Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.12.2005, Az. IX ZR 190/02

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 51

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/02 Verkündet am: 22. Dezember 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja [X.] § 3 Abs. 1, § 6 Nr. 2; GmbHG § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 a) Tilgt die schuldende GmbH mit Mitteln des [X.]svermögens einen von ei-nem [X.]er eigenkapitalersetzend besicherten Kredit und wird sie anschlie-ßend vorgefasster Absicht gemäß nach Sitzverlegung ins Ausland sofort still [X.], kann eine anfechtbare Rechtshandlung der Schuldnerin darin bestanden ha-ben, dass sie es unterlassen hat, einen Freistellungs-/Erstattungsanspruch nach den Rechtsprechungsregeln zum Kapitalersatzrecht gegen ihren [X.]er gel-tend zu machen. b) Werden die [X.]santeile an einen Erwerber veräußert, der eine faktische Liquidation durchführen soll, ohne etwa noch offene Forderungen zu realisieren und Gläubiger zu befriedigen, begründet dies ein erhebliches Beweisanzeichen dafür, dass die Durchsetzung eines nach den Rechtsprechungsregeln zum Kapitalersatz-recht bestehenden Erstattungsanspruchs bewusst unterlassen wird. - 2 - c) Wenn eine [X.] ohne ordnungsgemäße Liquidation beseitigt werden soll, um so alle Verbindlichkeiten zu "erledigen", liegt dem der Vorsatz der [X.]d) Löst die gegen die Rechtsprechungsregeln zum Kapitalersatzrecht verstoßende Rückzahlung eines gesellschafterbesicherten [X.] durch die [X.] eine Erstattungspflicht des [X.]ers aus, werden die [X.]sgläubiger dennoch - wenigstens mittelbar - benachteiligt, wenn zugleich der Zugriff auf diesen Erstattungsanspruch wesentlich erschwert wird, etwa durch Verlegung des Gesell-schaftssitzes ins Ausland und stille Liquidation. [X.], [X.]eil vom 22. Dezember 2005 - [X.]/02 - [X.] - 3 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Dezember 2005 durch [X.] [X.] und [X.] Ganter, [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des 27. Zivilsenats des [X.] vom 4. Juli 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger ist Titelgläubiger der H.

mbH (im folgenden: Schuldnerin). Die Beklagte zu 1 war [X.]erin der Schuldnerin. Die Beklagte zu 2 ist die Witwe und Erbin des persönlich haften-den [X.]ers der [X.] zu 1, [X.], der zugleich alleinver-tretungsberechtigter Geschäftsführer und [X.]er der Schuldnerin war. 1 Im September 1999 führte die Schuldnerin mit aus einem Auslandsge-schäft eingehenden Zahlungen einen Kontokorrentkredit bei der [X.] zurück, für den die Beklagte zu 1 Grundschulden bestellt und [X.]die persönliche Mithaft übernommen hatte. Daraufhin wurden die [X.] mit Bewilligung der [X.] gelöscht. 2 - 4 - Ende Oktober 1999 veräußerten sämtliche [X.]er der [X.] ihre Geschäftsanteile an einen gewissen G.

