Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2006, Az. IV ZR 273/05

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 1888

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am:

13. September 2006

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: ja _____________________ [X.] §§ 59, 67 1. In der Gebäudeversicherung ergibt die ergänzende Vertragsauslegung einen [X.]verzicht des Versicherers für die Fälle, in denen der Mieter einen Schaden am Gebäude durch leichte Fahrlässigkeit verursacht hat; dem Versicherer ist der [X.] auch dann verwehrt, wenn der Mieter eine Haftpflichtversicherung [X.], die Ansprüche wegen Schäden an gemieteten Sachen deckt (Bestätigung und Fortführung von [X.], 393). 2. Dem [X.], dem der [X.] gegen den Mieter verwehrt ist, steht gegen dessen Haftpflichtversicherer entsprechend den Grundsätzen der Doppel-versicherung (§ 59 Abs. 2 Satz 1 [X.]) ein Anspruch auf anteiligen Ausgleich zu; einen vollen Ausgleich im Deckungsumfang der Haftpflichtversicherung kann er nicht verlangen. [X.], Urteil vom 13. September 2006 - [X.] - [X.]

[X.] - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] [X.] auf die mündliche Verhand-lung vom 13. September 2006 für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zi-vilsenats des [X.] vom 28. Okto-ber 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand:

Die Klägerin verlangt in ihrer Eigenschaft als [X.] von der [X.] als [X.] einen Ausgleich für Leistungen, die sie in fünf Fällen an ihre Versicherungsnehmer ([X.] und Vermieter) wegen [X.] und Brandschäden er-bracht hat, welche die bei der [X.] unter Einschluss von Schäden an gemieteten Sachen versicherten Wohnungsmieter leicht fahrlässig herbeigeführt haben sollen. Die Gebäudeversicherungsprämie hatten die Mieter als Nebenkosten anteilig zu tragen. Eine von der Klägerin gegen 1 - 3 -

zwei Mieter erhobene [X.]klage wurde unter anderem mit der [X.] rechtskräftig abgewiesen, der nach der Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 8. November 2000 - [X.] - [X.], 94 unter 3 c = [X.], 393, 398 ff.) bei nur leichter Fahr-lässigkeit des Mieters anzunehmende [X.] des [X.] hänge nicht davon ab, ob der Mieter im Einzelfall eine Haft-pflichtversicherung abgeschlossen habe. Auf den im Urteil des Bundes-gerichtshofs angesprochenen Ausgleich komme es nicht an, weil dieser allein das Verhältnis zwischen Gebäude- und Haftpflichtversicherer betreffe. Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe zumindest in Analogie zu be-stehenden Vorschriften oder im Wege richterlicher Rechtsfortbildung ei-nen Anspruch auf Ausgleich im Umfang und in voller Höhe der [X.] der [X.], jedenfalls aber Anspruch auf anteiligen Ausgleich nach den Grundsätzen der [X.] (§ 59 [X.]). Nach Auffassung der [X.] gibt es dafür keine Rechtsgrundlage. 2 Die auf Zahlung von 37.787,80 • gerichtete Klage ist in den [X.] erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin den Anspruch auf Ausgleich weiter. 3 - 4 -

Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 4 A. Das [X.] ([X.], 542 = NJW 2006, 784) meint, für das Ausgleichsbegehren der Klägerin gegen die Beklagte gebe es nach geltendem Recht keine Anspruchsgrundlage. Der Anspruch [X.] sich nicht auf §§ 812, 426 BGB oder auf eine analoge Anwendung von § 149 [X.] stützen. Auch eine direkte oder entsprechende Anwendung von § 59 Abs. 2 [X.] komme nicht in Betracht. 5 B. Der [X.] teilt die Ansicht des Berufungsgerichts nicht, soweit es eine analoge Anwendung von § 59 Abs. 2 Satz 1 [X.] abgelehnt hat. Die Klägerin hat als [X.] gegen die Beklagte als [X.] der Mieter entsprechend den Grundsätzen der Doppel-versicherung einen unmittelbaren Anspruch auf anteiligen Ausgleich. [X.] vollen Ausgleich im Deckungsumfang der Haftpflichtversicherung kann sie nicht verlangen. 6 [X.] Der Zugriff auf den Deckungsanspruch aus der [X.] über § 67 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist dem [X.] we-gen des dem Gebäudeversicherungsvertrag zu entnehmenden [X.] verwehrt. Der [X.] hindert ihn daran, für den über-gegangenen Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen 7 - 5 -

