Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.01.2015, Az. I R 84/12

1. Senat | REWIS RS 2015, 16344

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Gegenstand

Erhöhung des Körperschaftsteuerguthabens aufgrund gesetzlicher Neuregelung im JStG 2010


Leitsatz

1. NV: Die Erhöhung des Körperschaftsteuerguthabens auf der Grundlage der Neufassung der § 36, § 37 Abs. 1 KStG durch das JStG 2010 ist rechtlich nicht möglich, wenn der Bescheid über die Feststellung der Endbestände bereits vor Inkrafttreten des JStG 2010 in Bestandskraft erwachsen war.

2. NV: Eine die Anwendung der Neufassung versperrende Bestandskraft der Feststellung der Endbestände ist auch dann gegeben, wenn der Feststellungsbescheid gemäß § 36 Abs. 7 KStG keine ausdrückliche Feststellung des Endbestands des EK 45 mit 0 € enthielt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 14. November 2012  10 K 3207/11 F wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob für die Ermittlung des [X.] der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) die § 36, § 37 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes ([X.] 2002) i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 ([X.] 2010) vom 8. Dezember 2010 ([X.], 1768, [X.], 1394) --[X.] 2002 n.F.-- anzuwenden sind, was zu einer Erhöhung des bisher festgesetzten Guthabens führen würde.

2

Die Klägerin ist eine eingetragene Genossenschaft, die eine Bank betreibt.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) nahm nach Maßgabe des § 36 [X.] 1999 i.d.[X.] und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz --StSenkG--) vom 23. Oktober 2000 --[X.] 1999 n.F.-- ([X.], 1433, [X.], 1428) Verrechnungen bei den Teilbeträgen des verwendbaren Eigenkapitals ([X.]) vor. Hierbei gliederte er u.a. den mit einer Körperschaftsteuer von 45 % belasteten Teilbetrag des [X.] (EK 45) in Höhe von [X.] vollständig gemäß § 36 Abs. 3 [X.] 1999 n.F. um. Schließlich stellte das [X.] die "neuen" Endbestände mit gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung ([X.]) geändertem Bescheid vom 4. Januar 2005 nach § 36 Abs. 7 [X.] 1999 n.F. wie folgt gesondert fest (im Folgenden: [X.]): EK 40 X[X.]; EK 30  0 DM; [X.] und [X.] jeweils 0 DM; [X.]. Unter dem Zusatz "Nachrichtlich" wurde das ermittelte [X.] mit [X.] (… €) im Bescheid aufgeführt. Dieser Betrag entsprach 1/6 des "neuen" Bestands an EK 40. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde zugleich aufgehoben. Die Klägerin erhob keinen Einspruch.

4

Das [X.] erließ ferner auf die Stichtage 31. Dezember 2002, 31. Dezember 2003, 31. Dezember 2004 und 31. Dezember 2005 Bescheide über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 37 Abs. 2 Satz 4, § 38 Abs. 1 [X.] 1999 n.F., mit denen u.a. das verbleibende [X.] festgestellt wurde. Auf den Stichtag 31. Dezember 2006 wurde letzteres nicht festgestellt, sondern lediglich mit einem Betrag von … € ermittelt.

5

Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid über die Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des [X.] wurde dieser Anspruch am 18. September 2008 gemäß § 37 Abs. 5 [X.] 2002 i.d.[X.] über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der [X.] und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften ([X.]) vom 7. Dezember 2006 ([X.], 2782, [X.], 4) auf … € festgesetzt (im Folgenden: [X.]).

6

Mit Schreiben vom 23. Dezember 2010 stellte die Klägerin den Antrag, den [X.] zu ändern und das Guthaben zu erhöhen. Zur Begründung führte sie aus, dass aufgrund der Entscheidung des [X.] ([X.]) vom 17. November 2009  1 BvR 2192/05 ([X.]E 125, 1), mit der die Umgliederung des [X.] gemäß § 36 Abs. 3 und 4 [X.] 1999 n.F. für verfassungswidrig erklärt worden sei, das [X.] unmittelbar aus den vorhandenen Teilbeträgen des belasteten Eigenkapitals --EK 45 sowie [X.] zu ermitteln und dem Bescheid über die Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des [X.] zugrunde zu legen sei. Das [X.] lehnte den Änderungsantrag ab. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht ([X.]) ging davon aus, dass der [X.] und die im Streitfall ergangenen Feststellungsbescheide gemäß § 37 Abs. 2 Satz 4 [X.] 1999 n.F. eine ununterbrochene Kette bilden, die für die Ermittlung des [X.] zum 31. Dezember 2006 und die Festsetzung des [X.] gemäß § 37 Abs. 5 [X.] 2002 i.d.F. des [X.] bindend sind ([X.] Münster, Urteil vom 14. November 2012  10 K 3207/11, Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 326).

