Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.05.2021, Az. 30 W (pat) 9/20

30. Senat | REWIS RS 2021, 5671

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – „Alster Wagyus (Wort-Bildmarke)“ – Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 20 2016 000 795.4

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 20. Mai 2021 unter Mitwirkung des Richters [X.] als Vorsitzendem sowie der Richterin [X.] und des Richters Dr. Meiser

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wort-/Bildzeichen

2

[X.] [X.]

3

ist am 15. Januar 2016 für die Waren und Dienstleistungen

4

Klasse 29: Fleisch und Fleischwaren; Wurst und Wurstwaren; Fleischkonserven; [X.]; Fleischextrakte

5

Klasse 44: Dienstleistungen eines landwirtschaftlichen Betriebes, nämlich Viehzucht

6

zur Eintragung in das beim [X.] geführte Register angemeldet worden.

7

Die Markenstelle für Klasse 29 des [X.]s hat die Anmeldung mit Beschlüssen vom 3. November 2017 und vom 3. Mai 2019, wobei letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen, da es der Marke an Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) und sie ferner auch freihaltungsbedürftig sei (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]).

8

Der [X.]“ benenne einen 56 Kilometer langen durch [X.] fließenden Nebenfluss der [X.], welcher durch [X.] und [X.] fließe.

9

Bei der Angabe „[X.]“ handele es sich um die Pluralform des Gattungsbegriffs „Wagyu“, dem Namen einer besonderen [X.] Rinderrasse, die als weltweit teuerstes Hausrind bekannt sei.

Die angemeldete Bezeichnung „[X.] [X.]“ füge sich als sprachüblich gebildete Kombination dieser beiden Begriffe nahtlos ein in Bezeichnungen wie „Jura Wagyu“, „[X.] Wagyu“, „[X.]“, „Vogelsberger Wagyu“ sowie „Wagyu [X.]“ und sage in seiner Gesamtheit lediglich aus, dass die so bezeichneten Waren von [X.] stammen, die im Bereich der [X.] lebten (und verarbeitet würden), bzw. dass die Dienstleistungen sich auf solche Tiere bezögen.

Dieser Sinn- und Bedeutungsgehalt erschließe sich dem Verkehr in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen auch sofort und ohne weiteres, da die zu Klasse 29 beanspruchten Waren [X.] von [X.] stammen könnten; ebenso könnten die zu [X.] beanspruchten Dienstleistungen der Viehzucht sich auf [X.] beziehen.

Daher handele es sich bei [X.] [X.] um eine glatt beschreibende Angabe über die geographische Herkunft bzw. Bestimmung oder Beschaffenheit der Waren und Dienstleistungen. Ein Herkunftshinweis werde der Bezeichnung daher nicht entnommen, so dass es der Bezeichnung an Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).

Derartige Angaben über die geografische Herkunft sowie über die Beschaffenheit der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dürften ferner auch nicht einem einzigen Unternehmen vorbehalten bleiben, so dass insoweit auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] bestehe.

Selbst wenn man zugunsten der Anmelderin davon ausgehe, dass derzeit nur ein einzelner Betrieb mit [X.] im Bereich der [X.] ansässig sei, so sei angesichts der Größe des Gebiets mit vielen Weidemöglichkeiten und der zunehmenden Bekanntheit und Verfügbarkeit von [X.] zu erwarten, dass sich dort in Zukunft noch weitere entsprechende Betriebe mit [X.] ansiedelten; diesen müsste aber eine Verwendung der Bezeichnung [X.] [X.] ermöglicht werden.

Die seitens der Anmelderin benannten Voreintragungen vergleichbar aus dem Namen von Flüssen sowie weiteren beschreibenden Angaben gebildeter Bezeichnungen böten schon deshalb keinen Anlass für eine abweichende Auffassung, weil den genannten Eintragungen auch eine Vielzahl von Zurückweisungen solcher Marken wegen fehlender Schutzfähigkeit entgegenstünden. Zudem entfalteten Voreintragungen rechtlich keine Bindungswirkung.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt, mit der sie geltend macht, dass es sich bei [X.] [X.] um eine unter Verwendung des Begriffs „Wagyu“ als Bezeichnung einer [X.] Rinderrasse gebildete Wortneuschöpfung handele, welche sich in eine Vielzahl vergleichbar gebildeter Bezeichnungen anderer [X.] wie zB „[X.] Wagyu“, „[X.] Wagyu“, „Rinderzucht [X.] Wagyu“, „[X.]“, „[X.] Wagyu“ usw. einreihten. Es sei daher unter Wagyu-Züchtern branchenüblich, die Bezeichnungen ihrer Höfe und Zuchtbetriebe mit einem Orts- oder Flussnamen zu verbinden, um deren betriebliche Herkunft zu benennen.

