Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 07.02.2023, Az. 2 BvR 1057/22

2. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2023, 692

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Stattgebender Kammerbeschluss: Anforderungen der Rechtsschutzgarantie (Art 19 Abs 4 S 1 GG) an die Auslegung und Anwendung der Rücknahmefiktion des § 92 Abs 2 VwGO bzw des § 81 AsylG (juris: AsylVfG 1992) - hier: Grundrechtsverletzung durch ungerechtfertigte Einstellung eines asylrechtlichen Verwaltungsgerichtsverfahrens gem § 81 S 1 AsylVfG 1992, 92 Abs 3 S 1 VwGO bei fortbestehendem Rechtsschutzinteresse des Betroffenen - kein Anlass für Betreibensaufforderung bei offenem Akteneinsichtsantrag - Gegenstandswertfestsetzung


Tenor

Das Urteil des [X.] vom 10. Mai 2021 - 12 K 3315/20.F.A - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 Grundgesetz. Die Entscheidung wird aufgehoben. Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Damit werden die Beschlüsse des [X.] vom 24. März 2022 und vom 30. Mai 2022 - jeweils 6 A 1330/21.Z.A - gegenstandslos.

Das [X.] hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000 (in Worten: zehntausend) Euro festgesetzt.

Gründe

1

1. Der am 13. Dezember 2002 geborene [X.]eschwerdeführer ist [X.] Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 14. Oktober 2019 in die [X.] ein und stellte am 24. Januar 2020 einen Asylantrag. Mit [X.]escheid vom 3. Dezember 2020 lehnte das [X.] ([X.]) den Antrag ab, verneinte das Vorliegen von zielstaatsbezogenen [X.], drohte die Abschiebung in den [X.] unter Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise an und ordnete ein Einreise- und Aufenthaltsverbot an.

2

2. Gegen diesen [X.]escheid erhob der Prozessbevollmächtigte des [X.]eschwerdeführers am 9. Dezember 2020 ohne [X.]egründung Klage zum [X.] und beantragte im selben Schriftsatz die Gewährung von Akteneinsicht in die behördliche Verfahrensakte.

3

3. Am 11. Dezember 2020 bestätigte das [X.] den Eingang der Klage und verwies wegen der Klagebegründung auf eine erteilte [X.]elehrung zu § 74 Abs. 2 [X.]. Eine Übersendung der Verfahrensakte erfolgte nicht.

4

4. Mit Schreiben vom 15. Januar 2021 erinnerte das [X.] den Prozessbevollmächtigten des [X.]eschwerdeführers an die Vorlage der Klagebegründung. Dieses Erinnerungsschreiben wurde jedoch nicht an den [X.]eschwerdeführer übersandt.

5

5. Mit [X.]etreibensaufforderung vom 10. März 2021, dem Prozessbevollmächtigten des [X.]eschwerdeführers zugestellt am 12. März 2021, wurde der [X.]eschwerdeführer aufgefordert, binnen eines Monats nach Zustellung des Schreibens sein individuelles Verfolgungsschicksal zu schildern und mitzuteilen, warum es ihm im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zumutbar sei, in sein Heimatland zurückzukehren. Im Schreiben erfolgte der Hinweis, dass bei Nichteinhaltung der Frist die Klage nach § 81 [X.] als zurückgenommen gelte und der [X.]eschwerdeführer die Ko-sten des Verfahrens zu tragen habe.

6

6. Mit Schreiben vom 12. April 2021 teilte der Prozessbevollmächtigte des [X.]eschwerdeführers dem [X.] vorsorglich mit, dass das Rechtsschutzinteresse des [X.]eschwerdeführers unvermindert fortbestehe. Zur Anwendung des § 81 [X.] verwies er auf seinen Vortrag in einem ebenfalls von ihm geführten Verfahren vor derselben Kammer des [X.]. Im Übrigen erinnerte er an den Antrag auf Akteneinsicht und führte aus, dass die [X.]egründung der Klage ohne Vorliegen der Verfahrensakte der [X.]eklagten wenig sinnvoll sei.

7

7. Mit [X.]eschluss vom 16. April 2021 stellte das [X.] das Verfahren wegen Nichtbetreibens gemäß § 81 Satz 1 [X.] nach § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO ein.