7

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Änderungsbegehren weiter.

8

Sie beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und den Bescheid über die Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des [X.] vom 14. März 2011 unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 14. März 2011 und der Einspruchsentscheidung vom 16. August 2011 so zu ändern, dass der Anspruch auf Auszahlung des [X.] um … € erhöht und auf … € festgesetzt wird.

9

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Es kann dahinstehen, ob die begehrte Änderung des Auszahlungsbescheids an der von anderen Bescheiden ausgehenden Bindungswirkung scheitert. Das angegriffene [X.] erweist sich jedenfalls aus einem anderen Grund als zutreffend (§ 126 Abs. 4 FGO). Das materielle Recht sieht im Streitfall keinen höheren als den bereits festgesetzten Anspruch vor. Für eine Bescheidänderung gemäß § 164 Abs. [X.] ist daher kein Raum.

1. Nach § 37 Abs. 5 Satz 1 [X.] 2002 i.d.[X.] des [X.] hat die Körperschaft innerhalb eines Auszahlungszeitraums von 2008 bis 2017 einen Anspruch auf Auszahlung des [X.] in zehn gleichen Jahresbeträgen. Nach Satz 3 wird der Anspruch für den gesamten Auszahlungszeitraum festgesetzt.

Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 [X.] 1999 n.[X.] beträgt das [X.] 1/6 des Endbestands des mit einer Körperschaftsteuer von 40 % belasteten Teilbetrages. Für die Ermittlung des Guthabens ist ein Bestand an [X.] nicht heranzuziehen. Ein positiver belasteter Teilbetrag an [X.] ist allerdings zuvor nach § 36 Abs. 3 [X.] 1999 n.[X.] in Höhe von 27/22 seines Bestands dem Bestand an [X.] hinzuzurechnen (sog. Umgliederung) und kann --in Abhängigkeit von den übrigen Umrechnungsschritten des § 36 Abs. 2 bis 6 [X.] 1999 n.[X.]-- somit mittelbar das [X.] erhöhen.

Nach § 37 Abs. 1 [X.] 2002 n.[X.] beträgt das [X.] 15/55 des Endbestands des mit einer Körperschaftsteuer von 45 % belasteten Teilbetrages zuzüglich 1/6 des Endbestands des mit einer Körperschaftsteuer von 40 % belasteten Teilbetrages. Diese Fassung des § 37 Abs. 1 ist nach § 34 Abs. 13g [X.] 2002 n.[X.] in den Fällen des Absatzes 13f anzuwenden. "Fälle des Absatzes 13f" sind solche, in denen die [X.] [X.] 36 Abs. 7 noch nicht bestandskräftig festgestellt sind und § 36 in einer Fassung anzuwenden ist, in der Absatz 3 (Umgliederung des [X.]) gestrichen und durch einen Absatz 6a ersetzt wurde (§ 34 Abs. 13f [X.] 2002 n.[X.]). Die Regelung in Absatz 6a kann zu einem positiven Endbestand des [X.] führen, der unmittelbar das [X.] erhöht (§ 37 Abs. 1 Satz 2 [X.] 2002 n.[X.]).

