Bundessozialgericht, Urteil vom 27.08.2019, Az. B 1 KR 37/18 R

1. Senat | REWIS RS 2019, 4131

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Krankenversicherung - Leistungsbeschränkung bei Selbstverschulden - Kostenbeteiligung nach § 52 Abs 2 SGB 5 - Ausübungsermessen - Verfassungsmäßigkeit)


Leitsatz

Die gesetzliche Verpflichtung der Krankenkassen, Versicherte in angemessener Höhe an den Behandlungskosten von Krankheiten zu beteiligen, die sie sich aufgrund medizinisch nicht indizierter ästhetischer Operationen zugezogen haben, verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 5. November 2018 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Beteiligung der Klägerin an den Kosten einer Krankenhausbehandlung.

2

Die 1988 geborene, bei der beklagten Krankenkasse ([X.]) versicherte Klägerin unterzog sich [X.] auf eigene Kosten im Juni 2017 einer medizinisch nicht indizierten ästhetischen Operation in Gestalt einer operativen Brustvergrößerung mittels [X.] ([X.]). Bei der privaten Folgebehandlung wegen Wundheilungsstörungen mit Serom und Nahtdehiszenz im Oktober 2017 wurden die Brustimplantate ausgewechselt. Wegen Wundheilungsstörungen mit Serom, Nahtdehiszenz und Kapselfibrose entfernte ein nach § 108 [X.]B V zugelassenes Krankenhaus in vollstationärer Behandlung die perforierten Brustimplantate (15. bis 18.11.2017). Hierfür vergütete die Beklagte die Fallpauschale (Diagnosis Related Group 2017 ) [X.] (Eingriffe an der Mamma außer bei bösartiger Neubildung mit ausgedehntem Eingriff, ohne [X.], ohne bestimmte Mammareduktionsplastik; 4589,80 Euro). Die Beklagte verpflichtete die Klägerin, zur Beteiligung an diesen Kosten 2294,90 Euro zu zahlen. Dies sei angemessen unter Berücksichtigung der Höhe der [X.], des Bruttoeinkommens der Klägerin (60 224,78 Euro im Jahr 2017), ihrer Pflicht, ihrem Kind Unterhalt zu leisten, sowie dem Rechtsgedanken der Zumutbarkeitsgrenze gemäß § 33 Abs 3 EStG (§ 52 Abs 2 [X.]B V; Bescheid vom 12.3.2018, Widerspruchsbescheid vom 20.6.2018). Das [X.] hat die Klage auf Aufhebung der Verwaltungsentscheidung abgewiesen: Die Beklagte habe ihr Ermessen hinsichtlich der Höhe der Eigenbeteiligung fehlerfrei ausgeübt; die Regelung des § 52 Abs 2 [X.]B V sei verfassungsgemäß (Urteil vom 5.11.2018).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art 3 Abs 1 und 2 GG sowie aus "Art 2 GG" durch die Regelung des § 52 Abs 2 [X.]B V.

4

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
das Urteil des [X.] vom 5. November 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. März 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2018 aufzuheben.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält das angefochtene [X.]-Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der [X.]lägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs 2 [X.]G), ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G). Zu Recht hat das [X.] die zulässige Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 [X.]G) abgewiesen, denn sie ist nicht begründet. Die Beklagte verpflichtete die [X.]lägerin rechtmäßig, zur Beteiligung an den [X.]osten der stationären [X.]rankenhausbehandlung 2294,90 [X.] zu zahlen. Die gesetzlichen Voraussetzungen der [X.]ostenbeteiligung sind erfüllt, die Höhe der Beteiligung ist angemessen (dazu 1.). Die Regelung des § 52 Abs 2 [X.]B V und ihre Anwendung im konkreten Fall verstoßen nicht gegen [X.]recht (dazu 2.).

8

1. Rechtsgrundlage für die [X.]ostenbeteiligung der [X.]lägerin ist § 52 Abs 2 Fall 1 [X.]B V (idF durch Art 6 [X.] zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung - [X.] - vom 28.5.2008, [X.], 899, 906). Danach hat die [X.] die Versicherten, die sich eine [X.]rankheit durch eine medizinisch nicht indizierte ästhetische Operation, eine Tätowierung oder ein Piercing zugezogen haben, in angemessener Höhe an den [X.]osten zu beteiligen. [X.]rankheit im Rechtssinne erfordert auch im Rahmen des § 52 [X.]B V einen regelwidrigen, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichenden [X.]örper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (stRspr zu § 27 [X.]B V, vgl zB B[X.] [X.]-2500 § 27 [X.] Rd[X.] 9; B[X.] [X.]-2500 § 27 [X.]; B[X.]E 100, 119 = [X.]-2500 § 27 [X.], Rd[X.] 10; B[X.]E 93, 252 = [X.]-2500 § 27 [X.], Rd[X.] 4, alle mwN). [X.]rankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen [X.]örperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (stRspr, vgl zB B[X.] [X.]-2500 § 27 [X.] und hierzu [X.] <[X.]ammer> Beschluss vom 5.10.2017 - 1 BvR 1129/16 nv; B[X.] [X.]-2500 § 27 [X.] Rd[X.] 10; B[X.]E 100, 119 = [X.]-2500 § 27 [X.], Rd[X.] 11; B[X.]E 93, 252 = [X.]-2500 § 27 [X.], Rd[X.]; B[X.]E 93, 94, 102 = [X.]-2500 § 13 [X.]; zu einer Hodenprothese B[X.]E 82, 158, 163 f = [X.] 3-2500 § 39 [X.] f; B[X.] [X.] 3-2500 § 33 [X.] 253 f).

