Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.04.2011, Az. 2 C 39/09

2. Senat | REWIS RS 2011, 7247

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Gegenstand

Ruhen der Versorgungsbezüge; Verwendungseinkommen aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst; Mitglied des Europäischen Rechnungshofs


Leitsatz

Mitglieder des Europäischen Rechnungshofs als eines Verfassungsorgans der Europäischen Union werden im Sinne der Ruhensvorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes im öffentlichen Dienst beschäftigt und beziehen Verwendungseinkommen (vgl. aber Urteil vom 22. Juli 1965 - BVerwG 2 C 22.64 - BVerwGE 22, 1 = Buchholz 232 § 158 BBG Nr. 11).

Tatbestand

1

Die 1942 geborene Klägerin stand bis zum Eintritt in den Ruhestand zum 6. Dezember 2005 als Präsidentin des [X.] im Dienst der [X.]. Aufgrund ihrer Ernennung zum Mitglied des [X.] war sie ab dem 1. Januar 2002 ohne Dienstbezüge beurlaubt.

2

Im Rahmen der Versorgungsfestsetzung wurde die gesamte Versorgung der Klägerin wegen der Einkünfte aus dem Amt als Mitglied des [X.] zum Ruhen gebracht. Ab dem 1. Januar 2008 erhielt sie aus diesem Amt ein Übergangsgeld, sodass ihr ab diesem Zeitpunkt der Mindestbelassungsbetrag in Höhe von 20 v.H. ihrer Versorgungsbezüge ausgezahlt wurde. Die hiergegen gerichteten Widersprüche, die die Klägerin damit begründete, dass ihre Mitgliedschaft beim [X.] als Tätigkeit in einem Amtsverhältnis nicht als Verwendung im öffentlichen Dienst gelte, blieben ebenso erfolglos wie das Klageverfahren.

3

Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Bezüge als Mitglied des [X.] und das Übergangsgeld seien auf die Versorgung der Klägerin anzurechnen, weil ihre Tätigkeit als Mitglied des [X.] eine Verwendung im öffentlichen Dienst im Sinne der Ruhensvorschriften des [X.] sei. Eine "Verwendung im öffentlichen Dienst" erfordere grundsätzlich ein Abhängigkeitsverhältnis, durch das der Versorgungsberechtigte dem Dienstherrn zu einer bestimmten Tätigkeit verpflichtet und mindestens hinsichtlich der Art und Weise seiner Tätigkeit den Weisungen des Dienstherrn unterworfen sei. "Im Dienst" einer Einrichtung stehe auch, wer ein Amt oder eine Organfunktion wahrnehme, ohne dabei konkret an Anweisungen einer übergeordneten Stelle gebunden zu sein. Nicht "im Dienst" stehe, wer für einen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn als selbstständiger Unternehmer tätig werde. Bei der erforderlichen Gesamtschau prägten die für eine unselbstständige Tätigkeit sprechenden Umstände das Rechtsverhältnis der Klägerin zum [X.] und zur Europäischen Gemeinschaft.

4

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Sprungrevision. Sie beantragt,

das Urteil des [X.] vom 16. Juni 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der [X.] der [X.] [X.] vom 25. Oktober 2007, der [X.] vom 28. Februar 2008 und des Widerspruchsbescheids dieser Behörde vom 6. Oktober 2008 zu verpflichten, das Ruhegehalt der Klägerin festzusetzen, ohne die Bezüge und das Übergangsgeld für die Tätigkeit als Mitglied des [X.] nach dem [X.] als Verwendungseinkommen anzurechnen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

Die Sprungrevision der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Tätigkeit der Klägerin als Mitglied des [X.] eine Verwendung im öffentlichen Dienst einer überstaatlichen Einrichtung darstellt. Deshalb ruhen die Versorgungsbezüge der Klägerin aus ihrem früheren Amt als Präsidentin des [X.] für die [X.] im aktiven Dienst beim [X.] gemäß § 53 Abs. 9 Satz 1 [X.] und für die [X.] des Erhalts einer Versorgung aus diesem Dienst in Gestalt von Übergangsgeld nach § 56 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 6 [X.]. Dabei ist gemäß § 4 Abs. 2 Halbs. 1 [X.] auf die Fassung des Beamtenversorgungsgesetzes vom 10. September 2003 ([X.]) abzustellen.

