Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.10.2016, Az. IV ZR 52/14

4. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 3320

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde im Prozess einer Wohngebäudeversicherung gegen die Haftpflichtversicherung eines Wohnungsmieters auf Innenausgleich: Reichweite und Grenzen eines stillschweigenden Regressverzichts bei einer Schadensherbeiführung durch den Mieter; Gehörsverletzung durch das Berufungsgericht durch Ablehnung einer Vernehmung des Mieters zu einer Butangasexplosion


Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Revision gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats des [X.] vom 16. Januar 2014 zugelassen.

Der vorbezeichnete Beschluss wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: 69.136,29 €.

Gründe

1

I. Die Klägerin, [X.] eines Mehrfamilienhauses in [X.]    , verlangt nach Regulierung eines Explosionsschadens unter Berufung auf eine analoge Anwendung des § 59 Abs. 2 [X.] a.F. von der Beklagten, dem Haftpflichtversicherer eines Mieters des Hauses, im Wege des so genannten [X.] eine Zahlung in Höhe der Hälfte ihrer behaupteten Regulierungsleistung von 138.272,57 € (mithin 69.136,29 €).

2

Am Nachmittag des 21. Mai 2008 kam es im Badezimmer der vom Versicherungsnehmer der Beklagten (im Folgenden: Mieter) angemieteten Wohnung zu einer Butangasexplosion, durch welche das versicherte Gebäude erheblich beschädigt wurde. Die Polizei fand bei ihren Ermittlungen im Badezimmer eine leere [X.], die keine rote Schutzkappe trug. Mehrere solcher roter [X.] lagen auf dem Badezimmerboden. Zehn gefüllte und mit Schutzkappen versehene [X.]n gleicher Bauart entdeckten die Polizeibeamten in einem weiteren Raum der Wohnung, in dem sich eine Cannabis-Plantage mit insgesamt 144 Pflanzen befand, für welche der Mieter spezielle Schränke mit Beleuchtungs- und Belüftungsanlagen errichtet hatte. Weitere leere [X.]n entdeckten die Beamten in einem Mülleimer. Außerdem hatte der Mieter diverse Chemikalien und Lösungsmittel zur Drogengewinnung in der Wohnung gelagert. Die kriminaltechnische Untersuchung ergab, dass sich technische Defekte insbesondere an den Gasleitungen und am Gasherd der Wohnung ausschließen lassen.

3

Das Ermittlungsverfahren gegen den Mieter wurde nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt, soweit es nicht Verstöße gegen das [X.] betraf, wobei Berücksichtigung fand, dass er selbst bei der Explosion erheblich verletzt worden war, insbesondere auch Verbrennungen mit bleibenden Folgeschäden im Gesicht und an beiden Händen erlitten hatte.

4

Die Klägerin meint, der Mieter habe die Explosion durch lediglich einfache Fahrlässigkeit herbeigeführt, weshalb nach der [X.]srechtsprechung ein im Gebäudeversicherungsvertrag insoweit vereinbarter [X.] zu seinen Gunsten Anwendung finde mit der Folge, dass sie unter analoger Anwendung der Vorschriften über den Innenausgleich der Versicherer bei [X.] die Beklagte direkt auf Erstattung der Hälfte ihrer Regulierungsleistung in Anspruch nehmen könne. Das gelte im Übrigen auch für den Fall einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Schadens durch den Mieter. In einem solchen Fall habe der [X.] die Wahl, den Mieter aufgrund übergegangenen Rechts auf Schadensersatz oder dessen Haftpflichtversicherer im Wege des direkten [X.] in Anspruch zu nehmen.

5

Die Beklagte macht geltend, der Mieter habe die Explosion grob fahrlässig herbeigeführt, im Übrigen sei ihre Eintrittspflicht nach Nr. 1.1 der in der Haftpflichtversicherung vereinbarten Besonderen Bedingungen ([X.]) ausgeschlossen, weil das Schadensereignis bei einer Straftat des Mieters, nämlich dem Versuch, Cannabisöl herzustellen, eingetreten sei.

6

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, weil es die Voraussetzungen des direkten [X.] verneint hat. Der Mieter habe die Explosion nicht lediglich durch einfache, sondern durch grobe Fahrlässigkeit verursacht.

