Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.04.2011, Az. 3 AZR 154/09

3. Senat | REWIS RS 2011, 7366

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) TARIFVERTRÄGE ALTERSVORSORGE

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Gegenstand

Anspruch auf Entgeltumwandlung - Abdingbarkeit


Leitsatz

1. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 BetrAVG kann ein Anspruch auf Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG durch Tarifvertrag ausgeschlossen werden. Zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern haben die abweichenden tariflichen Regelungen nach § 17 Abs. 3 Satz 2 BetrAVG allerdings nur dann Geltung, wenn zwischen ihnen die Anwendung der einschlägigen tariflichen Regelung vereinbart ist.

2. Die einschlägige tarifliche Regelung iSv. § 17 Abs. 3 Satz 2 BetrAVG ist diejenige, die gemäß § 4 Abs. 1 TVG gelten würde, wenn die Parteien des Arbeitsvertrages tarifgebunden wären. Die Bezugnahme muss sich daher auf den räumlich, zeitlich, fachlich und persönlich anwendbaren Tarifvertrag richten.

3. Dies gilt auch dann, wenn der nicht tarifgebundene Arbeitgeber Empfänger sog. institutioneller Förderung iSv. § 8 des Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans ist und auf die Arbeitsverhältnisse mit seinen Beschäftigten kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst anwendet.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 28. Januar 2009 - 9 [X.]/08 - aufgehoben.

Auf die Berufung des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 9. April 2008 - 34 Ca 14246/07 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, von den künftigen Entgeltansprüchen des [X.] auf dessen Antrag und nähere Bestimmung hin monatlich einen Betrag von bis zu 4 % der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, mindestens jedoch einen jährlichen Betrag in Höhe von einem Hundertsechzigstel der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des [X.], für betriebliche Altersversorgung umzuwandeln und an einen noch zu benennenden Empfänger iSd. § 1a Abs. 1 [X.] zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, dem Verlangen des [X.] nachzukommen, Teile seiner [X.] durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung zu verwenden.

2

Der 1957 geborene Kläger ist seit dem 1. Oktober 1980 bei dem Beklagten beschäftigt. Er ist Mitglied der [X.]. In dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 26. August 2005 heißt es ua.:

        

„§ 2   

        

Für das Arbeitsverhältnis wird die Geltung des [X.]-Angestelltentarifvertrages ([X.]) vom 23.02.1961 und der diesen ändernden und ergänzenden bzw. ersetzenden Tarifverträge vereinbart.

        

Sämtliche in diesem Arbeitsvertrag vereinbarten Tarifbestimmungen finden in der Fassung für die Angestellten des [X.]. …

        

…       

        

§ 6     

        

Die [X.] ist der Zusatzversicherung bei der [X.] und der Länder angeschlossen.

        

Für die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung (§ 46 [X.]) gilt der Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung - [X.]) vom 1. März 2002 mit allen ihn ändernden und ergänzenden bzw. ersetzenden Tarifverträgen.

        

…“    

3

Für den Bereich des [X.] wurde nach § 2 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten des [X.] in den [X.] und zur Regelung des Übergangsrechts ([X.]) der [X.] mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 durch den [X.] ersetzt. Der [X.] enthält ua. folgende Regelungen:

        

„§ 1 Geltungsbereich

        

(1) Dieser Tarifvertrag gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - nachfolgend Beschäftigte genannt -, die in einem Arbeitsverhältnis zum [X.] oder zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied eines Mitgliedsverbandes der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände ([X.]) ist.