8

8. Am 21. April 2021 wies der Prozessbevollmächtigte des [X.]eschwerdeführers darauf hin, dass das Rechtsschutzinteresse des [X.]eschwerdeführers fortbestehe und die beantragte Akteneinsicht bisher nicht gewährt worden sei. Er beantragte vor diesem Hintergrund die Fortsetzung des Verfahrens. Auf Rückfrage des Gerichts vom 23. April 2021 verzichtete der [X.]eschwerdeführer auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Am 4. Mai 2021 übermittelte das Gericht dem Prozessbevollmächtigen einen Ausdruck der elektronischen Verfahrensakte des [X.].

9

9. Mit angegriffenem Urteil vom 10. Mai 2021 stellte das [X.] fest, dass die Klage als zurückgenommen gelte. Das gerichtliche Verfahren sei durch den Eintritt der Fiktion der Klagerücknahme nach § 81 Satz 1 [X.] wirksam beendet worden. Die sachlichen Voraussetzungen für die [X.]etreibensaufforderung hätten entgegen der Ansicht des [X.]eschwerdeführers vorgelegen. Vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG müssten sachlich begründete konkrete Anhaltspunkte zu Tage treten, die darauf hinweisen, dass beim Kläger das Rechtsschutzinteresse entfallen sein könnte. Unter Verweis auf den [X.]eschluss des [X.] vom 18. September 2002 ([X.], juris, Rn. 4) führte das Gericht aus, dass bereits zum Zeitpunkt der gerichtlichen [X.]etreibensaufforderung sachlich begründete Anhaltspunkte für einen Wegfall des [X.] beim Kläger bestehen müssten. Derartige Zweifel am Rechtsschutzinteresse seien bei der Verletzung von Mitwirkungspflichten anzunehmen, wozu auch die [X.] des § 74 Abs. 2 Satz 1 [X.] gehöre. Der Umfang der [X.]egründungspflicht ergebe sich aus der Mitwirkungspflicht des Asylklägers nach § 15 [X.] in Verbindung mit § 86 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwGO. Er müsse die Gründe für eine ihm drohende politische Verfolgung in schlüssiger Form vortragen. Da die [X.] gesetzlich statuiert sei, bedürfe es auch keiner prozessleitenden Verfügung des Gerichts zur Konkretisierung dieser Pflicht. Eine [X.]etreibensaufforderung nach § 81 [X.] könne zulässigerweise an die Verletzung der [X.] des § 74 Abs. 2 [X.] geknüpft werden. Die Frist zur Vorlage der Klagebegründung habe für den [X.]eschwerdeführer einen Monat nach Zustellung des [X.]escheids des [X.] am 7. Januar 2021 geendet. Hierüber sei auch in der Rechtsmittelbelehrung des [X.]escheids belehrt worden. Unerheblich sei, dass dem [X.]evollmächtigten bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Einsicht in die [X.]ehördenakte gewährt worden war, denn der Gesetzgeber gehe vor dem Hintergrund der [X.] des § 74 Abs. 2 Satz 1 [X.] davon aus, dass eine Klagebegründung auch schon vor Akteneinsicht vorzulegen sei. Zudem habe zu diesem Zeitpunkt bereits die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit dem angefochtenen [X.]escheid bestanden, der dem [X.]eschwerdeführer vorgelegen habe. Der bloße Hinweis des [X.]eschwerdeführers, er habe weiterhin Interesse an der Fortführung des Verfahrens, stelle kein [X.]etreiben des Verfahrens im Sinne von § 81 Satz 1 [X.] dar, weil er mit dem gerichtlichen Schreiben vom 15. Januar 2021 ausdrücklich zur Vorlage einer Klagebegründung aufgefordert worden sei.

10. Am 14. Juni 2021 beantragte der [X.]eschwerdeführer die Zulassung der [X.]erufung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 [X.] in Verbindung mit § 138 Nr. 3 VwGO. Er sei durch das Urteil in seinem Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Durch die fehlerhafte [X.]ejahung der Voraussetzungen der fiktiven Klagerücknahme sei ihm die Möglichkeit genommen worden, die Rechtswidrigkeit des [X.]escheids geltend zu machen, was unter Verweis auf den [X.]eschluss der [X.] des Zweiten Senats des [X.] vom 5. März 2019 (2 [X.]vR 12/19, Rn. 14) eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG darstelle.

11. Mit angegriffenem [X.]eschluss des [X.] vom 24. März 2022, dem Prozessbevollmächtigten des [X.]eschwerdeführers zugestellt am 30. März 2022, wurde der Antrag auf Zulassung der [X.]erufung abgelehnt.