, damit dieser die Schuldnerin in [X.] "verschwinden" lasse. Nachdem der Erwerber zum neuen Geschäftsführer bestellt worden war, verlegte dieser den Sitz der Schuldnerin nach [X.] und stellte ihren Geschäftsbetrieb ein. Vollstre-ckungsversuche des [X.] waren vergeblich. 3 Dieser nimmt nunmehr die Beklagte zu 1 als frühere [X.]erin der Schuldnerin und die Beklagte zu 2 als Erbin von [X.] aus dem Ge-sichtspunkt der Gläubigeranfechtung auf Zahlung von 86.478,14 DM nebst Zin-sen in Anspruch. Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision. 4 Entscheidungsgründe: Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung. 5 [X.] Das Berufungsgericht hat den Kläger als anfechtungsberechtigt im Sinne von § 2 [X.] angesehen. Es ist dem Kläger auch darin gefolgt, dass die [X.] sich auf eine etwaige Versäumung der Anfechtungsfrist des § 6 Nr. 2 [X.] nicht berufen könnten (§ 242 BGB). Indes sei, so das Berufungsgericht, keiner der in Betracht kommenden Anfechtungstatbestände verwirklicht. [X.] - 5 - sondere seien die Voraussetzungen des § 6 Nr. 2 [X.] nicht gegeben. Gehe es - wie im Streitfall - um ein von einem [X.]er besichertes Drittdarlehen, so bestimmten sich die Folgen einer Enthaftung des [X.]ers durch [X.] seitens der [X.] ausschließlich nach § 32b GmbHG, der eine Erstattungspflicht jedoch nur im Insolvenzfall vorsehe. Die Enthaftung sei auch nicht nach § 3 Abs. 1 [X.] anfechtbar, weil es an einer Rechtshand-lung der Schuldnerin fehle. Diese habe keine Möglichkeit gehabt, den von der [X.] kontrollierten Geldfluss aus dem letzten Geschäft der Schuldnerin zu beeinflussen. § 3 Abs. 2 [X.] scheide aus, weil die [X.] mit der Lö-schung der Grundschulden nichts aus dem Vermögen der Schuldnerin erwor-ben hätten. § 4 [X.] sei unanwendbar, weil die Löschung der Grundschulden nicht unentgeltlich gewesen sei. Die Schuldnerin habe die [X.] von der Haftung freizustellen gehabt, und diese hätten der Schuldnerin ihre Aufwen-dungen nicht erstatten müssen. Auch die Voraussetzungen eines Schadenser-satzanspruchs nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 283c StGB seien nicht erfüllt. I[X.] Diese Begründung hält einer rechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand. 7 1. Nach dem eigenen Vortrag der [X.] erwirtschaftete die Schuld-nerin regelmäßig Verluste, die dadurch ausgeglichen wurden, dass die Beklagte zu 1 auf die Rückforderung von Darlehen verzichtete. Die Hausbank war nicht bereit, ihr Kreditengagement zu verlängern. Obwohl die Liquidation der Schuld-nerin angezeigt war, lehnte der geschäftsführende [X.]er [X.]dies ab. 8 - 6 - Im Juni 1999 empfahl ihm sein als Rechtsanwalt tätiger [X.], der nunmehrige Streithelfer der [X.], die Geschäftsanteile an [X.]zu ver- äußern, der die [X.] in [X.] "verschwinden" lasse. Mit der Beseiti-gung der [X.] seien alle Verbindlichkeiten erledigt. 2. Auf dieser Grundlage in Verbindung mit dem bislang unwiderlegten Vorbringen des [X.] kann die Anfechtung durchgreifen. 