9

Medizinisch nicht indizierte ästhetische Operationen im Sinne der Norm sind Operationen, die allein aus Gründen der Änderung der äußeren Wahrnehmung des Operierten erfolgen. Es ist ohne Belang, ob die Operationen von einem Arzt oder einer hierzu nicht beruflich q[X.]lifizierten Person vorgenommen werden. Maßgeblich ist, dass ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Betroffenen erfolgt, um dessen äußeres Erscheinungsbild nach dessen Plan zu verändern. In diesem Sinne definiert sich das [X.] nach dem beabsichtigten äußeren Eindruck, der sich allein aus der Sicht des Behandelten bestimmt. Er und nicht ein objektiv formuliertes Ideal gibt vor, wie er nach dem körperlichen Eingriff äußerlich wahrgenommen werden will. Ästhetische Operationen sind medizinisch nicht indiziert, wenn sie nicht Gegenstand des Anspruchs auf [X.]rankenbehandlung sind (vgl § 27 Abs 1 [X.]B V; zum Begriff der Indikation vgl [X.], NJW 2013, 3334). Sie beruhen dementsprechend weder auf einer Entstellung noch einem sonstigen kurativen Behandlungsgrund (zB als Brustrekonstruktion im Rahmen der Therapie von Brustkrebs, vgl zB B[X.] [X.]-2500 § 27 [X.] Rd[X.] 9, 12, 17 f; B[X.]E 100, 119 = [X.]-2500 § 27 [X.], Rd[X.] 19, oder bei medizinisch gebotener Geschlechtsangleichung in Fällen des gesetzlich besonders geregelten Transsex[X.]lismus, vgl zB B[X.] [X.]-2500 § 27 [X.] Rd[X.]; B[X.]E 111, 289 = [X.]-2500 § 27 [X.], Rd[X.] ff).

Versicherte ziehen sich eine [X.]rankheit durch eine medizinisch nicht indizierte ästhetische Operation, eine Tätowierung oder ein Piercing zu, wenn die medizinisch nicht indizierte ästhetische Operation, die Tätowierung oder ein Piercing die wesentliche Bedingung für die behandlungsbedürftige [X.]rankheit ist (vgl zur Theorie der wesentlichen Bedingung in der [X.] B[X.]E 111, 146 = [X.]-2500 § 35 [X.], Rd[X.] 21 mwN). Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sowie die zugelassenen [X.]rankenhäuser haben die hierfür maßgeblichen Daten an die [X.]n zu übermitteln und die Versicherten darüber zu informieren (vgl § 284 Abs 1 Satz 1 [X.] 4 [X.]B V iVm § 294a Abs 2 [X.]B V, eingefügt durch Art 6 [X.] Buchst c [X.]).

Die Voraussetzungen der Rechtsnorm sind erfüllt. Die [X.]lägerin unterzog sich nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) der im dargelegten Rechtssinn medizinisch nicht indizierten ästhetischen [X.] im Juni 2017. Hierdurch zog sie sich als behandlungsbedürftige [X.]rankheiten (im oben dargelegten Sinn des § 27 Abs 1 [X.]B V) Wundheilungsstörungen mit Serom, Nahtdehiszenz und [X.]apselfibrose bei perforierten Brustimplantaten zu. Durch deren [X.]rankenhausbehandlung (vgl § 27 Abs 1 Satz 1 [X.] 5 [X.]B V iVm § 39 [X.]B V) entstanden [X.]osten iHv 4589,80 [X.] (§ 109 Abs 4 Satz 3 [X.]B V).

Rechtsfolge des § 52 Abs 2 Fall 1 [X.]B V ist, dass die [X.] zwingend über die Beteiligung des Versicherten an den Behandlungskosten der [X.]rankheit zu entscheiden hat, die dieser sich [X.] durch die medizinisch nicht indizierte ästhetische Operation zuzog. Die [X.] hat dabei Ermessen hinsichtlich der Höhe, in welcher sie den Versicherten zwecks [X.]ostenbeteiligung zur Zahlung verpflichtet. Das folgt aus Wortlaut, Entwicklungsgeschichte, Regelungssystem und Regelungszweck.

