Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.03.2022, Az. 3 AZR 361/21

3. Senat | REWIS RS 2022, 828

ARBEITSVERTRAG TARIFVERTRÄGE GEHALT SOZIALVERSICHERUNG KOLLEKTIVARBEITSRECHT

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Gegenstand

Arbeitgeberzuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG


Leitsatz

1. Bei (auch teilweise) Unterbleiben oder Verlust der vorläufigen Aufzeichnung des Protokolls zB infolge technischen Defekts ist seine Herstellung aus dem Gedächtnis grundsätzlich unzulässig. Dem so erstellten Protokoll kommt nicht die Beweiskraft des § 165 ZPO zu.

2. Bei kollektivrechtlichen Regelungen kommt es für die Anwendung der Übergangsregelung in § 26a BetrAVG darauf an, ob diese tatsächlich eine Entgeltumwandlung regelt. Das ist der Fall, wenn der Tarifvertrag einen Anspruch auf Entgeltumwandlung enthält und ausgestaltet.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 31. Mai 2021 - 15 Sa 1096/20 [X.] - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der [X.], einen Arbeitgeberzuschuss nach § 1a Abs. 1a [X.] zu zahlen.

2

Der Kläger ist seit August 1982 als Holzmechaniker bei der [X.] mit einem Bruttomonatsgehalt iHv. 3.125,00 Euro beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet [X.] der seit dem 1. Januar 2009 geltende Tarifvertrag zur Altersversorgung zwischen dem [X.] und [X.] der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie e.V. einerseits und der [X.] andererseits vom 9. Dezember 2008 ([X.]) Anwendung. Dieser lautet auszugsweise:

        

§ 2   

        

Grundsatz der Altersversorgung / Anspruch der Arbeitnehmer/Innen

        

Die Vorschriften dieses Tarifvertrages regeln die Altersversorgung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der holz- und Kunststoff verarbeitenden Industrie.

        

Beschäftigte haben im Rahmen der nachfolgenden Bestimmungen Anspruch auf einen [X.] und auf Entgeltumwandlung durch Umwandlung tariflichen Entgelts zugunsten einer Versorgungszusage zum Zwecke der Altersversorgung.

        

Die Zugangsvoraussetzungen zu bestehenden [X.]ystemen der betrieblichen Altersversorgung bleiben durch die Bestimmungen dieses Tarifvertrages unberührt.

        

§ 3     

        

[X.]

        

3.1.   

Der [X.] beträgt im Tarifgebiet [X.] und [X.] das 25-fache des [X.] pro Kalenderjahr.

        

…       

        

§ 4     

        

Angebotspflicht des Arbeitgebers

        

4.1.   

Der Arbeitgeber bietet jedem/jeder neu in den Betrieb eintretenden Beschäftigten innerhalb der ersten drei [X.]onate ab dem 7. [X.]onat der ununterbrochenen Zugehörigkeit zum Betrieb den [X.] an.

        

…       

        

§ 5     

        

Verwendung des [X.]es

        

5.1.   

Der [X.] dient der Entgeltumwandlung in einem Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung.

        

…       

        
        

5.4.   

Eine Barauszahlung ist ausgeschlossen.

        

§ 6     

        

Höhe der Entgeltumwandlung

        

6.1.   

Der/die Beschäftigte kann verlangen, dass über den [X.] hinaus von seinen/ihren zukünftigen Entgeltansprüchen Beträge zusammen bis zur steuerlichen Höchstgrenze gem. § 3 Nr. 63 E[X.]tG für betriebliche Altersversorgung verwendet werden. Bei dieser Entgeltumwandlung darf 1/160 der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des [X.] nicht unterschritten werden.

                 

Die Einzelheiten werden zwischen Arbeitgeber und Beschäftigtem/-er auf der Grundlage dieses Tarifvertrages schriftlich vereinbart.

        

6.2.   

Zwischen Arbeitgeber und Beschäftigtem/-er kann auf freiwilliger Basis vereinbart werden, dass er/sie über die steuerliche Höchstgrenze hinaus umwandeln kann.

        

§ 7     

        

[X.] Entgeltbestandteile

        

7.1.   

Bereits entstandene Entgeltansprüche können nicht umgewandelt werden.