Die gesetzlichen Regelungen in § 34 Abs. 13f und 13g [X.] 2002 n.[X.] schließen an den Beschluss des [X.] in [X.]E 125, 1 an, mit dem § 36 Abs. 3 und 4 [X.] 1999 n.[X.] als mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar erklärt wurde, soweit sich daraus ein Verlust von in [X.] enthaltenem Körperschaftsteuerminderungspotenzial ergibt. Der Gleichheitsverstoß betraf die in § 36 Abs. 3 [X.] 1999 n.[X.] bestimmte Umgliederung von [X.] in [X.] einschließlich ihrer sich ggf. aus § 36 Abs. 4 [X.] 1999 n.[X.] ergebenden Folgen (Senatsurteil vom 20. April 2011 I R 65/05, [X.], 385, [X.], 983). Das [X.] hat den Gesetzgeber zugleich aufgefordert, für die noch nicht bestandskräftig abgeschlossenen Verfahren eine Neuregelung zu treffen. Dem entsprechend hat der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2010 die Geltung der neu gefassten § 36, § 37 Abs. 1 [X.] 2002 (nur) in denjenigen Fällen angeordnet, in denen die [X.] [X.] 36 Abs. 7 [X.] 2002 noch nicht bestandskräftig festgestellt sind.

2. Selbst unter der Prämisse, dass, wie von der Revision vertreten, das [X.] im Auszahlungsbescheid gemäß § 37 Abs. 5 Satz 3 [X.] i.d.[X.] des [X.] ohne jede Bindung an frühere Feststellungen eigenständig zu ermitteln ist, kann nach den soeben dargestellten Maßstäben kein [X.] in der von der Klägerin beantragten Höhe festgesetzt werden, weil der [X.] bereits vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 in Bestandskraft erwachsen war und die Neufassung der § 36, § 37 Abs. 1 [X.] 2002 folglich nicht angewendet werden kann.

a) Das Begehren der Klägerin ist auf den Erlass eines sie begünstigenden steuerlichen Verwaltungsakts gerichtet. Eine steuerliche Begünstigung dürfen Verwaltungsbehörden und Gerichte nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes (vgl. Urteil des [X.] --BFH-- vom 7. November 1990 II R 17/86, [X.], 450, [X.] 1991, 163, m.w.N.; abweichend [X.]/[X.], Grundgesetz, 13. Aufl., Art. 20 Rz 51: Vorrang des Gesetzes) grundsätzlich aber nur dann zusprechen, wenn im materiellen Recht eine entsprechende Anspruchsgrundlage existiert. Ausnahmen können dann bestehen, wenn dem materiellen Recht widersprechende Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidungen in Bestands- oder Rechtskraft erwachsen sind und von ihnen bindende Wirkungen ausgehen. In diesem Fall kann eine Begünstigung, die das materielle Recht nicht vorsieht, wegen der Bestands- und Rechtskraft staatlicher Entscheidungen zu gewähren sein.

b) Im Streitfall sind die § 36, § 37 Abs. 1 [X.] 1999 n.[X.] --also die Altfassung des [X.] anzuwenden. Aus diesen Vorschriften ergibt sich kein höheres als das bereits vom [X.] ermittelte [X.].

aa) Die Klägerin strebt eine Erhöhung des bereits festgesetzten [X.] um [X.] (… €) an. Dieser auf den Stichtag 31. Dezember 2000 (vgl. nur Streck/[X.], [X.], 8. Aufl., § 36 Rz 53 f.) bezogene Betrag stellt die Differenz dar zwischen der Höhe des nach § 36, § 37 Abs. 1 [X.] 1999 n.[X.] ermittelten [X.] von [X.] (= 1/6 des sich nach Umgliederung des [X.] ["[X.] vor Umgliederung: [X.]] ergebenden Bestands an [X.] in Höhe von X[X.]), das Eingang in die vom [X.] erlassenen Bescheide fand, und der Höhe des nach § 36, § 37 Abs. 1 [X.] 2002 n.[X.] ermittelten [X.] von XX[X.] (= Summe aus 1/6 des Bestands an [X.] in Höhe von [X.] und 15/55 des Bestands an [X.] in Höhe von [X.]).

bb) Der Klägerin steht materiell-rechtlich ein [X.] von XX[X.] aber nicht zu, weil die für sie günstigere Regelung der § 36, § 37 Abs. 1 [X.] 2002 n.[X.] im Streitfall nicht gilt. Die einschlägige [X.] in § 34 Abs. 13f und 13g [X.] 2002 n.[X.] ist eindeutig. Unerheblich ist danach, ob der [X.] gemäß § 36 Abs. 7 [X.] 1999 n.[X.] bindende Wirkung hat und er den Ausgangspunkt einer ununterbrochenen [X.] bildet. Abzustellen ist allein auf seine Bestandskraft. Im Streitfall waren aber die [X.] [X.] 34 Abs. 13f [X.] 2002 n.[X.] --vollständig-- bereits vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010 (dazu Art. 32 Abs. 1 [X.] 2010) bestandskräftig festgestellt gewesen.