9 a) Die Anfechtungsberechtigung des [X.] nach § 2 [X.] hat das Be-rufungsgericht für gegeben erachtet. Dies wird in der Revisionsinstanz nicht angegriffen und lässt Rechtsfehler auch nicht erkennen. 10 b) Das Vorgehen der Schuldnerin kann den Tatbestand der vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung nach § 3 Abs. 1 [X.] erfüllen. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist nicht auszuschließen, das die Schuldnerin in den letz-ten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem entsprechenden Vorsatz eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung vorgenommen und der andere Teil diesen Vorsatz zur [X.] gekannt hat. 11 aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann eine Rechtshand-lung der Schuldnerin vorliegen. Diese ist allerdings weniger in der Tilgung des Darlehens der [X.] zu sehen, auf welche die Schuldnerin möglicher-weise keinen Einfluss nehmen konnte. Die anfechtbare Rechtshandlung der Schuldnerin kann jedoch darin bestanden haben, dass sie es unterlassen hat, einen Freistellungs-/Erstattungsanspruch entsprechend §§ 30, 31 GmbHG ge-gen die Beklagte zu 1 und den früheren Mitgesellschafter [X.] geltend zu machen, der sich aus der Darlehenstilgung und dem dadurch ausgelösten Frei-werden der von den [X.]ern gestellten Sicherheiten ergab, falls diese 12 - 7 - diese kapitalersetzenden Charakter hatten. Wenn ein solcher Anspruch [X.], oblag es im Innenverhältnis zur [X.], den Grundschuldgläubiger zu befriedigen. (1) Neben den §§ 32a, 32b GmbHG besteht das aus den §§ 30, 31 GmbHG richterrechtlich entwickelte Kapitalersatzrecht (sogenannte [X.]) fort (vgl. [X.] 90, 370, 376 ff; 106, 7, 11; 109, 55, 67; 123, 289, 294). Dieses greift auch und gerade dann ein, wenn es - etwa mangels Masse oder weil das Unternehmen still liquidiert wird - nicht zu einem Insolvenzverfah-ren über der Vermögen der [X.] kommt ([X.]/ [X.], § 135 Rn. 106; [X.]/[X.], 3. Aufl. § 135 Rn. 6). Erfüllt die gesellschafterbesicherte Kreditgewährung die Voraussetzungen der entspre-chend anzuwendenden §§ 30, 31 GmbHG, so stellt eine Rückführung des Kre-dits aus Mitteln des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Gesell-schaftsvermögens eine Auszahlung an den besichernden [X.]er dar, die nach § 31 Abs. 1 GmbHG eine Erstattungspflicht auslöst. Der Begriff der [X.]ersicherheit ist weit zu verstehen. Es fallen alle Arten dinglicher und persönlicher Absicherung darunter ([X.]/[X.], § 135 Rn. 82). In einem solchen Fall ist der [X.]er der [X.] gegen-über sogar verpflichtet, es gar nicht erst zu der Auszahlung kommen zu lassen. Er hat die [X.] demgemäß von der Rückzahlungsforderung des Darle-hensgebers freizustellen ([X.], [X.]. v. 9. Dezember 1991 - [X.], [X.], 223, 224). 13 - 8 - (2) Nach dem Vortrag des [X.] hatten die von der [X.] zu 1 und dem früheren Mitgesellschafter [X.]

