Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.12.2016, Az. 9 AZR 606/15

9. Senat | REWIS RS 2016, 887

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Gegenstand

Gleichbehandlung - Altersteilzeitarbeitsvertrag


Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 18. August 2015 - 6 [X.] - aufgehoben.

2. Die Berufung des beklagten [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 25. Februar 2014 - 3 [X.]/13 - wird zurückgewiesen.

3. Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch des [X.] auf Abschluss eines [X.].

2

Der am 11. Dezember 1958 geborene Kläger ist seit dem 1. November 1992 bei dem beklagten Land beschäftigt. Er ist als Dezernent für das Sachgebiet „F“ im [X.] am Standort [X.] der [X.] ([X.]) tätig. Die [X.] ist durch den Zusammenschluss mehrerer, an unterschiedlichen Standorten gelegener [X.]einrichtungen im Geschäftsbereich des [X.] des [X.] entstanden. Am Standort [X.] ist der Kläger der einzige Beschäftigte, der dem [X.] zugeordnet ist. Die weiteren Mitarbeiter dieses Dezernats üben ihre Tätigkeit am Hauptsitz der [X.] in B aus.

3

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit im Bereich der [X.]verwaltung [X.] vom 24. Januar 2012 ([X.]) Anwendung. Dieser enthält ua. folgende Regelungen:

        

§ 1   

        

Geltungsbereich

        

Dieser Tarifvertrag gilt für die Beschäftigten der [X.]verwaltung [X.], die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) fallen.

        

...     

        

§ 2     

        

Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit

        

(1)     

Der Arbeitgeber kann mit Beschäftigten, die

                 

a)    

das 55. Lebensjahr vollendet und

                 

b)    

innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem [X.] gestanden haben,

                 

die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes ([X.]) vereinbaren; das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des [X.] sein.

        

(2)     

Beschäftigte, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die Voraussetzung nach Abs. 1 Buchst. b) erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Beschäftigte hat den Arbeitgeber drei Monate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über die Geltendmachung des Anspruchs zu informieren, von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.

        

(3)     

Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.

        

(4)     

Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll mindestens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Es muss vor dem 1. Januar 2017 beginnen. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss sich auf die [X.] erstrecken, bis eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann.“

4

Der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit in der Fassung vom 30. Juni 2000 ([X.]), der zuvor zwischen den Parteien Anwendung fand, ist hinsichtlich seiner Anspruchsvoraussetzungen für Altersteilzeit im Wesentlichen wortgleich.

5

Das beklagte Land schloss im Bereich der [X.] bis zum [X.] auf der Grundlage des [X.] mit mehreren Arbeitnehmern und im [X.] mit einem Arbeitnehmer Altersteilzeitarbeitsverträge, so zB mit:

        

-       

[X.]: Abschluss im Oktober 2005 vor Vollendung des 60. Lebensjahrs;

        

-       

Frau R: Abschluss am 28. November 2006 vor Vollendung des 60. Lebensjahrs;

        

-       

[X.]: Abschluss am 26. Oktober 2007 nach Vollendung des 60. Lebensjahrs;

        

-       

[X.]r. S: Abschluss am 30. Mai 2012 nach Vollendung des 60. Lebensjahrs.

6

Das beklagte Land vereinbarte diese [X.], obwohl es hierzu wegen der Überschreitung der [X.] nach § 2 Abs. 1 [X.] iVm. § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 [X.] nicht verpflichtet war. [X.]n einem „Schnellbrief“ des beklagten [X.] vom 2. August 2012 zum [X.] heißt es ua.:

        

„Ein sachlicher Grund liegt dann vor, wenn der Arbeitsplatz des Antragstellers während der Freistellungsphase nach Prüfung von Aufgabenverzicht oder anderen Maßnahmen der Aufgabenkritik nicht entbehrlich ist oder dieser nicht durch Bedienstete der Titelgruppe 96 wahrgenommen werden kann. Entsprechendes gilt für die freiwerdenden Arbeitszeitanteile im Teilzeitmodell. Die Annahme, dass der betroffene Arbeitsplatz bereits während der Freistellungsphase im Blockmodell oder die freiwerdenden Arbeitszeitanteile im Teilzeitmodell unentbehrlich sein werden, ist im Einzelnen zu begründen. [X.]st eine Nachbesetzung des Arbeitsplatzes oder der Arbeitszeitanteile mit Überhangpersonal erforderlich, ist die Personalvermittlungsstelle zu beteiligen.“