        

…       

        

§ 25 Betriebliche Altersversorgung

        

Die Beschäftigten haben Anspruch auf Versicherung unter eigener Beteiligung zum Zwecke einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach Maßgabe des Tarifvertrages über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung - [X.]) … in ihrer jeweils geltenden Fassung.“

4

Im Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung - [X.]) vom 1. März 2002 (im Folgenden: [X.]) heißt es ua.:

        

„Präambel

        

…       

        

Das bisherige Gesamtversorgungssystem wird mit Ablauf des 31. Dezember 2000 geschlossen und durch ein [X.] ersetzt, in dem entsprechend den nachfolgenden Regelungen diejenigen Leistungen zugesagt werden, die sich ergeben würden, wenn eine Gesamt-Beitragsleistung von 4 v.H. des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts vollständig in ein kapitalgedecktes System eingezahlt würde. [X.] wird im Rahmen des Übergangsrechts berücksichtigt.

        

Bei den [X.] kann als Leistung der betrieblichen Altersversorgung auch eine zusätzliche kapitalgedeckte Altersvorsorge durch eigene Beiträge unter Inanspruchnahme der steuerlichen Förderung durchgeführt werden.

                 
        

Erster Teil. [X.]

        

Abschnitt [X.] Geltungsbereich

        

§ 1 Geltungsbereich

        

Dieser Tarifvertrag gilt für Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer und Auszubildende (Beschäftigte), die unter den Geltungsbereich der in der Anlage 1 aufgeführten Tarifverträge des öffentlichen Dienstes fallen und deren Arbeitgeber bei der [X.] und der Länder ([X.]) Beteiligter oder bei der Ruhegehalts- und Zusatzversorgungskasse des [X.] ([X.]) Mitglied ist.“

5

In der Anlage 1 zum [X.] heißt es unter „Geltungsbereich“:

        

„Tarifverträge im Sinne des § 1 sind der

        

1.    

Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD),

        

…“    

        

6

Ziff. 1.3 der Anlage 5 - [X.] 2001 zum [X.] lautet:

        

„Durch den Systemwechsel erhalten die Arbeitnehmer die Möglichkeit, eine zusätzliche kapitalgedeckte Altersversorgung durch eigene Beiträge unter Inanspruchnahme der steuerlichen Förderung aufzubauen ([X.]). Diese Möglichkeit soll auch bei den [X.] eröffnet werden.

        

Die Möglichkeit der Entgeltumwandlung besteht derzeit - einheitlich für alle Arbeitnehmer - nicht; die Tarifvertragsparteien geben sich eine Verhandlungszusage für eine tarifvertragliche Regelung zur Entgeltumwandlung.“

7

Der Beklagte ist ein privatrechtlicher Verein, der es sich ausweislich seiner Satzung zum Zweck gesetzt hat, die Wissenschaften zu fördern, insbesondere durch Unterhaltung von Forschungseinrichtungen. Er finanziert sich zu ganz erheblichen Teilen (nahezu 100 %) aus öffentlichen Mitteln; er ist Empfänger sog. institutioneller Förderung iSd. § 8 Abs. 1 des Gesetzes über die Feststellung des [X.]haushaltsplans (im Folgenden: Haushaltsgesetz). Im Hinblick auf die Bewilligung von Zuwendungen trifft § 8 Abs. 2 Haushaltsgesetz 2007, ebenso wie die Haushaltsgesetze der Vorjahre und die der nachfolgenden Jahre, die Regelung:

        

„Die in Absatz 1 genannten Zuwendungen zur institutionellen Förderung dürfen nur mit der Auflage bewilligt werden, dass der Zuwendungsempfänger seine Beschäftigten nicht besser stellt als vergleichbare Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des [X.]. … Das [X.]ministerium der Finanzen kann bei Vorliegen zwingender Gründe Ausnahmen zulassen.“

8

Mit Schreiben vom 16. August 2007 bat der Kläger den Beklagten darum, ihm durch Entgeltumwandlung nach § 1a [X.] eine zusätzliche Altersversorgung zu ermöglichen. Der Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 13. September 2007 mit der Begründung ab, die in § 1a [X.] vorgesehene Umwandlung sei „derzeit“ nicht umsetzbar.