für das von der [X.] gewährte Darlehen gestellten Sicherheiten verlorenes Stammkapital abgedeckt. 14 Der Kläger hat behauptet, die Schuldnerin sei bereits zum 31. Dezember 1996 überschuldet, zumindest jedoch im Spätjahr 1999 [X.]. Falls Überschuldung vorliegt, kommt es nicht mehr auf eine Kreditunwür-digkeit an ([X.], [X.]. v. 23. Februar 2004 - [X.], [X.], 1049, 1052). Diese liegt nach der Rechtsprechung des [X.] dann vor, wenn die [X.] von dritter Seite den zur Fortführung des Unternehmens benö-tigten Kredit zu marktüblichen Bedingungen nicht erhält und deshalb liquidiert werden müsste, wenn nicht der [X.]er mit seiner Leistung einspringen würde ([X.] 119, 201, 204; [X.], [X.]. v. 2. Juni 1997 - [X.], [X.], 1770, 1772; v. 17. November 1997 - [X.], [X.], 243, 244). Nach dem Vortrag des [X.] hat die Schuldnerin bis zu den Vorgängen vom Spätjahr 1999 nur fortbestehen können, weil die Beklagte zu 1 auf die Rückzah-lung von Darlehen, die sie der Schuldnerin gewährt gehabt habe, teilweise ver-zichtet und für neue Bankkredite Sicherheiten gestellt habe. Eine eigene Bonität habe die Schuldnerin nicht mehr besessen. 15 (3) Falls die Besicherungen durch die Beklagte zu 1 und den früheren Mitgesellschafter [X.] kapitalersetzend waren, hatten diese die [X.] schon vorher zu befriedigen, damit die Vergütung aus dem letzten [X.] in das [X.]svermögen gelangte. Nachdem die Vergütung auf das Konto bei der [X.] gelangt und dort verrechnet worden war, hatten die [X.]er der Schuldnerin den entsprechenden Betrag zu erstat-ten (§ 31 Abs. 1 GmbHG). 16 - 9 - Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die für die [X.] zu unterstellende Überschuldung oder Kreditunwürdigkeit mit der Rück-führung des [X.] nachhaltig (vgl. [X.], [X.]. v. 8. Januar 2004 - [X.], [X.], 82, 84) behoben war. Denn nach dem [X.] bisher unwiderleg-ten - Vortrag des [X.] hatte sich die Vermögenssituation der Schuldnerin laufend verschlechtert. 17 (4) Diesen Freistellungs- oder Ersatzanspruch geltend zu machen, hat die Schuldnerin unterlassen. 18 Unterlassungen stehen anfechtungsrechtlich den Rechtshandlungen gleich (§ 1 Abs. 2 [X.], § 129 Abs. 2 [X.]). Dies gilt auch für § 3 Abs. 1 [X.]. Wie bei der parallelen Bestimmung des § 133 Abs. 1 [X.] ist lediglich erforder-lich, dass die Unterlassung auf einer Willensbetätigung beruht, also bewusst und gewollt erfolgt ([X.], Anfechtungsgesetz 9. Aufl. § 1 Rn. 5; [X.]/[X.], § 1 [X.] Rn. 5; vgl. zur Insolvenzanfechtung [X.], [X.]. v. 24. Oktober 1996 - [X.] ZR 284/95, [X.], 2250, 2252). Nötig ist das [X.], dass das Nichthandeln irgendwelche Rechtsfolgen haben wird (vgl. [X.]/Kirchhof, § 129 Rn. 24; [X.]/[X.], § 129 Rn. 23; Uh-lenbruck/[X.], [X.] 12. Aufl. § 129 Rn. 64; [X.]/[X.], § 129 [X.] Rn. 16). Auf eine konkrete Rechtsfolge brauchen sich die Vorstellungen des Schuldners nicht zu richten; sie müssen auch nicht rechtlich zutreffend sein. [X.] ist es deshalb, wenn aus einer Situation, die naheliegender Weise materiellrechtliche Ansprüche auslöst, bewusst keine Konsequenzen gezogen werden (vgl. [X.]/[X.], [X.]. § 29 Rn. 10; [X.]/ Kirchhof, § 129 Rn. 25) oder eine Besicherung belassen wird, nachdem der be-sicherte [X.] erkennbar kapitalersetzend geworden ist (vgl. [X.] NJW-RR 1988, 46, 49). 19 - 10 - Nach dem eigenen Vortrag der [X.] hat die Schuldnerin, weil sie den Rat ihres nunmehrigen Streithelfers befolgte, in [X.] still zu "[X.]", eine faktische Liquidation durchgeführt, ohne etwa noch offene Forderungen zu realisieren. Ein derartiges Verhalten der für die Schuldnerin handlungsberechtigten Personen, das darauf abzielt, die [X.] dem Rechtsverkehr zu entziehen, begründet ein erhebliches Beweisanzeichen dafür, dass die Durchsetzung von Ansprüchen nach §§ 30 ff GmbHG gegen die Ge-sellschafter bewusst unterlassen wurde. Diesem Umstand kommt grundsätzlich dieselbe Rechtswirkung zu wie der [X.] einer Sicherung oder Befriedi-gung für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und die ent-sprechende Kenntnis des Anfechtungsgegners im Rahmen des § 133 [X.], § 3 Abs. 1 [X.]