7

[X.]n [X.]. 2 „Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit (§ 2 [X.])“ unter Ziff. 2.3 „Anspruch auf Altersteilzeitarbeit“ heißt es in Ziff. 2.3.2 „[X.]“ der vom [X.] des [X.] erlassenen Durchführungshinweise vom 4. Dezember 2012 ua.:

        

„Die Genehmigung von Altersteilzeit ist nur zulässig, wenn das Personalausgabevolumen in Höhe der Personalausgaben des Tarifbeschäftigten nach Ablauf der Freistellungsphase dauerhaft eingespart wird. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn nach Ablauf der Freistellungsphase die Stelle des Tarifbeschäftigten nicht wiederbesetzt wird und ersatzlos wegfällt. Die Verwendung von Mitteln für Aushilfskräfte zur Wahrnehmung der Aufgaben der wegfallenden Stelle ist nicht zulässig.“

8

Mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 beantragte der Kläger die Vereinbarung eines [X.] im Blockmodell ab dem 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2024. Zu diesem [X.]punkt war ebenfalls die [X.] nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 [X.] überschritten. Das beklagte Land lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 19. März 2013 ab. Es begründete die Ablehnung mit dem Hinweis, dies entspreche billigem Ermessen. Der vom Kläger wahrgenommene Arbeitsplatz sei nicht entbehrlich. Deshalb sei die personelle Absicherung seines Arbeitsplatzes dienstlich erforderlich.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das beklagte Land sei aus Gründen der Gleichbehandlung verpflichtet, seinen Antrag anzunehmen. Das beklagte Land könne sich nicht erfolgreich auf die [X.] berufen, da es in den Jahren 2002 bis 2007 und erneut im [X.] mit [X.]r. S im Geschäftsbereich der [X.] Altersteilzeitarbeitsverträge geschlossen habe. Die Geltung eines anderen Tarifvertrags sei kein zulässiges Differenzierungsmerkmal. Seine Vergleichbarkeit mit [X.]r. S scheitere nicht an der Tatsache, dass dieser bei Abschluss des [X.] das 60. Lebensjahr vollendet habe. Gleiches gelte für die unterschiedlichen Aufgabengebiete und die unterschiedlichen Laufzeiten der [X.]. [X.]m Hinblick auf den auch die [X.] betreffenden Stellenabbau in der [X.]verwaltung sei davon auszugehen, dass sein Arbeitsplatz entbehrlich sei.

Der Kläger hat beantragt,

        

das beklagte Land zu verurteilen, mit ihm eine Altersteilzeitvereinbarung im Blockmodell vom 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2024 zu vereinbaren, wobei die Arbeitsphase vom 1. Januar 2014 bis 30. Juni 2019 und die Freistellungsphase vom 1. Juli 2019 bis 31. Dezember 2024 dauern soll.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe kein tariflicher Anspruch auf Vereinbarung eines [X.] zu. Einem solchen stehe § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 [X.] entgegen. Der Anspruch folge auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Kläger befinde sich nicht in einer vergleichbaren Situation mit den von ihm benannten Beschäftigten der [X.], da die in den Jahren 2002 bis 2007 geschlossenen Altersteilzeitarbeitsverträge nicht auf Basis des seit 1. April 2012 geltenden [X.], sondern auf Basis des [X.] geschlossen worden seien. Da [X.] nach dem [X.] vor dem 1. Januar 2010 hätten beginnen müssen, habe zwischen diesem [X.]punkt und dem 31. März 2012 keine Rechtsgrundlage für den Abschluss von [X.] existiert. Mit Abschluss des [X.] sei eine maßgebliche zeitliche Zäsur eingetreten, die es berechtigte, seine Praxis zu ändern. Mit dem einzigen Arbeitnehmer, dessen Angebot auf Abschluss eines [X.] unter Anwendung des [X.] angenommen worden sei, [X.]r. S, sei der Kläger nicht vergleichbar, da jener - anders als der Kläger - bei Abschluss des [X.] bereits das 60. Lebensjahr vollendet hatte. Eine Vergleichbarkeit scheitere auch an der unterschiedlichen Ausgestaltung der Arbeitsplätze und der abweichenden Laufzeit. Die Arbeitsleistung des [X.] als einziger Beschäftigter des Dezernats … in [X.] sei nicht entbehrlich.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.]arbeitsgericht hat die Klage auf die Berufung des beklagten [X.] abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

[X.]ie zulässige [X.]evision des [X.] ist begründet. [X.]as [X.] hat der Berufung des beklagten [X.] zu Unrecht stattgegeben. [X.]ie zulässige Klage ist begründet.

