Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.11.2014, Az. I R 46/13

1. Senat | REWIS RS 2014, 1460

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Erhöhung des Körperschaftsteuerguthabens aufgrund gesetzlicher Neuregelung im JStG 2010


Leitsatz

1. NV: Die Erhöhung des Körperschaftsteuerguthabens auf der Grundlage der Neufassung der § 36, § 37 Abs. 1 KStG durch das JStG 2010 ist rechtlich nicht möglich, wenn der Bescheid über die Feststellung der Endbestände bereits vor Inkrafttreten des JStG 2010 in Bestandskraft erwachsen war.

2. NV: Eine die Anwendung der Neufassung versperrende Bestandskraft der Feststellung der Endbestände ist auch dann gegeben, wenn der Feststellungsbescheid gemäß § 36 Abs. 7 KStG keine ausdrückliche Feststellung des Endbestands des EK 45 mit 0 € enthielt.

3. NV: Ein unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehender Feststellungsbescheid kann nach Ablauf der Feststellungsfrist wegen des damit verbundenen Wegfalls des Vorbehalts der Nachprüfung nicht mehr nach § 164 Abs. 2 AO geändert werden. Die Regelung in § 181 Abs. 5 Satz 1 AO führt nicht zu einem Wiederaufleben des Nachprüfungsvorbehalts und damit der Änderungsmöglichkeit gemäß § 164 Abs. 2 AO.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob für die Ermittlung des [X.] der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) die § 36, § 37 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 ([X.] 2010) vom 8. Dezember 2010 ([X.], 1768, [X.], 1394) --[X.] 2002 n.F.-- anzuwenden sind, was zu einer Erhöhung des bisher festgesetzten Guthabens führen würde.

2

Gegenüber der Klägerin, einer GmbH, ergingen am 28. Februar 2003 zusammengefasste Bescheide über die gesonderte Feststellung der [X.] gemäß § 36 Abs. 7 [X.] 1999 i.d.[X.] und zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 23. Oktober 2000 --[X.] 1999-- ([X.], 1433, [X.], 1428) und über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 [X.] 1999 (im Folgenden: Feststellungsbescheid vom 28. Februar 2003). Bei der Ermittlung der nach § 36 Abs. 7 [X.] 1999 festzustellenden [X.] gliederte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) in Übereinstimmung mit der abgegebenen Erklärung den mit einer Körperschaftsteuer von 45 % belasteten Teilbetrag des verwendbaren Eigenkapitals [X.] (EK 45) nach Maßgabe des § 36 Abs. 3 [X.] 1999 vollständig um. Hieraus ergaben sich bei dem mit 40 % Körperschaftsteuer belasteten Teilbetrag des [X.] (EK 40) ein Endbestand von 52.775 DM und bei dem nicht mit Körperschaftsteuer belasteten Teilbetrag des [X.] (EK 02) ein solcher von 0 DM, die in eben dieser Höhe festgestellt wurden. Unter der Zwischenüberschrift "Ermittlung der nach § 36 Abs. 7 [X.] festzustellenden [X.]" wurden die [X.] im Einzelnen anhand einer Tabelle dargestellt. Unter "[X.]" erfolgte schließlich die Angabe des ermittelten [X.] mit 8.796 DM (4.497 €). Dieser Betrag entsprach einem Sechstel des "neuen" Endbestands des [X.] Der Bescheid erging gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung ([X.]) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Die Klägerin legte keinen Einspruch gegen den Feststellungsbescheid vom 28. Februar 2003 ein.

3

Das [X.] erließ ferner auf die Stichtage 31. Dezember 2002, 31. Dezember 2003, 31. Dezember 2004 und 31. Dezember 2005 Bescheide über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 [X.], mit denen unter anderem das [X.] --in unveränderter Höhe-- festgestellt wurde.

4

Mit Bescheid vom 6. Mai 2008 erfolgte zum 31. Dezember 2006 eine weitere Feststellung gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 38 Abs. 1 [X.]. Das zu diesem Stichtag verbleibende [X.] wurde nicht bei den festzustellenden Beträgen, sondern unter der Rubrik "[X.]" mit dem ermittelten Betrag von 4.497 € angegeben. Der Bescheid (im Folgenden: Bescheid vom 6. Mai 2008) wurde mit einem Nachprüfungsvorbehalt versehen.