7

II. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in [X.], 461 veröffentlicht worden ist, hat die Berufung der Klägerin mit Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Die Auffassung der Klägerin, ein direkter Ausgleichanspruch zwischen dem regulierenden [X.] und dem Haftpflichtversicherer des Mieters, der den Schaden verursacht habe, komme auch in Fällen in Betracht, in denen der Mieter den Schaden grob fahrlässig herbeigeführt habe, sei rechtsirrig.

8

Im Streitfall habe der Mieter den Schaden in hohem Maße grob fahrlässig verursacht. Insoweit habe das [X.] die aus dem polizeilichen Ermittlungsergebnis ersichtlichen Umstände umfassend gewürdigt. Die vom Mieter im Schreiben seines Rechtsanwalts vom 23. Januar 2009 aufgestellten Behauptungen widersprächen dem polizeilichen Ermittlungsergebnis so eklatant, dass sie offensichtlich falsch seien, weshalb eine Vernehmung des Mieters zur Richtigkeit dieser Behauptungen nicht in Betracht komme.

9

Gleichviel ob zur Herstellung von Cannabisöl oder aus anderem, nicht genannten Grunde stelle das bewusste Entweichenlassen von Butangas in einem geschlossenen Raum, ohne dass ein Verbraucher angeschlossen und in Betrieb sei, eine grobe Fahrlässigkeit dar. Auf Weiteres komme es nicht an. Soweit sich die Klägerin in der Berufungsinstanz darauf berufe, es sei - entgegen den Feststellungen des landgerichtlichen Urteils - nicht unstreitig, dass der Schaden im Zusammenhang mit dem Umgang mit Butangas verursacht worden sei, seien die entsprechenden Feststellungen des [X.]s für das Berufungsgericht bindend; im Übrigen habe die Klägerin eine andere Ursache als die explodierende [X.] nicht vorgetragen und sei dafür auch sonst nichts ersichtlich.

Auch in subjektiver Hinsicht sei grobe Fahrlässigkeit zu bejahen. Dass das bewusste Entweichenlassen von Butangas in einem Badezimmer äußerst gefährlich sei und leicht zu einer Explosion führen könne, liege auf der Hand und müsse jedem einleuchten.

Eine persönliche Vernehmung des Mieters sei nicht geboten. Auch wenn die persönliche Glaubwürdigkeit eines Zeugen und die Glaubhaftigkeit seiner Angaben nur nach einer persönlichen Vernehmung beurteilt werden könnten, gelte das nicht, wenn die bisherigen Angaben des Zeugen in einem so eklatanten Widerspruch zu den objektiven Feststellungen eines Ermittlungsverfahrens stünden, dass sie falsch sein müssten. Der Sachverhalt sei durch das Ermittlungsverfahren hinreichend geklärt. Danach sei davon auszugehen, dass der Mieter bewusst eine größere Menge Butangas habe entweichen lassen.

III. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin führt zur Zulassung der Revision unter gleichzeitiger Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht nach § 544 Abs. 7 ZPO. Dieses hat den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt, weil es deren Antrag auf Vernehmung des Mieters als Zeugen zurückgewiesen hat.

1. Zutreffend - und von der Beschwerde auch nicht mehr beanstandet - hat es allerdings angenommen, der bei Abschluss des [X.] nach ergänzender Auslegung der Rechtsprechung (vgl. dazu [X.]surteil vom 8. November 2000 - IV ZR 298/99, [X.], 393 ff. unter 2 und 3) stillschweigend erklärte [X.] des [X.]s zugunsten der Mieter des versicherten Gebäudes sei auf Fälle der [X.] durch einfache Fahrlässigkeit beschränkt und eröffne dem [X.] nur in diesem Fall einen direkten Rückgriff auf den Haftpflichtversicherer des Mieters analog dem Innenausgleich der Versicherer bei einer Mehrfachversicherung (gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F./§ 78 Abs. 2 Satz 1 [X.] n.F.; vgl. dazu [X.]surteil vom 13. September 2006 - IV ZR 273/05, [X.], 86 ff. unter II).