        

7.2.   

Umgewandelt werden können auf Verlangen des/der Beschäftigten künftige Ansprüche auf

                 

a.    

die [X.]onderzahlung nach dem Tarifvertrag über die stufenweise Einführung eines 13. [X.]onatseinkommens;

                 

b.    

das zusätzliche Urlaubsgeld nach Ziffer 87 und 88 des [X.];

                 

c.    

sonstige Entgeltbestandteile.

        

…       

        

§ 9     

        

Verfahren

        

9.1.   

Der/die Beschäftigte muss den Anspruch auf Entgeltumwandlung spätestens zwei Wochen vor dem 1. des [X.]onats, zu dem die Vereinbarung in [X.] treten soll, geltend machen.

                 

…       

        

9.2.   

Der/die Beschäftigte ist an die jeweilige Entscheidung, tarifliche Entgeltbestandteile umzuwandeln, für 12 [X.]onate gebunden, es sei denn die persönlichen Lebens- oder Einkommensverhältnisse ändern sich wesentlich.

        

9.3.   

Für die Berechnung von Ansprüchen aller Art sind die Entgelte maßgeblich, die sich ohne Entgeltumwandlung ergeben würden.

        

§ 10   

        

Durchführungsweg

        

Der Arbeitgeber bietet dem/der Beschäftigten für die Entgeltumwandlung einen Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung an.

        

10.1. 

Der Arbeitgeber bietet hierzu dem/der Beschäftigten die Entgeltumwandlung in einem der Durchführungswege des Versorgungswerks ‚[X.]‘ an.

        

10.2. 

Der Arbeitgeber kann stattdessen den Anspruch auf Entgeltumwandlung gemäß § 2 auch durch folgende Angebote erfüllen:

                 

…       

        

§ 15   

        

In-[X.]-Treten und Laufdauer

        

...     

        

15.2. 

Dieser Tarifvertrag ersetzt den Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung vom 11.12.2001 und den Tarifvertrag über vermögenswirksame Leistungen vom 19.12.1978.“

3

Am 22. November 2018 unterschrieb der Kläger einen Antrag zur Entgeltumwandlung mit der [X.] ua. mit folgendem Inhalt:

        

Anmeldung

        

…       

        

2       

Beitrag monatlich … ☒86,83 [X.] Beitrag ab dem 01.01.2019 einzahlen

                 

...     

        

7       

Bestätigung

                 

Ja, ich möchte an der Entgeltumwandlung teilnehmen und bestätige hiermit schriftlich meine Einwilligung zum Abschluss einer Versicherung. Ich habe Kenntnis davon erhalten, dass meine Daten bei der [X.], [X.], als datenschutzrechtlich verantwortliche [X.]telle und ggf. bei dem Konsortenversicherer sowie dem betreuenden Vermittler gespeichert werden. Von den umseitig abgedruckten Hinweisen habe ich Kenntnis genommen.

                 

…       

        
                          

Unterschrift des Arbeitnehmers

                 

Bitte ausgefüllt bei Ihrer Personalabteilung zur Weiterleitung abgeben!

        

8       

Vom Arbeitgeber auszufüllen!

                 

Arbeitgebererklärung/Vertrag Nr.

…       

                 

Hiermit melden wir den o.g. Arbeitnehmer zum Versorgungswerk [X.] an.

                 

Die Finanzierung erfolgt arbeitnehmerfinanziert (sofern unten nicht anderweitig angekreuzt, Entgeltumwandlungsvereinbarung empfohlen)

                 

☒ teilweise arbeitgeber- und teilweise arbeitnehmerfinanziert (Entgeltumwandlungsvereinbarung empfohlen)“

4

Am 16. Januar 2019 erhielt die Beklagte von der [X.] als federführende Gesellschaft eines Konsortiums zu den mit der [X.] GmbH getroffenen Vereinbarungen mit Wirkung zum 1. Januar 2019 eine Bescheinigung über eine Pensionsversorgung für den Kläger als Versorgungsberechtigten, nach der er monatlich einen Betrag iHv. 86,83 Euro im Wege der Entgeltumwandlung in einen Pensionsfonds zahlt. Darin ist der monatliche [X.] der [X.] nach § 3 [X.] für 2019 iHv. 36,83 Euro (Facharbeiter-Ecklohn iHv. 17,68 Euro x 25 = 442,00 Euro / 12 = 36,83 Euro) und im Jahr 2020 iHv. 37,79 Euro enthalten.