9

Mit seiner am 17. Oktober 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger sein Begehren, Teile seiner [X.] durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung zu verwenden, weiter verfolgt. Er hat die Auffassung vertreten, nach § 1a [X.] einen Anspruch auf Entgeltumwandlung zu haben. Der Anspruch sei nicht nach § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] iVm. Ziff. 1.3 der Anlage 5 zum [X.] ausgeschlossen. Der [X.] sei kein einschlägiger Tarifvertrag im Sinne dieser Bestimmung. Auch das in § 8 Abs. 2 Haushaltsgesetz enthaltene Besserstellungsverbot hindere ihn nicht, Ansprüche und Rechte gegenüber dem Beklagten auch dann geltend zu machen, wenn diese über diejenigen hinausgingen, die vergleichbaren Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gesetzlich oder tariflich zustünden.

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt

        

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, von seinen künftigen Entgeltansprüchen auf seinen Antrag und nähere Bestimmung hin monatlich einen Betrag von bis zu 4 % der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, mindestens jedoch einen jährlichen Betrag in Höhe von 1/160 der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des [X.] Sozialgesetzbuch für betriebliche Altersversorgung umzuwandeln und an einen noch zu benennenden Empfänger iSd. § 1a Abs. 1 [X.] zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Anspruch des [X.] auf Entgeltumwandlung nach § 1a [X.] sei nach § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] iVm. Ziff. 1.3 der Anlage 5 zum [X.] ausgeschlossen. Der [X.] sei nicht branchenfremd und deshalb ein einschlägiger Tarifvertrag im Sinne dieser Bestimmung. Im Übrigen sei auch aufgrund des Besserstellungsverbots des § 8 Abs. 2 Haushaltsgesetz eine Entgeltumwandlung ausgeschlossen.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die als Feststellungsklage mit dem im Tatbestand wiedergegebenen Inhalt auszulegende und als solche zulässige Klage ist begründet. Der [X.] ist verpflichtet, dem Verlangen des [X.] nachzukommen, Teile seiner [X.] durch Entgeltumwandlung für eine betriebliche Altersversorgung zu verwenden. Der Anspruch des [X.] folgt aus § 1a Abs. 1 [X.]. Er ist weder nach § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.] iVm. Ziff. 1.3 der Anlage 5 - [X.] 2001 zum [X.] noch nach § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] iVm. Ziff. 1.3 der Anlage 5 - [X.] 2001 zum [X.] ausgeschlossen. Auch § 8 Abs. 2 Haushaltsgesetz steht dem Anspruch nicht entgegen.

I. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 [X.]. Danach kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen, dass von seinen künftigen [X.]n [X.] der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden. Soweit der Anspruch geltend gemacht wird, muss der Arbeitnehmer jährlich einen Betrag iHv. mindestens einem Hundertsechzigstel der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des [X.] für seine betriebliche Altersversorgung verwenden. Diese Bestimmung ist auf den Kläger anwendbar, da er als Mitarbeiter bei dem [X.]n ein rentenversicherungspflichtiger Arbeitnehmer ist (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 SGB VI) und damit dem persönlichen Geltungsbereich unterfällt (§ 17 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 [X.]). Die in dem Klageantrag genannten Maximal- bzw. Minimalbeträge entsprechen den für die Entgeltumwandlung insoweit in § 1a Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 [X.] vorgesehenen Grenzen.

II. Der Anspruch ist nicht nach § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.] iVm. Ziff. 1.3 der Anlage 5 - [X.] 2001 zum [X.] ausgeschlossen.

Zwar sieht § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.] vor, dass in Tarifverträgen ua. von § 1a [X.] abgewichen werden kann. Die Bestimmung setzt jedoch - wie insbesondere ein Vergleich mit § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] zeigt - voraus, dass die tarifliche Regelung aufgrund beiderseitiger [X.] auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Dies ist hier nicht der Fall. Der [X.] findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 [X.]). Zwar ist der Kläger Mitglied der [X.], die sowohl den [X.] als auch den [X.] abgeschlossen hat; allerdings fehlt es an der [X.] des [X.]n iSd. § 3 Abs. 1 [X.].