den Mieter einen Vollstreckungstitel zu erwirken und so mittelbar (§§ 149, 154 Abs. 1, 156 Abs. 2 [X.]) oder über die Pfändung und Überweisung des Deckungsanspruchs in den Genuss der [X.] zu kommen.
1. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen und auf welchem rechtlichen Weg (mietvertraglicher Haftungsverzicht einerseits, Mitversi-cherung des Sachersatzinteresses in der Gebäudeversicherung oder [X.] andererseits) der einen Schaden nur leicht fahrlässig verursachende Mieter gegen einen [X.] des [X.]s des Vermieters/Eigentümers zu schützen ist, wurde seit der Entschei-dung des [X.] in [X.], 292 in der Literatur immer wieder kontrovers diskutiert und durch die Rechtsprechung des [X.] nicht in jeder Hinsicht überzeugend beantwortet (vgl. zur Entwick-lung der Rechtsprechung und den unterschiedlichen Auffassungen in der Literatur [X.], NJW 1997, 177; [X.], [X.] des [X.]. S. 104 f.; [X.] in [X.]/Langheid, [X.] 2. Aufl. § 74 [X.]. 9; [X.], Haftung, Versicherung und [X.] bei [X.] des [X.] durch den Mieter, Festschrift für [X.] zum 70. Geburtstag, [X.] ff.). Der [X.] hat sich im Urteil vom 8. November 2000 ([X.] - [X.], 393 = [X.], 94 m. Anm. [X.] und [X.]) mit den verschiedenen Lösungsmöglichkeiten auseinandergesetzt und sich für eine versicherungsrechtliche Lösung entschieden. Danach ist der Gebäudeversicherungsvertrag, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte für eine Mitversicherung des Sachersatzinteres-se des Mieters vorliegen, dahin ergänzend auszulegen, dass ihm ein [X.] des Versicherers für die Fälle zu entnehmen ist, in de-nen der Mieter einen Schaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht 8 - 6 -

hat. Dieser Ansicht haben sich die für das Mietrecht zuständigen [X.]e des [X.] angeschlossen (Urteile vom 14. Februar 2001 - [X.] - [X.], 856 unter 2 c und vom 3. November 2004 - [X.] - [X.], 498 unter 2 für die Wohnungsmiete; [X.] vom 12. Dezember 2001 - [X.] - [X.], 433 für die gewerbliche Miete). Diese nunmehr als gefestigt anzusehende Rechtsprechung des [X.] hat bei den Instanzgerichten und überwiegend auch in der Literatur im Grundsatz Zustimmung gefun-den (unter anderem [X.], 497 und 1391; [X.] [X.], 593; [X.] [X.], 71; [X.] [X.], 500; [X.], 471; [X.], [X.], 96 ff.; [X.], NVersZ 2001, 193, 195; [X.], [X.], 157 f.; [X.], aaO; zur umstrittenen Bedeutung einer Haftpflichtversicherung des [X.] unten I[X.] 1. b)).Die gegen die Annahme eines [X.]s ge-richtete grundsätzliche Kritik ([X.], [X.], 98 ff.; [X.]/[X.], NVersZ 2001, 490, 495 ff.) überzeugt schon deshalb nicht, weil sie ein-seitig das [X.]interesse des [X.]s in den [X.] stellt. Demgegenüber ermöglicht die im Grundsatz weitgehend ak-zeptierte Rechtsprechung des [X.] eine den Interessen aller Beteiligten angemessenere Lösung, die auch zu einer einfacheren und kostengünstigeren Schadensabwicklung führen kann. Deshalb und auch aus Gründen der Rechtssicherheit ist daran festzuhalten.
2. Dem [X.] ist der [X.] gegen den Mieter auch dann verwehrt, wenn dieser haftpflichtversichert ist und abwei-chend von § 4 Nr. I 6 a der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung ([X.]) Deckungsschutz auch für [X.] wegen Schäden an gemieteten Sachen hat. 9 - 7 -