12. Am 2. Mai 2022 erhob der Prozessbevollmächtigte des [X.]eschwerdeführers Anhörungsrüge und beantragte, das Verfahren fortzuführen. Zudem beantragte er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

13. Mit nicht angegriffenem [X.]eschluss vom 30. Mai 2022 verwarf der [X.] die Anhörungsrüge als unzulässig. Unter anderem führte er aus: Die Einhaltung der Rügefrist könne mangels Glaubhaftmachung des tatsächlichen Zeitpunkts der Kenntniserlangung nicht beurteilt werden, sodass der [X.]eschwerdeführer so zu behandeln sei, als habe er die Frist versäumt. Die Rüge sei gemäß § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben und der Zeitpunkt der Kenntniserlangung glaubhaft zu machen. Der Prozessbevollmächtigte habe vorgetragen, die Tatsache, dass die verwaltungsgerichtliche Erinnerung an die Vorlage der Klagebegründung vom 15. Januar 2021 ihm nicht vorliege, habe er unmittelbar nach Eingang des [X.]eschlusses des [X.] am 30. März 2022 feststellen können. Dieser habe jedoch weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, weshalb er dennoch über zwei Wochen in den sonstigen [X.]üroräumen gesucht habe, bevor er am 22. April 2022 das Gericht telefonisch kontaktiert habe. Die Anhörungsrüge sei überdies unbegründet, weil es an der Entscheidungserheblichkeit der Gehörsverletzung fehle.

1. Ebenfalls am 2. Mai 2022 hat der [X.]eschwerdeführer Verfassungsbeschwerde zum [X.] erhoben. Er rügt eine Verletzung in seinen Rechten aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und Art. 103 Abs. 1 GG.

a) Das Urteil des [X.] vom 10. Mai 2021 verletze ihn in seinem Grundrecht auf einen wirksamen Rechtsbehelf aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Das Verwaltungsgericht habe das Klageverfahren zu Unrecht nach § 81 [X.] eingestellt. Es habe kein hinreichender Anlass für eine [X.]etreibensaufforderung bestanden. Deshalb hätte der [X.] nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 [X.] in Verbindung mit § 138 Nr. 3, § 108 Abs. 2 VwGO die [X.]erufung zulassen müssen. [X.]ereits drei Monate nach Klageerhebung sei die [X.]etreibensaufforderung verfügt worden. Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2020 sei noch eine Vollmacht überreicht worden, worin sich ein Fortbestehen des [X.] zeige. Unter Verweis auf den [X.]eschluss des [X.] vom 3. Juli 1996 (13 ZU 2749/95, juris), sei zwar davon auszugehen, dass nach der obergerichtlichen Rechtsprechung unter bestimmten Voraussetzungen eine [X.]etreibensaufforderung an die Verletzung der [X.] nach § 74 Abs. 2 [X.] angeknüpft werden dürfe. Nach den Ausführungen der [X.] des Zweiten Senats des [X.] im [X.]eschluss vom 19. Mai 1993 (2 [X.]vR 1972/92, juris) müssten zum Zeitpunkt des Erlasses der [X.]etreibensaufforderung jedoch sachlich begründete Anhaltspunkte für einen Wegfall des [X.] des Klägers bestehen. Nach der durch den [X.]eschluss der [X.] des [X.] des [X.] vom 17. September 2012 (1 [X.]vR 2254/11) geprägten Rechtsprechung zu § 92 Abs. 2 VwGO, die auch für § 81 Abs. 1 [X.] gelte, solle die Rücknahmefiktion nämlich die Voraussetzungen für die Annahme eines weggefallenen [X.] festlegen und gesetzlich legitimieren und nicht als Sanktion für einen Verstoß gegen prozessuale Mitwirkungspflichten gedeutet werden. Zudem sei die Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten dem [X.] aus einer Vielzahl von anderen anhängigen Asylverfahren bekannt und damit auch, dass die Klage zu einem späteren Zeitpunkt begründet worden wäre. Die Annahme des [X.], dass das Rechtsschutzinteresse nicht mehr bestehe, verletze die durch die dargestellte Rechtsprechung des [X.] gesetzten Grenzen in unzulässiger Weise.