. Nach dem eigenen Vorbringen der [X.] ist danach ein be-wusstes Unterlassen im Sinne des § 1 Abs. 2 [X.] zu bejahen. 20 (5) Da die maßgeblichen Vorgänge alle im [X.] stattgefunden ha-ben, ist die Anfechtungsfrist von 10 Jahren unproblematisch eingehalten. 21 bb) Der Plan umfasste darüber hinaus den Vorsatz der Gläubigerbenach-teiligung. Dies folgt bereits aus dem Vortrag der [X.], die [X.] habe beseitigt werden sollen, um so alle Verbindlichkeiten zu "erledigen". 22 cc) Der Vorsatz der Schuldnerin war dem anderen Teil - nämlich den von der Unterlassung begünstigten [X.]ern, also der [X.] zu 1 und [X.] , dem Rechtsvorgänger der [X.] zu 2 - bekannt. Wegen der Verknüpfung der Schuldnerin und ihrer [X.]er in der Person des [X.]kann von einer entsprechenden Vereinbarung zwischen der [X.] und den [X.]ern ausgegangen werden. 23 - 11 - [X.]) Durch das beschriebene Vorgehen der Schuldnerin und ihrer Gesell-schafter wurden die Gläubiger objektiv benachteiligt. 24 (1) Allerdings erschließt sich aus dem Vortrag der [X.] nicht, ob die Schuldnerin rechtlich noch existiert. Auch der Kläger hat sich dazu nicht geäu-ßert. Eine "Sitzverlegung über die Grenze", eine "faktische Liquidation" und die angebliche Unerreichbarkeit des einzigen [X.]ers sind insoweit nicht hinreichend aussagekräftig. Ob mit der Einstellung des Unternehmens ein Auf-lösungsbeschluss gefasst (vgl. § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG) und die Schuldnerin gelöscht worden ist, steht nicht fest. Falls die Schuldnerin gelöscht sein sollte, wäre die Möglichkeit einer Nachtragsliquidation nicht von vornherein ausge-schlossen. Eine Nachtragsliquidation findet statt, wenn trotz der (scheinbaren) Vollbeendigung noch verteilungsfähiges Vermögen vorhanden ist. Dafür kommt insbesondere ein realisierbarer Anspruch der [X.] entsprechend §§ 30, 31 GmbHG in Betracht ([X.]/[X.], aaO § 74 Rn. 19). Ob eine derartige Nachtragsliquidation hier angeregt worden ist, was auch ein Gläubiger der [X.] kann ([X.]/[X.], aaO § 74 Rn. 25; [X.]/[X.] in [X.]/Hommelhoff, aaO § 74 Rn. 21; [X.]/Nerlich, aaO § 74 Rn. 50), und welchen Erfolg der Kläger damit hatte, ist nicht festgestellt und vom Kläger bisher auch nicht vorgetragen. 25 (2) Hat die Rechtshandlung entweder die [X.] vermehrt oder die [X.] verkürzt, liegt eine Gläubigerbenachteiligung vor. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn durch die Rechtshandlung der Zugriff auf das Schuldnervermögen vereitelt, erschwert oder verzögert wird, etwa für einen aufgegebenen Vermögenswert ein anderer in das Schuldnervermögen gelangt, der jedoch für die Gläubiger minder leicht oder weniger rasch verwertbar ist (so 26 - 12 - zum Anfechtungsgesetz [X.] 78, 318, 328; [X.], [X.]. v. 27. September 1990 [X.] [X.] ZR 67/90, [X.], 1981, 1983; zur Konkursordnung [X.], [X.]. v. 21. April 1988 - [X.] ZR 71/87, NJW 1989, 1037). Davon ist im Streitfall auszuge-hen. Zwar kann die gegen §§ 30, 31 GmbHG (in analoger Anwendung) ver-stoßende Rückzahlung eines gesellschafterbesicherten [X.] durch die [X.] gegenüber dem [X.]er wegen der dadurch ausgelösten Erstattungspflicht aus § 31 Abs. 1 GmbHG rechtlich ausgeglichen sein. Den gegen den [X.]er gerichteten Erstattungsanspruch der [X.] kann deren Gläubiger pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Daran ändert sich auch nichts, wenn die [X.] auf ihren Erstattungsan-spruch verzichtet. Denn dieser Verzicht ist unwirksam (§ 31 Abs. 4 GmbHG). Unentgeltlich wird die Rückzahlung auch nicht dadurch, dass die [X.] es rein tatsächlich unterlässt, von ihrem Erstattungsanspruch Gebrauch zu ma-chen (vgl. [X.], [X.]