a) Das ergibt sich bereits aus der Formulierung im [X.]surteil vom 8. November 2000, die allgemeine ergänzende Vertragsauslegung eines [X.]s für leichte Fahrlässigkeit könne nicht davon [X.], ob der Mieter im Einzelfall eine Haftpflichtversicherung abge-schlossen habe ([X.], 399). Unter Hinweis darauf hat der [X.] durch Beschluss vom 16. Oktober 2002 ([X.]) die Revision ge-gen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen [X.]s vom 31. Oktober 2001 (4 [X.]) nicht angenommen, in dem dieses den [X.] des [X.]s gegen den Mieter trotz [X.] in der Haftpflichtversicherung wegen Schäden an der [X.] hatte. Aus dem Urteil des [X.] vom 14. Februar 2001 (aaO) ergibt sich nichts anderes. Der VII[X.] Zivilsenat hat zum Ein-fluss der Haftpflichtversicherung auf den [X.] keine abwei-chende Meinung vertreten, sondern sich den Erwägungen des [X.] im Urteil vom 8. November 2000 in vollem Umfang angeschlos-sen. Offen geblieben ist nur die Frage des Ausgleichs unter den [X.]. 10 b) Dennoch sind die Urteile des [X.] und des VII[X.] Zivilsenats dahin verstanden worden, es sei noch nicht abschließend geklärt, ob dem Ge-bäudeversicherer der [X.] auch dann verwehrt ist, wenn der schädi-gende Mieter eine Haftpflichtversicherung unterhält. In der [X.] der Instanzgerichte und der Literatur ist die Frage umstritten. [X.] [X.]e sind dem [X.] gefolgt (außer dem Schleswig-Holsteinischen [X.] die [X.]e [X.], [X.], 497, [X.], [X.], 592, [X.], [X.], 1280, Nichtzulassungsbeschwerde durch [X.]sbeschluss vom 11 - 8 -

16. Oktober 2002 zurückgewiesen, [X.], [X.], [X.], 500 und Urteil vom 16. Mai 2001, 3 [X.] und [X.], Urteil vom 29. August 2001, 1 [X.]). Die [X.]e [X.] ([X.], 593) und [X.] ([X.], 541) meinen, die Frage sei höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt und dahin zu [X.], dass der [X.] den Mieter in [X.] nehmen kön-ne, wenn dieser eine den Schadensersatzanspruch deckende Haft-pflichtversicherung habe. In diesem Fall bedürfe der Mieter keines Schutzes durch den [X.], weil er nicht Gefahr laufe, für den Schaden selbst aufkommen zu müssen. Eine ernsthafte Belastung des Mietverhältnisses sei nicht zu befürchten, weil der Vermieter und der Mieter annehmen dürften, die Auseinan[X.]etzung über die [X.] werde faktisch zwischen den beiden Versiche[X.] geführt. Mit entsprechenden Erwägungen ist die Literatur ganz überwiegend der [X.], der [X.] sei bei bestehendem Haftpflichtversiche-rungsschutz des Mieters subsidiär ([X.], aaO [X.] ff. und [X.], 595, 597; [X.], [X.], 501, 503 a.E.; [X.], aaO S. 195 f. und [X.], 185, 186; [X.], aaO S. 158 und [X.], 389, 391 f.; a.A. [X.], aaO S. 144). c) Die an der Begründung des [X.] vom 8. November 2000 geübte Kritik ist teilweise berechtigt. Der Umstand, dass bei [X.] des [X.] häufig noch unbekannt sei, ob der Mieter eine Haftpflichtversicherung habe, und dass viele Mieter keine hätten, stünde einer rechtlichen Konstruktion des [X.]s nur für den Fall der fehlenden Haftpflichtversicherungsdeckung grund-sätzlich nicht entgegen. Richtig ist auch, dass der Risikoausschluss des § 4 Nr. I 6 a [X.] überwiegend abbedungen wird, allerdings mit [X.] - 9 -

