mit der Erklärung, dass diese der Verteidigung des angegriffenen Gebrauchsmusters zugrunde gelegt werden sollen. Auch die Tatsache, dass die Antragsgegnerin zu der eingetragenen Fassung des Streitgebrauchsmusters in den weiteren Ausführungen in ihrem Schriftsatz vom 20. November 2015 nicht weiter Stellung genommen hat, ändert hieran nichts. Auch wenn es mit Blick auf die Verfahrensförderungspflichten namentlich von anwaltlich vertretenen Verfahrensbeteiligten und an die hieraus resultierenden Anforderungen an die Eindeutigkeit ihres Vortrags und ihrer Erklärungen, die die Antragsgegnerin hier allenfalls bedingt erfüllt hat, unbefriedigend klingen mag: Gerade weil aufgrund der einschneidenden Wirkungen auch einer Teil-Rücknahme des Widerspruchs gegen den Löschungsantrag an die Klarheit und Bestimmtheit der Erklärung einer solchen Teil-Rücknahme strenge Anforderungen zu stellen sind, wird ein Vertrauenstatbestand dahingehend, dass die Antragstellerin das Streitgebrauchsmuster im über die nachgereichte Anspruchsfassung hinausgehenden Umfang aufgeben wollte, auch dann nicht begründet, wenn neue [X.] in Antragsform und ohne weitere Ausführungen zur Schutzfähigkeit der eingetragenen Fassung eingereicht werden.

2.2 Auch im weiteren patentamtlichen Verfahren hat die Antragsgegnerin den Widerspruch gegen den Löschungsantrag weder ganz noch teilweise zurückgenommen. Insbesondere hat sie sich in Erwiderung auf den Zwischenbescheid der [X.] vom 18. Dezember 2017 gegen die Auffassung der [X.] zur Teil-Rücknahme ihres Widerspruchs gewendet (Schriftsatz vom 13. Februar 2018). In der mündlichen Verhandlung vor der [X.] hat sie – nunmehr unstreitig - an erster Stelle die Zurückweisung des Löschungsantrags beantragt und damit das Streitgebrauchsmuster in der eingetragenen Fassung verteidigt.

2.3 In der Beschwerdeinstanz hat die Antragsgegnerin gemäß ihrer Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2020 das Streitgebrauchsmuster weiter in der eingetragenen Fassung als Hauptantrag verteidigt.

3. Da die [X.] die eingetragene Fassung des Streitgebrauchsmusters als nicht mehr verfahrensgegenständlich erachtet und damit keiner Prüfung unterzogen hat, ob der Gegenstand der eingetragenen Schutzansprüche schutzfähig ist oder ihm ein älteres Recht entgegensteht, hat die [X.] insoweit auch noch nicht in der Sache entschieden. Hierfür bedarf es einer komplexen Prüfung der Vielzahl der von der Antragstellerin benannten Entgegenhaltungen und auch des Weiteren, geltend gemachten Löschungsgrunds eines älteren Rechts. Eine umfassende erstinstanzliche Prüfung ist nicht Aufgabe des Senats als Rechtsmittelinstanz. Vielmehr überwiegen bei der gegebenen Sachlage die Aspekte des [X.] diejenigen der Verfahrensökonomie.

Nach alledem ist gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 [X.] [X.] m. § 79 Abs. 3 Nr. 1 [X.] die Zurückverweisung an das [X.] zur weiteren Prüfung und Entscheidung angezeigt.

4. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht geboten. Weder ist über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden, noch ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 18 Abs. 4 [X.] [X.] m. § 100 Abs. 2 [X.]). Insbesondere hat der Senat seiner Entscheidung die Maßstäbe zugrunde gelegt, die die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der Teil-Rücknahme eines Widerspruchs im gebrauchs-musterrechtlichen Löschungsverfahren entwickelt hat, und anhand der konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalls angewendet.

5. Da mithin offen ist, ob und welchem Umfang der streitgegenständliche Löschungsantrag Erfolg haben wird, ist es bei gegebenen Sachlage unbillig, einem Beteiligten Kosten aufzuerlegen (§ 18 Abs. 2 Satz 2 [X.] [X.] m. § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Ebenfalls nicht veranlasst ist die Rückerstattung der Beschwerdegebühr (§§ 18 Abs. 3 Satz 1 [X.] [X.] m. § 80 Abs. 3 [X.]), zumal es die beschwerdeführende Antragsgegnerin selbst in der Hand gehabt hätte, durch eindeutige schriftsätzliche Formulierungen die Zweifelsfragen zu vermeiden, die im Beschwerdeverfahren zu klären und für die Zurückverweisung relevant waren.

Meta

35 W (pat) 418/18

07.07.2020

Bundespatentgericht 35. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 17 Abs 1 S 2 GebrMG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.07.2020, Az. 35 W (pat) 418/18 (REWIS RS 2020, 3186)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3186

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