A. [X.]ie Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

I. [X.]er Antrag ist so zu verstehen, dass das beklagte Land verurteilt werden soll, das Angebot des [X.] auf Abschluss eines [X.]s anzunehmen. Mit [X.]echtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben. Zu welchem [X.]punkt die fingierte Abgabe der Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem [X.]echt. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des [X.] vom 26. November 2001 ([X.]I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, mit der ein Vertragsangebot angenommen werden soll, das rückwirkend auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden [X.]punkt gerichtet ist ([X.] 17. August 2010 - 9 [X.] - [X.]n. 15; 15. September 2009 - 9 [X.] - [X.]n. 15 mwN).

II. [X.]as Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll im Blockmodell in der [X.] vom 1. Januar 2014 bis zum 31. [X.]ezember 2024 durchgeführt werden. [X.]ie bisher geschuldete Arbeitszeit soll halbiert und insgesamt in der ersten Hälfte des [X.] erbracht werden. [X.]aran soll sich die Freistellungsphase anschließen. [X.]ie Arbeitsphase soll vom 1. Januar 2014 bis zum 30. Juni 2019 und die Freistellungsphase vom 1. Juli 2019 bis zum 31. [X.]ezember 2024 dauern. [X.]as folgt aus dem schriftlichen Angebot des [X.] auf Abschluss eines [X.]s vom 17. Oktober 2012. [X.]as Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll sich inhaltlich nach den [X.]egelungen des [X.] richten.

B. [X.]ie Klage ist begründet. [X.]er Kläger hat nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz Anspruch darauf, dass das beklagte Land mit ihm den angebotenen [X.] schließt.

I. [X.]er Anspruch folgt nicht aus dem [X.].

1. [X.]ie Bestimmungen des [X.] finden zwar kraft einzelvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. [X.]er Kläger erfüllt auch die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 [X.] LSA.

2. Ein tariflicher Anspruch des [X.] scheitert aber daran, dass in der [X.] die in § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 [X.] bestimmte [X.] dauerhaft überschritten war.

a) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 [X.] muss für Erstattungsleistungen der Arbeitsverwaltung die freie Entscheidung des Arbeitgebers sichergestellt sein, ob er mit [X.] der Arbeitnehmer seines Betriebs Altersteilzeitarbeitsverträge schließt ([X.] 15. November 2011 - 9 [X.] - [X.]n. 20; 18. Oktober 2011 - 9 [X.] - [X.]n. 25).

b) Ist diese [X.] überschritten, hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch nach § 2 Abs. 1 [X.] gegen den Arbeitgeber, dass dieser nach billigem Ermessen darüber entscheidet, ob er mit dem Arbeitnehmer einen [X.] schließt. [X.]ie tarifliche Anspruchsgrundlage des § 2 Abs. 1 [X.], die die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis nur „auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes ([X.])” vorsieht, bezieht das öffentlich-rechtliche System der an bestimmte Erfordernisse gebundenen [X.]efinanzierung durch Erstattungsleistungen der öffentlichen Hand nach §§ 3, 4 [X.] in die privatrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen mit ein (zum [X.] vgl. [X.] 15. April 2008 - 9 [X.]/07 - [X.]n. 35, [X.]E 126, 264). [X.]urch den Verweis auf das [X.] stellt § 2 Abs. 1 [X.] LSA den Anspruch auf eine billigem Ermessen entsprechende Entscheidung unter den tariflichen Vorbehalt, dass die [X.] in dem Betrieb nicht überschritten ist. [X.]ie Überschreitung der [X.] ist ein negatives Tatbestandsmerkmal, das bereits die Entstehung des Anspruchs hindert (vgl. [X.] 18. Oktober 2011 - 9 [X.] - [X.]n. 30). [X.]ie gesetzliche Quotierung dient auch dazu, altersteilzeitbedingte finanzielle Mehraufwendungen des Arbeitgebers in Grenzen zu halten ([X.] 15. November 2011 - 9 [X.] - [X.]n. 21; 18. Oktober 2011 - 9 [X.] - [X.]n. 26; 14. Oktober 2008 - 9 [X.] - [X.]n. 24).