schränkungen (vgl. den Einschluss von Mietsachschäden in Nr. 4.2 des [X.], abgedruckt bei [X.]/[X.], [X.] 27. Aufl. S. 1332, 1346 und Schwickert, [X.], 174). Bei Mehrfamilienhäusern betrifft der Risikoausschluss im Übrigen nur den dem [X.] unterliegen-den, nicht aber den übrigen Teil des Gebäudes (Littbarski, [X.] § 4 [X.]. 206 f.; Späte, Haftpflichtversicherung § 4 [X.] [X.]. 113). d) Diese Einwände gegen einzelne Punkte der Begründung sind jedoch nicht geeignet, das Ergebnis in Frage zu stellen. Der [X.]de Grund dafür, dass der [X.] nicht vom Bestehen eines Haftpflichtversicherungsschutzes des Mieters abhängt, ergibt sich aus den Erwägungen, aus denen der [X.] im Wege der ergänzenden Aus-legung dem Gebäudeversicherungsvertrag überhaupt einen [X.]ver-zicht entnommen hat. 13 aa) Der Inhalt typischer Gebäudeversicherungsverträge wird im Wesentlichen durch Allgemeine Versicherungsbedingungen festgelegt. Die ergänzende Auslegung solcher Verträge hat nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu erfolgen, der am Willen und Interesse der typischerweise beteiligten Verkehrskreise (und nicht nur der konkret be-teiligten Parteien) ausgerichtet sein muss; die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein ([X.]Z 164, 297, 317; [X.], aaO S. 97). 14 15 bb) Da es um die ergänzende Auslegung des [X.] zwischen dem Versicherungsnehmer als Vermieter und dem [X.] geht, kommt es - wie dem [X.]surteil vom 8. November - 10 -

2000 zu entnehmen ist - auf deren Interessen an und nicht unmittelbar auf die Interessen des Mieters ([X.], [X.], 157, 158). Allerdings sind die Interessen des Mieters mittelbar einzubeziehen, soweit sie sich in einem auf dem Mietverhältnis beruhenden Interesse des Vermieters nie[X.]chlagen (vgl. [X.], [X.], 893, 895 f.; [X.]. Der Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachversicherung S. 113 ff.; [X.], [X.], 221, 223 und [X.], 389 f.).
(1) Wie der [X.] bereits im Urteil vom 8. November 2000 darge-legt hat, besteht ein für den Versicherer erkennbares Interesse des [X.] daran, das in der Regel auf längere Zeit angelegte Vertragsver-hältnis zu seinem Mieter so weit wie möglich unbelastet zu lassen ([X.] [X.] und [X.], aaO). Bei einem [X.] des Versicherers liegt eine ernsthafte Belastung des Mietverhältnisses aber auf der Hand. Denn Vermieter und Mieter müssten gegenläufige Positionen vertreten oder zumindest unterstützen. Den Vermieter trifft die Obliegenheit, sei-nen [X.] bei der Durchsetzung der [X.]forderung zu unterstützen (vgl. u.a. § 13 Nr. 1 c und [X.], § 15 Nr. 1 c VGB 99). Die Erfüllung dieser Obliegenheit führt notwendig zu einem Konflikt mit den Interessen des Mieters, der bemüht sein wird, den [X.] des [X.] abzuwehren. Dies gilt ebenso, wenn der Mieter [X.] ist und dann seinerseits der Obliegenheit nachzukommen hat, den Haftpflichtversicherer bei der Abwehr des Schadens zu unterstützen (§ 5 Nr. 3 Satz 2 [X.]). 16 17 (2) Die Ansicht der [X.]e [X.] und [X.] und der überwiegenden Literatur, die Auseinan[X.]etzung über die Scha-densregulierung spiele sich dann faktisch zwischen den beiden Versiche-- 11 -