Denn die Klägerin hatte den gegen sie ergangenen [X.] vom 4. Januar 2005 nicht angefochten. Zudem war unstreitig am 31. Dezember 2006 die Feststellungsfrist mit der Folge der "endgültigen" Unabänderbarkeit des Bescheids (§ 181 Abs. 1 Satz 1, § 169 Abs. 1 Satz 1 AO) abgelaufen gewesen. Schließlich enthielt der Bescheid inhaltlich auch sämtliche Feststellungen, auf die § 34 Abs. 13f [X.] 2002 n.[X.] abstellt. Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (Kasperczyk/[X.], [X.], 1446; [X.], Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht --[X.]-- 2012/2013, 273 ff.) bedurfte es insbesondere keiner Feststellung des Endbestands des [X.] in einem anderen --ggf. ergänzenden (vgl. § 179 Abs. 3 AO)-- Bescheid. Die von dieser Meinung für notwendig erachtete Feststellung des Endbestands des [X.] mit 0 DM kommt unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht: War die Feststellung des Endbestands des [X.] unzulässig, weil das frühere [X.] als Folge der von § 36 Abs. 3 [X.] 1999 n.[X.] angeordneten Umrechnung in [X.] und [X.] 02 rechtlich nicht mehr fortbestand (so [X.] in [X.]/[X.]/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 36 [X.] Rz 29a), dann kommt eine Ergänzung von vornherein nicht in Betracht (s.a. [X.] und [X.], [X.] 2012/2013, 287 f.). Eine Ergänzung scheidet aber auch dann aus, wenn die Rechtsfolgenanordnung des § 36 Abs. 3 [X.] 1999 n.[X.] so verstanden werden muss, dass das [X.] im [X.] und im [X.] 02 "aufgegangen" und jener ehemals getrennt auszuweisende Teilbetrag des v[X.] folglich in der Feststellung der [X.] anderer Teilbeträge (hier: [X.] und [X.] 02) materiell mitenthalten ist. Schließlich kann der im Wege der Auslegung (zur Bedeutung der Auslegung in diesem Zusammenhang BFH-Urteil vom 3. März 2011 IV R 8/08, [X.], 1649, m.w.N.) zu bestimmende Inhalt des im Streitfall ergangenen [X.]s --nur-- dahin verstanden werden, dass jeweils ein Endbestand an [X.] nicht mehr vorhanden war. In der Anlage zum Bescheid wurden die [X.] anhand einer Tabelle im Einzelnen dargestellt. Hieraus ergab sich für die Klägerin, auf deren Perspektive als Bescheidadressatin es bei der Auslegung maßgeblich ankommt (BFH-Urteil in [X.], 1649), zweifelsfrei, dass der [X.]-"Topf" vollständig entleert und sein Inhalt in andere "Töpfe umgefüllt" worden war.

