Bundessozialgericht, Beschluss vom 28.09.2016, Az. B 6 KA 17/16 B

6. Senat | REWIS RS 2016, 4788

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Gegenstand

Vertrags(zahn)ärztliche Vergütungsbestimmung - Auslegung - Maßgeblichkeit des Wortlauts der Regelungen - erweiterte Abrechnungsmöglichkeit - Anwendung der Auslegungsgrundsätze auf eine konkrete Gebührenordnungsposition - keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 24. Februar 2016 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auf 46 317 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten über eine sachlich-rechnerische Richtigstellung für die [X.]/2006 bis II/2008 in Höhe von insgesamt 46 316,87 [X.]. Der verstorbene Ehemann der [X.]lägerin habe, so die beklagte [X.] ([X.]), zu Unrecht die Gebührenordnungsposition ([X.]) 31143 und 31143 [X.] bzw 36143 (endoskopischer Gelenkeingriff der [X.]ategorie [X.] entsprechend Anhang 2) des [X.] für ärztliche Leistungen ([X.]) iVm dem [X.] (Arthroskopische Operation am Gelenkknorpel und an den Menisken: [X.], total) für die Totalresektion des Meniskus abgerechnet, wenn er [X.] vorgenommen habe. Gegen die mit Bescheid vom 11.11.2008 verfügten [X.] wandte sich der Ehemann der [X.]lägerin mit der Begründung, dass es medizinisch keine totale [X.] gebe, weshalb mit der entsprechenden [X.] die funktionelle komplette [X.] gemeint sein müsse, die er jeweils durchgeführt habe. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.8.2009 zurück. Das [X.] hat mit Urteil vom 14.12.2011 den Bescheid aufgehoben. Das L[X.] hat mit der hier angefochtenen Entscheidung das Urteil des [X.] aufgehoben und die [X.]lage abgewiesen. Der Begriff der Totalresektion sei substanz- und nicht funktionsbezogen zu verstehen.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wendet sich die [X.]lägerin mit ihrer Beschwerde, zu deren Begründung sie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) geltend macht.

3

II. Die Beschwerde der [X.]lägerin hat keinen Erfolg.

4

1. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs 2 [X.] [X.]G liegen nicht vor. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl B[X.] [X.] 4-1500 § 153 [X.] Rd[X.]3 mwN; B[X.] [X.] 4-1500 § 160 [X.] Rd[X.]). Die [X.]lärungsbedürftigkeit fehlt dann, wenn die Frage bereits geklärt ist und/oder wenn sie sich ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus der bereits vorliegender Rechtsprechung klar beantworten lässt.

5

a) Soweit die [X.]lägerin die Frage stellt,

        

"ist bei der Auslegung des Wortlauts bei Begriffen mit fachsprachlicher Prägung und [X.] Wurzeln auf die Nachweise in allgemein zugänglichen Nachschlagewerken zur Ermittlung des fachsprachlichen Gebrauchs abzustellen?",

ist bereits zweifelhaft, ob ihr Vortrag den Darlegungsanforderungen entspricht, weil die [X.]lägerin sich nicht näher mit der bisherigen Rechtsprechung des [X.]s auseinandersetzt, sondern lediglich zwei neuere Entscheidungen zitiert. Unabhängig davon ist die Antwort auf die Rechtsfrage der Rechtsprechung des [X.]s zu entnehmen. Das L[X.] hat insofern zu Recht ausgeführt, dass für die Auslegung vertrags(zahn)ärztlicher Vergütungsbestimmungen nach der ständigen Rechtsprechung des B[X.] in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich ist (vgl hierzu zuletzt B[X.] Urteile vom [X.] - [X.] [X.]A 16/15 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen - Juris Rd[X.] 23 mwN). Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und [X.]rankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM-Ä, des [X.] gemäß § 87 Abs 1 [X.]B V, ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist dann, wenn der Wortlaut eines [X.] zweifelhaft ist und es einer [X.]larstellung bedarf. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der [X.] ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (vgl zB B[X.] [X.] 4-2500 § 106a [X.] Rd[X.]2 mwN). Daraus hat das L[X.] zutreffend gefolgert, dass es nicht auf die in einem bestimmten medizinischen Fachgebiet gebräuchliche Terminologie ankommt, sondern auf den allgemeinen Bedeutungsgehalt der vom Normgeber verwendeten Worte. Die Beigeladenen weisen insofern zu Recht darauf hin, dass der [X.] ausdrücklich entschieden hat, dass eine erweiterte Abrechnungsmöglichkeit nicht damit begründet werden kann, dass die Terminologie der Gebührenordnungen der medizinischen Realität nicht gerecht werde (B[X.] [X.] 3-5533 [X.] 2449 BMÄ [X.] S 3). Dass bei der Verwendung von Fremdworten [X.] Ursprungs die [X.] Übersetzung heranzuziehen ist, entspricht dem Grundsatz der Wortlautauslegung. Im Übrigen ist zu beachten, dass hier die Abgrenzung zwischen den [X.] 31142 und 31143 iVm dem jeweiligen Schlüssel für Operationen betroffen ist, wo zwischen "[X.] total" und "[X.] partiell" unterschieden wird.