[X.] ab und führe zu keiner ernstlichen Belastung des Mietverhältnisses, weil Vermieter und Mieter beruhigt davon ausgehen könnten, letztlich zahle alles "die Versicherung", ist nur auf den ersten Blick einleuchtend. Sie unterstellt, dass alle Beteiligten sich der objektiven Rechtslage ent-sprechend vernünftig verhalten und nicht einseitig auf die Wahrnehmung ihrer jeweiligen Interessen bedacht sind. Es ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass die Haftpflichtversicherer in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle bedingungsgemäß regulieren, also unberechtigte Haft-pflichtansprüche abwehren und den Versicherungsnehmer von berechtig-ten [X.] freistellen. Die Gerichtspraxis zeigt aber, dass Haftpflichtversicherer in vielen Fällen den Deckungsschutz auch ableh-nen, möglicherweise mit vertretbaren, im späteren Rechtsstreit aber nicht durchschlagenden Gründen. Unabhängig davon, ob die [X.] berechtigt oder unberechtigt ist, müsste der Mieter einen [X.] gegen seinen Haftpflichtversicherer führen, selbst wenn er die Erfolgsaussichten nicht hoch einschätzt. Verzichtet er auf den [X.], muss er befürchten, vom [X.] in [X.] genommen zu werden mit der Begründung, er habe auf den [X.] nur deshalb verzichtet, um seinen Haftpflichtversicherer zu schonen. Ein vorgezogener [X.] ist überdies problema-tisch, wenn auch die Haftpflichtfrage streitig ist.
Außerdem besteht die Gefahr, dass der Versicherungsnehmer den an sich gegebenen Deckungsschutz wegen [X.] nach Eintritt des Versicherungsfalles verliert (§ 5 i.V. mit § 6 Nr. I [X.]). Das kann, wie die Erfahrung des [X.]s belegt, leicht vorkommen, ins-besondere deshalb, weil der Versicherungsnehmer die Beweislast dafür trägt, dass er die Obliegenheit nicht vorsätzlich und nicht grob fahrlässig 18 - 12 -

verletzt hat, und bei grob fahrlässiger Verletzung der Obliegenheit den [X.] führen muss. Die Gefahr der Obliegenheitsver-letzung in Gestalt der unterlassenen Anzeige des Versicherungsfalles ist hier überdies beson[X.] groß, weil der Versicherungsnehmer, insbeson-dere als versicherungsrechtlicher Laie, annehmen kann, der Schaden sei durch die Gebäudeversicherung gedeckt, und mit einem Rückgriff des [X.]s nicht rechnet. Zudem ist anzunehmen, dass der [X.] den Mieter stets in [X.] nehmen wird, wenn er weiß, dass dieser haftpflichtversichert ist. Er wird, um [X.] zu vermeiden, vorsorglich gegen den Mieter vorgehen, auch wenn dieser wegen Deckungsablehnung einen Prozess gegen seinen Haftpflichtversi-cherer führt. Denn er muss den Fall bedenken, dass der Mieter letztlich doch Anspruch auf Deckungsschutz hat, auch wenn sich dies erst nach einem längeren Rechtsstreit herausstellt. Wartet der [X.] aber so lange ab, kann es sein, dass seine [X.]forderung verjährt ist oder ihrer Durchsetzung Beweisschwierigkeiten entgegenstehen. Es [X.] also die Gefahr, dass der [X.] bei [X.] seines Versicherers zwischen zwei Fronten gerät. Er muss gegen seinen Haftpflichtversicherer vorgehen und ohne dessen Unterstützung den Anspruch des [X.]s abwehren. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Deckungspflicht des [X.]s hat er mit Vollstreckungsmaßnahmen zu rechnen, wenn der [X.] vorher ein stattgebendes Urteil im [X.] erstreitet. Für den Mieter kann sogar der Fall eintreten, dass er letztlich den Prozess gegen seinen Haftpflichtversicherer verliert und den Prozess gegen den [X.]. Er wäre also, an[X.] als der nicht [X.], der Gefahr ausgesetzt, dass letztlich kein Versicherer den Schaden zu tragen hat, sondern er selbst. - 13 -