5

Der Kläger verlangt von der [X.] eine weitere Zahlung auf der Grundlage von § 1a Abs. 1a [X.] an die [X.] GmbH iHv. 7,50 Euro netto (15 vH von 50,00 Euro), jeweils für die [X.]onate [X.]ai bis Dezember 2019 (insgesamt 60,00 Euro) und für die [X.]onate Januar bis April 2020 wegen des gestiegenen [X.] auf 18,14 Euro brutto und daher verringerten Eigenbeitrags jeweils 7,36 Euro netto (insgesamt 29,44 Euro). Er hat die Auffassung vertreten, der [X.] bilde keine zulässige abweichende Regelung von § 1a Abs. 1a [X.] nach § 19 Abs. 1 [X.]. Von dieser Regelung könne zuungunsten der Arbeitnehmer durch Tarifvertrag erst abgewichen werden, wenn er nach dem Inkrafttreten des § 19 Abs. 1 [X.] abgeschlossen worden sei. Für die Anwendung der Übergangsregelung des § 26a [X.] komme es auf den Zeitpunkt des Abschlusses der individualrechtlichen Entgeltumwandlungsvereinbarung an. Die §§ 6 ff. [X.] definierten nur Rahmenbedingungen.

6

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die [X.] GmbH 89,44 Euro netto für die [X.]onate [X.]ai 2019 bis April 2020 im Rahmen des Versorgungswerks [X.] als Arbeitgeberzuschuss für eine Pensionsfonds-Vereinbarung mit der Versorgungsverhältnis Nr. zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. In der Akte befindet sich ein vom Vorsitzenden und der Protokollkraft unterschriebenes Protokoll der [X.]itzung vom 16. [X.]eptember 2020 mit Verkündung des Urteils des Arbeitsgerichts. Zudem gibt es eine von den Richtern unterschriebene Urteilsformel. [X.]it [X.]chreiben des Gerichts vom 17. [X.]eptember 2020 sind die Parteien darauf hingewiesen worden, dass es sich lediglich um ein Gedächtnisprotokoll des Vorsitzenden handele, da das Protokoll wegen eines technischen Fehlers nicht vom Tonträger aufgezeichnet worden sei. Einwände gegen die Richtigkeit sollten binnen zwei Wochen mitgeteilt werden. Der Abvermerk des Urteils ist nicht vom Vorsitzenden unterschrieben. Das [X.] hat die Berufung zurückgewiesen; der Kläger habe keinen Anspruch auf die verlangte Leistung. [X.]it seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen [X.]nspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines weiteren Zuschusses aus § 1a [X.]bs. 1a [X.].

I. Die Revision ist nicht bereits wegen fehlender Verkündung des Urteils des [X.]rbeitsgerichts begründet (vgl. [X.] 23. März 2021 - 3 [X.] -). Die fehlende formgerecht dokumentierte Protokollierung der Verkündung der Urteilsformel wegen Untergangs des digitalen Tonbands ist durch das Handeln des Vorsitzenden nach der Sitzung unbeachtlich geworden.

1. Bei (auch teilweise) Unterbleiben oder Verlust der vorläufigen [X.]ufzeichnung des Protokolls zB infolge technischen Defekts ist seine Herstellung aus dem Gedächtnis grundsätzlich unzulässig ([X.] 13. Mai 2015 - [X.]/14 - Rn. 7). Dem so erstellten Protokoll kommt nicht die Beweiskraft des § 165 ZPO zu ([X.] ZPO/[X.] Stand 1. März 2022 ZPO § 160a Rn. 8; MüKoZPO/[X.] 6. [X.]ufl. § 160a Rn. 3). Damit fehlt es an einer ordnungsgemäßen Protokollierung der Verkündung mit der Beweiswirkung für die Verkündung nach § 165 iVm. § 160 [X.]bs. 3 Nr. 7 ZPO. Eine wirksame Verkündung kann deshalb nicht festgestellt werden. Dieser Fehler kann nicht durch das Gedächtnisprotokoll und das Zustellen des Urteils geheilt werden, da die Zustellung die Verkündung nicht ersetzt, zumindest [X.]n die Zustellung des Urteils - wie hier - nicht auf einer Verfügung des Richters beruht (vgl. [X.] 23. März 2021 - 3 [X.] - Rn. 23, 27; 14. Oktober 2020 - 5 [X.] 712/19 - Rn. 10 mwN, [X.]E 172, 372).