5

Schließlich setzte das [X.] mit Bescheid vom 26. September 2008 den Anspruch auf Auszahlung des [X.] in genannter Höhe gemäß § 37 Abs. 5 [X.] 2002 i.d.[X.] über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der [X.] und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) vom 7. Dezember 2006 ([X.], 2782, [X.], 4) fest (im Folgenden: [X.] vom 26. September 2008).

6

Mit Schreiben vom 18. Mai 2010 stellte die Klägerin den Antrag, sämtliche vorgenannten Bescheide aufzuheben. Zur Begründung führte sie den Beschluss des [X.] ([X.]) vom 17. November 2009  1 BvR 2192/05 ([X.]E 125, 1) an, mit dem die Umgliederung der Teilbeträge des [X.] gemäß § 36 Abs. 3 und 4 [X.] 1999 für verfassungswidrig erklärt worden war. Mangels wirksamer gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage seien sämtliche Feststellungen rechtswidrig und daher aufzuheben.

7

Das [X.] folgte dieser Argumentation nicht und blieb auch in der Einspruchsentscheidung bei seiner Auffassung, dass der Feststellungsbescheid vom 28. Februar 2003 bereits vor der Entscheidung des [X.] in Bestandskraft erwachsen sei und auch gemäß § 164 Abs. 2 [X.] nicht mehr geändert werden könne. Der Nachprüfungsvorbehalt sei mit Ablauf der Feststellungsfrist zum 31. Dezember 2006 entfallen. Die Regelung in § 181 Abs. 5 Satz 1 [X.] stehe dem nicht entgegen. Wegen der Bindungswirkung des Feststellungsbescheides vom 28. Februar 2003 käme auch eine Änderung oder Aufhebung der anderen Bescheide nicht in Betracht.

8

Die Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht ([X.]) legte das Klagebegehren in dem Sinne aus, dass die Klägerin nicht mehr die Aufhebung, sondern die Änderung des Feststellungsbescheides vom 28. Februar 2003 unter Anwendung der im Nachgang zur Entscheidung des [X.] erfolgten Neuregelung der § 36, § 37 Abs. 1 [X.] 2002 n.F. begehrte. In der Sache folgte das [X.] mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1605 veröffentlichen Urteil vom 21. Mai 2013  1 K 284/10 im Wesentlichen der Auffassung des [X.], dass die [X.] i.S. des § 36 Abs. 7 [X.] 1999 bereits bestandskräftig festgestellt seien.

9

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Sie beantragt (sinngemäß), das [X.]-Urteil, den Ablehnungsbescheid vom 22. Juni 2010 und die Einspruchsentscheidung vom 3. November 2010 aufzuheben und das [X.] zu verpflichten, den Bescheid vom 28. Februar 2003 über die gesonderte Feststellung der [X.] gemäß § 36 Abs. 7 [X.] 1999 zum 31. Dezember 2001 zu ändern und die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals unter Anwendung des § 36 Abs. 3 bis 6a [X.] 2002 n.F. zu ermitteln und entsprechend festzustellen,

hilfsweise, das [X.] und das [X.] zu verpflichten, den Bescheid vom 6. Mai 2008 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 [X.] zu ändern und ein höheres [X.] zu ermitteln und festzustellen.

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Das dem Revisionsverfahren beigetretene [X.] hat keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat die Verpflichtungsklage zu Recht abgewiesen. Die gesonderte Feststellung der [X.] gemäß § 36 Abs. 7 [X.] 1999 ist nicht mehr änderbar. Aus diesem Grund steht der Klägerin nach materiellem Recht auch kein Anspruch auf ein höheres als das bereits festgesetzte [X.] zu.

1. Nach § 37 Abs. 5 Satz 1 [X.] 2002 i.d.F. des [X.] hat die Körperschaft innerhalb eines Auszahlungszeitraums von 2008 bis 2017 einen Anspruch auf Auszahlung des [X.]s in zehn gleichen Jahresbeträgen. Nach Satz 3 wird der Anspruch für den gesamten Auszahlungszeitraum festgesetzt.

a) Nach § 37 Abs. 1 Satz 2 [X.] 1999 beträgt das [X.] 1/6 des Endbestands des mit einer Körperschaftsteuer von 40 % belasteten Teilbetrages. Für die Ermittlung des Guthabens ist ein Bestand an [X.] nicht heranzuziehen. Ein positiver belasteter Teilbetrag des [X.] ist allerdings zuvor nach § 36 Abs. 3 [X.] 1999 in Höhe von 27/22 seines Bestands dem Bestand an [X.] hinzuzurechnen (sog. Umgliederung) und kann --in Abhängigkeit von den übrigen Umrechnungsschritten des § 36 Abs. 2 bis 6 [X.] somit mittelbar das [X.] erhöhen.

b) Nach § 37 Abs. 1 [X.] 2002 n.F. beträgt das [X.] 15/55 des Endbestands des mit einer Körperschaftsteuer von 45 % belasteten Teilbetrages zuzüglich 1/6 des Endbestands des mit einer Körperschaftsteuer von 40 % belasteten Teilbetrages.