Sein Prozessbevollmächtigter habe das Verfahren auch fristgerecht betrieben. Er habe dem Gericht innerhalb der Frist des § 81 [X.] mitgeteilt, dass das Rechtsschutzinteresse fortbestehe und durch den Verweis auf sein Vorbringen in einem anderen Verfahren darauf hingewiesen, dass die Anwendung des § 81 [X.] rechtsfehlerhaft sei. Durch den Antrag auf Akteneinsicht, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewährt worden war, habe der Prozessbevollmächtigte implizit zum Ausdruck gebracht, dass eine Klagebegründung nach Einsichtnahme erfolgen würde. Indem das [X.] in seinem Urteil vom 10. Mai 2021 festgestellt habe, dass die Klage als zurückgenommen gelte, habe es sich in Widerspruch dazu gesetzt, dass es seinem Prozessbevollmächtigten am 4. Mai 2021 die [X.]ehördenakte übersandt hatte. Die [X.] des Zweiten Senats des [X.] habe im [X.]eschluss vom 5. März 2019 (2 [X.]vR 12/19) festgestellt, dass der dortige [X.]eschwerdeführer, nachdem sich ein Anwalt für ihn bestellt und Akteneinsicht beantragt hatte, im Hinblick auf das einschlägige Verfahrensstadium hinreichend zu erkennen gegeben habe, dass er an der Fortführung des Klageverfahrens interessiert sei.

b) Die Nichtzulassung der [X.]erufung durch den [X.] verletze ihn in seinem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf aus Art. 19 Abs. 4 GG. Die [X.] des [X.] des [X.] habe in einem [X.]eschluss vom 18. Februar 2022 (1 [X.]vR 305/21) entschieden, dass der Zugang zu den vom Gesetzgeber geschaffenen Instanzen nicht durch übermäßig strenge Handhabung der verfahrensrechtlichen Schranken in unzumutbarer und ungerechtfertigter Weise erschwert werden dürfe. Der [X.] hätte die [X.]erufung aufgrund der fehlerhaften Einstellung des Verfahrens nach § 138 Nr. 3 VwGO, § 78 Abs. 3 Nr. 3 [X.] zulassen müssen. Der [X.]hof überspanne die Anforderungen an das ordnungsgemäße [X.]etreiben, indem er anführe, dass lediglich die Vorlage der Klagebegründung geeignet gewesen wäre, den Eintritt der Rücknahmefiktion zu verhindern.

Der [X.]eschluss des [X.] verletze ihn zudem in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör. Denn die [X.] des Zweiten Senats des [X.] habe im [X.]eschluss vom 5. März 2019 (2 [X.]vR 12/19) entschieden, dass die fehlerhafte [X.]ejahung der Wirksamkeit der fiktiven Klagerücknahme auch einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG darstelle, weil sich das Gericht zu Unrecht nicht mit der Sache selbst befasst habe. Durch die Nichtzulassung der [X.]erufung habe sich der [X.] nicht materiell-rechtlich mit dem eigentlichen Asylverfahren und seiner Verfolgungsfurcht befasst. Durch die Annahme, dass ein Gehörsverstoß durch das [X.] nicht vorliege, perpetuiere der [X.] den Gehörsverstoß durch die erstinstanzliche Entscheidung.

2. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem [X.] vorgelegen. Das [X.] und für Heimat, das [X.] Ministerium der Justiz und das [X.] hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist gemäß § 93a Abs. 2 [X.]uchstabe b [X.] zur Durchsetzung der Rechte des [X.]eschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt. Die für die [X.]eurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen rechtlichen Fragen hat das [X.] bereits geklärt. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und offensichtlich begründet.

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

Dabei kann offen bleiben, ob die Anhörungsrüge verfristet ist, wie der [X.] in seinem [X.]eschluss vom 30. Mai 2022 ausführt, oder ob der [X.]eschwerdeführer die Kenntnis von der Gehörsverletzung erst durch Mitteilung des [X.] vom 28. April 2022 erlangt hat, dass die Verfügung vom 15. Januar 2021, ihn an die Klagebegründung zu erinnern, nicht ausgeführt worden sei, so dass die Anhörungsrüge gemäß § 152a Abs. 2 VwGO fristgerecht erfolgte. Denn es ist jedenfalls davon auszugehen, dass der [X.]eschwerdeführer den Rechtsweg ordnungsgemäß erschöpft hat (§ 90 Abs. 2 Satz 1 [X.]).

a) Die Anhörungsrüge gehörte vorliegend zum nach § 90 Abs. 2 Satz 1 [X.] auszuschöpfenden Rechtsweg.