Soweit Teile der Literatur die Auffassung vertreten, der [X.] sei mit Blick auf das neue [X.] und dessen Abkehr vom "Alles-oder-Nichts-Prinzip", die unter anderem in § 81 Abs. 2 [X.] n.F. ihren Niederschlag gefunden habe, auf Fälle der grob fahrlässigen Herbeiführung des Schadens in der Weise zu erstrecken, dass der [X.] beim Mieter nur in Höhe der ihn nach § 81 Abs. 2 [X.] treffenden Kürzungsquote Regress nehmen könne ([X.]/[X.], [X.], 10 ff., [X.] in [X.]/Matusche-[X.], [X.] 3. Aufl. § 22 Rn. 145; von [X.] in [X.], [X.] 2. Aufl. § 86 Rn. 86; [X.], Versicherungsvertragsrecht 5. Aufl. Rn. 358; [X.] in [X.]/[X.], [X.] § 86 Rn. 47), überzeugt dies nicht (gegen diese Auffassung [X.]/[X.] in MünchKomm-[X.], 2. Aufl. § 86 Rn. 232; [X.] VersR 2009, 1112, 1114).

Ein so weitgehender [X.] entspräche nicht mehr den Interessen der [X.]en des [X.].

a) Im Rahmen der ergänzenden Auslegung, welche zu der Annahme eines stillschweigenden [X.]s des [X.]s geführt hat, hat der [X.] zunächst auf das Interesse des Versicherungsnehmers abgestellt, das Vertragsverhältnis zu seinem Mieter nicht zu belasten. Eine ernsthafte Belastung hat der [X.] darin gesehen, dass der Versicherungsnehmer der Gebäudeversicherung im Falle eines Regresses wegen der Obliegenheit, den [X.] bei der Durchsetzung seiner Regressforderung zu unterstützen, eine dem Interesse seines Mieters und auch seinem eigenen Interesse zuwiderlaufende Position vertreten müsste (vgl. [X.]surteile vom 8. November 2000 - IV ZR 298/99, [X.], 393 unter 3 c; vom 13. September 2006 - IV ZR 116/05, [X.], 1533 Rn. 20). [X.] sich der [X.] des [X.]s auch auf Fälle grober Fahrlässigkeit in der Weise, dass der [X.] nur noch in Höhe einer festzusetzenden Quote beim Mieter Regress nehmen dürfte, könnte dies den aufgezeigten Konflikt des Gebäudeeigentümers und Versicherungsnehmers der Gebäudeversicherung nicht ausräumen, denn jedenfalls mit Blick auf den anteiligen Mieterregress des [X.]s bliebe er gehalten, dessen Position zu unterstützen und gegebenenfalls entgegen eigenem Interesse auf eine hohe Regressquote hinzuwirken.

b) Während dem [X.] bei einem auf Fälle einfacher Fahrlässigkeit beschränkten, vollständigen [X.] nach der [X.]srechtsprechung der Vorteil einer direkten Inanspruchnahme des [X.] des Mieters über die analoge Heranziehung der Vorschriften über den Versicherer-Innenausgleich bei Mehrfachversicherung gewährt wird (vgl. [X.]surteil vom 13. September 2006 - IV ZR 273/05, [X.], 86 unter II) und ihm damit die Regulierung erleichtert werden kann, erwiese sich ein quotenmäßig beschränkter [X.] für Fälle grober Fahrlässigkeit des Mieters als für den [X.] nachteilig.

Denn ohne die Haftungsquote des Mieters selbst zuverlässig festlegen zu können, müsste er zum einen die Quote, in deren Höhe der Mieter von einer Haftung freigestellt bliebe, im Wege der - in der Regel hälftigen - direkten Inanspruchnahme des [X.] des Mieters über den Innenausgleich der Versicherer verfolgen, zugleich aber hinsichtlich der verbleibenden Quote den Mieter im Regresswege in Anspruch nehmen und im [X.] schließlich den Deckungsanspruch des Mieters gegen seinen Haftpflichtversicherer pfänden und sich überweisen lassen, um so am Ende auch wegen dieser Quote den Haftpflichtversicherer [X.] in Anspruch nehmen zu können. Diese komplizierte Parallelführung zweier Auseinandersetzungen um den Ausgleich nach Regulierung eines vom Mieter verursachten Gebäudeschadens ist dem [X.] nicht zumutbar.