6

b) Die Frage,

        

"bedeutet das Tatbestandsmerkmal "[X.] total" im Sinne der OPS-[X.]-812.6 iVm [X.] 31143 ([X.]) = 36143 EBM, dass eine funktionsbezogene und keine substanzbezogene Betrachtung, mithin eine vollständige Aufhebung der [X.] mit Durchbrechen der Randleiste zu erfolgen hat?",

ist ebenfalls nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Der [X.] geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Anwendung der Grundsätze zur Auslegung der [X.] der Bewertungsmaßstäbe auf eine konkrete [X.] eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auch dann nicht begründet, wenn sich das B[X.] mit dieser konkreten [X.] noch nicht ausdrücklich befasst hat (vgl B[X.] Beschluss vom 17.2.2016 - [X.] [X.]A 63/15 B - Juris Rd[X.] mwN). Ungeachtet dessen hat das L[X.] die vom [X.] aufgestellten Auslegungsgrundsätze zutreffend angewandt. Dem Wortlaut der OPS-[X.]-812.6 ("[X.] total"), die Bestandteil der Leistungslegende der hier streitigen [X.] war, kann ein Abstellen auf eine Funktion statt auf das Organ, wie die [X.]lägerin dies für erforderlich hält, nicht entnommen werden. Die [X.] Wurzel des Begriffs "Resektion", das Verb "resecare" (Substantiv: "resectio"), bedeutet - wovon auch die [X.]lägerin ausgeht - soviel wie abschneiden oder zurückschneiden. In [X.]ombination mit dem Wort "total" kann nach dem Wortsinn darunter nur die vollständige Entfernung verstanden werden. In welchen Fällen ein solcher Eingriff am Meniskus sinnvoll ist und tatsächlich vorgenommen wird, ist für das Verständnis der [X.] irrelevant.

7

2. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm §§ 154 ff VwGO. Als erfolglose Rechtsmittelführerin hat die [X.]lägerin auch die [X.]osten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Dies gilt nicht für die außergerichtlichen [X.]osten der Beigeladenen, da diese keinen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl B[X.]E 96, 257 = [X.] 4-1300 § 63 [X.], Rd[X.]6).

8

3. Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der Honorarkürzungssumme (§ 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 52 Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 3 G[X.]G).

Meta

B 6 KA 17/16 B

28.09.2016

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Stuttgart, 14. Dezember 2011, Az: S 5 KA 6136/09, Urteil

§ 87 Abs 1 SGB 5, § 87 Abs 2 SGB 5, Nr 31142 EBM-Ä 2005, Nr 31143 EBM-Ä 2005, Anh 2 Nr 31143K EBM-Ä 2005, Nr 36143 EBM-Ä 2005, Nr 31142 EBM-Ä 2008, Nr 31143 EBM-Ä 2008, Anh 2 Nr 31143K EBM-Ä 2008, Nr 36143 EBM-Ä 2008, Nr 5-812.6 OPS 2006, Nr 5-812.6 OPS 2007, Nr 5-812.6 OPS 2008, EBM-Z, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 28.09.2016, Az. B 6 KA 17/16 B (REWIS RS 2016, 4788)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4788

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