Bereits nach dem Wortlaut "hat" die [X.] den Versicherten "an den [X.]osten zu beteiligen", allerdings nur "in angemessener Höhe". Die Entwicklungsgeschichte unterstreicht, dass die [X.] in den Fällen des § 52 Abs 2 [X.]B V kein Entschließungs-, sondern nur ein Ausübungsermessen hinsichtlich der Höhe der [X.]ostenbeteiligung haben soll. Die ursprünglich im [X.]B V getroffene Regelung entspricht jener des heutigen § 52 Abs 1 [X.]B V. Sie sollte der [X.] die Entscheidung ermöglichen, ob und in welchem Umfang die Leistungsbeschränkung dem Versicherten oder die uneingeschränkte Leistungserbringung der [X.] zuzumuten ist. Dabei sind nach der Gesetzesbegründung insbesondere der Grad des Verschuldens, die Höhe der Aufwendungen der [X.], die finanzielle Leistungsfähigkeit des Versicherten und seine Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der [X.] und [X.] eines Gesundheitsreformgesetzes - [X.] - BT-Drucks 11/2237 [X.] zu § 51). Art 1 [X.]1 Buchst a Gesetz zur Stärkung des [X.] in der gesetzlichen [X.]rankenversicherung ([X.]-[X.]stärkungsgesetz - [X.]-W[X.]) vom [X.] ([X.]) fügte die Regelung des § 52 Abs 2 [X.]B V ein, die die betroffenen Fallgruppen allerdings noch beispielhaft erwähnte ("Maßnahme wie zum Beispiel eine"). Diese auf den Beispielscharakter hinweisenden Worte strich Art 6 [X.] 7 [X.] mit Wirkung vom [X.] (Art 17 Abs 1 [X.]).

Auch das Regelungssystem verdeutlicht mit der bewusst von § 52 Abs 1 [X.]B V abweichenden Fassung, dass [X.]n nach § 52 Abs 2 [X.]B V nur ein Ausübungsermessen hinsichtlich der Höhe der [X.]ostenbeteiligung haben. Dies entspricht auch dem Regelungszweck: Durch medizinisch nicht notwendige ästhetische Operationen, Piercings und Tätowierungen entstehen oft gravierende Gesundheitsstörungen, deren Behandlung vor Einfügung des § 52 Abs 2 [X.]B V durch die [X.]n finanziert werden musste. Da sich Versicherte, die derartige Maßnahmen durchführen lassen, aus eigenem Entschluss gesundheitlichen Risiken aussetzen, sah es der Gesetzgeber als nicht sachgerecht an, diese Risiken durch die Versichertengemeinschaft abzudecken. Er wollte von den betroffenen Versicherten die Übernahme von Eigenverantwortung einfordern, indem die [X.]n sie an den Behandlungskosten angemessen zu beteiligen haben (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der [X.] und [X.] eines [X.]-W[X.], BT-Drucks 16/3100 [X.] zu [X.]1 - § 52).

Die Beklagte übte ihr Ermessen über die Höhe der [X.]ostenbeteiligung der [X.]lägerin rechtmäßig aus. Sie berücksichtigte entsprechend dem Zweck des Ermessens (vgl oben, BT-Drucks 11/2237 [X.] zu § 51) die Höhe der Aufwendungen der Beklagten, die finanzielle Leistungsfähigkeit der [X.]lägerin, ihre Unterhaltsverpflichtungen, die Regelung des § 33 Abs 3 EStG über die auf das [X.]alenderjahr zu beziehende zumutbare Belastung und den [X.] an § 27a Abs 3 Satz 3 [X.]B V angelehnten Grundsatz, Versicherte in Fällen des § 52 Abs 2 [X.]B V zur Hälfte an den [X.]osten zu beteiligen, wenn dies zumutbar ist. Dies entspricht im Interesse einer Gleichbehandlung der Versicherten ermessensgerecht dem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der [X.]n (22./23.1.2008; Die Leistungen 2008, 423 ff).

2. Weder die konkrete Entscheidung über die [X.]ostenbeteiligung der [X.]lägerin noch die Regelung des § 52 Abs 2 [X.]B V verstößt gegen das [X.]. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der [X.]lägerin greifen nicht durch.