7

Die Klägerin ist Präsidentin des [X.] gewesen und aus diesem Amt mit Ablauf des 5. Dezember 2005 in den Ruhestand getreten. Die Rechtsstellung des Präsidenten des [X.] regeln § 3 Abs. 2 und § 5 Abs. 1 des Gesetzes über den [X.] ([X.]). Nach § 3 Abs. 2 Satz 4 [X.] i.V.m. § 85 [X.] in der bis zum 11. Februar 2009 geltenden Fassung gelten für die Versorgung der Klägerin die Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes für [X.] auf [X.] (vgl. Gesetzesbegründung BTDrucks 10/3204, Einzelbegründung zu § 3 [X.] ). Nach § 66 Abs. 1 [X.] sind insoweit die Vorschriften für die Beamten auf Lebenszeit entsprechend anwendbar, soweit im Beamtenversorgungsgesetz nichts anderes bestimmt ist.

8

Die [X.] bestimmen, in welchen Fällen und in welchem Umfang ein Teil der Versorgung nicht zur Auszahlung gelangt (vgl. grundlegend: Urteil vom 24. November 1966 - BVerwG 2 [X.] 119.64 - BVerwGE 25, 291 <293> = [X.] 232 § 87 [X.] Nr. 29, vgl. auch Urteile vom 27. Januar 2005 - BVerwG 2 [X.] 39.03 - [X.] 239.1 § 53 [X.] Nr. 13 und vom 13. November 2008 - BVerwG 2 [X.] 11.07 - [X.] 449.4 § 30 SVG Nr. 1 Rn. 15). Da die erdiente Versorgung dem Schutz des Art. 33 Abs. 5 GG unterliegt, bedarf es für die Anwendung der [X.] einer besonderen Begründung; dabei sind zwei [X.]räume zu unterscheiden:

9

Für den [X.]raum, in dem die Klägerin Bezüge im aktiven Dienst des [X.] erhielt ([X.] vom 6. Dezember 2005 bis zum 31. Dezember 2007), ist dem Grunde nach die [X.] des § 53 [X.] anwendbar. Diese Vorschrift regelt das Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen. Nach ihrem Abs. 9 Satz 1 gilt für [X.] auf [X.] bei dem Bezug von Verwendungseinkommen § 53 [X.] in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung (vom 16. Dezember 1994, [X.] 3858; im Folgenden: [X.] a.F.). Für den [X.]raum, in dem die Klägerin Übergangsgeld für die Tätigkeit beim [X.] erhalten hat ([X.] ab dem 1. Januar 2008), gilt § 56 [X.], der das Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Versorgung aus zwischenstaatlicher und überstaatlicher Verwendung regelt. Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 [X.] ruht das [X.] Ruhegehalt in Höhe des Betrages, um den die Summe aus der zwischen- oder überstaatlichen Versorgung und dem [X.]n Ruhegehalt die in Absatz 2 genannte Höchstgrenze übersteigt.

Nach diesen Vorschriften ruhen die Versorgungsbezüge der Klägerin aus ihrem Amt als Präsidentin des [X.], solange sie ein Verwendungseinkommen aus ihrer Tätigkeit als Mitglied des [X.] - laufende Besoldung bzw. Übergangsgeld - bezieht. Lediglich für den [X.]raum des Bezugs von Übergangsgeld steht ihr nach § 56 Abs. 6 Satz 2 [X.] der Mindestbelassungsbetrag von 20 v.H. zu.