2. Das Urteil des [X.]rbeitsgerichts wurde allerdings auf andere [X.]rt und Weise wirksam verlautbart.

a) Verkündungsmängel stehen dem wirksamen Erlass eines Urteils nur entgegen, [X.]n gegen elementare, zum Wesen der Verlautbarung gehörende Formerfordernisse verstoßen wurde, so dass von einer Verlautbarung im Rechtssinne nicht mehr gesprochen werden kann. Sind deren Mindestanforderungen hingegen gewahrt, hindern auch Verstöße gegen zwingende Formerfordernisse das Entstehen eines wirksamen Urteils nicht. Zu den Mindestanforderungen gehört, dass die Verlautbarung von dem Gericht beabsichtigt war oder von den Parteien derart verstanden werden durfte und die Parteien von Erlass und Inhalt der Entscheidung förmlich unterrichtet wurden (vgl. [X.]/11 - Rn. 13 mwN).

b) Das erstinstanzliche Urteil wurde dadurch wirksam verlautbart, dass der Vorsitzende der Kammer die Übersendung des sog. Gedächtnisprotokolls mit der Urteilsformel an die Parteien verfügt hat, so dass sein Wille, die Entscheidung zu erlassen, außer Frage steht (vgl. hierzu [X.] 12. März 2004 - V ZR 37/03 - zu II 1 b der Gründe). Der Vorsitzende hat die Parteien auf den technischen Untergang der [X.]ufzeichnung hingewiesen, das Protokoll nebst Verkündung unterschrieben und den Parteien mit dem [X.]nschreiben zugeleitet. Zwar kann die Schlussverfügung der Geschäftsstelle die richterliche Verfügung nicht ersetzen, weil diese nicht den Willen des Richters dokumentiert, die Entscheidung der Kammer nach außen kundzutun. [X.]llerdings ergibt sich aus dem [X.]nschreiben und dem vom Vorsitzenden unterschriebenen Protokoll der Wille des Gerichts, das Urteil mit seiner Urteilsformel kundzutun und gelten zu lassen (vgl. [X.] 14. Oktober 2020 - 5 [X.] 712/19 - Rn. 14, [X.]E 172, 372).

II. Die Klage ist zulässig.

1. Der summenmäßig zusammengerechnete [X.]ntrag des [X.] ist als Nettoklage zulässig. [X.]uch hat der Kläger zulässig die Zahlung des Betrags an einen [X.] verlangt.

a) Es geht dem Kläger um den kraft Gesetzes geschuldeten Zuschuss des [X.]rbeitgebers auf der Grundlage von § 1a [X.]bs. 1a [X.]. Einer entsprechenden Klarstellung bedarf der [X.]ntrag insoweit nicht. Da der Zuschuss aufgrund § 1a [X.]bs. 1a [X.] nach § 1b [X.]bs. 5 [X.] als Teil der Entgeltumwandlung angesehen wird, ist er genauso wie der [X.]nspruch nach § 1a [X.]bs. 1 [X.] zu behandeln, teilt dessen Charakter und wird Teil der insoweit bestehenden Verpflichtung, soweit er steuerlich und sozialversicherungsrechtlich freigestellt ist (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Otto [X.] 7. [X.]ufl. § 1a Rn. 81; [X.] 2019, 1327, 1331).

