Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 04.05.2010, Az. 9 AZR 155/09

9. Senat | REWIS RS 2010, 6960

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Gegenstand

Altersteilzeit - Vertragsänderung mit Rückwirkung


Leitsatz

Ein Arbeitsverhältnis kann durch gerichtliche Entscheidung (§ 894 Abs 1 ZPO) nicht mit Rückwirkung vor dem Zeitpunkt der Abgabe eines entsprechenden Angebots in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis geändert werden.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 6. November 2008 - 18 [X.] - aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des gesamten Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Anspruch des [X.] auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags.

2

Der 1946 geborene Kläger ist zumindest seit 1993 bei der [X.] im [X.]([X.]), zuletzt als Leiter des [X.] 2 „Gebäudetechnik, Bauingenieurwesen“, beschäftigt. Diese Bauabteilung ist projektbezogen organisiert und nimmt im Wesentlichen die Funktion einer Bauherrenverwaltung wahr. Die zu erledigenden Aufgaben werden weitestgehend an freiberuflich Tätige übertragen. Das Referat des [X.] arbeitet in allen Angelegenheiten der [X.] mit den [X.] im [X.]uge der Planung und Durchführung von Baumaßnahmen zusammen. Darüber hinaus werden von seinem Referat Aufgaben und die federführende Koordination in der interdisziplinären Arbeitsgruppe „Liegenschaftsinformationssystem Außenanlagen“ für alle Liegenschaften der [X.] in [X.] wahrgenommen. Diese Arbeitsgruppe besteht aus den Leitstellen Vermessung, Boden- und Grundwasserschutz sowie Abwasser und hat die Aufgabe, zentral alle graphischen und Sachdaten der Außenanlagen in den Fachsparten zu erfassen, zu führen und zur Nutzung bereitzustellen. Der Kläger nimmt in fachlicher Hinsicht die Vorgesetztenfunktion über die [X.] unter Wahrung der Gesamtprojektziele der jeweiligen Maßnahme wahr. Ihm obliegen für den Bereich der [X.] die Aufgaben der Fachaufsicht Führungsebene gemäß [X.]. Er ist zuständig für die baufachliche Prüfung und gegebenenfalls die Genehmigung des Baufachteils der Entscheidungsunterlagen - Bau - ([X.]), falls eine solche dem [X.] übertragen wurde. Ihm sind 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unmittelbar unterstellt.

3

Am 1. Januar 2004 wurde die Bauverwaltung der [X.] [X.] mit dem [X.] zusammengelegt. In diesem [X.]usammenhang wurde mit zahlreichen Beschäftigten der Bauverwaltung der [X.] - insbesondere mit Beamten - eine Altersteilzeitvereinbarung geschlossen. Nach dem 1. Januar 2004 schloss die Beklagte mindestens 30 Altersteilzeitarbeitsverträge ab. Hierzu hat die Beklagte im Prozess eine Namensliste mit 30 Arbeitnehmern überreicht. Bei zwölf Arbeitnehmern ist unter der Rubrik „Gründe“ eingetragen, dass keine Nachbesetzung in der Freistellungsphase notwendig gewesen wäre.

4

Im Rundschreiben des [X.] in der Bundesverwaltung vom 28. Februar 2006 wurde mitgeteilt, dass der Rechnungsprüfungsausschuss in seiner Sitzung vom 17. Februar 2006 beschlossen habe, ab sofort in der Regel die Altersteilzeit im [X.] zu bewilligen und das Blockmodell auf festgelegte oder festzulegende Personalabbaubereiche nach Abstimmung mit dem [X.] zu begrenzen.

5

Die Parteien wenden auf ihr Arbeitsverhältnis den Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit ([X.]) vom 5. Mai 1998 in der jeweiligen Fassung an. Mit Schreiben vom 26. Januar 2007 erklärte der Kläger gegenüber der [X.]entralabteilung [X.] im [X.]:


        

„…   
        
ich möchte von der [X.] nach § 2 Abs. 2 des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit TV AT[X.] Gebrauch machen und beantrage für [X.] die Beschäftigung im [X.] mit 50 % meiner bisherigen Arbeitszeit ab dem 1. April 2007.
        
[X.]ur Wahrnehmung meiner Aufgaben und Termine möchte ich meine Arbeitszeit in der Abteilung V an drei beliebigen Tagen in der Woche mit jeweils 6,5 Stunden vereinbaren.
        
...“

6

Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 5. März 2007 ab.