a) Die gesetzliche Verpflichtung der [X.]n, Versicherte an den [X.]osten der [X.]rankenbehandlung von [X.]rankheiten in einer nach pflichtgemäßem Ermessen festzusetzenden Höhe zu beteiligen, die sie sich aufgrund medizinisch nicht indizierter ästhetischer Operationen zugezogen haben, verletzt weder das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art 2 Abs 2 Satz 1 [X.]) noch das Grundrecht aus Art 2 Abs 1 [X.] in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (vgl dazu [X.]E 115, 25, 43 ff = [X.]-2500 § 27 [X.] 5 Rd[X.] 21, 24). Der Gesetzgeber hat lediglich in verhältnismäßiger Weise von seinem Gestaltungsrecht Gebrauch gemacht, den Bereich der Eigenvorsorge zu umreißen. Grundsätzlich nimmt es das [X.]recht hin, dass der Gesetzgeber den Leistungskatalog der [X.] unter Abgrenzung der Leistungen ausgestaltet, die der Eigenverantwortung des Versicherten zugerechnet werden (vgl [X.]E 115, 25, 43 ff = [X.]-2500 § 27 [X.] 5 Rd[X.] 26). Die gesetzlichen [X.]n sind nicht von [X.] wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl [X.]E 115, 25, 43 ff = [X.]-2500 § 27 [X.] 5 Rd[X.]). [X.]unmittelbare Leistungsansprüche erwachsen Versicherten lediglich als Ausnahme in Fällen einer notstandsähnlichen Sit[X.]tion aufgrund einer lebensbedrohlichen oder vorhersehbar tödlich verlaufenden [X.]rankheit, in der ein erheblicher Zeitdruck für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist und für die eine dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode nicht existiert (vgl [X.]E 115, 25, 43 ff = [X.]-2500 § 27 [X.] 5 Rd[X.]; [X.]E 140, 229 = [X.]-2500 § 92 [X.] 18, Rd[X.] 18; [X.] [X.]-2500 § 137c [X.] 8 Rd[X.] 22; B[X.]E 122, 170 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.] 17 ff). Darum geht es bei der [X.]lägerin nicht. Das L[X.] hat unangegriffen keinen zur Lebenserhaltung oder wertungsmäßig hiermit vergleichbaren bestehenden akuten Behandlungsbedarf festgestellt. Die [X.] hat zudem auch in den Fallgestaltungen des § 52 Abs 2 [X.]B V aufgrund des Naturalleistungsprinzips mit allen Leistungen des [X.]-Leistungskatalogs in Vorleistung zu treten. Die Versicherten sind insoweit in ihrem Anspruch auf [X.]rankenbehandlung nach § 27 [X.]B V umfassend geschützt. Ihre ermessensgerechte finanzielle Beteiligung in angemessener Höhe erfolgt erst nachgelagert. Die gesetzliche Regelung über die Beteiligung an den Behandlungskosten schließt es nicht aus, dass die [X.] die [X.]ostenbeteiligung Versicherter an einer überlebenswichtigen Behandlung von Folgen medizinisch nicht indizierter ästhetischer Operationen im Einzelfall in ermessensgerechter angemessener Höhe zB auf einen symbolischen Betrag festsetzt. Die Zuordnung eines ermessensgerechten Anteils der erfassten Behandlungskosten zur Eigenverantwortung der Versicherten ist auch unter Berücksichtigung der Anforderungen des speziellen (dazu sogleich b) und des allgemeinen Gleichheitssatzes zumutbar (vgl unten c).

b) Die Zuordnung eines Teils der Behandlungskosten von Folgen medizinisch nicht indizierter ästhetischer Operationen zur Eigenverantwortung der Versicherten verstößt nicht gegen die Anforderungen des speziellen Gleichheitssatzes. Nach Art 3 Abs 3 Satz 1 [X.] darf niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden. Das Geschlecht darf auch aufgrund des [X.]s in Art 3 Abs 2 [X.] grundsätzlich nicht zum Anknüpfungspunkt und zur Rechtfertigung für rechtlich oder faktisch benachteiligende Ungleichbehandlungen herangezogen werden. Das Diskriminierungsverbot gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine verbotene Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern in erster Linie - oder gänzlich - andere Ziele verfolgt (vgl [X.]E 85, 191, 206; [X.]E 121, 241, 254). Es ist jedoch nicht entscheidend, dass eine Ungleichbehandlung unmittelbar und ausdrücklich an das Geschlecht anknüpft (vgl [X.]E 126, 29, 53). Eine grundsätzlich unzulässige Anknüpfung an das Geschlecht kann - wie nach dem Recht der [X.]päischen Union und nach völkerrechtlichen Verpflichtungen (vgl [X.]E 126, 29, 53 f) - auch dann vorliegen, wenn eine geschlechtsneutral formulierte Regelung aufgrund natürlicher Unterschiede oder der gesellschaftlichen Bedingungen überwiegend Frauen nachteilig trifft (vgl [X.]E 97, 35, 43; [X.]E 104, 373, 393; [X.]E 113, 1, 15 = [X.]-1100 Art 3 [X.]0 Rd[X.] 22; [X.]E 121, 241, 254 f). Denn Art 3 Abs 2 [X.] bietet Schutz auch vor faktischen Benachteiligungen. Die [X.]norm zielt auf die Angleichung der Lebensverhältnisse von Frauen und Männern (vgl [X.]E 87, 1, 42; [X.]E 109, 64, 89; [X.]E 113, 1, 15 = [X.]-1100 Art 3 [X.]0 Rd[X.] 22; [X.]E 126, 29, 53 f). Art 3 Abs 2 Satz 2 [X.] stellt ausdrücklich klar, dass sich das [X.] auf die gesellschaftliche Wirklichkeit erstreckt (vgl [X.]E 92, 91, 109; [X.]E 109, 64, 89). Die Erstreckung des [X.]s auf die gesellschaftliche Wirklichkeit bedeutet aber nicht, dass eine nicht durch strukturelle Benachteiligung geprägte geschlechtsspezifische Präferenz von [X.] wegen als Anknüpfung für eine faktisch benachteiligende Ungleichbehandlung Beachtung finden muss: Das Verbot faktisch benachteiligender Ungleichbehandlung muss den Benachteiligten gerade objektiv in dem Bereich der strukturellen Benachteiligung betreffen. Dies ist nicht der Fall, wenn etwa die unterschiedliche faktische Betroffenheit der Geschlechter nicht auf eine nachteilige Sit[X.]tion von Frauen, sondern auf vorfindliche Einstellungen, insbesondere ein tradiertes Rollenverständnis, gründet (vgl [X.]E 104, 373, 394 - Ausschluss eines [X.]indesdoppelnamens).