III. Der Anspruch des [X.] ist auch nicht nach § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] iVm. Ziff. 1.3 der Anlage 5 - [X.] 2001 zum [X.] ausgeschlossen. Nach § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] haben die abweichenden tariflichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Geltung, wenn zwischen diesen die Anwendung der einschlägigen tariflichen Regelungen vereinbart ist. Der [X.] ist indes keine einschlägige tarifliche Regelung in diesem Sinne.

1. Die einschlägige tarifliche Regelung iSv. § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] ist diejenige, die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] gelten würde, wenn die Parteien des Arbeitsvertrages tarifgebunden wären (vgl. [X.]/[X.] 7. Aufl. § 3 [X.] Rn. 387; [X.] [X.] Stand März 2010 § 17 Rn. 5657; [X.] in [X.]/[X.]/Otto [X.] 5. Aufl. § 17 Rn. 203; [X.]/Rieble [X.] 2. Aufl. § 3 Rn. 258). Die Bezugnahme muss sich daher auf den räumlich, zeitlich, fachlich und persönlich anwendbaren Tarifvertrag beziehen. § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] enthält keine Einschränkung auf den fachlich einschlägigen Tarifvertrag.

a) Dies ergibt sich nicht nur aus dem Gesetzeswortlaut, sondern auch aus dem Zweck der [X.] in § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.] und der durch § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] für Nichttarifgebundene geschaffenen Möglichkeit, die Anwendung des einschlägigen Tarifvertrages zu vereinbaren. Die [X.] des § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.] beruht auf der Erwägung, dass tarifvertragliche Regelungen eine hinreichende Gewähr für eine angemessene Berücksichtigung auch der Interessen der Arbeitnehmer bieten, da grundsätzlich von der Parität der Vertragspartner ausgegangen werden kann (vgl. BT-Drucks. 7/1281 S. 30 f.). Nur vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber die Disposivität der in § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.] aufgeführten Vorschriften des Betriebsrentengesetzes auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer und Arbeitgeber erstreckt (vgl. BT-Drucks. 7/1281 S. 30 f.). Da nur die Regelungen eines in jeder Hinsicht einschlägigen Tarifvertrages die Vermutung begründen können, dass dieser die divergierenden Interessen angemessen ausgleicht, ist als einschlägig nur der Tarifvertrag anzusehen, der bei unterstellter [X.] beider Parteien auf das Arbeitsverhältnis unmittelbar Anwendung fände.

b) Eine andere Auslegung ist auch dann nicht geboten, wenn der Arbeitgeber Empfänger sog. institutioneller Förderung ist und auf die Arbeitsverhältnisse mit seinen Beschäftigten die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst anwendet. § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] sieht - anders als zB § 7 Abs. 3 [X.] und § 22 [X.] - eine derartige Einschränkung nicht vor.

Sowohl § 7 Abs. 3 [X.] als auch § 22 [X.] verlangen nicht, dass auf den einschlägigen Tarifvertrag verwiesen wird, sondern erlauben die Bezugnahme auf die für den öffentlichen Dienst geltenden tariflichen Bestimmungen, sofern die Arbeitgeber die Kosten des Betriebs überwiegend mit Zuwendungen iSd. [X.] decken. In § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] ist eine derartige Regelung nicht getroffen. Der Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, bei einigen gesetzlichen Bezugnahmeermächtigungen eine vom Gesetz zu Ungunsten der Arbeitnehmer abweichende Vereinbarung bereits dann zuzulassen, wenn nicht auf die einschlägigen Tarifverträge, sondern auf die für den öffentlichen Dienst geltenden tariflichen Bestimmungen verwiesen wird und der Arbeitgeber Empfänger sog. institutioneller Förderung ist. Zu diesen gesetzlichen Bezugnahmeermächtigungen gehört § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] nicht. Dies beruht auch nicht auf einem redaktionellen Versehen. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 1a [X.] sowie der Änderung des § 17 Abs. 3 [X.] durch das Altersvermögensgesetz vom 26. Juni 2001 ([X.] S. 1310) lag die Übernahme der ursprünglich in Art. 1 § 6 Abs. 2 [X.] 1985 getroffenen Regelung durch § 22 [X.] erst ein halbes Jahr zurück.