7

Mit Rundschreiben des [X.] vom 20. Dezember 2007 wurde mitgeteilt, dass Neueinstellungen zur Nachbesetzung ab dem 17. Februar 2006 nicht möglich seien und die Ausbringung sogenannter Ersatzplanstellen bei Altersteilzeit im Blockmodell ausgeschlossen sei. [X.]um [X.]eitpunkt des Antrags des [X.] auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags hatte die Beklagte bereits mit mehr als 9 % der Beschäftigten Altersteilzeitarbeitsverträge geschlossen.

8

Im [X.] idF vom 30. Juni 2000 heißt es, soweit maßgeblich, wie folgt:


        

        
Die Tarifvertragsparteien wollen mit Hilfe dieses Tarifvertrages älteren Beschäftigten einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglichen und dadurch vorrangig Auszubildenden und Arbeitslosen Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnen.
        
…       
        
     
        
        
(1) Der Arbeitgeber kann mit Arbeitnehmern, die
        
a)   

das 55. Lebensjahr vollendet haben,
        
b)   

eine Beschäftigungszeit (z. B. § 19 [X.]/[X.]-O) von fünf Jahren vollendet haben und
        
c)   

innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem [X.] gestanden haben,
        
die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren; das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des [X.] sein.
        
(2) Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber drei Monate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über die Geltendmachung des Anspruchs zu informieren; von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.
        
(3) Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.
        
(4) Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll mindestens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Es muss vor dem 1. Januar 2010 beginnen.
        
…       
        
     
        
        
(1) Das Arbeitsverhältnis endet zu dem in der Altersteilzeitvereinbarung festgelegten [X.]eitpunkt.
        
(2) Das Arbeitsverhältnis endet unbeschadet der sonstigen tariflichen Beendigungstatbestände (z. B. §§ 53 bis 60 [X.]/[X.]-O)
        
a)   

mit Ablauf des Kalendermonats vor dem Kalendermonat, für den der Arbeitnehmer eine Rente wegen Alters oder, wenn er von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, eine vergleichbare Leistung einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines Versicherungsunternehmens beanspruchen kann; dies gilt nicht für Renten, die vor dem für den Versicherten maßgebenden Rentenalter in Anspruch genommen werden können oder
        
b)   

mit Beginn des Kalendermonats, für den der Arbeitnehmer eine Rente wegen Alters, eine Knappschaftsausgleichsleistung, eine ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art oder, wenn er von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, eine vergleichbare Leistung einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines Versicherungsunternehmens bezieht.
        
...“
        

9

Der Kläger stützt seinen Anspruch in der Revision nur noch auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, da die Beklagte auch nach Überschreiten der 5 %-Quote des § 3 Abs. 1 Nr. 3 AltT[X.]G in mindestens 30 weiteren Fällen Altersteilzeitarbeitsverträge abgeschlossen habe und zwar sowohl vor wie auch nach dem [X.]eitpunkt seiner Antragstellung. Ein sachlicher [X.] sei von der [X.] nicht substantiiert vorgetragen worden. Aus der hierzu überreichten Tabelle ließen sich die Differenzierungsgründe nicht entnehmen. Sein Anspruch auf Gleichbehandlung ergebe sich für den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags im [X.], aber auch im Blockmodell.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,


        

die Beklagte zu verurteilen, mit ihm einen Altersteilzeitvertrag im [X.] nach Maßgabe des Tarifvertrags Altersteilzeit ab dem 1. April 2007 abzuschließen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger mit [X.] vom 9. Juni 2008 seinen erstinstanzlichen Antrag als Hauptantrag wiederholt und hilfsweise beantragt,


        

die Beklagte zu verurteilen, mit ihm einen Altersteilzeitvertrag im Blockmodell nach Maßgabe des Tarifvertrags Altersteilzeit ab dem 1. April 2007 abzuschließen.

Die Beklagte hat beantragt, die Berufung des [X.] zurückzuweisen und die weitergehende Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, ein Anspruch auf Gleichbehandlung sei nicht gegeben. Sie habe nur dann Altersteilzeitarbeitsverträge geschlossen, wenn dem dringende betriebliche oder dienstliche Gründe nicht entgegengestanden hätten. Dem Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags mit dem Kläger hätten dringende betriebliche Gründe entgegengestanden. Die Beklagte hat hierzu eine Liste mit 30 Arbeitnehmern überreicht, mit denen Altersteilzeitarbeitsverträge geschlossen wurden. Sie trägt hierzu vor, aus der Liste ergäben sich die geschlossenen Altersteilzeitarbeitsverträge im [X.]. Daraus folge, dass es sich bei praktisch allen Fällen um solche handele, in denen eine Nachbesetzung in der Freistellungsphase nicht möglich gewesen wäre. Die wenigen Ausnahmen beschränkten sich auf Härtefälle.

Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom [X.] zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht(§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

A. [X.] ist zulässig. Insbesondere ist der Klageantrag hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 ZPO.

I. Der Antrag ist so zu verstehen, dass das beklagte Land verurteilt werden soll, das Angebot des [X.] auf Abschluss eines [X.] anzunehmen. Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben(vgl. nur [X.] 16. Dezember 2008 - 9 [X.] - Rn. 20, [X.] [X.] § 8 Nr. 27 = EzA [X.] § 8 Nr. 23). Zu welchem [X.]punkt die fingierte Abgabe der Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des [X.] vom 26. November 2001 ([X.]I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, mit der ein Vertragsangebot angenommen werden soll, das rückwirkend auf eine Vertragsänderung zu einem in der Vergangenheit liegenden [X.]punkt gerichtet ist (vgl. für die [X.]Rspr. [X.] 15. September 2009 - 9 [X.] - Rn. 15, [X.] TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31 ; 15. September 2009 - 9 [X.] - [X.] BGB § 311a Nr. 3 = EzA ZPO 2002 § 894 Nr. 1 ; 16. Dezember 2008 - 9 [X.] - Rn. 21 f., aaO).

II. Das [X.] soll im [X.] oder hilfsweise im Blockmodell in der [X.] ab 1. April 2007 durchgeführt werden. Die bisher geschuldete Arbeitszeit soll halbiert und entweder entsprechend wöchentlich verringert([X.]) oder insgesamt in der ersten Hälfte des [X.] (Blockmodell) erbracht werden, wobei sich in der zweiten Hälfte die Freistellungsphase anschließen soll. Das [X.] soll sich inhaltlich nach den Regelungen des [X.] richten.

III. [X.] ist nicht deshalb unbestimmt, weil das Ende des [X.] nicht ausdrücklich angegeben ist. Zwar soll das Ende des [X.] nach § 9 Abs. 1 [X.] in der Altersteilzeitvereinbarung festgelegt werden. Der [X.]punkt der spätestmöglichen Beendigung des [X.] ergibt sich hier jedoch aus den in § 9 [X.] geregelten spätesten Beendigungstatbeständen und dem in der Präambel des [X.] genannten Zweck des Tarifvertrags, „älteren Beschäftigten einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand“ zu ermöglichen. Der Anspruch ist deshalb auf die ungekürzte Laufdauer des [X.] bis zum Übergang in den Ruhestand nach § 9 [X.] gerichtet(vgl. [X.] 23. Januar 2007 - 9 [X.] - Rn. 16, [X.] 121, 55). Begrenzt der Arbeitnehmer die Dauer wie hier nicht auf einen früheren [X.]punkt, so beantragt er eine Beendigung des [X.] zu dem im Tarifvertrag bestimmten spätesten [X.]punkt. Der Beendigungszeitpunkt ist deshalb tariflich bestimmt. In der Regel ist das der Tag vor dem Bezug einer Rente wegen Alters (§ 9 Abs. 2 Buch[X.]b [X.]).

B. Mit der Begründung des [X.] durfte der Hauptantrag nicht abgewiesen werden. Aufgrund der festgestellten Tatsachen kann der [X.] nicht abschließend darüber entscheiden, ob der Kläger ab 1. April 2007 Anspruch auf Abschluss eines [X.] im [X.] hat.

I. Das [X.] hat angenommen, der Anspruch aus § 2 Abs. 2 [X.] auf Abschluss eines [X.] im [X.] scheitere bereits daran, dass die unstreitige Überschreitung der [X.] aus § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] die Entstehung des Anspruchs verhindere. Das ist zutreffend. Folgerichtig beschränkt sich die Revision zur Stützung des klägerischen Anspruchs nur noch auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil die Beklagte freiwillig auch nach Überschreiten der [X.] von 5 % in mindestens 30 Fällen Altersteilzeitarbeitsverträge vereinbarte.

II. Der [X.] kann wegen fehlender ausreichender Feststellungen des [X.] nicht prüfen, ob der Kläger Anspruch auf Abschluss eines [X.] im [X.] hat.

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung seiner selbst gegebenen Regelung gleichzubehandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt. Bei freiwilligen Leistungen muss der Arbeitgeber die Leistungsvoraussetzungen so abgrenzen, dass Arbeitnehmer nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen werden. Verstößt der Arbeitgeber bei der Gewährung freiwilliger Leistungen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, hat der benachteiligte Arbeitnehmer Anspruch auf die vorenthaltene Leistung([X.]Rspr., vgl. [X.] 14. August 2007 - 9 [X.] - Rn. 19, [X.] 123, 358 ; 11. April 2006 9 [X.] - Rn. 11, [X.] 100 TVöD-AT § 3 Gleichbehandlung Alter Nr. 1 ) .