Verwendungseinkommen ist nach § 53 Abs. 8 [X.] bzw. § 53 Abs. 5 [X.] a.F. jedes Erwerbseinkommen aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst. Dazu zählt auch jede Beschäftigung im Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung, an der eine öffentlich-rechtliche Körperschaft durch Zahlung von Beiträgen oder Zuschüssen oder in anderer Weise beteiligt ist. Die [X.] ist eine überstaatliche Einrichtung im Sinne der § 53 Abs. 8 [X.], § 53 Abs. 5 [X.] a.F., § 56 [X.] (vgl. Urteile vom 30. Juni 1966 - BVerwG 8 [X.] 8.65 - BVerwGE 24, 260 <263 f.> = [X.] 232. § 258 [X.] Nr. 14 S. 44 f. und vom 24. Februar 1972 - BVerwG 2 [X.] 32.70 - [X.] 232 § 160b [X.] Nr. 1 S. 3).

Die Tätigkeit der Klägerin als Mitglied des [X.] stellt eine derartige Verwendung dar. Die Mitglieder des [X.] stehen in einem besonderen Amtsverhältnis, das den [X.]n [X.] der Verfassungsorgane und ihrer Mitglieder ähnelt. [X.] wird als Oberbegriff sowohl für den besonderen rechtlichen Status von Verfassungsorganen und Mitgliedern derselben (wie Bundespräsident, Mitglieder der Bundes- oder einer Landesregierung, Mitglieder des [X.], Abgeordnete) als auch für sonstige "öffentlich-rechtliche Amtsverhältnisse anderer Ordnung" (wie den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, den [X.] und die Informationsfreiheit, den [X.] als Leitung der Stasiunterlagenbehörde, die Mitglieder des Vorstandes der [X.], den Vorstand der [X.]) gebraucht. Der [X.] ist durch den am 7. Februar 1992 unterzeichneten [X.] ausdrücklich in das Vertragskapitel über die förmlichen Organe aufgenommen und seinem Status nach in die Reihe der anderen förmlichen Organe der [X.] eingefügt worden (Art. 7 EGV a.F., Titel [X.], 13 [X.]). Status, Rechtsstellung und Aufgaben seiner Mitglieder werden in Art. 246, 247 Abs. 5, Art. 248 und 213 Abs. 2 EGV a.F. (jetzt Art. 285 bis 287 A[X.]) geregelt. Zudem unterscheidet das Recht der [X.] zwischen den Beschäftigten des [X.] einerseits (rund 800 Mitarbeiter) und seinen Mitgliedern andererseits. Für seine Beschäftigten gelten entweder das "Statut der Beamten der [X.]" oder die "Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der [X.]". Demgegenüber wird in der Verordnung 2290/77 des Rates über die Regelung der Amtsbezüge der Mitglieder des [X.] an mehreren Stellen unterschieden durch die Festlegung des Status der Beamten und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten einerseits und die ausdrückliche "sinngemäße" Anwendung "einer Reihe von Bestimmungen" des genannten Status auf die Mitglieder des [X.] andererseits (so außerdem in den Erwägungsgründen der Änderungsverordnung 1293/2004).

Zwar wird das öffentlich-rechtliche Amtsverhältnis vom öffentlichen Dienst im engeren Sinne abgegrenzt (vgl. [X.], [X.] und das Recht des öffentlichen Dienstes - Abschied vom [X.], [X.] 2008, 243 m.w.[X.]), auch unterliegen Amtsverhältnisse vielfach speziellen Regelungen, die sie insbesondere gegenüber Beamten privilegieren. Gleichwohl werden auch in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehende Amtsträger - seien es solche des [X.]n öffentlichen Rechts oder solche des [X.] Rechts - im Sinne der [X.] des Beamtenversorgungsgesetzes im öffentlichen Dienst beschäftigt und beziehen Verwendungseinkommen (vgl. aber Urteil vom 22. Juli 1965 - BVerwG 2 [X.] 22.64 - BVerwGE 22, 1 = [X.] 232 § 158 [X.] Nr. 11). Dies folgt aus Wortlaut, Sinn und Zweck der [X.] und ihrer Entstehungsgeschichte. Sofern Einkünfte und Versorgung aus [X.]n [X.] nicht den beamtenrechtlichen [X.] unterliegen, beruht dies allein darauf, dass die sie regelnden Vorschriften ein solches Ruhen ausschließen und denen des Beamtenrechts als speziellere Regelungen vorgehen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dadurch bedingte Einbeziehung von Einkünften und Versorgung aus internationalen [X.] bestehen nicht.