Die gesetzliche Verpflichtung der [X.]n, Versicherte an den [X.]osten der [X.]rankenbehandlung von [X.]rankheiten in einer nach pflichtgemäßem Ermessen festzusetzenden Höhe zu beteiligen, die sie sich aufgrund medizinisch nicht indizierter ästhetischer Operationen zugezogen haben, macht weder das Geschlecht zum rechtlichen Anknüpfungspunkt noch zieht es dieses zur Rechtfertigung für eine rechtlich benachteiligende Ungleichbehandlung heran. Rechtlich ist die Regelung geschlechtsneutral sachbezogen gefasst. Sie betrifft auch nicht auf [X.] von der [X.]ostenbeteiligung Betroffene objektiv gerade in einem Bereich struktureller Benachteiligung. Soweit die [X.]lägerin hierzu statistisch untermauert vorträgt, Frauen nähmen zu einem höheren Prozentsatz als Männer Schönheitsoperationen in Anspruch, beruht dies auf freier eigener Entscheidung aufgrund subjektiver individueller Schönheitsvorstellungen und nicht auf struktureller Benachteiligung. Sollte die Entscheidung Betroffener für Schönheitsoperationen auf einem überkommenen Rollenbild aufbauen, gibt die Verfassung keinen Anlass, dieses zu verfestigen.

c) Die gesetzliche Zuordnung eines ermessensgerechten Teils der Behandlungskosten von Folgen medizinisch nicht indizierter ästhetischer Operationen zur Eigenverantwortung der Versicherten ist unter Berücksichtigung der Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes zumutbar. Diese Zuordnung verstößt auch unter Einbeziehung der Wertungen des Art 2 Abs 1 [X.] iVm dem Sozialstaatsgebot und des Art 2 Abs 2 [X.] nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 [X.]).

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 [X.] gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl zB [X.]E 98, 365, 385). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl [X.]E 79, 1, 17; [X.]E 126, 400, 416; [X.]E 129, 49, 68). Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Ausschluss (vgl [X.]E 93, 386, 396 f; [X.]E 105, 73, 110 ff), bei dem eine Begünstigung dem einen Personenkreis gewährt, dem anderen aber vorenthalten wird (vgl [X.]E 110, 412, 431; [X.]E 112, 164, 174; [X.]E 126, 400, 416; [X.] <[X.]ammer> Beschluss vom 12.12.2012 - 1 BvR 69/09 - juris Rd[X.] 9).

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und [X.] unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl [X.]E 117, 1, 30; [X.]E 122, 1, 23; [X.]E 126, 400, 416 mwN; [X.] <[X.]ammer> Beschluss vom 12.12.2012 - 1 BvR 69/09 - juris Rd[X.] 10). Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl [X.]E 75, 108, 157; [X.]E 93, 319, 348 f; [X.]E 107, 27, 46; [X.]E 126, 400, 416 mwN; [X.]E 129, 49, 69). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind (vgl [X.]E 88, 87, 96) oder je mehr sie sich denen des Art 3 Abs 3 [X.] annähern (vgl [X.]E 124, 199, 220). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich auch aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl [X.]E 88, 87, 96). Im Übrigen hängt das Maß der Bindung unter anderem davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der [X.]riterien zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (vgl [X.]E 88, 87, 96; [X.]E 127, 263, 280; [X.]E 129, 49, 69; [X.] <[X.]ammer> Beschluss vom 12.12.2012 - 1 BvR 69/09 - juris Rd[X.] 10). Das Grundrecht ist aber verletzt, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (stRspr, vgl zB [X.]E 112, 50, 67 = [X.]-3800 § 1 [X.] 7 Rd[X.] 55 mwN; [X.]E 117, 316, 325 = [X.]-2500 § 27a [X.] Rd[X.]1). Daran fehlt es.

