Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.07.2010, Az. 29 W (pat) 102/10

29. Senat | REWIS RS 2010, 4593

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V." – Zusammensetzung aus Vereinsname, geografischem Wirkungsfeld und Sachgebiet - Freihaltungsbedürfnis – Zulassung der Rechtsbeschwerde   


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 306 41 895.9

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juli 2010 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] Kortbein und die Richterin Kortge

beschlossen:

[X.] Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

I[X.] Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

2

Institut der Nord[X.] Wirtschaft e.V.

3

ist am 5. Juli 2006 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 16: [X.] jedweder Art, insbesondere Zeitschriften, Zeitungen, Magazine, Kataloge; Bücher;

5

Klasse 35: Betriebswirtschaftliche Beratung, Organisationsberatung, Personalmanagementberatung, Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Erstellen von [X.]; Marketing, Marktforschung; Meinungsforschung; Erstellen von Wirtschaftsprognosen; Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); Herausgabe von Statistiken; Erteilung von Auskünften in Handels- und Geschäftsangelegenheiten; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Personal-/Stellenvermittlung, Personalanwerbung; Herausgabe von Werbetexten, Vermarktung und Vermietung von Werbezeiten und Werbeflächen im [X.], Dateiverwaltung mittels Computer, Zusammenstellen von Daten in [X.];

6

Klasse 36: Finanzielle Beratung, Investitionsberatung, Finanzanalysen, [X.], Vermögensmanagement für Dritte.

7

Mit Beschlüssen vom 4. Juni 2008 und 19. August 2009, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass sich das Anmeldezeichen [X.] aus den Wörtern der [X.] Alltagssprache "Institut" und "Wirtschaft", der geografischen Angabe "Nord[X.]" sowie dem [X.] "[X.]" zusammensetze. Dabei bezeichne das Wort "Institut" eine der wissenschaftlichen Arbeit, der Forschung oder der Erziehung dienende Einrichtung oder auch eine kulturelle, künstlerische oder wirtschaftliche Organisation, so dass die angesprochenen Verkehrskreise die [X.] als Sachhinweis darauf verstünden, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen von einer Einrichtung in der Rechtsform eines Vereins angeboten, erbracht oder benötigt würden, die sich im nord[X.] Raum befinde und mit Produktion und Konsum von Wirtschaftsgütern befasse oder aus nord[X.] Wirtschaftsvertretern zusammensetze. Sie könne [X.] herausgeben, betriebswirtschaftliche Beratung erteilen, Statistiken erstellen, Daten in [X.] zusammenstellen usw.. Einen Eintragungsanspruch könne der Anmelder auch nicht aus den von ihm genannten, vermeintlich vergleichbaren Voreintragungen herleiten. Teilweise seien diese gelöscht, für andere Waren eingetragen, ohne eindeutig beschreibenden Charakter oder nach den Regelungen des überholten Warenzeichengesetzes eingetragen worden. Im Übrigen hätten mehrere vergleichbar gebildete Anmeldungen nicht zu einer Eintragung geführt.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er beantragt,

9

die Beschlüsse des [X.]es vom 4. Juni 2008 und 19. August 2009 aufzuheben.

Er regt im Hinblick auf die Entscheidung des 27. Senats des [X.] vom 18. November 2009 (27 W (pat) 139/09, [X.], 342 f. - [X.]) die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Er weist zudem darauf hin, dass sein Institut seit 1952 bestehe und in [X.] bekannt sei, ohne Verkehrsdurchsetzung in Anspruch zu nehmen. Ferner seien im Bereich der Klassen 16, 35 und 36 insgesamt 892 vergleichbare [X.] Marken im Register eingetragen. Im Verfahren vor dem [X.] hat er die Ansicht vertreten, sowohl die Bestandteile des [X.] als auch die Summe aus ihnen seien mehrdeutig und interpretationsbedürftig, weshalb Unterscheidungskraft gegeben sei. Der Begriff "Institut" werde auch für eine althergebrachte Einrichtung des materiellen oder formellen Rechts, also für ein Rechtsinstitut, verwendet. Die geografische Bezeichnung "Nord[X.]" sei nicht objektiv definierbar und vom Standpunkt des Betrachters abhängig. "Wirtschaft" bedeute u. a. auch Haushalt, Hauswirtschaft, kleiner privater landwirtschaftlicher Betrieb, Gaststätte mit Ausschank von Getränken und Speisen, sachgemäßes, [X.] Umgehen mit gegebenen (finanziellen) Mitteln sowie in der Umgangssprache Unordnung/Durcheinander oder Mühe/Schererei. Bei der [X.] bleibe daher völlig unklar, um was für ein Institut es sich handele und auf welchen genauen geografischen Raum sich die Wirtschaft beziehe. Aufgrund der Unklarheit der angemeldeten Bezeichnung seien Wettbewerber auch nicht auf deren Verwendung angewiesen. Der Anmelder hat mit Hinweis auf … vermeintlich vergleichbare Eintragungen seine Ungleichbehandlung gerügt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Seiten 8 und 9 seines Schriftsatzes vom 22. Oktober 2007 ([X.]. 24 f. VA) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge "Institut der Nord[X.] Wirtschaft [X.]" als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 [X.] steht hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis des Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Bezeichnung daher zu Recht die Eintragung versagt.

a) Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind solche Marken nicht schutzfähig, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. [X.] GRUR 1999, 723, 725 Rdnr. 25 - [X.]; [X.], 680, 681 Rdnr. 35, 36 - [X.]; [X.], 503 Rdnr. 22, 23 -ADIDAS II). Als beschreibend im Sinne dieser Vorschrift können dabei auch sprachliche Neuschöpfungen angesehen werden, die aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzt sind, wenn für die Neuschöpfung selbst in ihrer Gesamtheit ein beschreibender Charakter feststellbar ist ([X.] a. a. [X.]. 37 - [X.]). Ferner erfordert das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht, dass die fraglichen Zeichen oder Angaben bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen der angemeldeten Art verwendet werden, vielmehr genügt, dass sie zu diesen Zwecken verwendet werden können ([X.] [X.], 146, 147 Rdnr. 32 - [X.]; a. a. [X.]. 38 - [X.]). Dies ist bei einem Wortzeichen dann der Fall, wenn es - in üblicher Sprachform und für die beteiligten Verkehrskreise verständlich - ein Merkmal der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet ([X.] a. a. [X.]. 32 -[X.]; a. a. [X.]. 38, 39 - [X.]). Bei der Beurteilung der Eintragungsfähigkeit ist immer auf das Verständnis eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der angesprochenen Verkehrskreise abzustellen ([X.] [X.], 943, 944 Rdnr. 24 - [X.] 2; [X.], 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.] [X.] [X.], 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006).

b) Ausgehend von diesen Vorgaben ist die angemeldete Wortfolge für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs, bei dem es sich nicht nur um das allgemeine Publikum, sondern auch um Kreise mit besonderen Fachkenntnissen handelt, beschreibend.

Die angemeldete Marke setzt sich [X.] aus Wörtern der [X.] Alltagssprache, nämlich den Substantiven "Institut" und "Wirtschaft", der [X.], geografischen Angabe "Nord[X.]" sowie dem [X.] "[X.]" zusammen.

aa) Der Begriff "Institut", der der [X.] entstammt (instituere = einrichten, errichten), kann eine Lehr- oder Forschungseinrichtung - oft Teil einer Hochschule oder Akademie - oder eine kulturelle, künstlerische oder wirtschaftliche Organisation bezeichnen. Das Gebäude, in welchem ein Institut untergebracht ist, wird ebenfalls "Institut" genannt. Ihm kommt aber auch die Bedeutung einer durch gesetzlich verankertes Recht geschaffenen Einrichtung, also eines Rechtsinstituts, zu ([X.] - [X.], 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]; http://de.wikipedia.org/wiki/Institut).

bb) Unter dem Begriff "Wirtschaft" versteht man die Gesamtheit der Einrichtungen und Maßnahmen, die sich auf Produktion und Konsum von Wirtschaftsgütern beziehen. Er bedeutet aber auch Gaststätte, kleiner landwirtschaftlicher Betrieb, Haushalt, Hauswirtschaft oder in der Umgangssprache un-ordentliche Art bzw. Arbeitsweise ([X.] - [X.], a. a. O.).

cc) Bei dem [X.] "Nord[X.]" handelt es sich um eine geografische Herkunftsangabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] und bedeutet "zu Norddeutschland gehörend", "aus Norddeutschland stammend" oder "für Norddeutschland charakteristisch" ([X.] - [X.], a. a. O.). Der Begriff "Norddeutschland" beschreibt ein geografisch nicht exakt definiertes Gebiet innerhalb der [X.], das sich vor allem auf die Regionen nördlich der [X.] erstreckt, in denen historisch nieder[X.] Dialekte gesprochen werden bzw. das aus den nördlichen Bundesländern oder Regionen [X.] gebildet wird (Nord[X.] Tiefebene). Als nord[X.] Bundesländer gelten diejenigen, welche an der Küste der [X.] und/oder der [X.] liegen bzw. über einen Seehafen verfügen. Dazu gehören [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.]. Zu den Nord[X.] Regionen werden auch [X.] als Teil Nordrhein-[X.]s, die [X.] und der [X.] in [X.] sowie das nördliche [X.] mit u. a. der [X.] und der [X.] gezählt (http://de.wikipedia.org/wiki/Norddeutschland).

dd) Der [X.] "[X.]" steht als Abkürzung für die Rechtsform des "eingetragenen Vereins" als juristischer Person des Privatrechts (www.abkuerzungen.de).

