Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27.10.2015, Az. I E 9-12/15, I E 9/15, I E 10/15, I E 11/15, I E 12/15

1. Senat | REWIS RS 2015, 3304

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Gegenstand

Streitwertbemessung betreffend Körperschaftsteuerguthaben


Leitsatz

NV: Der Streitwert eines den Endbestände-Feststellungsbescheid im Sinne des § 36 Abs. 7 KStG 1999 i.d.F. des StSenkG betreffenden Klageverfahrens, das auf die Zuerkennung eines höheren Körperschaftsteuerguthabens gerichtet ist, ist nach dem vollen Betrag des im Streit stehenden Guthabens zu bemessen .

Tenor

Die Erinnerungen gegen die Kostenrechnungen des [X.] [X.] jeweils vom 23. Dezember 2014 [X.] ... ([X.]/13), [X.] ... ([X.]/13), [X.] ... ([X.]/13) und [X.] ... ([X.]/13) werden zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Tatbestand

1

I. Der erkennende Senat hat mit vier Beschlüssen, jeweils vom 30. Juli 2014 (I B 123/13, I B 124/13, I B 125/13, I B 126/13), die Verfahren betreffend die Nichtzulassung der Revision gegen vier Urteile des [X.] ([X.]), jeweils vom 27. Juni 2013 (6 K 126/12, 6 K 127/12, 6 K 128/12, 6 K 129/12), als unzulässig verworfen. Die Klägerin, Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Klägerin) handelte in diesen Verfahren jeweils als Rechtsnachfolgerin diverser Banken, gegen die Bescheide über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 des Körperschaftsteuergesetzes 1999 i.d.[X.] und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz) vom 23. Oktober 2000 ([X.], 1433, [X.], 1428) --KStG 1999-- ergangen waren.

2

Außerdem führte die Klägerin ein Revisionsverfahren, in dem es um die von ihr begehrte Änderung eines Bescheids über die Festsetzung der Auszahlung des [X.] ging. Die Revision wies der erkennende Senat mit Urteil vom 30. Juli 2014 I R 56/13 ([X.], 369, BStBl II 2014, 940) ab.

3

Hinsichtlich der Beschwerdeverfahren hat die Kostenstelle des [X.] ([X.]) mit den aus dem Tenor ersichtlichen Kostenrechnungen vom 23. Dezember 2014 die Gerichtskosten --ausgehend von Streitwerten in Höhe von 3.335.150 €, 3.604.599 €, 1.027.598 € und 3.541.746 €-- mit 27.592 €, 29.752 €, 11.032 € und mit 29.032 € angesetzt.

4

Mit der hiergegen erhobenen Erinnerung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass die Streitwerte deutlich überhöht seien. Außerdem dürften die durch die unterlassene Verbindung der Beschwerdeverfahren entstandenen Mehrkosten gemäß § 21 des Gerichtskostengesetzes (GKG) nicht erhoben werden.

Entscheidungsgründe

5

II. Die gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zu gemeinsamer Entscheidung verbundenen Erinnerungen sind unbegründet.

6

1. Über die Erinnerungen hat nach § 1 Abs. 5, § 66 Abs. 6 Satz 1 [X.] der Einzelrichter zu entscheiden.

7

2. a) Mit der Erinnerung können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst, d.h. gegen den Ansatz und die Höhe einzelner Kosten oder gegen den Streitwert richten. Auch die Entscheidung über die Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung ist Bestandteil des Verfahrens über den Kostenansatz einschließlich des Erinnerungsverfahrens nach § 66 [X.] und deswegen unselbständiger Teil der vorliegenden Entscheidung (vgl. [X.] vom 29. Oktober 2009 [X.], [X.], 447; vom 31. Januar 2014 [X.], [X.], 867).

8

b) Die angegriffenen Kostenrechnungen weisen keinen Rechtsfehler auf.