bb) Die gesetzliche Zuordnung eines ermessensgerechten Teils der Behandlungskosten von Folgen medizinisch nicht indizierter ästhetischer Operationen zur Eigenverantwortung der Versicherten begründet eine Ungleichbehandlung gegenüber drei Fallgruppen: (1) Versicherte, die sich einer medizinisch indizierten Operation unterziehen; (2) Verhaltensweisen der allgemeinen Lebensführung, die lediglich abstrakt risikobehaftet sind; (3) Versicherte, die der Regelung des § 52 Abs 1 [X.]B V unterfallen. Versicherte, die zu den ersten beiden Fallgruppen zählen, hat die [X.] nicht an [X.]osten von Folgebehandlungen zu beteiligen. Bei Versicherten der Fallgruppe 3 hat die [X.] zusätzlich ein Entschließungsermessen, ob eine [X.]ostenbeteiligung erfolgt. Soweit die [X.]lägerin dagegen Verhaltensweisen wie Branding (Einbrennen von Schriftzeichen oder Symbolen in die Haut), Cutting (Beibringung von Hautschnittmustern) oder [X.] (Aufspalten der Zunge) anspricht, lassen sich diese zwanglos unter die Tatbestandsmerkmale "medizinisch nicht indizierte ästhetische Operation", "Piercing" und "Tätowierung" subsumieren.

cc) Die aufgezeigte unterschiedliche Behandlung der Fallgruppen ist sachlich gerechtfertigt. Es bestehen für alle drei Fallgruppen hinreichende Sachgründe, die das Willkürverbot nicht verletzen. Die Differenzierung des Gesetzes knüpft nicht an Persönlichkeitsmerkmale an, sondern an verhaltensbezogene [X.]. Die Betroffenen sind in der Lage, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der tatbestandlichen Voraussetzungen zu beeinflussen, indem sie sich nicht den Risiken von medizinisch nicht notwendigen ästhetischen Operationen, Piercings und Tätowierungen aussetzen. Bei der ersten Fallgruppe bewegen sich Versicherte, die sich einer medizinisch indizierten Operation unterziehen, von Beginn an vollständig innerhalb des Leistungskatalogs der [X.]. Ausgangspunkt ihres Behandlungsanspruchs ist eine [X.]rankheit iSv § 27 Abs 1 [X.]B V, nicht wie bei nicht indizierten ästhetischen Operationen der individuelle eigene, subjektiv ausgerichtete Wunsch nach körperlicher Veränderung des äußeren Erscheinungsbilds ohne medizinische Indikation. Bei der zweiten Fallgruppe geht es um Verhaltensweisen der allgemeinen Lebensführung, die lediglich abstrakt risikobehaftet sind wie Verzehr von [X.]igkeiten, Genuss von Alkohol oder Nikotin. Es sind langfristig potentiell schädigende Verhaltensweisen, die effektiv nur mit umfassender Überwachung der persönlichen Lebensführung zu erfassen sind und nicht unmittelbar die körperliche Integrität antasten. Medizinisch nicht indizierte ästhetische Operationen, Tätowierungen oder Piercings verletzen dagegen den [X.]örper unmittelbar, beruhen auf punktuellen Vorgängen und sind relativ leicht zu erfassen. Sie lassen eher in zeitlich nahem Zusammenhang durch die Handlungen zugezogene Erkrankungen erwarten.

Die dritte Fallgruppe ordnet aus [X.] die Möglichkeit eines [X.] nur der Regelung des § 52 Abs 1 [X.]B V zu. Diese erfasst einen wesentlich weiter gezogenen [X.]reis Betroffener als die Regelung des § 52 Abs 2 [X.]B V: Haben sich Versicherte eine [X.]rankheit vorsätzlich oder bei einem von ihnen begangenen Verbrechen oder vorsätzlichen Vergehen zugezogen, kann die [X.] sie an den [X.]osten der Leistungen in angemessener Höhe beteiligen und das [X.]rankengeld ganz oder teilweise für die Dauer dieser [X.]rankheit versagen und zurückfordern. [X.]orrektiv dieser größeren Weite ist die zusätzliche Ausgestaltung mit einem Entschließungsermessen. Soweit man etwa fehlgeschlagene Suizidfälle von § 52 Abs 1 [X.]B V erfasst sieht (vgl zum Problem Voelzke, Die Herbeiführung des Versicherungsfalls im Sozialversicherungsrecht, 2004, [X.]), verdeutlicht dies den auf das Entschließungsermessen erweiterten Regelungsbedarf.