Auch die - bei Zeichen, die aus mehreren Worten oder Wortbestandteilen zusammengefügt sind - vorzunehmende Gesamtbetrachtung ([X.] a. a. [X.]. 28 - [X.] 2; a. a. [X.]. 96 - Postkantoor; [X.] a. a. [X.]. 13 - [X.]) führt vorliegend nicht zu einem Bedeutungsgehalt, der über die Summe der Einzelbestandteile der Wortfolge hinausgehen würde.

Dem Begriff "Institut" werden häufig mehrere Wörter vor- und/oder nachgestellt, welche das Themengebiet und/oder das Einzugsgebiet und/oder den Sitz eines solchen Instituts und/oder die Rechtsform näher präzisieren, wie eine [X.]recherche des Amtes gezeigt hat ("Institut der [X.] Wirtschaft Köln", "[X.] GmbH", [X.] u. [X.] zum Beschluss vom 4. Juni 2008, [X.]. 39 f. VA; "[X.]", "Süd[X.]s Institut für nachhaltiges Wirtschaften und Oeko-Logistik GmbH", "[X.] ([X.])", Anlagen zum Beschluss vom 19. August 2009, [X.]. 82 - 84 VA).

Die angesprochenen Verkehrskreise werden das [X.] "Institut der Nord[X.] Wirtschaft [X.]", bei dem es sich um den Namen der Einrichtung eines eingetragenen Vereins handelt, dem Einzugsgebiet seiner Mitglieder sowie dessen Betätigungsfeld zusammensetzt, lediglich als beschreibende Angabe einer juristischen Person des Privatrechts verstehen, welche in einer bestimmten oder für eine bestimmte Region die angemeldeten Waren und Dienstleistungen für seine Mitglieder bereitstellt oder benötigt. Damit erschöpft sich die angemeldete Wortfolge in der beschreibenden Angabe des Erbringers, Anbieters oder Adressaten sowie der Bezeichnung des Gegenstands, Inhalts oder der Bestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen.

Die in Klasse 16 angemeldeten Waren "[X.] jedweder Art, insbesondere Zeitschriften, Zeitungen, Magazine, Kataloge; Bücher" können von einem "Institut der Nord[X.] Wirtschaft [X.]" herausgegeben werden und/oder sich inhaltlich mit dessen Tätigkeitsbereich, also mit den nord[X.] Raum betreffenden wirtschaftlichen Themen und Fragestellungen, befassen.

Die in Klasse 35 angemeldeten Dienstleistungen "betriebswirtschaftliche Beratung, Organisationsberatung, Personalmanagementberatung, Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Erstellen von [X.]; Marketing, Marktforschung; Meinungsforschung; Erstellen von Wirtschaftsprognosen; Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); Herausgabe von Statistiken; Erteilung von Auskünften in Handels- und Geschäftsangelegenheiten; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Personal-/Stellenvermittlung, Personalanwerbung; Herausgabe von Werbetexten, Vermarktung und Vermietung von Werbezeiten und Werbeflächen im [X.], Dateiverwaltung mittels Computer, Zusammenstellen von Daten in [X.]" können von einem solchen Institut erbracht werden und sind dazu bestimmt, über den nord[X.] Raum betreffende Wirtschaftsfragen zu informieren oder Mitgliedern im nord[X.] Raum Hilfestellung bei wirtschaftlichen Fragestellungen zu leisten. Dazu gehören auch finanzielle Beratung, Investitionsberatung, Finanzanalysen, [X.] sowie Vermögensmanagement für Dritte, also sämtliche in Klasse 36 beanspruchten Dienstleistungen.

Da der Sinngehalt einer Marke ausschließlich in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen ist, ist es entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers unerheblich, dass sowohl der Begriff "Institut" als auch das Wort "Wirtschaft" mehrere mögliche Bedeutungen haben. Denn im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen kann "Institut" nur Einrichtung oder Organisation bedeuten, und "Wirtschaft" nur im Sinne aller Tätigkeiten zur planvollen Deckung des menschlichen Bedarfs an Gütern verstanden werden.

c) Der Annahme einer beschreibenden Angabe steht auch nicht entgegen, dass die angemeldete Wortfolge eine gewisse Unbestimmtheit dahingehend aufweist, welches konkrete geografische Wirkungsfeld das Institut hat und mit welchen konkreten Fragestellungen im Wirtschaftssektor es sich befasst oder welche konkreten Aufgaben es darin erfüllt. Denn eine beschreibende Benutzung als Sachangabe für die Waren und Dienstleistungen setzt nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff kann auch auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen hat oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt ([X.] [X.], 900, 901 Rdnr. 15 - [X.]; [X.], 882 f. - Bücher für eine bessere Welt).