Der Verkehr werde [X.] [X.] zudem bereits deshalb nicht in dem von der Markenstelle angenommenen Sinne verstehen, weil [X.] oder die Zucht von [X.] in [X.] eine völlig untergeordnete Rolle spiele, so dass der Verkehr nicht erwarte, dass im Bereich der [X.] [X.] gezüchtet würden oder von dort stammten. Angesichts der geringen Bedeutung der [X.] in [X.] sowie im Hinblick darauf, dass die [X.] nur ein verhältnismäßig kurzer Fluss mit einem geringen Einzugsgebiet sei, welcher auch kein typisches Weidegebiet für Rinderrassen anderer Art darstelle, sei auch nicht zu erwarten, dass sich im Bereich der [X.] zukünftig noch weitere Betriebe mit [X.] ansiedeln würden. Diese müssten auch die angemeldete Bezeichnung nicht verwenden müssen, da die vorgenannten Benennungen der Zuchtbetreibe ja gerade der Unterscheidbarkeit für den Verbraucher dienten. Ein Freihaltebedürfnis scheide damit aus.

Ferner werde der Verkehr in dem [X.] „[X.]“ nicht sofort und ohne weiteres als Bezeichnung des entsprechenden Nebenflusses der [X.] verstehen, da „[X.]“ daneben auch noch über weitere Bedeutungen verfüge, zB als Bezeichnung eines Biermischgetränkes, als Name einer Ortschaft in [X.] oder auch als Personenname. Mit diesen Bedeutungen weise der Begriff „[X.]“ aber keinen Bezug zu [X.] auf. Ein unmittelbares Verständnis von [X.] [X.] in dem von der Markenstelle angenommene Sinne als Hinweis auf Rinder, die im Bereich der [X.] gezüchtet würden, liege für den Verkehr umso ferner, als das Gebiet um den Fluss [X.] zum einen nicht als Weidegrund bekannt sei und vor allem der Begriff [X.] anders als zB „[X.]“ ein Gewässer und keine Region bezeichne; Rinder würden jedoch nicht in Flüssen gezüchtet und lebten auch nicht in Gewässern.

Zudem seien eine Vielzahl von Bezeichnungen, welche den Wortbestandteil „[X.]“ enthielten und in Struktur und Aufbau als Kombination mit einem Gattungsbegriff der angemeldeten Bezeichnung [X.] [X.] vergleichbar seien, als Marken eingetragen worden. Dies verdeutliche, dass der Verkehr daran gewöhnt sei, aus dem Begriff „[X.]“ und einem Gattungsbegriff gebildete [X.] als betriebliche Herkunftshinweise und damit als Marke wahrzunehmen, was auch für entsprechende Kombinationen mit anderen Flussnamen gelte, so dass der angemeldeten Bezeichnung [X.] [X.] eine Schutzfähigkeit nicht abgesprochen werden könne.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 2 des [X.]s vom vom 3. November 2017 und vom 3. Mai 2019 aufzuheben.

Die Anmelderin hat mit [X.] vom 18. Mai 2021 beantragt, den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2021, welcher auf den von ihr hilfsweise gestellten Antrag anberaumt worden war, aufzuheben und im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet; die angemeldete Marke ist bereits wegen Bestehens eines Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]).

1. Nach§8Abs.2Nr.2[X.]dürfen Zeichen nicht eingetragen werden, welche ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der geografischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Nach der Rechtsprechung des [X.] verfolgt die mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. [X.] (jetzt Art. 4 Abs. 1 Buchst. [X.]) übereinstimmende Regelung des§8Abs.2Nr.2[X.]das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren beschreiben, von [X.] frei verwendet werden können. Sie erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung nur einem Unternehmen vorbehalten werden. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung (vgl. [X.]GRUR 1999, 723 Nr. 25, 30 – [X.]; [X.], 146 Nr. 31 f. – [X.]). Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der Waren als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. [X.]GRUR 1999, 723 Nr. 29 – [X.]; [X.], 411 Nr. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.]/Hacker/ Thiering, [X.], 13. Aufl., § 8 Rdnr. 392, 393).