Diese Fassung des § 37 Abs. 1 [X.] 2002 n.F. ist nach § 34 Abs. 13g [X.] 2002 n.F. in den Fällen des Absatzes 13f anzuwenden. "Fälle des Absatzes 13f" sind solche, in denen die [X.] i.S. des § 36 Abs. 7 [X.] noch nicht bestandskräftig festgestellt sind und § 36 in einer Fassung anzuwenden ist, in der Absatz 3 (Umgliederung des [X.]) gestrichen und durch einen Absatz 6a ersetzt wurde (§ 34 Abs. 13f [X.] 2002 n.F.). Die Regelung in Absatz 6a kann zu einem positiven Endbestand an [X.] führen, der unmittelbar das [X.] erhöht (§ 37 Abs. 1 Satz 2 [X.] 2002 n.F.).

Die gesetzlichen Regelungen in § 34 Abs. 13f und 13g [X.] 2002 n.F. schließen an den Beschluss des [X.] in [X.]E 125, 1 an, mit dem § 36 Abs. 3 und 4 [X.] 1999 als mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbar erklärt wurde, soweit sich daraus ein Verlust von in [X.] enthaltenem Körperschaftsteuerminderungspotenzial ergibt. Der Gleichheitsverstoß betraf die in § 36 Abs. 3 [X.] 1999 bestimmte Umgliederung von [X.] in [X.] einschließlich ihrer sich ggf. aus § 36 Abs. 4 [X.] 1999 ergebenden Folgen (Senatsurteil vom 20. April 2011 I R 65/05, [X.], 385, [X.], 983). Das [X.] hat den Gesetzgeber zugleich aufgefordert, für die noch nicht bestandskräftig abgeschlossenen Verfahren eine Neuregelung zu treffen. Dem entsprechend hat der Gesetzgeber mit dem [X.] 2010 die Geltung der neu gefassten § 36, § 37 Abs. 1 [X.] 2002 n.F. (nur) in denjenigen Fällen angeordnet, in denen die [X.] i.S. des § 36 Abs. 7 [X.] 1999 noch nicht bestandskräftig festgestellt sind.

2. Nach den soeben dargestellten Maßstäben muss dem auf Änderung der Bescheide vom 28. Februar 2003 (Hauptantrag) und vom 6. Mai 2008 (Hilfsantrag) gerichteten Verpflichtungsbegehren der Klägerin der Erfolg versagt bleiben. Sie strebt mit der Klage an, dass das [X.] auf der Basis der § 36, § 37 Abs. 1 [X.] 2002 in der (Neu-)Fassung des [X.] 2010 ermittelt wird. Die Anwendung dieser für die Klägerin günstigen materiell-rechtlichen Vorschriften scheidet aber aus, weil im Streitfall die [X.] i.S. des § 36 Abs. 7 [X.] 1999 bereits vor dem Inkrafttreten des [X.] 2010 bestandskräftig festgestellt waren. Es kann offen bleiben, welche Bescheide zueinander in einem Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid stehen. Denn die allein anwendbaren materiell-rechtlichen Bestimmungen der § 36, § 37 [X.] 1999 --Altfassung-- lassen die Festsetzung eines 4.497 € übersteigenden Guthabens nicht zu.

a) Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass das [X.] das [X.] auf der Grundlage der § 36, § 37 Abs. 1 [X.] 1999 --also der Altfassung des [X.] der Höhe nach zutreffend mit 4.497 € festgestellt hat.

b) Der Bescheid über die gesonderte Feststellung der [X.] gemäß § 36 Abs. 7 [X.] 1999 vom 28. Februar 2003 ist in Bestandskraft erwachsen. Daher können die § 36, § 37 Abs. 1 [X.] 2002 n.F. nicht angewendet werden.