Die [X.] an den Haftpflichtversicherer im [X.]prozess ist ebenso wenig wie die ohnehin gegebene Bindungswirkung des Haft-pflichturteils geeignet, alle streitigen Deckungsfragen im [X.]sverhältnis abschließend zu klären. Das ist nur bei Vorausset-zungsidentität der Fall ([X.]surteil vom 18. Februar 2004 - [X.]/02 - [X.], 590 unter III 1 m.w.N.). Der [X.] des [X.]s, der dem nicht [X.] Mieter zugu-te kommt, könnte deshalb beim [X.] Mieter unterlaufen werden. Das wiederum hätte Auswirkungen auf die Zahlungsfähigkeit des Mieters. Bei einer Deckungsablehnung des [X.] wäre die Belastung des Mietverhältnisses deshalb nicht geringer, son-dern eher stärker als dann, wenn der Mieter keine Haftpflichtversiche-rung hätte. Der [X.] stünde dann im Ergebnis schlechter als der nicht haftpflichtversicherte. Das aber läge nicht im [X.], für den eine Haftpflichtversicherung des Mieters wegen von der Gebäudeversicherung nicht gedeckter Schäden dennoch vorteilhaft sein kann.
(3) Abgesehen davon darf der Mieter, der die Versicherungsprämie der Gebäudeversicherung des Vermieters finanziert, im Verhältnis zum Vermieter die berechtigte Erwartung haben, dass ihm seine Aufwendun-gen im Schadensfall in irgendeiner Weise zugute kommen (vgl. [X.], Ur-teil vom 3. November 2004 - [X.] - [X.], 498 unter 2 und 3 vor a). Dabei ist es unerheblich, ob die Versicherungsprämie offen um-gelegt oder in die Miete einkalkuliert worden ist (ebenso [X.], [X.], 185 und [X.], 221, 223; [X.], [X.], 157; [X.]/ [X.], NVersZ 2001, 490, 492). Bei einem typischen Mietvertrag über Wohnräume, aber auch über Gewerberäume liegt es auf der Hand, dass 19 - 14 -

die Betriebskosten letztlich vom Mieter getragen werden, entweder offen ausgewiesen oder verdeckt. Jeder wirtschaftlich denkende Vermieter muss jedenfalls die Betriebskosten erwirtschaften. Der Mieter, der im Er-gebnis die Prämie (mit-)trägt, darf also berechtigterweise vom Vermieter erwarten, hierfür eine Art Gegenleistung zu erhalten, die darin besteht, dass er in gewisser Weise geschützt ist, wenn er leicht fahrlässig einen Schaden verursacht. Die Erfüllung dieser berechtigten Erwartung des Mieters liegt aber auch im Interesse des Vermieters, weil anderenfalls das Vertragsverhältnis auch insoweit belastet werden kann. (4) Zusammengefasst geht das Interesse des Vermieters letztlich dahin, dass der Schadensfall, auch wenn einiges in den beiden [X.] und im Mietverhältnis in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht streitig sein sollte, ausschließlich auf [X.] der beiden [X.] geregelt wird. Nur dann ist der Zustand erreicht, den die Ober-landesgerichte [X.] und [X.] sowie die überwiegende Auffassung in der Literatur als gegeben voraussetzen. 20 (5) Dem [X.] trotz Bestehens einer Haftpflichtversiche-rung des Mieters stehen berechtigte Interessen des Versicherers nicht entgegen, wie der [X.] bereits im Urteil vom 8. November 2000 ausge-führt hat. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der [X.] ein konkretes Risiko versichert, für das er eine bestimmte Prämie er-hält. Welches Risiko er versichern will, ist seine Sache, er kann sich [X.] darüber informieren. Er kann sich Aufklärung darüber verschaffen, ob Gebäude oder Wohnungen vermietet sind. Häufig wird sich das schon von selbst ergeben, beispielsweise bei Mehrfamilienhäusern und großen Mietshäusern. Bei einem Einfamilienhaus kann der Versicherer danach 21 - 15 -