§ 53 Abs. 8 [X.] (bzw. § 53 Abs. 5 [X.] a.F.) hat einen für die Anwendung der Ruhensregelungen eigenständigen Begriff des öffentlichen Dienstes festgelegt. Dies beruht darauf, dass es keine allgemeingültige, abschließende und verbindliche Bestimmung und Abgrenzung des Begriffs "öffentlicher Dienst" gibt. Der Begriff "öffentlicher Dienst" wird im geltenden Recht nicht als einheitlicher Begriff gebraucht. Was unter öffentlichem Dienst im Sinne der jeweiligen gesetzlichen Regelung zu verstehen ist, erschließt sich aus der ratio der entsprechenden Gesetzesvorschriften und den Rechtszusammenhängen, in die das jeweilige Rechtsgebiet eingebettet ist, einschließlich der dazugehörigen historischen Zusammenhänge (vgl. [X.], Beschluss vom 25. November 1980 - 2 BvL 7/76 u.a. - [X.]E 55, 207 <227 f.>). Der Begriff "öffentlicher Dienst" geht weiter als der Begriff "der Tätigkeit im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn", wie er etwa in § 10 [X.] oder in § 29 [X.] verwendet wird.

Unter Verwendung wird herkömmlich jede Art von Beschäftigung im öffentlichen Dienst verstanden, die in einem Abhängigkeitsverhältnis zu einer der in § 53 Abs. 8 [X.] genannten Einrichtungen ausgeübt wird (vgl. grundlegend: Urteil vom 22. Juli 1965 a.a.[X.]). Die Forderung nach einem Abhängigkeitsverhältnis dient allein der Abgrenzung der Beschäftigung im öffentlichen Dienst von einer selbstständigen Tätigkeit für eine öffentliche Einrichtung, etwas als privater Unternehmer (vgl. Urteil vom 20. Juni 1985 - BVerwG 2 [X.] 101.81 - [X.] 235 § 28 Nr. 9 S. 16). Es liegt vor, wenn der Versorgungsberechtigte dem Dienstherrn zu einer bestimmten Tätigkeit verpflichtet und mindestens hinsichtlich der Art und Weise seiner Tätigkeit den Weisungen des Dienstherrn unterworfen ist, etwa als Beamter, Tarifbeschäftigter, in einem anderen privatrechtlichen Dienstverhältnis (etwa als Musterungsarzt , angestellter Versicherungsvermittler bei einer öffentlich-rechtlichen Versicherung ) oder zu Ausbildungszwecken (Beschluss vom 3. August 1978 - BVerwG 6 B 27.78 - [X.] 237.7 § 168 Nr. 3). Es ist insbesondere dann immer gegeben, wenn Disziplinargewalt besteht (zum Ganzen: Urteile vom 22. Juli 1965 a.a.[X.], vom 7. Februar 1968 - BVerwG 6 [X.] 57.65 - BVerwGE 29, 118 <120> und vom 7. Januar 1980 - BVerwG 6 [X.] 110.78 - [X.] 235 § 28 Nr. 2).

Auch die Tätigkeit als [X.] ist trotz der persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) eine "Verwendung im öffentlichen Dienst". Dies zeigt, dass das Abhängigkeitsverhältnis und die mit ihm verbundene Weisungsgebundenheit zwar ein Indiz, aber kein essentielles Merkmal der Verwendung ist. Deshalb ist eine Weisungsgebundenheit in einem umfassenden, engen Sinn nicht erforderlich. Jede Definition der Beschäftigung im öffentlichen Dienst dient allein der Abgrenzung von der selbstständigen Tätigkeit für die öffentliche Hand, z.B. als Gutachter oder Prozessvertreter. "Im Dienst" einer Einrichtung steht auch, wer ein Amt oder eine Organfunktion wahrnimmt, ohne dabei an Anweisungen einer übergeordneten Stelle gebunden zu sein. Dies gilt nicht nur für [X.] und [X.] auf [X.] (wie Bürgermeister). [X.] Kriterium ist die Eingliederung in die Organisationsstruktur einer Einrichtung im Sinne der Sätze 2 und 3 von § 53 Abs. 8 [X.] bzw. der Sätze 1 und 2 von § 53 Abs. 5 [X.] a.F., nach der dem Beschäftigten ein abgrenzbarer Aufgaben- bzw. Zuständigkeitsbereich nicht nur einzelfall- oder projektbezogen zugewiesen ist. In eine Organisationsstruktur eingegliedert ist auch, wer an ihre Spitze gestellt ist und im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Zuständigkeiten die Organisation nach Maßgabe eigenverantwortlicher politischer Richtungsentscheidungen (mit)leitet. Deshalb werden auch in herausgehobener Stellung und Funktion tätige Mitglieder von Verfassungsorganen im öffentlichen Dienst verwendet.