2. Das angemeldete Zeichen [X.] [X.] besteht danach ausschließlich aus Angaben, die die Art und den Ort der Erbringung der beanspruchten Dienstleistungen beschreiben. Die Mitbewerber der Anmelder haben deshalb ein berechtigtes Interesse an deren freier ungehinderter Verwendung.

a. Bei dem angemeldeten Zeichen [X.] [X.] handelt es sich um eine ohne weiteres erkennbare Kombination der Begriffe „[X.]“ und „[X.]“.

aa. Der [X.] „[X.]“ als Pluralform von „Wagyu“ bezeichnet eine [X.] Rinderrasse, wovon auch die Anmelderin ausgeht. Hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen erschöpft sich „Wagyu“ in einer glatt beschreibenden und damit schutzunfähigen Angabe in Bezug auf deren Beschaffenheit bzw. – was die Dienstleistungen betrifft – auf deren Gegenstand und Inhalt. Sämtliche beanspruchten waren können von [X.] stammen; ebenso können die beanspruchten Viehzuchtdienstleistungen [X.] zum Gegenstand haben.

bb. Das Wort „[X.]“ bezeichnet, wie die Markenstelle richtig festgestellt hat, einen Nebenfluss der [X.], der durch [X.] fließt und mit seinen Kanälen, vor allem auch mit seinen zusammenhängenden Wasserflächen (Binnenalster, Außenalster) das Stadtbild von [X.] maßgebend mitprägt (vgl. dazu [X.]. v. [X.] – 33 W (pat) 266/03 – [X.] Kids, BeckRS 2007, 13523).

Namen von Flüssen, Seen oder Bergen sind zwar nicht ohne weiteres selbst als Angaben über die geographische Herkunft von Waren oder Dienstleistungen anzusehen; sie können aber gleichwohl als beschreibende Herkunftsangaben zu bewerten sein, wenn sie zugleich die angrenzenden Gebiete, Regionen oder Landschaften hinreichend deutlich bezeichnen (vgl. [X.] GRUR 1999, 723 [X.]. 34 – [X.]; [X.]/Hacker/Thiering, aaO, § 8 Rdnr. 536). Dies ist bei der Bezeichnung „[X.]“ der Fall, welche nur den gleichnamigen Fluss, sondern auch die entsprechende Region insbesondere um die Stadt [X.] bezeichnet. Da [X.] auch bereits seit längerer Zeit in [X.] gezüchtet und vermarktet werden, wird der Verkehr „[X.]“ in Zusammenhang mit den vorliegend maßgeblichen Waren und Dienstleistungen daher ohne weiteres den Hinweis entnehmen, dass diese aus der Region um den Fluss [X.] stammen bzw. dort angeboten werden.

Der Ort, von dem die in Rede stehenden Waren stammen bzw. die Dienstleistungen erbracht oder angeboten werden, ist auch keine – von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht erfasste – bloße Vertriebsmodalität, sondern die Bezeichnung der geografischen Herkunft, die zu den in § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] angeführten freihaltebedürftigen Angaben zählt (vgl. [X.], 272 Nr. 14 – [X.]). Der Bestandteil „[X.]“ des angegriffenen Zeichens erschöpft sich somit in einem glatt beschreibenden Hinweis auf die geographische Herkunft der jeweiligen Waren und Dienstleistungen.

b. Der Verkehr wird [X.] [X.] daher sofort und ohne weiteres iS von „[X.] von der [X.]/aus der Region der [X.]“ verstehen. Mit dieser Bedeutung ist [X.] [X.] objektiv geeignet, die Art und Herkunft der Waren bzw. Gegenstand und Ort der Erbringung der beanspruchten Dienstleistungen dahingehend zu beschreiben, dass die so bezeichneten Waren von [X.] stammen, die im Bereich der [X.] lebten (und verarbeitet wurden) bzw. die Dienstleistungen sich auf solche Tiere beziehen. Dies kann auch für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen zutreffen.

Die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, stellt im Allgemeinen selbst eine beschreibende Angabe dar, selbst wenn es sich um eine sprachliche Neuschöpfung handelt. Der Charakter einer [X.] entfällt nur dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.]; [X.], [X.]. 43 – [X.]; [X.] – [X.]). Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Die Wortfolge [X.] [X.] beschränkt sich auf eine bloße Aneinanderreihung beschreibender Angaben, ohne eine ungewöhnliche Struktur oder Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art auszuweisen, die von einem rein beschreibenden Verständnis wegführen könnten. Die Einzelbestandteile werden entsprechend ihrem Sinngehalt verwendet. [X.] [X.] vermittelt auch in der Gesamtheit keine neue, über den Sinngehalt „[X.] von der [X.]“ hinausgehende Aussage.