fragen, ob es vermietet ist oder nicht. Der Versicherer ist also in der [X.], eine risikogerechte Prämie zu verlangen. In diese kann er eventuelle [X.]ausfälle wegen des [X.]s einerseits und eventuelle Ausgleichserlöse nach § 59 [X.] andererseits einkalkulieren. I[X.] Dem [X.] ist ein Ausgleichsanspruch in analo-ger Anwendung von § 59 Abs. 2 [X.] zuzubilligen. 22 1. Diese Lösung wird in der Literatur für den Fall des [X.]ver-zichts auch gegenüber dem [X.] Mieter mit überzeu-genden Gründen vertreten ([X.], [X.], 595, 598; Breidenei-chen, [X.], 501, 502 f.; [X.], aaO S. 144 f.). Entgegen der An-sicht des [X.]s [X.] ([X.], 500) scheidet eine unmittelbare Anwendung von § 59 [X.] aus. Die Verträge über die Ge-bäudeversicherung und die Haftpflichtversicherung decken auch nicht teilweise dasselbe Interesse. Der [X.] führt nicht zu einer Mitversicherung des [X.] in der Gebäude-versicherung. Der Mieter hat keinen Anspruch gegen den Gebäudeversi-cherer, sondern wird durch die [X.]beschränkung im Verhältnis zum Versicherer lediglich so behandelt, als sei er versichert (anschaulich [X.], aaO S. 503 und Sieg, [X.], 105 f.: "[X.]"). Diese der [X.] strukturell ver-gleichbare Interessenlage rechtfertigt die analoge Anwendung von § 59 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Diese Vorschrift verdrängt als spezielle Ausgleichs-regelung unter den beteiligten Versiche[X.] andere Ausgleichsansprüche (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.] 27. Aufl. § 59 [X.]. 13; BK-[X.], § 59 [X.]. 39). 23 - 16 -

2. Nach § 59 Abs. 2 Satz 1 [X.] hat der Ausgleich nach dem [X.] der jeweiligen Leistungspflicht zu erfolgen. Das gilt jedoch nur, soweit die Ersatzverpflichtungen deckungsgleich sind. In den Ausgleich können deshalb - wie von der Klägerin im Grundsatz berücksichtigt - nur der Zeitwert und die Positionen eingesetzt werden, die der [X.] auch zu ersetzen hat. Der von [X.] (aaO) und [X.] ([X.], 389, 392) vertretenen Auffassung, zwar sei § 59 Abs. 2 Satz 1 [X.] analog anzuwenden, jedoch dahin zu modifizieren, dass der Haftpflichtversicherer den Schaden voll zu tragen habe, der [X.] des [X.]s also nur subsidiär sei, ist nicht zuzustimmen. Nach der Rechtsprechung des [X.]s ist bei nur subsidiärer Haftung eines Versicherers für eine [X.] und einen Innenausgleich nach § 59 Abs. 2 [X.] kein Raum (Urteil vom 21. April 2004 - [X.]/03 - [X.], 994 unter II 1 a m.w.N.). 24 3. Der Ausgleich über die Grundsätze der [X.] ver-einfacht die Schadensabwicklung erheblich. Er hat zudem den Vorteil, dass die [X.] der Versicherer als selbständige Ansprüche im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles entstehen und nicht durch [X.] der Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalles beeinträchtigt werden können. Der [X.] hat früher zwar als maßgeblichen Zeitpunkt für die Ausgleichspflicht die [X.] durch einen Doppelversicherer angenommen (Urteil vom 19. März 1981 - [X.] ZR 75/80 - VersR 1981, 625). Im Urteil vom 5. März 1986 ([X.]/84 - [X.], 380 unter 1) hat der [X.] ausdrücklich offen gelassen, ob für die Ausgleichspflicht nach § 59 Abs. 2 [X.] grundsätz-lich auf den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles abzustellen 25 - 17 -

sei, wofür [X.]/[X.] mit beachtlichen Gründen einträten. Heute ist die Literatur einhellig der Meinung, dass es auf den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles ankommt und die Ausgleichsansprüche der Doppelversicherer durch Handlungen der Versicherungsnehmer nicht mehr beeinträchtigt werden können ([X.], aaO § 59 [X.]. 10 f.; Koll-hosser, aaO § 59 [X.]. 15; [X.], aaO § 59 [X.]. 27; ebenso [X.] VersR 2000, 1353). Dieser Ansicht stimmt der [X.] nunmehr zu. - 18 -

II[X.] Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil Streit über den Grund und die Höhe des Anspruchs besteht und die [X.] zur Durchführung des Ausgleichs nach dem Maßstab des § 59 Abs. 2 Satz 1 [X.] bisher nicht vorgetragen haben. 26 Terno [X.] [X.] Dr. [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 04.08.2003 - 16 O 388/02 - [X.], Entscheidung vom 28.10.2005 - 10 U 1111/03 -

Meta

IV ZR 273/05

13.09.2006

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2006, Az. IV ZR 273/05 (REWIS RS 2006, 1888)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1888

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