Dieses Begriffsverständnis entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschriften. Sofern [X.] Verwendungseinkommen - seien es solche aus aktiver Beschäftigung oder als Ruhebezüge - erfassen, beruhen sie auf dem Gedanken der Vermeidung einer Doppelalimentation unter dem Gesichtspunkt der Einheit der öffentlichen Kassen: Der Dienstherr kann sich von der ihm nach Art. 33 Abs. 5 GG obliegenden Alimentationspflicht dadurch entlasten, dass er den Versorgungsberechtigten auf andere Einkünfte aus öffentlichen Kassen verweist, sofern diese ebenfalls der Existenzsicherung des Versorgungsberechtigten und seiner Familie zu dienen bestimmt sind (vgl. zuletzt zu diesem Gedanken: Urteil vom 21. September 2006 - BVerwG 2 [X.] 22.05 - [X.] 239.1 § 53 [X.] Nr. 15 Rn. 17 m.w.[X.] insbes. zur [X.]pr. des [X.]). Dieser Gedanke liegt gleichermaßen den [X.] des § 53 Abs. 8 Satz 3 [X.] bzw. § 53 Abs. 5 Satz 2 [X.] a.F. und § 56 [X.] zugrunde, die Einkünfte aus einer internationalen Verwendung erfassen (vgl. zu § 56 [X.]: Urteile vom 24. Februar 1972 - BVerwG 2 [X.] 32.70 - [X.] 232 § 160b [X.] Nr. 1 S. 3, vom 12. März 1980 - BVerwG 6 [X.] 14.78 - [X.] 232.5 § 56 Nr. 2 S. 4 und vom 29. Oktober 1992 - BVerwG 2 [X.] 19.90 - [X.] 239.1 § 56 Nr. 5 S. 3; vgl. allgemein zu § 53 Abs. 9 [X.]: Urteile vom 1. September 2005 - BVerwG 2 [X.] 15.04 - BVerwGE 124, 178 <179 ff.> = [X.] 239.1 § 53 [X.] Nr. 14 = juris Rn. 18 ff.; [X.], Beschluss vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - [X.]E 76, 256 <297 ff.>).

Dieser Zweck der Vermeidung einer Doppelalimentation würde unterlaufen, wollte man die Amtsverhältnisse ausnehmen, für die eine Vergütung zumindest mittelbar aus [X.]n öffentliche Kassen gezahlt wird. Für die internationalen Amtsverhältnisse kommt hinzu, dass der Beamte mit der Übernahme in den Dienst der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung nicht aus seinem [X.]n Beamtenverhältnis ausscheidet; vielmehr wird er (ohne Bezüge) beurlaubt, und seine Anwartschaft auf seine Versorgung aus dem [X.]n Beamtenverhältnis bleibt bestehen. Darüber hinaus verbessert er seine Anwartschaft auf die [X.] Versorgung, weil die [X.] bei der internationalen Einrichtung als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt wird (vgl. § 6 Abs. 3 Nr. 4, § 7 Satz 1 Nr. 2, § 11 Nr. 2 [X.]; Urteil vom 24. Februar 1972 - BVerwG 2 [X.] 32.70 - [X.] 232 § 160b [X.] Nr. 1 S. 4).