Die Einschätzung des Gesetzgebers hält sich im Rahmen der ihm von [X.] wegen eingeräumten [X.] bei der Gestaltung des Sozialstaats (vgl [X.]E 76, 220, 241; [X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvR 79/09 - juris Rd[X.]2). Es liegt im Rahmen der grundsätzlichen Freiheit des Gesetzgebers, die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der [X.] näher zu bestimmen (vgl [X.]E 115, 25, 45 ff; [X.]E 117, 316, 326 = [X.]-2500 § 27a [X.] Rd[X.]5; [X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvR 2982/07 - NJW 2009, 1733 Rd[X.] 10). Ausdruck der Achtung der [X.] des Gesetzgebers ist auch das Gebot größter Zurückhaltung dabei, dem Gesetzgeber im Bereich darreichender Verwaltung über den Gleichheitssatz zusätzliche Leistungsverpflichtungen aufzuerlegen, vor allem wenn sie - wie hier - aus den Beiträgen der [X.] finanziert werden (vgl [X.]E 60, 16, 42; [X.]E 78, 104, 121; [X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvR 2982/07 - NJW 2009, 1733 Rd[X.] 13).

Trifft den Gesetzgeber, der eine [X.] hat, eine Beobachtungspflicht (vgl zB [X.]E 123, 186, 266 = [X.]-2500 § 6 [X.] 8 Rd[X.]1), hat er diese nicht verletzt. Die Einschätzung des Gesetzgebers ist unverändert jedenfalls vertretbar, die [X.]ostenbeteiligung Versicherter an Behandlungsfolgen medizinisch nicht notwendiger ästhetischer Operationen, Piercings und Tätowierungen entlaste die [X.] zusammen mit weiteren regulatorischen Maßnahmen wesentlich (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der [X.] und [X.] eines [X.]-W[X.], BT-Drucks 16/3100 [X.], 210 f).

dd) Die [X.]ostenbeteiligung Versicherter an Behandlungsfolgen medizinisch nicht notwendiger ästhetischer Operationen, Piercings und Tätowierungen ist auch verhältnismäßig.

(1) Die Zuweisung eines ermessensgerechten Teils der [X.]osten von Behandlungsfolgen medizinisch nicht notwendiger ästhetischer Operationen, Piercings und Tätowierungen zur Eigenverantwortung der Versicherten ist geeignet, als Teil eines Bündels von Maßnahmen des [X.]-W[X.] auch nach der Eingrenzung durch das [X.] zur Schaffung von Spielräumen für neue Leistungen beizutragen. Das [X.]-W[X.] zielte darauf ab, in bestimmten Bereichen wie zB der Palliativversorgung neue Leistungen in den [X.]-Leistungskatalog aufzunehmen, dafür aber in Bereichen, in denen aufgrund medizinisch nicht notwendiger Eingriffe Behandlungsbedürftigkeit entsteht, mehr Eigenverantwortung einzufordern (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der [X.] und [X.] eines [X.]-W[X.], BT-Drucks 16/3100 S 86). Der Gesetzgeber sah angesichts großer Herausforderungen - insbesondere des demographischen Wandels, der Entdeckung neuer [X.]rankheiten und damit neuer Behandlungsnotwendigkeiten sowie des medizinischen und medizinisch-technischen Fortschritts - die Notwendigkeit, das Gesundheitswesen weiterzuentwickeln, und zwar sowohl für die [X.] als auch für die Angebotsstrukturen des Systems. Er erwartete, dass in den nächsten zwei Jahrzehnten die Zahl älterer Menschen in [X.] weiter zunehmen und damit ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf erforderlich sein werde. Er ging davon aus, es bedürfe einer Reform der Finanzierungsstrukturen und damit der Einnahmeseite im Gesundheitswesen gleichzeitig verbunden mit einer Reform auf der Ausgabenseite, die sicherstellt, dass die Mittel effizient und effektiv eingesetzt werden (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der [X.] und [X.] eines [X.]-W[X.], BT-Drucks 16/3100 S 85).

Insoweit darf der Leistungskatalog der [X.] auch von finanzwirtschaftlichen Erwägungen mitbestimmt sein (vgl [X.]E 68, 193, 218; [X.]E 70, 1, 26, 30 = [X.] 2200 § 376d [X.] 1). Gerade im Gesundheitswesen hat der [X.]ostenaspekt für gesetzgeberische Entscheidungen erhebliches Gewicht (vgl [X.]E 103, 172, 184 = [X.] 3-5520 § 25 [X.] 4; [X.]E 115, 25, 46 = [X.]-2500 § 27 [X.] 5 Rd[X.]; s auch B[X.] [X.]-2500 § 62 [X.] Rd[X.] mwN; B[X.]E 102, 30 = [X.]-2500 § 34 [X.] 4, Rd[X.] 18 mwN). Diese Einschätzung des Gesetzgebers erscheint zumindest vertretbar. Hinsichtlich des tatsächlichen Eintritts der angestrebten wirtschaftlichen Auswirkungen kommt dem Gesetzgeber eine [X.] zu (stRspr, vgl zB [X.]E 50, 290, 332 ff; [X.] 75, 78, 100; [X.]E 104, 337, 347 f; [X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvR 258/04 - juris Rd[X.] 10).