. v. 21. Januar 1999 - [X.] ZR 429/97, [X.], 394, 395). Denn dadurch bleibt die Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger rechtlich unberührt. 27 Jedoch liegt ungeachtet einer theoretisch noch gegebenen Möglichkeit des Zugriffs der Gläubiger auf den Erstattungsanspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG eine objektive Gläubigerbenachteiligung vor, wenn dieser Zugriff durch die Rechtshandlung des Schuldners tatsächlich unmöglich gemacht oder doch wesentlich erschwert wird. Dies ist vorliegend wenigstens mittelbar, was für § 3 Abs. 1 [X.] ausreicht, der Fall. Durch das "Verschwindenlassen" der [X.] ist die Gläubigerin des Erstattungsanspruchs faktisch nicht mehr existent. Eine Vollstreckung in diesen Anspruch setzt eine erfolgreiche Nachtragsliquida-tion voraus. Diese begegnet zumindest erheblichen Schwierigkeiten. 28 - 13 - c) Danach kann offen bleiben, ob der Sachverhalt nicht auch die Voraus-setzungen einer Schenkungsanfechtung (§ 4 [X.]) oder - alternativ - einer An-fechtung nach § 3 Abs. 2 [X.] oder einer solchen nach § 6 Nr. 2 [X.] erfüllt. Nicht vertiefen muss der [X.] schließlich auch, ob die Handlungsweise der Schuldnerin und/oder ihrer [X.]er eine Haftung wegen sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) oder existenzvernichtenden Eingriffs (vgl. [X.] 149, 10; 150, 61, 67; 151, 181, 187; [X.], [X.]. v. 13. Mai 2004 - 5 [X.], NJW 2004, 2248, 2255, z.[X.]. in [X.]St) begründet. Anspruchsvoraussetzung wäre jeweils die - noch festzustellende - Kapitalersatzfunktion der Besicherungen. 29 3. Falls die Anfechtung gegen [X.] begründet gewesen wä-re, haftet die Beklagte zu 2 als dessen Gesamtrechtsnachfolgerin (§ 15 Abs. 1 [X.], §§ 1922, 1967 Abs. 1 BGB). Selbst wenn nur gegen die Beklagte zu 1 ein Anfechtungstatbestand verwirklicht wäre, haftete die Beklagte zu 2 daneben als Gesamtrechtsnachfolgerin des [X.] als persönlich haftenden Ge-sellschafters der [X.] zu 1 (§§ 128, 161 Abs. 2 HGB, §§ 1922, 1967 Abs. 1 BGB). 30 4. Wenn die Schuldnerin rechtlich nicht mehr existiert und eine Nach-tragsliquidation ausscheidet, kann der Kläger - falls dessen Anfechtung durch-greift - von den [X.] Zahlung verlangen. Ist eine Nachtragsliquidation noch möglich, hat der Anfechtungsanspruch einen geringeren Umfang. [X.] kann der Kläger nur verlangen, dass die [X.] die Pfändung des Erstattungsanspruchs der Schuldnerin aus § 31 Abs. 1 GmbHG gestatten (vgl. [X.], aaO § 13 Rn. 23; [X.]/[X.], § 13 [X.] Rn. 7). 31 II[X.] - 14 - Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück-zuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), damit geprüft wird, ob gemäß dem Vorbringen des [X.] die Besicherung kapitalersetzend im Sinne der §§ 30, 31 GmbHG war. 32 Gegebenenfalls wird der Frage nachgegangen werden müssen, ob der Erstattungsanspruch gemäß § 31 Abs. 1 GmbHG - etwa im Wege einer Nach-tragsliquidation - noch realisiert werden kann. Da dies bisher im Verfahren nicht 33 - 15 - behandelt worden und auch kein Hinweis an die Parteien erfolgt ist, muss die-sen noch Gelegenheit zum Vortrag gegeben werden. [X.] Ganter [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 21.06.2001 - 18 O 526/00 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 27 U 187/01 -

Meta

IX ZR 190/02

22.12.2005

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.12.2005, Az. IX ZR 190/02 (REWIS RS 2005, 51)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 51

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27 U 187/01 (Oberlandesgericht Hamm)


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