Da die Tätigkeit sowohl bei der internationalen als auch bei der nationalen Versorgung berücksichtigt wird, soll durch das Ruhen nach § 56 [X.] verhindert werden, dass dem Versorgungsempfänger für dieselbe [X.] zweimal Versorgung aus [X.]n öffentlichen Kassen gezahlt wird, sofern diese auch zu den internationalen Kassen Beiträge zahlen (vgl. [X.] S. 7 <"nur eine Versorgung für ein Arbeitsleben"> und Urteile vom 24. Februar 1972 - BVerwG 2 [X.] 32.70 - [X.] 232 § 160b [X.] Nr. 1 S. 4, vom 12. März 1980 - BVerwG 6 [X.] 14.78 - [X.] 232.5 § 56 Nr. 2 [X.] m.w.[X.], vom 29. Oktober 1992 - BVerwG 2 [X.] 19.90 - [X.] 239.1 § 56 Nr. 5 S. 3 und vom 21. September 2000 - BVerwG 2 [X.] 28.99 - [X.] 239.2 § 55b Nr. 1 S. 2). Dies gilt selbst dann, wenn der Beamte die für die Höchstversorgung erforderliche ruhegehaltfähige Dienstzeit auch ohne Berücksichtigung der internationalen Dienstzeit erreicht hat, weil auch dann der Gedanke der Einheit der öffentlichen Kassen durchgreift.

Dieses auch Einkünfte oder Versorgung aus [X.] umfassende Begriffsverständnis des Verwendungseinkommens wird durch die Entstehungsgeschichte der [X.] bestätigt. Die in § 56 [X.] enthaltene Formulierung der "Versorgung aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung" fand sich schon in der Vorgängernorm des § 160b [X.] a.F. Der Gesetzgeber ging ausweislich der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf ([X.] S. 8 sowie schriftlicher Bericht des [X.], BTDrucks V/2807 S. 2) davon aus, dass "Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung auch die Tätigkeit als nichteingestufter Bediensteter einer internationalen Organisation (z.B. als Generalsekretär), als [X.] bei einem internationalen Gericht und als Kommissionsmitglied bei den [X.]" sei. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber von einem einheitlichen Begriff der Verwendung einerseits im (nationalen) [X.]n öffentlichen Dienst (§ 158 [X.] a.F.) andererseits im internationalen öffentlichen Dienst (§ 160b [X.] a.F.) ausgegangen ist, der auch Amtsverhältnisse umfasst. Nichts anderes gilt für § 53 Abs. 8 [X.] (bzw. § 53 Abs. 5 [X.] a.F.).

Aus der historischen Entwicklung der Amtsverhältnisse lässt sich ebenfalls nichts Gegenteiliges herleiten. Unter öffentlichem Dienst wurde stets der Dienst als Beamter oder [X.] angesehen, wobei im traditionsbildenden [X.]raum hierunter der Begriff des Beamten weit verstanden wurde. Ursprünglich waren auch der Reichskanzler und andere Verfassungsorgane Beamte, wenn auch für sie teilweise abweichende Regelungen galten (vgl. Reichsbeamtengesetz vom 31. März 1873, [X.]). [X.] waren seinerzeit (richterliche) Beamte (Gerichtsräte, eingereiht in die Beamtengesetze und Beamtenbesoldung; die [X.]besoldung wurde erst 1975 durch das [X.] vom 23. Mai 1975 - [X.] 1173 - eingeführt, die Herausnahme der [X.] aus der Beamtenhierarchie geschah durch die Schaffung des Deutschen [X.]gesetzes vom 8. September 1961- [X.] 1665 -). Öffentlicher Dienst war aber auch der Dienst als Arbeiter und Angestellter des Reichs oder der Länder. Im Rahmen der [X.] wurde zunächst nur eine Anrechnung bei einer Reaktivierung als Beamter durch Anrechnung des neuen [X.] vorgenommen (vgl. Reichsbeamtengesetz vom 13. März 1873, insbes. § 57 Nr. 2), später kam jede Verwendung, also auch die als Arbeiter oder Angestellter im öffentlichen Dienst, hinzu (Dritte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 6. Oktober 1931, [X.] (Kapitel [X.] Art.1). Durch das Reichsministergesetz von 1930 wurden die Minister aus dem Beamtenrecht herausgenommen und ihre Rechtsverhältnisse unter Berücksichtigung ihrer staatsrechtlichen Stellung als vom Vertrauen des [X.] abhängiger politischer Faktoren geregelt. Das durch die Verleihung des [X.] begründete öffentlich-rechtliche Verhältnis wurde als Amtsverhältnis eigener Art gestaltet, dessen Rechte, Pflichten und Grenzen im Gesetz festgelegt waren. Eine Anwendung beamtenrechtlicher Vorschriften war nur noch insoweit zulässig, als das Gesetz es ausdrücklich bestimmte.