c) Eine andere Auslegung kommt entgegen der Auffassung des [X.] auch dann nicht in Betracht, wenn die Anwendung des Tarifvertrages von dem Arbeitgeber mit allen Arbeitnehmern vereinbart wird und ein anderer einschlägiger Tarifvertrag für den Arbeitgeber nicht besteht. Dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem solchen Fall in einem in sich geschlossenen System bewegen, in dem für alle einheitliche Arbeitsbedingungen gelten, rechtfertigt es nicht, von dem Erfordernis der Bezugnahme auf einen in jeder Hinsicht einschlägigen Tarifvertrag abzusehen. Die gesetzliche Bezugnahmeermächtigung des § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] soll es zum einen tarifgebundenen Arbeitgebern ermöglichen, im Unternehmen einheitliche Arbeitsbedingungen zu schaffen (vgl. [X.]/[X.] § 3 [X.] Rn. 376). Soweit § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] auch den nicht tarifgebundenen Arbeitgebern die Bezugnahme auf Tarifverträge gestattet, dient dies nicht dem [X.] im Betrieb, sondern schützt ausschließlich die Stellung der nicht tarifgebundenen Arbeitgeber im Wettbewerb; sie sollen keinen Nachteil erleiden, weil es ihnen wegen fehlender [X.] verwehrt ist, von zwingendem Gesetzesrecht zu Lasten der Arbeitnehmer abzuweichen (vgl. [X.]/[X.] § 3 [X.] Rn. 377). Dieser Zweck gebietet es, die Bezugnahmeermächtigung auf den räumlich, zeitlich, fachlich und persönlich anwendbaren Tarifvertrag zu beschränken.

2. Danach ist der [X.] kein einschlägiger Tarifvertrag iSd. § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.].

Nach § 1 [X.] gilt dieser Tarifvertrag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich der in der Anlage 1 aufgeführten Tarifverträge des öffentlichen Dienstes fallen und deren Arbeitgeber bei der [X.] ([X.]) Beteiligter ist. Der [X.] ist zwar Beteiligter bei der [X.]. Der Kläger fällt jedoch nicht unter den Geltungsbereich des in der Anlage 1 zum [X.] genannten [X.]. Er selbst ist zwar Mitglied der [X.]. Der [X.] gilt jedoch nach § 1 nur für Beschäftigte, die in einem Arbeitsverhältnis zum [X.] oder zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied eines Mitgliedsverbandes der [X.] ist. Um einen solchen Arbeitgeber handelt es sich bei dem [X.]n nicht. Der [X.] hat nach § 3 der Satzung des [X.] nicht die Möglichkeit, Mitglied in diesem Verband zu werden.

IV. Dem Anspruch des [X.] steht schließlich auch nicht § 8 Abs. 2 Haushaltsgesetz entgegen. Das in dieser Bestimmung enthaltene Verbot der Besserstellung gegenüber vergleichbaren Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gebietet es nicht, den [X.] ausnahmsweise als einschlägigen Tarifvertrag iSd. § 17 Abs. 3 Satz 2 [X.] anzusehen.