aa) Die Klägerin hat den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid nicht angefochten. Der damit formell bestandskräftig gewordene Bescheid enthielt inhaltlich sämtliche Feststellungen, auf die § 34 Abs. 13f [X.] 2002 n.F. abstellt. Damit kann seine Bestandskraft entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung ([X.]/[X.], [X.] --DStR-- 2011, 1446; [X.], Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht --JbFSt-- 2012/2013, 273) nicht mit dem Einwand in Frage gestellt werden, dass eine Feststellung des Endbestands des [X.] in einem anderen --ggf. ergänzenden (vgl. § 179 Abs. 3 [X.])-- Bescheid erforderlich gewesen wäre und die nunmehr nachzuholende Feststellung noch der Anfechtung unterliege. Ohne auf die vielfältigen rechtlichen Zweifelsfragen, die mit der von [X.]/[X.] entwickelten mehrstufigen juristischen Argumentation aufgeworfen werden, im Einzelnen eingehen zu müssen, führt dieser Weg jedenfalls aus folgendem Grund nicht zur Anwendbarkeit der Neufassung der § 36, § 37 Abs. 1 [X.] 2002. Die Feststellung des Endbestands des [X.] mit 0 DM kam nämlich unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht: War die Feststellung des Endbestands des [X.] unzulässig, weil das frühere [X.] als Folge der von § 36 Abs. 3 [X.] 1999 angeordneten Umrechnung in [X.] und [X.] 02 rechtlich nicht mehr fortbestand (so [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/Mühlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 36 [X.] Rz 29), dann kommt eine Ergänzung von vornherein nicht in Betracht. Eine Ergänzung scheidet aber auch dann aus, wenn die Rechtsfolgenanordnung des § 36 Abs. 3 [X.] 1999 so verstanden werden muss, dass das [X.] im [X.] und im [X.] 02 "aufgegangen" und jener ehemals getrennt auszuweisende Teilbetrag des v[X.] folglich in der Feststellung der [X.] anderer Teilbeträge (hier: [X.] und [X.] 02) materiell mitenthalten ist. Schließlich kann der im Wege der Auslegung (zur Bedeutung der Auslegung in diesem Zusammenhang Urteil des [X.] --[X.]-- vom 3. März 2011 IV R 8/08, [X.], 1649, m.w.N.) zu bestimmende Inhalt des Feststellungsbescheides vom 28. Februar 2003 --nur-- dahin verstanden werden, dass ein Endbestand an [X.] nicht mehr vorhanden war. In der Anlage zum Bescheid wurden die [X.] anhand einer Tabelle im Einzelnen dargestellt. Hieraus ergab sich für die Klägerin, auf deren Perspektive als Bescheidadressatin es bei der Auslegung maßgeblich ankommt ([X.]-Urteil in [X.], 1649), zweifelsfrei, dass der [X.]-"Topf" vollständig entleert und sein Inhalt in andere "Töpfe umgefüllt" worden war.

bb) Die von der Klägerin begehrte Aufhebung oder Änderung des Feststellungsbescheides vom 28. Februar 2003 scheidet aus, weil die Feststellungsfrist vor Eingang des [X.] vom 18. Mai 2010 bereits abgelaufen war (§ 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Die Beteiligten und das [X.] sind übereinstimmend und zutreffend davon ausgegangen, dass die Frist für die Feststellung der [X.] gemäß § 36 Abs. 7 [X.] 1999 am 31. Dezember 2006 abgelaufen ist (vgl. § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 169 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Nr. 1 [X.]). Mit dem Eintritt der Verjährung hat die Bestandskraft des Feststellungsbescheides ihre "stärkste Wirkung" erreicht (so von [X.] in [X.], [X.] § 172 Rz 9).

cc) Entgegen der Auffassung der Revision beseitigt die Regelung in § 181 Abs. 5 Satz 1 [X.] die Bestandskraft nicht. Denn sie führt nicht dazu, dass der Feststellungsbescheid vom 28. Februar 2003 --wieder-- gemäß § 164 Abs. 2 [X.] geändert werden kann.

(1) Gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1 [X.] kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden, solange der Vorbehalt der Nachprüfung wirksam ist. Nach § 164 Abs. 4 Satz 1 [X.] entfällt der Vorbehalt der Nachprüfung, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. Diese Vorschrift gilt gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 [X.] für die Feststellungsfrist sinngemäß ([X.]-Urteil vom 31. Oktober 2000 VIII R 14/00, [X.], 392, [X.] 2001, 156). Danach war der in dem Feststellungsbescheid vom 28. Februar 2003 enthaltene Vorbehalt der Nachprüfung mit Ablauf des 31. Dezember 2006 entfallen und nicht mehr wirksam.

(2) Ein "Wiederaufleben" des [X.] und der Änderungsmöglichkeit gemäß § 164 Abs. 2 [X.] bewirkt § 181 Abs. 5 Satz 1 [X.] nicht.