9

aa) Die angesetzte Gebühr ergibt sich aus § 3 Abs. 2 i.V.m. Nr. 6500 des Kostenverzeichnisses zum [X.] (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 [X.]). Ihr ist --auch im Rahmen eines Verfahrens über die Nichtzulassung der [X.] grundsätzlich der Streitwert des Klageverfahrens zugrunde zu legen (§ 47 [X.]; vgl. Gräber/ Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., Vor § 135 Rz 160 "Nichtzulassungsbeschwerde", m.w.N.). Zu berücksichtigen ist hierbei, dass ein [X.] (jedenfalls) nicht (unmittelbar) i.S. des § 52 Abs. 3 [X.] auf eine Geldleistung gerichtet und deshalb der Streitwert gemäß § 52 Abs. 1 [X.] nach der sich aus dem Antrag des [X.] für ihn ergebenden Bedeutung der Sache zu bestimmen ist. Maßgeblich hierfür sind grundsätzlich die konkreten steuerlichen Auswirkungen.

bb) Nach diesem Maßstab sind die der Gebührenberechnung in den einzelnen Kostenrechnungen zugrunde gelegten Streitwerte nicht zu beanstanden.

(1) Zwar hat die Klägerin erstinstanzlich im Klageverfahren 6 K 126/12 beantragt, den Endbestand des [X.] § 36 Abs. 7 [X.] 1999 in Höhe von 48.915.547 € --gegenüber bislang 0 €-- festzustellen. In den anderen Klageverfahren wurden vergleichbare Anträge gestellt. Das [X.] hat für das erstinstanzliche Verfahren 6 K 126/12 mit einer Streitwertfestsetzung in Höhe von 4.891.554,70 € offenbar 10 % des sich hieraus ergebenden [X.] angesetzt. In den [X.] wurde entsprechend verfahren.

(2) Weder mit an dieser --wohl an der [X.] bei Feststellungsbescheiden orientierten-- Betrachtungsweise noch mit der von der Klägerin vertretenen Auffassung zur Streitwertbemessung (dazu nachfolgend unter [X.] der Gründe dieses Beschlusses) wird den Besonderheiten des [X.] und der sich hieraus ergebenden Bedeutung der Sache für einen Kläger angemessen Rechnung getragen. Mit dem [X.] gemäß § 36 Abs. 7 [X.] 1999 wird unmittelbar die Höhe des [X.] fixiert. Dieses beträgt nämlich einen bestimmten Bruchteil des --verfahrensrechtlich gemäß § 36 Abs. 7 [X.] 1999 gesondert [X.] des [X.] (§ 37 Abs. 1 Satz 2 [X.] 1999) beziehungsweise --nach der Neuregelung durch das Jahressteuergesetz ([X.]) 2010 vom 8. Dezember 2010 ([X.], 1768, [X.], 1394 --[X.] 2002 n.F.--; zur Rechtsentwicklung vgl. Senatsurteil in [X.], 369, BStBl II 2014, [X.] [X.] sowie des [X.] (§ 37 Abs. 1 Satz 2, § 34 Abs. 13g [X.] 2002 n.F.). Beim [X.] wiederum handelt es sich der Sache nach, wie das Wort Guthaben bereits zum Ausdruck bringt, um einen gegen den Staat gerichteten Geldleistungsanspruch. Dass das Guthaben zunächst nur ausschüttungsabhängig "abgerufen" werden konnte und erst später ratierlich ausgezahlt wurde (vgl. zur Rechtsentwicklung [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 37 [X.] Rz 3 und 4), betrifft allein die Art der Realisierung des Guthabens, also gewissermaßen die [X.], ändert aber nichts daran, dass die §§ 36, 37 Abs. 1 [X.] 1999 dem Steuerpflichtigen einen Geldleistungsanspruch gegenüber dem Staat gewähren. Deshalb ist der Streitwert eines den [X.] betreffenden Klageverfahrens, das auf die Zuerkennung eines höheren [X.] gerichtet ist, nach dem vollen Betrag des im Streit stehenden Guthabens zu bemessen (vgl. [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Vor § 135 [X.]O Rz 220 a.E.).