Ein die Schutzfähigkeit begründender Interpretationsaufwand kann entgegen der Anmelderin auch nicht damit begründet werden, dass der Begriff „[X.]“ mehrere Bedeutungen aufweise und selbst bei einem Verständnis als Flussname für den Verkehr ein beschreibendes Verständnis von [X.] [X.] nicht naheliege, weil er nicht davon ausgehe, dass [X.] in einem Fluss lebten bzw. gezüchtet würden.

So kommt ein anderes Verständnis des [X.]s „[X.]“ in Zusammenhang mit dem Bestandteil „[X.]“ und den beanspruchten Waren und Dienstleistungen schon im Hinblick auf die dargelegte Übung, bei [X.] auch innerhalb [X.]s auf deren geographische Herkunft hinzuweisen, bereits nicht in Betracht. Ebenso wird der Verkehr die Angabe „[X.]“ nicht nur als Hinweis auf den Fluss, sondern – wie bereits dargelegt – auch auf die den Fluss umgebende Region verstehen, so dass sich auch insoweit keine Ungewöhnlichkeit oder Interpretationsbedürftigkeit ergibt.

Die angemeldete Bezeichnung [X.] [X.] erschöpft sich damit in Bezug auf die Waren in einer unmittelbar beschreibenden Angabe zur Art und Herkunft der Waren bzw. Gegenstand und Ort der Erbringung der beanspruchten Dienstleistungen, die zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen hinsichtlich Gegenstand und geografischer Herkunft oder Bestimmung geeignet ist (vgl. dazu auch [X.] 26 W (pat) 570/16 vom 07. August 2017 – [X.])

c. Dafür, dass neben dem Betrieb der Anmelderin eine Ansiedlung weiterer Betriebe im regional doch recht weitläufigen und außerhalb [X.]s auch ländlich geprägten Gebiet der [X.] rechtlich und/oder tatsächlich nicht möglich ist bzw. nicht zu erwarten steht, fehlt es – wie die Markenstelle bereits zutreffend festgestellt hat – an jeglichen Anhaltspunkten. Zudem zeigt die beträchtliche Zahl der von der Anmelderin benannten Betriebe, dass in den vergangenen Jahren auf Grund einer offenbar stetig steigenden Nachfrage an [X.] eine zunehmende Zahl von [X.] zu verzeichnen ist.

Die Vielzahl vergleichbar gebildeter zusammengesetzter Bezeichnungen mit dem Begriff „[X.]“ und dem Namen eines Flusses bzw. einer Region verdeutlicht dabei, dass es weithin üblich ist, in Zusammenhang mit [X.] in Abgrenzung zu ausländischen und anderen inländischen Zuchtgebieten und Herstellern auf die regionale Herkunft hinzuweisen und diese daher nach ihrem Herkunfts- bzw. Zucht- und/oder Weidegebiet zu bezeichnen, was mit dem Bedürfnis der Allgemeinheit einhergeht, Zeichen freizuhalten, die geeignet sind, auf derartige Umstände hinzuweisen.

d. Soweit die Anmelderin unter Hinweis auf vergleichbar gebildete Bezeichnungen mit dem Begriff „Wagyu“ und einer geographischen Angabe weiterhin geltend macht, dass diese branchenüblich als betriebliche Herkunftshinweise verstanden würden, kann dies ein Freihaltebedürfnis an der angemeldeten Wortkombination bereits deshalb nicht in Frage stellen, weil es sich insoweit ausnahmslos um Bezeichnungen von (Wagyu-Zucht-)Betrieben und damit [X.]falls um Unternehmenskennzeichen nach § 5 Abs. 1, 2 [X.] mit einer lokal begrenzten Wirkung handelt (vgl. dazu Ströbele/Hacker/Thiering, aaO, § 5 Rdnr. 43).