2. Dem vom Anmelder vorgetragenen Umstand, dass sein Institut schon seit 1952 bestehe und in [X.] bekannt sei, könnte nur im Rahmen einer Verkehrsdurchsetzung Bedeutung erlangen, für die aber die erforderlichen Voraussetzungen fehlen und die auch nicht geltend gemacht wird.

3. a) Soweit sich der Beschwerdeführer im Amtsverfahren auf … Voreintragungen berufen hat, sind diese entweder bereits wieder gelöscht oder nicht vergleichbar, so dass sie nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit des vorliegend zu beurteilenden [X.] ändern.

Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des [X.], die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige [X.] als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren ([X.] (pat) 43/04 - juris Tz. 15 - print 24). Allein aus einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen lässt sich jedoch noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten, zumal es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln kann. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen ([X.] GRUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 - Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und [X.]). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann.

Die Wortmarken "[X.] [X.] [X.]" (39740928), "Verband Bayerischer Kunst- und Antiquitätenhändler [X.]" (39727456) und "Siedlungswerk Baden [X.]" (39842760) sind bereits wieder gelöscht. Die Eintragungen der vom Beschwerdeführer angeführten Wortmarken "[X.]. Kindertagesstätten [X.]" (1031572), "[X.] Methoden Institut" (39965489), "Evangelischer Diakonieverein Berlin-Zehlendorf [X.]" (30090802), "[X.]" (30139344) und "[X.] "Kontakt" [X.]" (30231911), die in den Jahren 1982, 2001 und 2002 erfolgten, liegen schon zu lange zurück. Die Wortmarken "[X.] Institut für Erfolg" (30236573) und "[X.] Weiterbildungsinstitut" (30236572) sind schon deshalb nicht vergleichbar, weil sie ausschließlich für "Schreibwaren" eingetragen worden sind. Auch der am 6. Februar 2004 u. a. für die [X.] eingetragenen Wortmarke "[X.]" (30351713) fehlt die Vergleichbarkeit, weil die Wortkombination "[X.]" in Bezug auf "Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten", abgesehen von den abweichenden Kennzeichnungsgewohnheiten der Werbebranche, nicht eindeutig beschreibend ist. Auch kann das Anmeldezeichen nicht ohne weiteres mit der am 17. März 2006 u. a. für die [X.] eingetragenen Wortmarke "Wirtschaftsforum Norden [X.]" (30555422) verglichen werde, weil ihr im Hinblick auf die Kennzeichnungsgewohnheiten der Werbebranche in Bezug auf die in Klasse 35 eingetragenen [X.] nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann. Selbst wenn aber die beiden letzten Eintragungen nicht hätten erfolgen dürfen, könnte daraus noch nicht auf eine willkürliche [X.] geschlossen werden.

b) Soweit der Anmelder in der mündlichen Verhandlung auf insgesamt … im [X.] Markenregister in den Klassen 16, 35 und 36 eingetragene [X.], angeblich vergleichbare Marken verwiesen hat, ist er seiner - die Amtsermittlung immanent einschränkenden - materiellen Mitwirkungslast nicht nachgekommen. Dazu hätte er substantiiert zur Vergleichbarkeit des Eintragungszeitpunkts, des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, der Zeichen selbst und der jeweiligen Rechtsprechungssituation vortragen müssen. Es genügt nicht, - wie hier - ähnlich geartete Voreintragungen ohne eigene Auswertung und Gegenüberstellung nach den vorgenannten Kriterien schlicht aufzuzählen ([X.], 1173, 1175 - Freizeit-Rätsel-Woche).

3. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zugelassen, weil die vorliegende Entscheidung, mit der die Schutzfähigkeit eines [X.], der sich aus einem geografischen Wirkungsfeld und einem Sachgebiet zusammensetzt, verneint wird, vom Beschluss des 27. Senats des [X.] vom 18. November 2009 (27 W (pat) 139/09, [X.], 342 f. - [X.]) abweicht, in welchem dieser entschieden hat, dass in vorbeschriebener Weise zusammengesetzte Verbandsnamen von den angesprochenen Verkehrskreisen als betrieblich individualisierende Kennzeichen wahrgenommen würden, weil sie regelmäßig ganz bestimmte Verbände bezeichneten, und ein Freihaltungsbedürfnis mangels beschreibender Angaben nicht bestehe.

Meta

29 W (pat) 102/10

21.07.2010

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.07.2010, Az. 29 W (pat) 102/10 (REWIS RS 2010, 4593)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4593


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZB 70/10

Bundesgerichtshof, I ZB 70/10, 17.08.2011.


Az. 29 W (pat) 102/10

Bundespatentgericht, 29 W (pat) 102/10, 21.07.2010.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

29 W (pat) 116/11

I ZB 70/10

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