Wird mit der Verfassungsbeschwerde auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht, so gehört eine Anhörungsrüge an das Fachgericht zu dem Rechtsweg, von dessen Erschöpfung die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 [X.] im Regelfall abhängig ist (vgl. [X.] 134, 106 <113 Rn. 22> m.w.N.). Dies ist allerdings dann nicht zu verlangen, wenn die Anhörungsrüge von vornherein aussichtslos und damit unzumutbar ist. [X.] ist ein Rechtsbehelf von vornherein, wenn er offensichtlich unstatthaft oder unzulässig ist. Dies ist unter anderem der Fall, wenn mit der Anhörungsrüge lediglich durch ein [X.] nicht geheilte, also perpetuierte Gehörsverstöße gerügt werden oder wenn in der Sache gar kein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG geltend gemacht wird (vgl. [X.], 300 <302 f.>).

Vorliegend gehört die Anhörungsrüge zum formellen Rechtsweg. Der [X.]eschwerdeführer sieht sich in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil der [X.] im [X.]eschluss vom 24. März 2022 fälschlicherweise davon ausgegangen sei, dass ihm das Schreiben vom 15. Januar 2021 zugestellt worden sei und vor diesem Hintergrund entschieden habe, dass das [X.] den Wegfall des [X.] habe unterstellen dürfen. Mit der auf diese Wertung gestützten Ablehnung des Antrags auf Zulassung der [X.]erufung habe der [X.] ihm seinen Vortrag zu den [X.] endgültig abgeschnitten. Nach der Rechtsprechung der [X.] des Zweiten Senats vom 5. März 2019 (2 [X.]vR 12/19) verletzt die fehlerhafte [X.]ejahung der Wirksamkeit einer fiktiven Klagerücknahme neben Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zugleich den Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass in einer auf einer solchen fehlerhaften Wertung basierenden Ablehnung des [X.] aus § 78 Abs. 3 Nr. 3 [X.], § 138 VwGO ebenfalls nicht nur ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, sondern auch ein Gehörsverstoß liegt. Die statthafte Anhörungsrüge war vor diesem Hintergrund nicht offensichtlich aussichtslos. Mit dieser Rüge macht der [X.]eschwerdeführer auch keinen bloß perpetuierten Gehörsverstoß geltend, da er eine eigene rechtliche Wertung des [X.] angreift.

Darüber hinaus musste der [X.]eschwerdeführer die Anhörungsrüge auch unter Subsidiaritätsgesichtspunkten erheben. Denn erst in diesem Rahmen war es ihm überhaupt möglich, vor den Fachgerichten dazu vorzutragen, dass das Schreiben vom 15. Januar 2021 tatsächlich nie abgesendet worden war, und eine auf diesem Vortrag basierende Prüfung des [X.] herbeizuführen. Hätte er unmittelbar den [X.]eschluss des [X.] vom 24. März 2022 mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen, wäre diese wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der formellen Subsidiarität als unzulässig abgelehnt worden.

b) Von einer ordnungsgemäßen Rechtswegerschöpfung ist auch für den Fall, dass die Anhörungsrüge verfristet wäre, ausnahmsweise auszugehen. Denn der [X.] hat im [X.]eschluss vom 30. Mai 2022 zugleich Ausführungen dazu gemacht, dass die Anhörungsrüge mangels Entscheidungserheblichkeit des gerügten Gehörsverstoßes unbegründet wäre. In einem solchen Fall kann die Unzulässigkeit des fachgerichtlichen Rechtsbehelfs dem [X.]eschwerdeführer nicht als Grund für die Unzulässigkeit seiner Verfassungsbeschwerde entgegengehalten werden, weil insoweit das mit dem Gebot der Rechtswegerschöpfung verfolgte Ziel - dem [X.] durch die umfassende fachgerichtliche Vorprüfung der [X.]eschwerdepunkte ein in mehreren Instanzen geprüftes Tatsachenmaterial zu verschaffen und ihm die Fall- und Rechtsanschauung der Gerichte zu vermitteln - in der Regel erreicht ist (vgl. [X.] 13, 181 <185 f.>; 13, 409 <415>; 19, 157 <162>; [X.], [X.]eschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 21. September 2018 - 2 [X.]vR 1649/17 -, Rn. 23; vgl. dazu auch [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl. 2022, § 90 Rn. 169).

2. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.

a) Das [X.] hat durch die Feststellung, dass die Klage als zurückgenommen gelte, gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verstoßen.

aa) (1) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet den Rechtsweg im Rahmen der jeweiligen einfachgesetzlichen Prozessordnungen. Der Weg zu den Gerichten, insbesondere auch zur inhaltlichen Überprüfung einer Verwaltungsentscheidung, darf von der Erfüllung und dem Fortbestand bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig gemacht werden (vgl. [X.] 9, 194 <199 f.>; 10, 264 <267 f.>; 27, 297 <310>; 35, 65 <72 f.>). Die dem Gesetzgeber obliegende normative Ausgestaltung des Rechtswegs muss aber das Ziel dieser Rechtsgewährleistung, nämlich den wirkungsvollen Rechtsschutz, auch tatsächlich verfolgen und ermöglichen (vgl. [X.] 110, 77 <85>). Sie muss im Hinblick darauf geeignet und angemessen sowie für den Rechtsuchenden zumutbar sein (vgl. [X.] 77, 275 <284>). Der Zugang zu den Gerichten und zu den in den [X.] eingeräumten Instanzen darf nicht in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. [X.] 40, 272 <274 f.>; 78, 88 <99>; 110, 77 <85>; stRspr). Dieser Grundsatz gilt auch innerhalb des jeweils eingeleiteten Verfahrens, soweit es darum geht, sich dort effektiv Gehör verschaffen zu können, und nicht nur für die Eröffnung des Zugangs zum Gericht selbst (vgl. [X.] 81, 123 <129>). Der gerichtlichen Durchsetzung des materiellen Anspruchs dürfen auch hier nicht unangemessen hohe verfahrensrechtliche Hindernisse in den Weg gelegt werden (vgl. [X.] 53, 115 <127 f.>).

(2) Im Einklang mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG setzt jede an einen Antrag gebundene gerichtliche Entscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis voraus (vgl. [X.] 61, 126 <135>; 96, 27 <39 f.>; 110, 77 <85>). Nur derjenige, der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, hat einen Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung; fehlt es daran, so ist das prozessuale [X.]egehren als unzulässig abzuweisen.

Das erforderliche Rechtsschutzinteresse kann im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens entfallen. Vom Wegfall eines ursprünglich gegebenen [X.] kann ein Gericht im Einzelfall auch dann ausgehen, wenn das Verhalten eines rechtsschutzsuchenden Verfahrensbeteiligten Anlass zu der Annahme bietet, dass ihm an einer Sachentscheidung mangels Sachbescheidungsinteresses nicht mehr gelegen ist (vgl. [X.], [X.]eschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 27. Oktober 1998 - 2 [X.]vR 2662/95 -, Rn. 17).

(3) Eine Regelung über eine Verfahrensbeendigung wegen unterstellten Wegfalls des [X.] ist grundsätzlich von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (vgl. [X.], [X.]eschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 19. Mai 1993 - 2 [X.]vR 1972/92 -, juris). Allerdings führt die Rücknahmefiktion des § 92 Abs. 2 VwGO beziehungsweise nach § 81 [X.] zur [X.]eendigung des [X.] mit möglicherweise irreversiblen Folgen, insbesondere, wenn behördliche Ausgangsentscheidungen dadurch in [X.]estandskraft erwachsen, ohne dass der Kläger dies durch ausdrückliche Erklärung in bewusster Entscheidung herbeigeführt hätte. Die Handhabung eines solch scharfen prozessualen Instruments muss daher im Lichte der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unter strikter [X.]eachtung der gesetzlichen Vorgaben erfolgen, verstanden als Ausnahme von dem Grundsatz, dass ein Kläger oder Antragsteller das von ihm eingeleitete Verfahren auch durchführen will. Insbesondere darf § 92 Abs. 2 VwGO beziehungsweise § 81 [X.] nicht als Sanktion für einen Verstoß gegen prozessuale Mitwirkungspflichten oder für unkooperatives Verhalten eines [X.]eteiligten gedeutet oder eingesetzt werden. Hierfür ist die Rücknahmefiktion nicht konzipiert. Sie soll vielmehr nur die Voraussetzungen für die Annahme eines weggefallenen [X.] festlegen und gesetzlich legitimieren (vgl. zu § 79 AsylVfG [X.]TDrucks 12/2062, [X.]: Vereinfachte [X.]eendigung eines Verfahrens, "an dessen Fortführung der Kläger erkennbar kein Interesse mehr hat"; [X.], 43 <49>).