Zwischen einem das Unternehmen bzw. einen Geschäftsbetrieb individualisierenden Unternehmenskennzeichen iS von § 5 Abs.1 [X.] und einer eine Ware und Dienstleistungen als solche eines bestimmten Unternehmens individualisierenden Marke nach § 3 Abs. 1 [X.] ist jedoch zu unterscheiden. Aus dem Umstand, dass [X.] daher in Abgrenzung zu ausländischen und anderen inländischen Zuchtgebieten auf ihre regionale Herkunft hinweisen, kann daher nicht allgemein auf die markenrechtliche Schutzfähigkeit solcher Bezeichnungen geschlossen werden. Diese Frage richtet sich vielmehr allein nach allgemeinen markenrechtlichen Grundsätzen und nicht nach den Maßstäben des Schutzes von Unternehmenskennzeichen oder Vereins- und Verbandnamennamen, bei denen eine Kombination einer geografischen Angabe verbunden mit einer schlagwortartigen Bezeichnung des Tätigkeitsgebiets für eine originäre Kennzeichnungskraft genügen kann (vgl. [X.], [X.], 276 Nr. 16 – [X.]; GRUR 2014, 1204, Nr. 18 – [X.]).

Selbst wenn man daher zu Gunsten der Anmelderin unterstellt, dass die Wortfolge [X.] [X.] den Anforderungen genügt, die an eine originär unterscheidungskräftige Unternehmensbezeichnung zu stellen sind, lässt dies keinen Rückschluss darauf zu, dass sie für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] freihaltungsbedürftig ist (vgl. [X.], [X.], 276 Nr. 16 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V. sowie ferner [X.], 33 W (pat) 91/06 v. 15. Juli 2008 – [X.], [X.], 17248).

Dementsprechend wurden und werden auch ausweislich des [X.] im vorliegend relevanten Waren- und Dienstleistungsbereich sowohl nationale wie auch Unionsmarkenanmeldungen von vergleichbar aus einer geographischen Bezeichnung und der [X.] „Wagyu“ gebildete Wortzeichen wie zB „[X.]“ (30 2016 2056375); „[X.] Wagyu“ ([X.]), „“[X.]“ (30 2019 224 1456), „[X.] Wagyu“ (30 2019 204 2348) oder „[X.] Wagyu“ (30 2019 014 30007) seitens des [X.]s regelmäßig wegen bestehender Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] zurückgewiesen.

e. Der Umstand, dass die Anmelderin in der Region [X.] bisher offenbar den einzigen [X.] unterhält und daher der Verkehr aufgrund dieser tatsächlichen Gegebenheiten die angemeldete Bezeichnung tatsächlich mit ihrem Betrieb in Verbindung bringt, ist – aus den vorgenannten Gründen - rechtlich unerheblich und berechtigt sie nicht, mögliche künftige Mitbewerber von der Benutzung der beschreibenden Wortfolge [X.] [X.] auszuschließen, da Schutzhindernisse nach § 8 [X.] losgelöst von der Person des Anmelders zu prüfen sind, so dass weder Namens- noch Monopolrechte zu einer von den gesetzlichen Bestimmungen des [X.]es abweichenden Beurteilung führen können (vgl. [X.], 276 Nr. 17 - [X.]; [X.], 503, Nr. 10 - Casino Bremen).

3. Soweit die Anmelderin auf ihrer Auffassung nach vergleichbare Voreintragungen verweist, ist ungeachtet des Umstands, dass in der Rechtsprechung [X.] mit Flussnamen, die in ihrer Gesamtheit zur unmittelbaren Beschreibung der jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen hinsichtlich Gegenstand und geografischer Herkunft oder Bestimmung geeignet sind, wiederholt als nicht schutzfähig erachtet wurden (vgl. 33 W (pat) 266/03 v. 20. Februar 2006 – [X.] Kids, BeckRS 2007, 13523 sowie ferner [X.] 26 W (pat) 570/16 vom 07. August 2017 – [X.]; 28 W (pat) 523/17 vom 18. Januar 2018 – LÜNEGAS; 26 W (pat) 14/06 vom 14. Februar 2007 – [X.], alle Entscheidungen veröffentlicht auf [X.] PROMA sowie der Internetseite des [X.]), darauf hinzuweisen, dass in rechtlicher Hinsicht selbst identische oder vergleichbare Voreintragungen keine Bindungswirkung entfalten (vgl. [X.] GRUR 2009, 667 Nr. 18 – Bild.t.-Online.de m. w. N.; [X.] GRUR 2008, 1093 Nr. 8 – [X.]; [X.] GRUR 2011, 230 – [X.]; [X.] MarkenR 2011, 66 – Freizeit Rätsel Woche). Die Frage der Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein anhand des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist.

4. Die angemeldete Marke ist damit nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] hinsichtlich der beanspruchten Waren von der Eintragung ausgeschlossen, so dass die Beschwerde zurückzuweisen war.

Meta

30 W (pat) 9/20

20.05.2021

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.05.2021, Az. 30 W (pat) 9/20 (REWIS RS 2021, 5671)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 5671

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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