In der [X.] nach Inkrafttreten des Grundgesetzes unterschieden Spezialvorschriften, wie etwa das Bundesministergesetz (vom 17. Juni 1953, [X.] 407, § 20 [X.], bis heute insoweit unverändert), zwischen Einkünften aus einem Dienstverhältnis als Beamter oder [X.] und solchen aus einem Amtsverhältnis, indem beide Begriffe nebeneinander genannt wurden. Sofern dies noch nicht geschehen war, hat der Gesetzgeber in der Folgezeit in den Fällen, in denen die aus (anderen) besonderen [X.] fließende Einkünfte auf Bezüge angerechnet werden sollen, entsprechende klarstellende Zusätze in die jeweiligen spezialgesetzlichen Regelungen der Amtsverhältnisse aufgenommen, so in § 29 [X.]. Wegen des abschließenden [X.]harakters der Regelungen über die besonderen Amtsverhältnisse (vgl. etwa die Gesetzesbegründung vom 30. Juni 1952 für das Bundesministergesetz vom 17. Juni 1953, [X.] 407) enthalten die jeweiligen Vorschriften, die die Bezüge oder die Versorgung der besonderen Amtsträger regeln, ihrerseits eigene Anrechnungsvorschriften (so etwa §§ 19, 20 [X.] , § 7 [X.], § 18 Abs. 2 [X.], § 3 des Gesetzes über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten, § 29 [X.] § 29 [X.]>, § 102 [X.]G oder die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften sowie die Vorschriften im Statut für das Europ. [X.] ). Zur Begründung einer generellen Herausnahme der Einkünfte aus [X.] in den [X.] des [X.] kann daher nicht auf die Spezialregelungen der einzelnen Amtsverhältnisse verwiesen werden (so aber Urteil vom 22. Juli 1965 a.a.[X.] <4>).

Demgegenüber blieb konsequenterweise die Definition des Verwendungseinkommens im Beamtenversorgungsrecht vom Wortlaut her unverändert und wurde auch nicht um Einkünfte aus besonderen ([X.]n) [X.] ergänzt (vgl. § 127 Abs. 4 DBG, Bekanntmachung vom 30. Juni 1950, [X.] 279; § 158 Abs. 5 [X.] vom 14. Juni 1953, [X.] 551). Daran änderte sich auch nichts bei der Schaffung der Vorgängernorm zu § 56 [X.] (§ 160b [X.] a.F.).