Nach der zuletzt genannten Vorschrift kann eine gesonderte Feststellung (hier: Feststellungsbescheid vom 28. Februar 2003) auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im [X.]punkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist (hier: Bescheid vom 6. Mai 2008 und [X.] vom 26. September 2008). Diese Vorschrift führt nach ihrem Wortlaut ("nach Ablauf der ... Feststellungsfrist") --anders als die in § 171 [X.] getroffenen [X.] nicht zu einer Ablaufhemmung der Festsetzungs- oder Feststellungsfrist, sondern ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen den Erlass eines Feststellungsbescheides mit eingeschränktem Regelungsgehalt, obwohl die Feststellungsfrist bereits abgelaufen ist. Es ist zwar allgemeine Meinung, dass § 181 Abs. 5 Satz 1 [X.] über seinen Wortlaut hinaus nicht nur für die erstmalige Feststellung, sondern seinem Sinn und Zweck nach auch für die Änderung und Berichtigung von Feststellungsbescheiden gilt (vgl. [X.]-Urteil vom 10. Dezember 1992 IV R 118/90, [X.], 336, [X.] 1994, 381). Das ändert aber nichts an dem Erfordernis, dass der Tatbestand einer Vorschrift erfüllt sein muss, die zu der Änderung oder Aufhebung berechtigt. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung und einhelliger Auffassung des Schrifttums können somit die gemäß §§ 172 ff. [X.] gebotenen Änderungen des Feststellungsbescheides trotz Ablaufs der Feststellungsfrist durchgeführt werden. Dagegen kann ein unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehender Feststellungsbescheid nach Ablauf der Feststellungsfrist wegen des damit verbundenen Wegfalls des Vorbehalts der Nachprüfung nicht mehr nach § 164 Abs. 2 [X.] geändert werden ([X.]-Urteile in [X.], 392, [X.] 2001, 156; vom 25. Februar 2009 IX R 24/08, [X.], 390, [X.] 2009, 587; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 181 [X.] Rz 14 und 114c; [X.] in Tipke/[X.], § 181 [X.] Rz 19; [X.]/Rüsken, [X.], 12. Aufl., § 164 Rz 52; [X.]/Ratschow, a.a.[X.], § 181 Rz 28; [X.] in [X.], [X.] § 181 Rz 27; [X.] in [X.]/ [X.], Praktikerkommentar [X.], § 164 Rz 41; wohl auch [X.], DStR 1990, 331, 333).

Der Senat schließt sich dem an. Er sieht keinen Anlass, von der zu einem vergleichbaren Sachverhalt ergangenen Entscheidung des [X.] in [X.], 392, [X.] 2001, 156 abzugehen. Er hält die dort gegebene Begründung für zutreffend, wonach weder aus dem Wortlaut des § 181 Abs. 5 Satz 1 [X.] noch aus dessen Entstehungsgeschichte hervorgeht, dass der Gesetzgeber mit dieser Regelung die Finanzbehörde bei einem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid davon hätte entbinden wollen, die ihrer Ansicht nach erforderliche Nachprüfung innerhalb der Feststellungsfrist durchführen zu müssen. Darüber hinaus gibt der Senat zu bedenken, dass bei einer auf Dauer angelegten Folge von Feststellungsverfahren (z.B. Bindung an jeweilige Vorjahresendbestände) die unter Nachprüfungsvorbehalt stehende Erstfeststellung auf unabsehbare [X.] nicht nur punktuell, sondern umfassend nach allen Seiten offen bliebe, was mit dem Zweck der Verjährungsvorschriften, Rechtsfrieden zu schaffen, kaum zu vereinbaren wäre und auch mit dem Gesichtspunkt, dass der gesonderten Feststellung gegenüber der Festsetzung eine rein dienende Funktion zukommt (dazu [X.]-Urteil in [X.], 392, [X.] 2001, 156), nur unzulänglich gerechtfertigt werden könnte. Mit dem [X.] ist der Senat schließlich der Meinung, dass es entgegen der Ansicht der Revision für die abstrakte Auslegung des § 181 Abs. 5 Satz 1 [X.] offensichtlich nicht darauf ankommen kann, ob die erstrebte Bescheidänderung gemäß § 164 Abs. 2 [X.] im Einzelfall zugunsten oder zulasten des Steuerpflichtigen wirkt; die Interessenlage der Beteiligten ist also rechtlich irrelevant.