cc) Soweit von der Revision die Meinung vertreten wird, die [X.] in § 34 Abs. 13f [X.] 2002 n.[X.] stünde dem Klageerfolg nicht entgegen, weil diese auf den gemäß § 36 [X.] 1999 n.[X.]/2002 n.[X.] maßgeblichen Stichtag des 31. Dezember 2000 bezogen sei, während es vorliegend um das gemäß § 37 Abs. 4 [X.] 2002 n.[X.] letztmalig zum 31. Dezember 2006 zu ermittelnde [X.] gehe, das von dem unstreitig noch nicht bestandskräftigen Auszahlungsbescheid zu erfassen sei, beruht dies auf einem fehlerhaften Verständnis der Regelungszusammenhänge. Auf den 31. Dezember 2006 ist nicht "freischwebend" ein anderes oder neues [X.] zu ermitteln. Es trifft auch nicht zu, dass im Sinne einer planwidrigen Regelungslücke der Gesetzgeber gewissermaßen "vergessen" habe, die Guthabenermittlung auf diesen Stichtag "mit konkreten, mathematischen Berechnungsschritten" zu hinterlegen, wie die Klägerin meint. Vielmehr handelt es sich bei dem Guthaben [X.] 37 Abs. 4 [X.] 2002 n.[X.] materiell um dasselbe Guthaben, das zum Zeitpunkt der Systemumstellung nach Maßgabe des § 36 [X.] 1999 n.[X.] entstanden und in der Folgezeit fortzuschreiben war. § 36 [X.] 1999 n.[X.] enthält diejenigen Berechnungsschritte, die die Klägerin vermisst. Andere Berechnungsmodalitäten sind der Ermittlung des Guthabens nur dann zugrunde zu legen, wenn § 36, § 37 Abs. 1 [X.] 2002 n.[X.] zur Anwendung kommen.

dd) Den Einwand der Klägerin, es sei "letztlich unerheblich", ob der Feststellungsbescheid gemäß § 36 Abs. 7 [X.] 1999 n.[X.] bereits bestandskräftig sei, vermag der Senat angesichts der eindeutigen gegenteiligen Aussage des Gesetzes nicht nachzuvollziehen. Wenn die Klägerin außerdem meint, dass es in Anbetracht der von ihr dargestellten [X.] nicht tragfähig sei, auf die Bestandskraft dieses Bescheids abzustellen, verkennt sie, dass Kritik am Gesetz und seiner vermeintlichen Unsystematik nichts an dessen Geltungsanspruch ändert. Der Steuergesetzgeber hat mit § 34 Abs. 13g und 13f [X.] 2002 n.[X.] materiell-rechtliche Folgerungen aus dem verfassungsgerichtlichen Beschluss dem Grundsatz des § 79 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das [X.] ([X.]G) entsprechend ausdrücklich nur für die noch anfechtbaren Entscheidungen gezogen. Er hat damit den notwendigen Ausgleich zwischen Einzelfallgerechtigkeit und Rechtssicherheit herbeigeführt. Eine andere Entscheidung (Erstreckung des günstigeren Rechts auf rechts- und bestandskräftig geregelte Sachverhalte) wäre ihm ohne Weiteres möglich gewesen (vgl. Wortlaut des § 79 Abs. 2 Satz 1 [X.]G), von [X.] wegen war er hierzu aber nicht verpflichtet ([X.]-Beschluss vom 12. März 1996  1 BvR 609/90, [X.] 94, 241, 266).

Da somit die Anknüpfung der Neuregelung an die fehlende Bestandskraft der Feststellung der [X.] keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt, war für die von der Klägerin befürwortete verfassungskonforme Auslegung oder die Durchführung eines Normenkontrollverfahrens gemäß Art. 100 Abs. 1 GG kein Raum.

c) Das Verfahrensrecht könnte dem materiell-rechtlichen Mangel des Klagebegehrens nur dann abhelfen, wenn ein bestandskräftiger Bescheid ergangen wäre, der das materielle Recht zugunsten der Klägerin fehlerhaft umgesetzt hat und dieser Bescheid zwingend bei der Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des [X.] zu beachten wäre. Im Streitfall liegt, wenn man der angegriffenen [X.] folgt, wonach die Feststellung der [X.] gemäß § 36 Abs. 7 [X.] 1999 n.[X.] den Anfang einer ununterbrochenen [X.] markiert, genau die umgekehrte Situation vor.

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Meta

I R 84/12

29.01.2015

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 14. November 2012, Az: 10 K 3207/11 F, Urteil

§ 36 Abs 3 KStG 1999 vom 23.10.2000, § 7 KStG 1999 vom 23.10.2000, § 37 Abs 1 KStG 1999 vom 23.10.2000, § 34 Abs 13f KStG 2002 vom 08.12.2010, § 34 Abs 13g KStG 2002 vom 08.12.2010, § 179 Abs 3 AO, § 79 Abs 2 S 1 BVerfGG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 29.01.2015, Az. I R 84/12 (REWIS RS 2015, 16344)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 16344

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