Da es auf [X.] - außer teilweise für die Mitglieder des [X.]n [X.] - keine solchen Regelungen gibt, die der [X.] Gesetzgeber aufgrund der Vielfältigkeit der nationalen Regelungen den nationalen Gesetzgebern überlassen hat (vgl. Urteile vom 24. Februar 1972 - BVerwG 2 [X.] 32.70 - [X.] 232 § 160b Nr. 1 S. 3, vom 12. März 1980 - BVerwG 6 [X.] 14.78 - [X.] 232.5 § 56 Nr. 2 und vom 22. Februar 1996 - BVerwG 2 [X.] 14.95 - [X.] 240 § 8 Nr. 9; vgl. auch [X.], Urteile vom 14. September 1995 - [X.]. [X.]-396/93 P - Slg. 1995, [X.] und vom 16. Dezember 2004 - [X.]. [X.]-293/03 - Slg. 2004, [X.]), greifen bei Einkünften aus internationaler Verwendung mangels Spezialvorschriften die allgemeinen [X.] des Beamtenversorgungsgesetzes. Anderenfalls bestünden gegen eine Herausnahme der Amtsverhältnisse aus den [X.] erhebliche Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz (vgl. für die [X.]: [X.], Urteil vom 5. November 1975 - 2 BvR 193/74 - [X.]E 40, 296 <329 f.>). Zwar können die statusrechtlichen Unterschiede zwischen Beamten und Bundesministern, zumindest seit dem Inkrafttreten des [X.] 1971 (vgl. [X.], Beschluss vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - [X.]E 76, 256 <344 f.>) eine Ungleichbehandlung und Privilegierung der besondern Amtsverhältnisse bei deren Ruhensregelungen gegenüber den Beamten rechtfertigen, sie gebieten sie jedoch nicht (vgl. ebenso: Urteil vom 28. Juli 1989 - BVerwG 7 [X.] 91.87 - [X.] 120 Recht der Abgeordneten Nr. 6). Würde man Amtsverhältnisse generell von den beamtenrechtlichen [X.] ausnehmen, würde dies einzig zu einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Privilegierung der [X.] Amtsverhältnisse führen. Denn solange es keine Ruhensregelungen auf [X.] gibt, die ein Auszahlungshindernis bezüglich der [X.] Einkünfte im Falle der Doppelalimentation vorsehen, käme es dann sogar zu einer anrechnungslosen Dreifach-Kumulation [X.] und [X.]r Bezüge, weil sich die Höhe der [X.]n Versorgung unter Einbeziehung der [X.]en [X.] Verwendung errechnet.

Die Einbeziehung von Einkünften aus internationaler Verwendung einschließlich derjenigen aus den internationalen [X.] in die [X.] des [X.] verstößt nicht gegen verfassungsrechtliche Grundsätze. Es gibt diesbezüglichen keinen - entgegenstehenden - hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums, weil internationale Verwendungen erst in der [X.] nach Inkrafttreten des Grundgesetzes aufgetreten sind (Urteil vom 24. Februar 1972 - BVerwG 2 [X.] 32.70 - [X.] 232 § 160b [X.] Nr. 1 S. 5). Die Ruhensregelungen verstoßen aber auch nicht gegen status- und versorgungsrechtliche Vorschriften der [X.] bzw. der [X.] und unterliegen auch im Hinblick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil die zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einkünfte oder Versorgung von der Ruhensberechnung unberührt bleiben; nur die Versorgung aus dem [X.]n Beamtenverhältnis unterliegt dem Ruhen nach § 53 und § 56 [X.] (vgl. Urteile vom 24. Februar 1972 - BVerwG 2 [X.] 32.70 - a.a.[X.] <3 ff.>, vom 12. März 1980 - BVerwG 6 [X.] 14.78 - [X.] 232.5 § 56 Nr. 2 und vom 22. Februar 1996 - BVerwG 2 [X.] 14.95 - [X.] 240 § 8 Nr. 9; vgl. auch [X.], Urteile vom 14. September 1995 - [X.]. [X.]-396/93 P - a.a.[X.] und vom 16. Dezember 2004 - [X.]. [X.]-293/03 - a.a.[X.]).

Meta

2 C 39/09

28.04.2011

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend VG Koblenz, 16. Juni 2009, Az: 2 K 1271/08, Urteil

§ 53 BeamtVG, § 56 BeamtVG, § 66 Abs 1 BeamtVG, § 3 Abs 2 BRHG, § 5 Abs 1 BRHG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.04.2011, Az. 2 C 39/09 (REWIS RS 2011, 7247)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7247

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 ZB 13.2116, 3 ZB 13.2117 (VGH München)

Anrechnung von Verwendungseinkommen aus zwischenstaatlichen Einrichtungen


2 C 1/11 (Bundesverwaltungsgericht)

Wahlbeamter; Zusammentreffen von Versorgungsbezügen und Verwendungseinkommen; Abzug der Werbungskosten


Referenzen
Wird zitiert von

B 5 R 49/21 R

3 ZB 13.2116, 3 ZB 13.2117

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