c) [X.]er Kläger beantragte unter dem 17. Oktober 2012 Altersteilzeit, die am 1. Januar 2014 beginnen sollte. Zu beiden [X.]punkten war die Quote von [X.] der Beschäftigten der [X.] überschritten.

d) [X.] hat das [X.]echt, sich auf die [X.] zu berufen, nicht dadurch verwirkt (§ 242 BGB), dass es bis zum [X.] und im [X.] mit Beschäftigten Altersteilzeitarbeitsverträge schloss. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob zum [X.]punkt des Abschlusses dieser Altersteilzeitarbeitsverträge die [X.] überschritten war. [X.]er Arbeitgeber bleibt nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] LSA iVm. § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 [X.] in seiner Entscheidung über die Annahme weiterer Altersteilzeitangebote frei, auch wenn bereits die Quote von [X.] überschritten ist. Eine Verwirkung kommt nur in Betracht, wenn besondere Umstände vorliegen, die darauf schließen lassen, der Arbeitgeber werde sich dauerhaft nicht auf die [X.] berufen (vgl. [X.] 15. November 2011 - 9 [X.] - [X.]n. 24; 15. April 2008 - 9 [X.]/07 - [X.]n. 43, [X.]E 126, 264). Solche besonderen Tatsachen sind nicht vorgetragen oder ersichtlich.

II. [X.]er Anspruch des [X.] folgt aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. [X.] hat gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, indem es bis zum [X.] mit mehreren Arbeitnehmern und im [X.] mit einem Arbeitnehmer Altersteilzeitarbeitsverträge geschlossen, dies aber gegenüber dem Kläger verweigert hat.

1. Schließt der Arbeitgeber mit Arbeitnehmern Altersteilzeitarbeitsverträge, obwohl er wegen Überschreitens der in § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 [X.] geregelten [X.] hierzu nicht verpflichtet ist, erbringt er eine freiwillige Leistung und hat deshalb bei der Entscheidung über den Antrag eines Arbeitnehmers auf Abschluss eines [X.]s den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten ([X.] 15. November 2011 - 9 [X.] - [X.]n. 26; vgl. auch [X.] 15. April 2008 - 9 [X.]/07 - [X.]n. 54, [X.]E 126, 264). [X.]as [X.] hat mit bindender Wirkung für das [X.]evisionsgericht festgestellt ( § 559 Abs. 2 ZPO ), dass die [X.] bereits bei Abschluss der Altersteilzeitarbeitsverträge mit den vom Kläger genannten Arbeitnehmern überschritten war.

2. [X.]er arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen [X.]egelung gleich zu behandeln. [X.]er Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt. Bei freiwilligen Leistungen muss der Arbeitgeber die Leistungsvoraussetzungen so abgrenzen, dass Arbeitnehmer nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen werden. Verstößt der Arbeitgeber bei der Gewährung freiwilliger Leistungen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, hat der benachteiligte Arbeitnehmer Anspruch auf die vorenthaltene Leistung ([X.][X.]spr., vgl. [X.] 15. November 2011 - 9 [X.] - [X.]n. 27; 4. Mai 2010 - 9 [X.] - [X.]n. 23, [X.]E 134, 223). Bildet der Arbeitgeber Gruppen von begünstigten und benachteiligten Arbeitnehmern, muss diese Gruppenbildung sachlichen Kriterien entsprechen. [X.]abei kommt es darauf an, ob sich nach dem Zweck der Leistung Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, der einen Arbeitnehmergruppe Leistungen vorzuenthalten, die der anderen Gruppe eingeräumt worden sind. Eine unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer ist dann mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar, wenn die Unterscheidung gerade nach dem Zweck der Leistung gerechtfertigt ist ([X.] 19. März 2003 - 10 [X.] - zu II 1 der Gründe mwN, [X.]E 105, 266).