b) Da vorliegend nicht ersichtlich ist, dass die Grenzen des § 3 Nr. 63 EStG oder des § 14 [X.]bs. 1 Satz 2 SGB IV überschritten sind, ist es für den Kläger möglich, einen Nettobetrag als Zahlung an einen [X.] zu verlangen. Der monatlich steuerfreie Betrag nach § 3 Nr. 63 EStG belief sich für 2019 auf einen Betrag von 536,00 [X.] und nach § 14 [X.]bs. 1 Satz 2 SGB IV von 268,00 [X.], für 2020 betrug er 552,00 [X.] bzw. 276,00 [X.]. Vorliegend ist in [X.]nbetracht der geleisteten und eingeklagten Beträge hinreichend ausgeschlossen, dass die Beklagte auf die geforderte Leistung Einkommenssteuer oder Sozialversicherungsbeiträge abführen muss (vgl. [X.] 2. Dezember 2021 - 3 [X.] 119/19 - Rn. 35). [X.]ußerdem verlangt der Kläger den Betrag erkennbar nur als [X.] aus § 1a [X.]bs. 1a [X.] von der Beklagten, weil der Betrag steuer- und sozialversicherungsrechtlich privilegiert ist. Ob der Kläger dies auch materiell verlangen kann, ist eine hiervon zu unterscheidende Frage der Schlüssigkeit und Begründetheit der Klage. Bei dem vom Kläger mitgeteilten Bruttoentgelt und dem eingeklagten Betrag ist dies jedenfalls nicht ausgeschlossen.

2. Der [X.]dressat der Zahlung ist ebenfalls zulässig und hinreichend bestimmt, § 253 [X.]bs. 2 Nr. 2 ZPO.

a) Es ist unbedenklich zulässig, [X.]n der Kläger Zahlung an die [X.] als Dritte verlangt. Dass für weitere Zahlungen möglicherweise der Versicherungsvertrag angepasst oder verändert werden müsste, ist kein Problem der Zulässigkeit, sondern allenfalls der Begründetheit der Klage (vgl. ausf. [X.] 2021, 1401 ff.). Das gilt auch für die Frage, an [X.] der Beitrag genau zu zahlen ist, die [X.] oder das Versicherungskonsortium.

b) Das Versorgungswerk [X.] und die [X.]nummer sind genau bezeichnet und damit hinreichend bestimmt.

III. Der [X.]ntrag ist unbegründet. Zwar kann und muss der Kläger Zahlung nicht an sich, sondern nur an die Einrichtung verlangen, die Zahlungen für den Pensionsfonds abwickelt. Er hat jedoch jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum keinen [X.]nspruch gegen die Beklagte aus § 1a [X.]bs. 1a [X.]. Zwar wird im [X.]rbeitsverhältnis Entgelt iSd. § 1a [X.]bs. 1 [X.] umgewandelt und dieses auch an einen Pensionsfonds iSd. § 1a [X.]bs. 1 Satz 3, [X.]bs. 1a [X.] abgeführt. Es liegt allerdings mit den Regelungen des [X.] eine kollektivrechtliche Entgeltumwandlungsvereinbarung iSd. § 26a [X.] vor, die vor dem 1. Januar 2019 geschlossen wurde und als Übergangsregelung einen [X.]nspruch des [X.] bis zum 31. Dezember 2021 ausgeschlossen hat. Damit kann offenbleiben, ob der Kläger wirksam Zahlungen an den Zahlungsempfänger [X.] verlangen kann und ob § 19 [X.]bs. 1 [X.] auch auf bereits vor dem 1. Januar 2018 bestehende Tarifverträge [X.]n[X.]dung findet.

1. Zu Recht verlangt der Kläger nicht Zahlung an sich, sondern begehrt die Zahlung an eine Einrichtung, die aus seiner Sicht die [X.]bwicklung seiner betrieblichen [X.]ltersversorgung über einen Pensionsfonds übernimmt.

Der [X.]nspruch aus § 1a [X.]bs. 1a [X.] teilt in der [X.]bwicklung den Charakter des dem [X.]nspruch zugrundeliegenden [X.]ses und dessen [X.]bwicklung. Das ergibt sich aus § 1a [X.]bs. 1a [X.], wonach der [X.]rbeitgeber an „den Pensionsfonds“ zusätzlich weiterleitet. Gemeint ist damit der in § 1a [X.]bs. 1 [X.] genannte Beitrag und der im [X.] vorgesehene Pensionsfonds.