(3) Da die streitgegenständlichen Verfahren dem Zweck dienten, die Anwendung der §§ 36, 37 [X.] 2002 n.F. für die Feststellung der Endbestände und die damit verbundene Erhöhung des [X.] zu erreichen, ist für die Streitwertermittlung auf die Differenz zwischen dem verwaltungsbehördlich bereits zuerkannten und dem begehrten Guthaben abzustellen. Die Kostenstelle des [X.] hat dementsprechend zutreffend dem Guthaben laut [X.] (Anwendung der §§ 36, 37 [X.] 1999) das Guthaben gegenübergestellt, das sich unter Zugrundelegung der festzustellenden Endbestände des [X.] und des [X.] mit dem in § 37 Abs. 1 Satz 2 [X.] 2002 n.F. enthaltenen Faktoren ergeben würde. Eine umgliederungsbedingte Minderung der Bestände des [X.] und des [X.] aufgrund der Anwendung der in § 36 Abs. 4 bis 6a [X.] 2002 n.F. vorgeschriebenen Umgliederungsschritte vermag der Senat ebenso wenig zu erkennen, wie eine doppelte Erfassung des [X.] oder eine Notwendigkeit, einen Betrag vom Bestand des [X.] abzuziehen. Das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin ist dem Senat unverständlich.

[X.]) Auch die weiteren in der [X.] erhobenen Einwendungen sind unbegründet. Da der [X.] das Guthaben als solches zahlenmäßig fixiert, hat er nicht lediglich einen dienenden Charakter, der einen prozentualen Abschlag rechtfertigen würde.

Dass die vier Beschwerdeverfahren und das Revisionsverfahren I R 56/13 wirtschaftlich dieselbe Zielrichtung hatten (Zuerkennung eines [X.] auf der Basis der Neufassung der §§ 36, 37 [X.] durch das [X.] 2010) ändert nichts daran, dass die Klägerin dieses Ziel in mehreren rechtlich selbständigen Gerichtsverfahren verfolgt hat. Deshalb kommt die von der Klägerin begehrte und auf eine entsprechende Anwendung des § 45 Abs. 1 Satz 3 [X.] gestützte Zusammenrechnung der Einzelstreitwerte der vier Beschwerdeverfahren und des Revisionsverfahrens I R 56/13 bzw. der Ansatz des höchsten [X.] nicht in Betracht. Eine analoge Anwendung der Norm scheidet mangels Regelungslücke aus. Wie sich aus § 39 Abs. 1 [X.] ergibt, muss für jedes selbständige Verfahren ein Streitwert bestimmt und Kosten festgesetzt werden. Nur dann, wenn eine Mehrheit von Ansprüchen in einer Klage geltend gemacht werden und die mehreren Ansprüche wirtschaftlich denselben Gegenstand haben, hätte die Zusammenrechnung zu unterbleiben ([X.]/Hellstab/Trenkle, [X.]/Fam[X.], [X.] Teil 6.5 Zivilgerichtliche Verfahren, Oktober 2012, "Mehrheit von Ansprüchen").

Soweit die Klägerin schließlich rügt, die sachdienliche und mögliche Verbindung der Beschwerdeverfahren sei unterblieben, weshalb die hierdurch entstandenen Mehrkosten nicht zu erheben seien, kann dahinstehen, ob die unterlassene Verfahrensverbindung eine unrichtige Sachbehandlung i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] darstellt (dagegen z.B. [X.]-Beschluss vom 23. Februar 2006 II E 7/05, [X.]/NV 2006, 1311). Denn selbst eine Verbindung der Verfahren zu einheitlicher Entscheidung hätte nichts daran geändert, dass die Kosten für jedes einzelne Verfahren nach Maßgabe des jeweiligen Streitwerts zu berechnen gewesen wären. Denn für die [X.] ist der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet (§ 40 [X.]). Eine erst nach Einleitung des Beschwerdeverfahrens vorgenommene Verbindung der Verfahren kann also keine Gebührendegression herbeiführen, die einträte, wenn die Streitwerttabelle des § 34 [X.] erst auf den addierten Gesamtstreitwert der verbundenen Verfahren angewendet würde ([X.] in [X.]/NV 2006, 1311; vom 13. September 2012 [X.], [X.]/NV 2013, 386).

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 [X.]).

Meta

I E 9-12/15, I E 9/15, I E 10/15, I E 11/15, I E 12/15

27.10.2015

Bundesfinanzhof 1. Senat

Beschluss

§ 36 Abs 7 KStG 1999 vom 23.10.2000, § 37 Abs 1 KStG 1999 vom 23.10.2000, § 21 Abs 1 GKG, § 40 GKG, § 45 Abs 1 S 3 GKG, § 52 Abs 1 GKG, § 52 Abs 3 GKG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27.10.2015, Az. I E 9-12/15, I E 9/15, I E 10/15, I E 11/15, I E 12/15 (REWIS RS 2015, 3304)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3304

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