3. Nach diesen Grundsätzen liegt ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor. [X.] schloss trotz überschrittener [X.] freiwillig Altersteilzeitarbeitsverträge, soweit eine tarifliche Grundlage hierfür bestand.

a) [X.] vereinbarte mit den Arbeitnehmern [X.], [X.] und [X.] zu einem [X.]punkt, zu dem noch mit dem [X.] ein grundsätzlicher tariflicher Anspruch bestand. Es verzichtete dabei darauf, sich auf die [X.] nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 [X.] zu berufen. Zum [X.]punkt, zu dem der Kläger den Abschluss eines [X.]s verlangte, bestand mit dem [X.] LSA eine vergleichbare tarifliche [X.]egelung. [X.] schloss mit dem Arbeitnehmer [X.]r. S wiederum trotz überschrittener [X.] einen [X.]. Gegenüber dem Kläger beruft es sich dennoch auf die Erreichung der [X.].

b) Entgegen der Auffassung des beklagten [X.] stellt die zeitliche Unterbrechung zwischen der Geltung des [X.] und des [X.] LSA keine Zäsur dar, die es ausschließt, eine Fortsetzung der Gewährung freiwilliger Leistungen anzunehmen. [X.] hat im Hinblick auf die [X.] nicht durch Gruppenbildung zwischen Arbeitnehmern, für die noch der [X.] Anwendung fand, und Arbeitnehmern, die unter den Anwendungsbereich des [X.] LSA fielen, unterschieden. [X.]em steht schon die Vereinbarung des [X.] mit dem Arbeitnehmer [X.]r. S unter Geltung des [X.] LSA trotz überschrittener [X.] entgegen. Mit [X.]echt weist der Kläger darauf hin, dass das beklagte Land bei der Ermittlung der [X.] nicht nur die nach dem Inkrafttreten des [X.] LSA geschlossenen Altersteilzeitarbeitsverträge berücksichtigt, sondern auch die unter der Geltung des [X.] geschlossenen und somit selbst insoweit nicht von der von ihm behaupteten Zäsur ausgeht.

c) Es hat auch nicht unterschieden zwischen Arbeitnehmern, die zum [X.]punkt der Entscheidung über den Antrag auf Abschluss eines [X.]s das 60. Lebensjahr bereits vollendet hatten, und Arbeitnehmern, bei denen dies nicht der Fall war. Wie sich aus dem [X.] des beklagten [X.] vom 19. März 2013 ergibt, verweigerte es gegenüber dem Kläger den Abschluss des [X.]s nicht, weil er das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Es berief sich vielmehr darauf, der Arbeitsplatz des [X.] sei nicht entbehrlich und könne nicht eingespart werden. [X.]ies entspricht den vom [X.] des [X.] Sachsen-Anhalt am 4. [X.]ezember 2012 erlassenen [X.]urchführungshinweisen sowie dem Inhalt des „[X.]“ vom 2. August 2012 an die Personalreferate der [X.]behörden, mit dem eine einheitliche Praxis der Behörden gewährleistet werden sollte. [X.]anach soll ein sachlicher Grund für die Ablehnung der Altersteilzeit ua. gegeben sein, wenn der Arbeitsplatz des Antragstellers nicht entbehrlich ist. [X.]ie Genehmigung der Altersteilzeit soll nur zulässig sein, wenn die Stelle des Tarifbeschäftigten nach Ablauf der Freistellungsphase dauerhaft eingespart wird. [X.]amit wird deutlich, dass das beklagte Land die Vereinbarung von Altersteilzeit ausschließlich als Instrument des Personalabbaus nutzte.

4. [X.]ie Ablehnung des beklagten [X.] widersprach billigem Ermessen gemäß § 2 Abs. 1 [X.] LSA iVm. § 315 BGB.

a) Nach § 2 Abs. 1 [X.] LSA kann der Arbeitgeber mit Beschäftigten, die das 55. Lebensjahr vollendet haben und - wie der Kläger - die zusätzlichen dort genannten Voraussetzungen erfüllen, die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis vereinbaren. Mit der Formulierung „kann“ bringen die Tarifvertragsparteien regelmäßig zum Ausdruck, dass dem Arbeitnehmer kein uneingeschränkter Anspruch eingeräumt werden soll. Er hat lediglich Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber über seinen Antrag auf Wechsel in die Altersteilzeit nach billigem Ermessen iSv. § 315 Abs. 1 BGB entscheidet (vgl. [X.] 10. Mai 2005 - 9 AZ[X.] 294/04  - zu [X.] 2 b der Gründe; 3. [X.]ezember 2002 -  9 AZ[X.] 457/01  - zu [X.] 2 a cc (2) und [X.] 2 a [X.] (1) der Gründe, [X.]E 104, 55 ; 26. Juni 2001 -  9 AZ[X.] 244/00  - zu II 2 der Gründe, [X.]E 98, 114 ; 12. [X.]ezember 2000 -  9 AZ[X.] 706/99  - zu [X.] 1 a der Gründe, [X.]E 96, 363 ).