2. Das [X.] hat angenommen, die Beklagte habe berechtigt danach differenziert, ob dem Abschluss von freiwilligen Altersteilzeitarbeitsverträgen jeweils dringende dienstliche oder betriebliche Belange entgegengestanden hätten oder nicht. Dem Vortrag der Beklagten zu den Hintergründen des Abschlusses von freiwilligen Altersteilzeitarbeitsverträgen seien bis auf den Umstand, dass jeweils keine dringenden dienstlichen oder betrieblichen Gründe entgegengestanden hätten, keine sonstigen Differenzierungsgründe zu entnehmen. Dem Abschluss eines [X.] mit dem Kläger auch im [X.] hätten demgegenüber dringende dienstliche Belange entgegengestanden. Aufgrund des substantiierten Vorbringens der Beklagten zu den derzeitigen und zukünftigen Bauaufgaben und den dem Kläger obliegenden [X.] sei nachvollziehbar geworden, dass sich das Arbeitsvolumen des [X.] nicht verringern lasse. Eine Aufteilung des Arbeitsplatzes auf zwei Arbeitnehmer in Teilzeit führe zu den ebenfalls nachvollziehbaren Defiziten.

3. Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Der Kläger rügt zu Recht, der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 18. September 2008 überreichten Liste mit den Mitarbeitern, mit denen sie freiwillige Altersteilzeitarbeitsverträge vereinbart habe, ließen sich entgegen der Auffassung des [X.] die von der Beklagten behaupteten Rechtfertigungsgründe nicht entnehmen. Die Beklagte hat zu ihrer Liste vorgetragen, sie enthalte die ab dem 1. Januar 2004 geschlossenen [X.]se im [X.]. Dabei habe es sich bis auf einige Härtefälle um solche Fälle gehandelt, in denen eine Nachbesetzung in der Freistellungsphase nicht möglich gewesen wäre.

4. Der [X.] ist insoweit widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Die Liste enthält unter der Rubrik „Gründe“ bei zwölf Arbeitnehmern den Hinweis „keine Nachbesetzung in der Freistellungsphase notwendig gewesen“.

Die Notwendigkeit einer Nachbesetzung in der Freistellungsphase kann sich im [X.] nur im Blockmodell ergeben. Im [X.] gibt es keine Freistellungsphase. Es handelt sich bei diesen Arbeitnehmern deshalb entgegen dem Vortrag der Beklagten entweder um [X.] im Blockmodell, oder die Liste ist unrichtig. Zumindest lässt sich hieraus allein nicht der von der Beklagten behauptete sachliche Grund für die unterschiedliche Behandlung entnehmen. Dies wird das [X.] aufzuklären haben. Nur dann kann überprüft werden, welche Differenzierung die Beklagte vornahm und ob diese eine Benachteiligung des [X.] rechtfertigt.

III. Da die Sachentscheidung über den Hauptantrag noch aussteht, kann der [X.] nicht über den hilfsweise gestellten Antrag auf Abschluss eines [X.] im Blockmodell erkennen. Der [X.] weist insoweit auf folgende Gesichtspunkte hin:

1. Grundsätzlich kann der Arbeitnehmer es dem Arbeitgeber überlassen, ob die Altersteilzeit im Block- oder im [X.](§ 3 Abs. 2 Buch[X.]a und b [X.]) durchgeführt werden soll. Er hat ohnehin keinen uneingeschränkten Anspruch auf eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit. Dennoch kann der Arbeitnehmer die Verteilung der Arbeitszeit ausschließlich mit einem bestimmten Modell anbieten. Der Arbeitgeber entscheidet hierüber dann gemäß § 106 Satz 1 [X.], § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen ([X.] 23. Januar 2007 - 9 [X.] - Rn. 37, [X.] 121, 55). Ebenso ist es möglich, die Art der Verteilung der verringerten Arbeitszeit im Rangverhältnis anzubieten (zB vorrangig im [X.] und hilfsweise im Blockmodell).

a) Der Kläger überließ der Beklagten nicht die Auswahl darüber, ob sich die Arbeitszeit während des [X.] im [X.] oder im Blockmodell verteilen soll. Das wäre möglich gewesen. Die von dem beklagten Land geschuldete Erklärung gilt in einem solchen Fall zwar nicht allein aufgrund des rechtskräftigen Urteils(§ 894 ZPO) als abgegeben, weil durch ein stattgebendes Urteil nur über einen Anspruch des [X.] auf Änderung des Arbeitsvertrags entschieden wird. Ein solches Urteil, das dem Schuldner die Wahl zwischen zwei möglichen [X.] und den hierfür in Betracht kommenden Willenserklärungen überlässt, betrifft eine nicht vertretbare Handlung und ist nach § 890 ZPO zu vollstrecken ([X.] 12. Dezember 2000 - 9 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.] 96, 363).