Zwar gilt auch für die Rücknahmefiktion des § 92 Abs. 2 VwGO beziehungsweise des § 81 [X.], dass nicht jede fehlerhafte Anwendung des einfachen Rechts einen Verfassungsverstoß darstellt. Angesichts der gravierenden, den Rechtsschutz jedenfalls im konkreten Verfahren ohne Sachprüfung abschneidenden Wirkung dieser Vorschrift gebietet Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG jedoch eine strenge Prüfung der fachgerichtlichen Auslegung und Anwendung des § 92 Abs. 2 VwGO beziehungsweise des § 81 [X.] durch das [X.]. Insbesondere hat es zu kontrollieren, ob die von den Verwaltungsgerichten mit Rücksicht auf die Rechtsschutzgarantie herausgearbeiteten Anforderungen an eine zulässige [X.]etreibensaufforderung gewahrt und die Voraussetzungen für die Annahme eines Nichtbetreibens nicht verfehlt, insbesondere der Vorschrift hierbei keine falsche Zielrichtung gegeben wurden. Hiernach müssen zum einen zum Zeitpunkt der [X.]etreibensaufforderung sachlich begründete Anhaltspunkte vorliegen, die den späteren Eintritt der Fiktion als gerechtfertigt erscheinen lassen. Solche Anhaltspunkte sind insbesondere dann gegeben, wenn der Kläger seine prozessualen Mitwirkungspflichten nach § 86 Abs. 1 VwGO verletzt hat (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 5. Juli 2000 - 8 [X.] 119.00 -, NVwZ 2000, S. 1297 <1298>; [X.]eschluss vom 12. April 2001 - 8 [X.] 2.01 -, NVwZ 2001, [X.]; [X.]eschluss vom 7. Juli 2005 - 10 [X.] 1.05 -, juris, Rn. 4). Zum anderen hat ein Kläger das Verfahren nur dann nicht mehr im Sinne von § 81 [X.] betrieben, wenn er innerhalb der Monatsfrist nicht substantiiert dargetan hat, dass und warum das Rechtsschutzbedürfnis trotz des Zweifels an seinem Fortbestehen, aus dem sich die [X.]etreibensaufforderung ergeben hat, nicht entfallen ist (ähnlich [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 7. Juli 2005 - 10 [X.] 1.05 -, juris, Rn. 7; [X.], 43 <50>).

bb) Hieran gemessen bestand schon kein hinreichender Anlass, eine [X.]etreibensaufforderung zu erlassen. Denn am Tag des Erlasses der [X.]etreibensaufforderung, am 10. März 2021, lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der [X.]eschwerdeführer an der Fortführung des Verfahrens kein Interesse hatte.

Als Anhaltspunkt konnte insbesondere nicht die bis zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgte [X.]egründung der am 9. Dezember 2020 erhobenen Klage gewertet werden. Aus der fehlenden Klagebegründung lässt sich im vorliegenden Einzelfall trotz der Mitwirkungspflicht aus § 74 Abs. 2 [X.] kein Wegfall des [X.] des [X.]eschwerdeführers herleiten.

Nach der VwGO ist anerkannt, dass allein das Ausbleiben einer - grundsätzlich vom Gesetz nicht geforderten - Klagebegründung regelmäßig nicht ausreicht, um einen Verstoß gegen die prozessualen Mitwirkungsverpflichtungen eines Klägers anzunehmen, der den Rückschluss auf den Wegfall des Rechtsschutzinter-esses zulässt. Anders liegt der Fall zwar im [X.], da § 15 [X.], § 86 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwGO umfangreiche Mitwirkungspflichten statuieren. Hierzu gehört, dass der Asylbewerber zu den in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch lückenlos zu tragen (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 19. Oktober 2001 - 1 [X.] 24.01 -, juris, Rn. 5; [X.], Urteil vom 22. Februar 2018 - 1 K 302/17.KS.A -, juris). Entsprechend verpflichtet § 74 Abs. 2 Satz 1 [X.] den Kläger, die zur [X.]egründung dienenden Tatsachen und [X.]eweismittel binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung des [X.]escheids anzugeben (vgl. zu allem [X.], Urteil vom 14. Februar 2019 - 3 K 6342/17.KS.A -, juris, Rn. 37).