b) [X.]ie Überprüfung der angemessenen Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen ist in erster Linie Aufgabe der Tatsachengerichte, die dazu die Umstände des Einzelfalls abzuwägen und die hierfür erforderlichen Feststellungen zu treffen haben. Es spricht deshalb viel dafür, dass die Überprüfung der Ermessensentscheidung des Arbeitgebers durch das [X.] als Tatsachengericht nur einer eingeschränkten Kontrolle des [X.]evisionsgerichts unterliegt, nämlich dahin, ob der [X.]echtsbegriff „billiges Ermessen“ verkannt, der äußere Ermessensrahmen überschritten, innere Ermessensfehler begangen, unsachliche Erwägungen zugrunde gelegt oder wesentlicher Tatsachenstoff außer Acht gelassen worden ist ( [X.] 30. Oktober 2001 - 9 AZ[X.] 426/00  - zu II 4 b aa der Gründe, [X.]E 99, 274 ; für eine uneingeschränkte Überprüfung: [X.] 23. September 2004 - 6 AZ[X.] 567/03  - zu IV 2 a der Gründe, [X.]E 112, 80 ; 3. [X.]ezember 2002 -  9 AZ[X.] 457/01  - zu [X.] 2 a cc (2) und [X.] 2 a [X.] (1) der Gründe, [X.]E 104, 55 ).

c) [X.]as [X.]evisionsgericht kann dennoch eine eigenständige Ermessensüberprüfung vornehmen, wenn der Tatsachenstoff abschließend festgestellt worden ist. [X.]as ist hier der Fall, da sich die Ermessensgründe des beklagten [X.] aus seinem [X.], den erlassenen [X.]urchführungshinweisen und seinem „Schnellbrief“ zum [X.] LSA ergeben. [X.]anach muss die Stelle des Antragstellers dauerhaft eingespart werden können.

d) Nur die Annahme des Angebots auf Abschluss eines [X.]s mit einer Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell entspricht im Streitfall der Billigkeit. [X.]er vom beklagten Land angegebene Grund ist ermessensfehlerhaft. Er widerspricht den Vorgaben des [X.] sowie des [X.] LSA. Gemäß § 1 Abs. 2 [X.] soll die Altersteilzeit „die Einstellung eines sonst arbeitslosen Arbeitnehmers ermöglichen“. Sie dient damit gerade nicht der Einsparung von Arbeitsplätzen, sondern deren Besetzung mit Arbeitssuchenden. [X.]ies entspricht auch dem Willen der Tarifvertragsparteien des [X.] LSA. [X.]enn nach § 2 Abs. 1 [X.] LSA erfolgt die Vereinbarung der Altersteilzeit auf der Grundlage des [X.]. [X.]a das beklagte Land damit im [X.]ahmen der Ermessensausübung keine eigenen, der Altersteilzeit widersprechenden berechtigten Belange geltend macht, überwiegen die Interessen des [X.] an der Altersteilzeit im Blockmodell. Mit dem Wunsch nach Altersteilzeit und Verteilung der Arbeitszeit im Blockmodell bringt der Arbeitnehmer eine bestimmte Lebensplanung zum Ausdruck. [X.]er Arbeitgeber ist im Gegenzug gehalten, hiergegen Sachgründe vorzubringen. Genügt er seiner diesbezüglichen [X.]arlegungslast nicht oder kann er die entgegenstehenden Gründe nicht beweisen, überwiegen die Belange des Arbeitnehmers (vgl. [X.] 21. Februar 2012 - 9 AZ[X.] 479/10 - [X.]n. 28). [X.]em Wunsch des [X.] auf Altersteilzeit hat das beklagte Land keine berechtigten Interessen entgegengehalten.

C. [X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Suckow    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    [X.]     

        

    Spiekermann    

                 

Meta

9 AZR 606/15

13.12.2016

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Stendal, 25. Februar 2014, Az: 3 Ca 456/13, Urteil

§ 3 Abs 1 Nr 3 Alt 1 AltTZG 1996, § 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.12.2016, Az. 9 AZR 606/15 (REWIS RS 2016, 887)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 887

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Referenzen
Wird zitiert von

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2 Sa 182/16

2 Sa 55/18

6 Sa 172/17

12 Sa 104/17

6 Sa 132/16

6 Sa 110/17

6 Sa 173/17

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