b) Die Auslegung des Schreibens vom 26. Januar 2007 kann ergeben, dass der Kläger der Beklagten nur das Angebot auf Abschluss eines [X.] im [X.] anbot.

aa) Nach dem Auslegungsmaßstab der §§ 133, 157 BGB ist der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war([X.] 23. Mai 2007 - 10 [X.] - Rn. 18, [X.] TVG § 1 Tarifverträge: Großhandel Nr. 24).

bb) Der Kläger „beantragte“ die Beschäftigung im [X.] mit 50 % seiner Arbeitszeit ab dem 1. April 2007. Damit machte er hinreichend deutlich, die Beklagte möge sein Angebot(Antrag) auf gerade diese Verteilung seiner Arbeitszeit im Rahmen eines [X.] annehmen. Das Schreiben enthält keinerlei Hinweise, der Kläger wolle alternativ oder hilfsweise auch eine Verteilung im Blockmodell anbieten. Lediglich die Verteilung seiner im [X.] verringerten Arbeitszeit auf die Woche überließ er dem Direktionsrecht der Beklagten. Danach „möchte“ er seine Arbeitszeit an drei beliebigen Tagen in der Woche mit jeweils 6,5 Stunden täglich vereinbaren. Der Kläger hat sein Angebot auch selbst so verstanden. Er hat mit der Klageschrift nur beantragt, seinen Antrag auf Abschluss eines [X.] im [X.] anzunehmen.

2. Erst mit Schriftsatz vom 9. Juni 2008, dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 13. Juni 2008 zugegangen, machte der Kläger hilfsweise eine Verteilung seiner Arbeitszeit im Blockmodell geltend. Selbst wenn diese Erklärung als weiteres rechtsgeschäftliches Angebot an die Beklagte zu verstehen sein sollte, wäre sie nicht geeignet, eine Pflicht der Beklagten zur entsprechenden Änderung des Arbeitsverhältnisses rückwirkend zum 1. April 2007 zu begründen.

a) Arbeitsvertragsparteien sind zwar rechtlich nicht gehindert, das zwischen ihnen bereits begründete Arbeitsverhältnis zu ändern. Auch eine rückwirkende Vertragsänderung ist zulässig und unterliegt vorbehaltlich zwingenden Rechts keinen Beschränkungen(vgl. [X.] 23. Januar 2007 - 9 [X.] - Rn. 40, [X.] 121, 55). Die rückwirkende Änderung eines Arbeitsverhältnisses in ein [X.] ist jedoch nur eingeschränkt möglich. Das [X.] muss aus steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Gründen vor seinem Beginn vereinbart werden. Eine rückwirkende „Umwidmung“ oder Umwandlung eines Arbeitsverhältnisses in ein [X.] mit Wirkung gegenüber der Sozialversicherung oder der [X.] ist grundsätzlich ausgeschlossen. Der [X.] hat dies ausnahmsweise nur dann zugelassen, wenn die rückwirkende Begründung des [X.] das Ergebnis einer gerichtlichen Auseinandersetzung ist, aufgrund derer der Arbeitnehmer seinen rechtzeitig geltend gemachten Anspruch auf Begründung eines [X.] mit Erfolg durchsetzt (ausführlich [X.] 23. Januar 2007 - 9 [X.] - Rn. 47 ff., aaO). Das setzt ein rechtzeitiges, auf die Zukunft gerichtetes Angebot des Arbeitnehmers voraus.

b) Hieran fehlt es für die begehrte Vertragsänderung mit Wirkung vom 1. April 2007, da der Kläger ein entsprechendes Angebot gegenüber der Beklagten erst mit Schriftsatz vom 9. Juni 2008 abgab.


        

    Düwell    

        

    Gallner    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Pfelzer    

        

    [X.]    
                 

Meta

9 AZR 155/09

04.05.2010

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 12. Februar 2008, Az: 93 Ca 10694/07, Urteil

§ 253 Abs 2 ZPO, § 894 S 1 ZPO, § 133 BGB, § 157 BGB, § 3 Abs 1 AltTZG 1996, § 2 AltTZTV, § 3 AltTZTV, § 9 AltTZTV, § 315 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 04.05.2010, Az. 9 AZR 155/09 (REWIS RS 2010, 6960)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6960

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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