Dennoch reicht im vorliegenden Einzelfall der Umstand, dass der [X.]eschwerdeführer der [X.]egründungspflicht des § 74 Abs. 2 Satz 1 [X.] bis zum Ergehen der [X.]etreibensaufforderung am 10. März 2021 nicht entsprochen hatte, nicht aus, um auf einen Wegfall des [X.] zu schließen. Zum Zeitpunkt des Erlasses der [X.]etreibensaufforderung hatte das [X.] einem Antrag des Prozessbevollmächtigten des [X.]eschwerdeführers auf Akteneinsicht noch nicht Folge geleistet. Es war nicht zwingend zu erwarten, dass dieser die zur [X.]egründung dienenden Tatsachen und [X.]eweismittel trotz der Monatsfrist des § 74 Abs. 2 Satz 1 [X.] vor erfolgter Akteneinsicht angeben würde. Denn die nachteilige Rechtsfolge der Präklusion nach § 74 Abs. 2 Satz 2 [X.], § 87b Abs. 3 VwGO hatte er vor erfolgter Akteneinsicht nicht zu befürchten, da bei nicht rechtzeitig gewährter Akteneinsicht durch das Gericht auch eine Entschuldigung verspäteten Vortrags nach § 87b Abs. 3 VwGO in Frage kommt (vgl. Riese, in: [X.]/[X.], Verwaltungsrecht, 43. EL August 2022, § 87b VwGO, Rn. 58).

Da der [X.]eschwerdeführer das Gericht noch in der Frist im [X.] an die [X.]etreibensaufforderung an die ausstehende Gewährung von Akteneinsicht erinnerte und ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse anzeigte, durfte er auf eine entsprechende Entschuldigung vertrauen. Wenn das [X.] ein fehlendes Rechtsschutzinteresse anknüpfend an den [X.]eschluss des [X.] vom 8. Februar 1999 (- 3 Q 19/99 -, juris) allein aus dem Ablauf der [X.] herleiten möchte, überzeugt dies nicht, da in diesem Verfahren nur fristwahrend Klage erhoben wurde und kein noch offener Antrag auf Akteneinsicht vorlag. Nicht überzeugend ist auch die Anknüpfung an weitere verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, in denen von einem Wegfall des [X.] wegen Verstoßes gegen die Mitwirkungspflichten des § 74 Abs. 2 [X.] ausgegangen wurde, nachdem der jeweilige Kläger zumindest einmal an die Klagebegründung erinnert worden war (vgl. [X.], Urteil vom 14. Februar 2019 - 3 K 6342/17.KS.A -, juris; OVG für das [X.], [X.]eschluss vom 17. August 2000 - 8 A 4052/00.A -, juris). Denn die Erinnerung an die Klagebegründung mit Schreiben des [X.] vom 15. Januar 2021 wurde vom Gericht nie an den [X.]eschwerdeführer übersandt; insofern konnte sie beziehungsweise ihre Nichtbeachtung nicht als Indiz für den Wegfall des [X.] des [X.]eschwerdeführers dienen.

b) Offen bleiben kann, ob das [X.] mit seiner Annahme, dass eine Klagebegründung - spätestens nach einer [X.]etreibensaufforderung - auch ohne Akteneinsicht vorgelegt werden muss, darüber hinaus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.

c) Die angegriffene Entscheidung des [X.] beruht auf dem festgestellten Verfassungsverstoß. Da die Verwaltungsgerichte bisher noch nicht in der Sache entschieden und auch den Sachverhalt, soweit entscheidungserheblich, nicht aufgeklärt haben, ist nicht auszuschließen, dass die Entscheidung in der Sache zu einem für den [X.]eschwerdeführer günstigeren Ergebnis führt.

Das Urteil des [X.] vom 10. Mai 2021 ist gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 [X.] aufzuheben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen. Die [X.]eschlüsse des [X.]n Verfassungsgerichtshofs vom 24. März 2022 und vom 30. Mai 2022 werden dadurch gegenstandslos.

Das [X.] hat dem [X.]eschwerdeführer nach § 34a Abs. 2 [X.] die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG ([X.] 79, 365 <366 ff.>; [X.], 336 <337 f.>).

Meta

2 BvR 1057/22

07.02.2023

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 1. Kammer

Stattgebender Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 24. März 2022, Az: 6 A 1330/21.Z.A, Beschluss

Art 19 Abs 4 S 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 15 AsylVfG 1992, § 74 Abs 2 S 1 AsylVfG 1992, § 81 S 1 AsylVfG 1992, § 92 Abs 2 VwGO, § 92 Abs 3 S 1 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 07.02.2023, Az. 2 BvR 1057/22 (REWIS RS 2023, 692)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 692

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Rücknahmefiktion, Betreibensaufforderung, Aufforderung zur Klagebegründung


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