1. Es spricht bereits viel dafür, dass die Möglichkeit zur Entgeltumwandlung nach § 1a [X.] keine Besserstellung iSd. § 8 Abs. 2 Haushaltsgesetz bewirkt. Zum einen führt die Entgeltumwandlung nach § 1a [X.] nicht zu höheren Ausgaben des Zuwendungsempfängers und beeinträchtigt somit nicht den mit dem Besserstellungsverbot angestrebten Zweck. Das Besserstellungsverbot beruht im Wesentlichen auf der Überlegung, dass der Staat seine Bediensteten ausreichend besoldet und es daher den [X.] möglich und zumutbar ist, ihre Aufgaben mit einem [X.] wahrzunehmen, das dem des Staates entspricht, und dass zur Wahrung des auch im Zuwendungswesen geltenden Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Gesamtaufwand des Zuwendungsempfängers und damit der Zuwendungsbedarf verringert werden soll (vgl. [X.] 25. Februar 1998 - 19 [X.] - zu 4.2.1 der Gründe, [X.] Nr. 44 S. 87). Zum anderen ist es zweifelhaft, ob eine Besserstellung iSd. § 8 Abs. 2 Haushaltsgesetz vorliegt, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung Handlungen vornimmt oder Leistungen erbringt, wie dies beim Abschluss einer Entgeltumwandlungsvereinbarung nach § 1a [X.] der Fall ist. Dies kann jedoch dahinstehen. Ebenso nicht entscheiden werden muss, ob das Besserstellungsverbot den [X.]n in der Weise bindet, mit seinen Arbeitnehmern keine gegenüber den für vergleichbare Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes geltenden Arbeitsbedingungen günstigere Abmachungen zu treffen (so [X.] 25. April 2007 - 10 [X.] - Rn. 22, [X.]E 122, 174) oder ob er insoweit frei und nur durch die Inanspruchnahme der Zuwendung begrenzt ist (so BVerwG 3. Mai 1999 - 3 [X.] - [X.] 11 Art. 140 GG Nr. 64; vom [X.] zuletzt offengelassen, vgl. 27. August 2008 - 4 [X.] - Rn. 30, AP [X.] § 1 Auslegung Nr. 212). Das Besserstellungsverbot hindert die Arbeitnehmer jedenfalls nicht, Ansprüche und Rechte gegenüber dem Arbeitgeber auch dann geltend zu machen, wenn diese über diejenigen hinausgehen, die vergleichbaren Beschäftigten des öffentlichen Dienstes gesetzlich oder tariflich zustehen (vgl. [X.] 27. August 2008 - 4 [X.] - Rn. 30, aaO; 25. April 2007 - 10 [X.] - Rn. 22, aaO).

2. Der [X.] muss auch nicht befürchten, im Falle des Abschlusses einer Entgeltumwandlungsvereinbarung die erhaltenen Zuwendungen an den [X.] zurückzahlen zu müssen. Wird eine Zuwendung mit einer Auflage iSd. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG verbunden, kann der Zuwendungsgeber den Zuwendungsbescheid zwar nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen, wenn der Begünstigte die Auflage nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat. Allerdings steht der Widerruf nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG im pflichtgemäßen Ermessen des Zuwendungsgebers. Im Rahmen dieser Ermessensbetätigung hätte die [X.]esrepublik Deutschland als Zuwendungsgeberin zugunsten des [X.]n zu berücksichtigen, dass sie ihm mit der Auflage aufgegeben hätte, sich im Hinblick auf die Entgeltumwandlung gegenüber seinen Arbeitnehmern gesetzeswidrig zu verhalten. Dies dürfte dazu führen, dass der Widerruf unterbleibt. Zudem sieht § 8 Abs. 2 Satz 3 Haushaltsgesetz vor, dass das [X.]esministerium der Finanzen bei Vorliegen zwingender Gründe Ausnahmen vom Besserstellungsverbot zulassen kann. Die gesetzliche Verpflichtung des [X.]n zur Entgeltumwandlung gemäß § 1a [X.] stellt einen solchen zwingenden Grund dar, der eine Ausnahme vom Besserstellungsverbot gebietet.

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

        

        

    Schmidt    

        

    Wischnath    

                 

Meta

3 AZR 154/09

19.04.2011

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG München, 9. April 2008, Az: 34 Ca 14246/07, Urteil

§ 1a BetrAVG, § 17 Abs 3 BetrAVG, § 3 Abs 1 TVG, § 4 Abs 1 TVG, HG 2007

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.04.2011, Az. 3 AZR 154/09 (REWIS RS 2011, 7366)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7366

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