Dass die [X.] das Konsortium leitet, ist unschädlich. Die Beiträge können bei einer Einrichtung der Tarifvertragsparteien - auch [X.]n sie keine iSd. § 5 [X.]bs. 1a [X.] ist - direkt an den von der Einrichtung genutzten externen Versorgungsträger oder aber über sie abgeführt werden (vgl. [X.]/[X.] Bd. I Stand Januar 2022 § 21 Rn. 12). Durch die Leistung an einen [X.] erfüllt der [X.]rbeitgeber iSd. § 362 [X.]bs. 2 BGB seine Zahlungspflicht aus § 1a [X.]bs. 1a [X.] iVm. der Entgeltumwandlungsvereinbarung und dem [X.] gegenüber dem Kläger als [X.]rbeitnehmer, sofern er hierzu berechtigt war (vgl. [X.] 21. Januar 2020 - 3 [X.] 73/19 - Rn. 23).

[X.]llerdings ist weder aus im Verfahren vorgelegten Unterlagen noch aus [X.] Tatsachen für den Senat ersichtlich, ob bei einer [X.]ltersversorgung unter Einschaltung von [X.] die Leistung der Beiträge nach den zugrundeliegenden Vereinbarungen über diese durchzuführen ist oder diese unmittelbar an das Konsortium bzw. die [X.] als Konsortialführer abgeführt werden müssen. Davon hängt aber ab, an [X.] der Kläger Zahlung verlangen kann.

2. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, da der Kläger aufgrund der Übergangsregelung des § 26a [X.] keine [X.]nsprüche nach § 1a [X.]bs. 1a [X.] hat.

a) Nach § 26a [X.] gilt § 1a [X.]bs. 1a [X.] für individual- und kollektivrechtliche Entgeltumwandlungsvereinbarungen, die vor dem 1. Januar 2019 geschlossen worden sind, erst ab dem 1. Januar 2022. § 26a [X.] stellt nach seinem Wortlaut gleichermaßen individual- und kollektivvertragliche Entgeltumwandlungsvereinbarungen, die vor dem 1. Januar 2019 abgeschlossen wurden, vorübergehend von der Pflicht des § 1a [X.]bs. 1a [X.] frei. Er will damit „bereits bestehende Entgeltumwandlungsvereinbarungen“ in ihrem Bestand schützen und nur ab diesem Zeitpunkt „neu abgeschlossene Entgeltumwandlungsvereinbarungen“ erfassen ([X.]. 18/12612 S. 32). Damit sollen die Beteiligten ausreichend Zeit haben, sich auf die Neuregelung einzustellen ([X.]. 18/12612 S. 32). Es geht um die Frage, ob nach dem 1. Januar 2019 das Bedürfnis für die Vertragsparteien entstand, auf das neue Recht zu reagieren. Bei kollektivrechtlichen Regelungen in diesem Sinne und damit auch bei Tarifverträgen ist zu beachten, dass der daran gebundene [X.]rbeitgeber an ihre zwingende normative Wirkung gebunden ist und selbst bei einer erforderlichen Umsetzung durch Einzelvertrag nicht berechtigt ist, von den kollektiven Regelungen abzuweichen (vgl. [X.] 13. Oktober 2021 - 4 [X.] 403/20 - Rn. 63 ff.). Eine arbeitsvertragliche Verweisung auf einen Tarifvertrag steht dabei insoweit nach § 19 [X.]bs. 2 [X.] einer normativen Bindung nach der gesetzlichen Wertung gleich. Dem trägt § 26a [X.] Rechnung.

b) Damit kommt es für die [X.]n[X.]dung des § 1a [X.]bs. 1a [X.] nicht darauf an, wann im einzelnen [X.]rbeitsverhältnis eine „neu abgeschlossene Entgeltumwandlungsvereinbarung“ aufgrund eines Tarifvertrags umgesetzt wurde (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Otto [X.] 7. [X.]ufl. § 26a Rn. 1, 2; Schipp [X.]rbRB 2017, 213, 214; [X.]/[X.] 2017, 1777, 1779; [X.] [X.]rbRB 2018, 16, 18; [X.] [X.]rbR-HdB/[X.] 19. [X.]ufl. § 273 Rn. 58), sondern vielmehr darauf, ob aufgrund bestehender auf das [X.]rbeitsverhältnis an[X.]dbarer kollektiver [X.]breden nach dem 1. Januar 2019 die Not[X.]digkeit entstand, dass die Vertragsparteien dieser Vereinbarungen auf das neue Recht in § 1a [X.]bs. 1a [X.] reagierten.