c) Soweit der [X.] bei der Entwicklung des so genannten versicherungsrechtlichen Modells den [X.] des [X.]s auf die Überlegung gestützt hat, der Mieter finanziere die Gebäudeversicherung des Vermieters, hat er daraus lediglich eine berechtigte Erwartung des Mieters abgeleitet, dass ihm diese Aufwendungen im Schadensfall "in irgendeiner Weise zugutekommen" sollten, er "in gewisser Weise geschützt" werde, wenn er leicht fahrlässig einen Schaden verursache ([X.]surteil vom 13. September 2006 - IV ZR 116/05, [X.], 1533 Rn. 23 m.w.N.). Mithin hat der [X.] nicht ausgesprochen, der Mieter müsse infolge seiner Mitfinanzierung der [X.] im Ergebnis vollen Umfangs wie ein Versicherungsnehmer dieses Vertrages gestellt werden.

Vielmehr bestand seit Beginn der Rechtsprechungsentwicklung betreffend die Privilegierung des Mieters losgelöst vom rechtlichen Ansatz, über den ein solches Ergebnis zu erreichen war, die Vorstellung, den Mieter lediglich in Fällen einfach fahrlässiger [X.] zu entlasten (vgl. dazu [X.]surteil vom 13. September 2006 - IV ZR 116/05, [X.], 1533 Rn. 11). Dabei muss es mit Blick auf die oben erläuterte Interessenlage der [X.]en des [X.] ungeachtet des geänderten [X.]es bleiben.

2. Ohne Erfolg macht die Beschwerde geltend, die Beklagte verhalte sich treuwidrig, wenn sie sich gegenüber der Klägerin darauf berufe, ihr Versicherungsnehmer habe den Schaden grob fahrlässig verursacht.

Im Streitfall hat die Beklagte erkennbar ein - die Treuwidrigkeit [X.] - berechtigtes Interesse, sich auf grobe Fahrlässigkeit des Schädigers zu berufen, weil sie geltend machen will, ihm gegenüber im Deckungsverhältnis infolge der [X.] der Nr. 1.1 [X.] leistungsfrei zu sein. Damit steht noch nicht fest, dass sie im Falle grob fahrlässiger [X.] voll eintrittspflichtig wäre.

3. Der angefochtene Beschluss ist aber nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht bei der Feststellung, der Mieter habe den Schaden grob fahrlässig herbeigeführt, das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat. Seine Ablehnung des Antrags, den Mieter als Zeugen zu vernehmen, findet im Prozessrecht keine Stütze.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Mieter habe den gesamten Inhalt der später von der Polizei im Badezimmer gefundenen [X.] in seiner Wohnung bewusst freigesetzt, diese Freisetzung einer explosionsfähigen Menge [X.] in einem geschlossenen Raum stelle in jedem Falle - auch subjektiv - ein nicht entschuldbares Verhalten und mithin eine grobe Fahrlässigkeit dar.

Die Klägerin hat sowohl in erster Instanz mit Schriftsatz vom 18. Mai 2012 als auch in der Berufungsbegründung beantragt, den Mieter zum Geschehen als Zeugen zu vernehmen. Zur Begründung des Antrags hat sie sich auf ein Schreiben des Rechtsanwalts des Mieters vom 23. Januar 2009 gestützt, in welchem für den Mieter folgende Stellungnahme abgegeben worden war:

"… Aus der Ermittlungsakte ergibt sich die Vermutung, dass im Zusammenhang mit dem Anbau/der Bearbeitung der Cannabispflanzen Butangas benutzt wurden sein soll. Ein Gutachten lässt den Schluss zu, dass möglicherweise ausströmendes Butangas die Explosion verursacht haben könnte.

Herr … [der Mieter] schließt dies jedoch grundsätzlich aus. Es wurde lediglich eine leere [X.] im Bereich des Bades gefunden. Diese [X.] stammte von einem Biwak Aufenthalt am Wochenende 17./18.05.2008 in der [X.]. Er schließt grundsätzlich für Mai 2008 aus, dass Butangas in irgendeiner Form in der Wohnung verwandt wurde.