c) Auch die Hilfsbegründung der Revision vermag deren Erfolg nicht herbeizuführen. Wie bereits angesprochen, hängt der [X.] nicht davon ab, in welchem Verhältnis die im Streitfall erlassenen Bescheide zueinander stehen und ob zu den verschiedenen Stichtagen das [X.] gesondert festzustellen oder lediglich zu ermitteln war. Selbst wenn, wie die Klägerin geltend macht, auf den Stichtag 31. Dezember 2006 (§ 37 Abs. 4 Satz 1 [X.] i.d.F. des [X.]) das ausschüttungsunabhängige [X.] erstmals festzustellen und der auf diesen Stichtag ergangene Bescheid vom 6. Mai 2008 dementsprechend zu ändern wäre, so stünden als denkbare materiell-rechtliche Grundlagen für die Ermittlung des Guthabens wiederum nur die zwei genannten Fassungen der § 36, § 37 Abs. 1 [X.] 1999/2002 n.F. zur Verfügung. Dass die --vorliegend allein [X.] mit einem verfassungsrechtlichen Makel (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]E 125, 1) behaftet ist, ändert nichts an ihrer Geltung im Streitfall. Soweit in der Literatur Gegenteiliges vertreten wird (z.B. [X.], JbFSt 2012/2013, 273, 281), beruht dies auf einem unzutreffenden Verständnis der Rechtsfolgen verfassungsgerichtlicher Entscheidungen. § 79 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das [X.] ([X.]G) bestimmt ausdrücklich, dass unanfechtbare Verwaltungsentscheidungen (hier: Feststellungsbescheid vom 28. Februar 2003), die auf einer verfassungswidrigen Norm beruhen (hier: § 36 Abs. 3 [X.] 1999), von der Nichtigkeitserklärung des [X.] unberührt bleiben. Der Konflikt zwischen der Einzelfallgerechtigkeit, die die Beseitigung des auf verfassungswidriger Grundlage beruhenden Hoheitsakts gebietet, und der Rechtssicherheit, die der Wiederaufrollung unanfechtbar abgeschlossener Verfahren entgegensteht, wird zugunsten Letzterer aufgelöst. Dem entsprechend hat das [X.] dem Gesetzgeber aufgegeben, eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Neuregelung im Interesse der Rechtssicherheit nur für die noch nicht bestandskräftig abgeschlossenen Verfahren zu treffen ([X.]-Beschluss in [X.]E 125, 1). Die Reaktion des Gesetzgebers war das [X.] 2010. Eine andere Entscheidung (Erstreckung der verfassungsgemäßen Neuregelung auf rechts- und bestandskräftig geregelte Sachverhalte) wäre ihm ohne Weiteres möglich gewesen (vgl. § 79 Abs. 2 Satz 1 [X.]G: "vorbehaltlich einer besonderen gesetzlichen Regelung"), von [X.] wegen war er hierzu aber nicht verpflichtet ([X.]-Beschluss vom 12. März 1996  1 BvR 609/90, 1 BvR 692/90, [X.] 94, 241, 266).

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

I R 46/13

11.11.2014

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, 21. Mai 2013, Az: 1 K 284/10, Urteil

§ 36 Abs 3 KStG 1999, § 36 Abs 7 KStG 1999, § 37 Abs 1 KStG 1999, § 34 Abs 13f KStG 2002, § 34 Abs 13g KStG 2002, § 164 Abs 2 AO, § 164 Abs 4 AO, § 179 Abs 3 AO, § 181 Abs 5 S 1 AO, § 79 Abs 2 S 1 BVerfGG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.11.2014, Az. I R 46/13 (REWIS RS 2014, 1460)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1460

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I R 84/12 (Bundesfinanzhof)

Erhöhung des Körperschaftsteuerguthabens aufgrund gesetzlicher Neuregelung im JStG 2010


I R 56/13 (Bundesfinanzhof)

Erhöhung des Körperschaftsteuerguthabens aufgrund gesetzlicher Neuregelung im JStG 2010


I E 9-12/15, I E 9/15, I E 10/15, I E 11/15, I E 12/15 (Bundesfinanzhof)

Streitwertbemessung betreffend Körperschaftsteuerguthaben


I R 65/05 (Bundesfinanzhof)

(Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung zur Umgliederung des vEK beim Übergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren - Wirkungsbereich …


I R 86/12 (Bundesfinanzhof)

(Aufgehobene Entscheidung I R 86/12 - Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung zur Umgliederung des vEK beim Übergang …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.