c) Bei kollektivrechtlichen Regelungen kommt es allerdings darauf an, ob diese tatsächlich eine Entgeltumwandlungsregelung enthalten. Das ist der Fall, [X.]n die kollektive Regelung einen [X.]nspruch auf Entgeltumwandlung enthält und ausgestaltet. Das hängt von ihrer [X.]uslegung nach den dafür maßgeblichen Grundsätzen ab (zur [X.]uslegung von Tarifverträgen [X.] 13. Juli 2021 - 3 [X.] 363/20 - Rn. 23 mwN). Danach war der [X.]nspruch des [X.] aufgrund des [X.] jedenfalls bis zum 31. Dezember 2021 ausgeschlossen. Mit dem TV [X.]V bestand damit eine abschließende kollektivrechtliche Entgeltumwandlungsvereinbarung iSd. § 26a [X.] vor dem 1. Januar 2019.

aa) Der TV [X.]V regelt die Entgeltumwandlung ausdrücklich, abschließend und zwingend. Das zeigt schon die umfassende Bezeichnung als „Tarifvertrag zur [X.]ltersversorgung“ und die Einführung in § 2 [X.]bs. 1 TV [X.]V, wonach die Vorschriften dieses Tarifvertrags „die [X.]ltersversorgung“ regeln. Zudem ersetzte der TV [X.]V nach § 15.2. den Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung und den Tarifvertrag über vermögenswirksame Leistungen. Er ist damit als abschließende Regelung der Tarifvertragsparteien zum Thema Entgeltumwandlung anzusehen.

bb) Zwar belässt der TV [X.]V den [X.]rbeitsvertragsparteien einen Gestaltungsspielraum über die Höhe des umzuwandelnden Entgelts in § 6.1. TV [X.]V. [X.]llerdings gewährt er einen zwingenden [X.]nspruch des [X.]rbeitnehmers auf Umwandlung des Entgelts. Erst beim Überschreiten der steuerlichen Höchstgrenzen kann nur auf freiwilliger Basis weiter Entgelt umgewandelt werden. § 7.1. TV [X.]V schließt die Umwandlung entstandener Entgeltansprüche aus und legt zudem zwingend fest, welche Bestandteile des Entgelts umgewandelt werden können. § 9 TV [X.]V bestimmt außerdem zwingend und genau das Verfahren und die Fristen für den Beginn und die Bindungsdauer einer Entgeltumwandlung. § 10 TV [X.]V gestaltet ebenfalls zwingend die Durchführungswege der Entgeltumwandlung aus. Der vom [X.]rbeitgeber geschuldete [X.]ltersvorsorgegrundbetrag ist genauso normativ zwingend ausgestaltet, § 3 TV [X.]V.

d) Es kann daher offenbleiben, ob der [X.]nspruch des [X.] wegen des [X.] auch aufgrund § 19 [X.]bs. 1 [X.] nicht nur vorübergehend ausgeschlossen war oder ob dem entgegensteht, dass er vor dem [X.] abgeschlossen wurde (vgl. zum Streitstand [X.]/Beden Betr[X.]V 2018, 5, 6; Bepler Betr[X.]V 2018, 432, 434; [X.] Das neue Betriebsrentenrecht Rn. 192; [X.]/[X.] 22. [X.]ufl. [X.] § 1a Rn. 16).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 [X.]bs. 1 ZPO.

        

    Zwanziger    

        

    Spinner    

        

    Roloff    

        

        

        

    Wischnath    

        

    Xaver [X.]schenbrenner    

                 

Meta

3 AZR 361/21

08.03.2022

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Osnabrück, 16. September 2020, Az: 4 Ca 86/20 B, Urteil

§ 1a Abs 1a BetrAVG, § 19 Abs 1 BetrAVG, § 26a BetrAVG, § 1a Abs 1 BetrAVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.03.2022, Az. 3 AZR 361/21 (REWIS RS 2022, 828)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 828

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