Er kann jedoch insofern nicht ausschließen, dass die vorgefundene Flasche nach dem Biwak Aufenthalt noch teilweise gefüllt war. Er vermutet dies lediglich. Insofern kann grundsätzlich auch nicht ausgeschlossen werden, dass möglicherweise durch Umfallen oder aufgrund anderer Ursache es im Bereich des Bades zum Ausströmen von Butangas aus dieser Flasche kommen konnte. …"

b) Diesen Antrag, mit dem die Klägerin zugleich konkludent in Abrede gestellt hat, dass der Mieter vor der Explosion mit der [X.] hantiert und das Gas bewusst freigesetzt hat, durfte das Berufungsgericht nicht mit der Begründung ablehnen, die Angaben des Mieters stünden in einem so eklatanten Widerspruch zu den objektiven Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens, dass sie falsch sein müssten, der Sachverhalt sei durch das Ermittlungsverfahren hinreichend geklärt.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung genügt eine [X.] ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das [X.]vorbringen diesen Anforderungen, kann der Vortrag weiterer Einzelheiten nicht verlangt werden. Das gilt insbesondere dann, wenn - wie hier der [X.] - die [X.] selbst keine unmittelbare Kenntnis von den Vorgängen hat. Genügt das [X.]vorbringen den Anforderungen an die Substantiierung, so muss der Tatrichter in die Beweisaufnahme eintreten, um dort eventuell weitere Einzelheiten zu ermitteln ([X.]surteile vom 18. April 2012 - IV ZR 147/10, [X.], 1110 Rn. 17; vom 12. Oktober 2011 - IV ZR 199/10, [X.], 1550 Rn. 55; [X.]sbeschlüsse vom 12. September 2012 - IV ZR 177/11, NJW-RR 2013, 9 Rn. 12; vom 21. September 2011 - IV ZR 38/09, [X.], 1563 Rn. 14). Die Klägerin hat  soweit ihr möglich  vorgetragen, wie es aus der Sicht des Mieters zu der Explosion gekommen sein soll. Dieser Vortrag war hinreichend substantiiert und einer Beweisaufnahme zugänglich.

Unerheblich ist, ob und inwieweit die namens des Zeugen von seinem Rechtsanwalt abgegebene Darstellung glaubhaft ist. Denn dies ist vom Tatrichter erst nach Vernehmung des Zeugen in Verbindung mit den sonstigen Umständen und Indizien zu würdigen. Eine vorweggenommene Beweiswürdigung ist demgegenüber unzulässig.

bb) § 244 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 StPO, der auch im Zivilprozess entsprechende Anwendung findet ([X.]sbeschlüsse vom 12. September 2012 - IV ZR 177/11, NJW-RR 2013, 9 Rn. 14; vom 21. September 2011 aaO Rn. 16; [X.], Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, [X.]Z 53, 245, 259 f.; MünchKomm-ZPO/Prütting, 5. Aufl. § 284 Rn. 91; [X.] in Musielak/[X.], ZPO 13. Aufl. § 284 Rn. 21), erlaubt die Ablehnung eines Antrags auf Zeugenvernehmung nur für den Fall, dass die in das Wissen des Zeugen gestellte Tatsache bereits erwiesen ist. Im Streitfall hat das Berufungsgericht hingegen aufgrund des Ergebnisses der polizeilichen Ermittlungen das Gegenteil der in das Wissen des Zeugen gestellten Tatsachen für erwiesen erachtet. In einem solchen Fall stellt es eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung dar, wenn der Tatrichter die Zeugenvernehmung mit Blick auf das Beweisergebnis im Übrigen ablehnt ([X.]sbeschluss vom 12. September 2012 - IV ZR 177/11, NJW-RR 2013, 9 Rn. 14; MünchKomm-ZPO/Prütting aaO Rn. 99).

c) Der [X.] kann nicht sicher ausschließen, dass die Vernehmung des Mieters zu Erkenntnissen geführt hätte, nach denen die Frage, ob er den Schaden grob fahrlässig herbeigeführt hat, anders als geschehen zu beantworten gewesen wäre.

[X.]                                      Felsch                              Dr. Karczewski

                  Dr. Brockmöller                          Dr. Götz

Meta

IV ZR 52/14

26.10.2016

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Koblenz, 16. Januar 2014, Az: 10 U 1470/12, Beschluss

§ 59 Abs 2 S 1 aF VVG, § 78 Abs 2 S 1 VVG, § 81 Abs 2 VVG, Art 103 Abs 1 GG, § 544 Abs 7 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.10.2016, Az. IV ZR 52/14 (REWIS RS 2016, 3320)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3320

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