(2) Die [X.]ostenbeteiligung Versicherter an den genannten Behandlungsfolgen war nach diesem Maßstab auch für die Zielsetzung des [X.]-W[X.] auch nach der Eingrenzung durch das [X.] erforderlich. Andere gleich wirksame, weniger belastende Maßnahmen sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

(3) Die [X.]ostenbeteiligung Versicherter an den genannten Behandlungsfolgen ist auch angemessen. Die [X.]ostenbeteiligung Versicherter an den genannten Behandlungsfolgen steht in einem angemessenen Verhältnis zu den vom Gesetzgeber verfolgten Zielen. § 52 Abs 2 [X.]B V schafft einen ermessensgerechten Ausgleich zwischen dem solidarisch getragenen und finanzierten Schutz des Einzelnen und den Belangen der Solidargemeinschaft. Der Einzelne verliert nicht seinen Primäranspruch auf [X.]rankenbehandlung, obwohl er sich aus eigenem Entschluss besonderen gesundheitlichen Risiken in Form von gefahrträchtigen Eingriffen in seinen [X.]örper aussetzt, von denen er wissen muss, dass erforderlichenfalls deren Behandlung zu Lasten der [X.] die Solidargemeinschaft erheblich belasten kann. Diesem selbst gewählten unsolidarischen Verhalten trägt die Regelung der [X.]ostenbeteiligung flexibel, an die Umstände des Einzelfalls angepasst Rechnung: Sie weist die Verantwortung für das eigene Verhalten dem Versicherten zu, indem sie eine sekundäre [X.]ostenbeteiligung bei Folgeerkrankungen in angemessener, individuell festzulegender Höhe vorsieht. Es ist den Versicherten zumutbar, die ermessensgerecht festgesetzten begrenzten [X.]osten hierfür selbst zu tragen. Aufgrund des ihm bekannten Risikos kann er hierfür in dem Zeitpunkt Vorsorge treffen, in dem er es eingeht (im Ergebnis ebenso [X.], [X.] 2012, 145, 152 f; [X.], [X.] 2015, 22, 29 ff; [X.], [X.] 2014, 521, 526; [X.], [X.], 210, 213; [X.] in [X.], Soziale [X.]rankenversicherung/Pflegeversicherung, Stand Febr[X.]r 2019, § 52 [X.]B V Rd[X.] 25; [X.], [X.], 57; [X.] in [X.]/[X.], [X.]B V, 5. Aufl 2016, § 52 Rd[X.] 11; [X.] in [X.]/[X.], [X.]B V, Stand Mai 2019, [X.] § 52 Rd[X.] 11; [X.] in juris-P[X.]-[X.]B V, Online-Ausgabe, Stand Juli 2018, § 52 Rd[X.] 29 ff; [X.] in [X.]asseler [X.]omm, Stand Juni 2019, § 52 [X.]B V Rd[X.] 29 ff; aA zB Bernzen, [X.], 549; Damm, [X.] 2010, 641, 648 f, 650; [X.], [X.], 325, 333 f; Höfling, [X.] 2009, 286, 290 f; [X.], [X.], 23, 25 f; [X.] in [X.]/[X.]ingreen, [X.]B V, 6. Aufl 2018, § 52 Rd[X.] 8; [X.], Anspruch des gesetzlich Versicherten auf Leistungen der plastischen Chirurgie, 2011, 274; [X.], [X.] 2010, 260; [X.]/Merold, [X.]b 2008, 713, 716; [X.], Die Eigenverantwortung gesetzlich [X.]rankenversicherter unter besonderer Berücksichtigung der Risiken wunscherfüllender Medizin, 2014, 306 f; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 2009, 169).

3. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 1 KR 37/18 R

27.08.2019

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Berlin, 5. November 2018, Az: S 81 KR 1075/18, Urteil

§ 52 Abs 2 Alt 1 SGB 5 vom 28.05.2008, § 52 Abs 2 Alt 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 52 Abs 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 27 Abs 1 S 1 SGB 5, § 27 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB 5, § 39 SGB 5, § 109 Abs 4 S 3 SGB 5, § 284 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB 5, § 294a Abs 2 SGB 5, GKV-WSG, PflegeWEG, Art 2 Abs 1 GG, Art 2 Abs 2 S 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 3 Abs 2 GG, Art 3 Abs 3 S 1 GG, Art 20 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 27.08.2019, Az. B 1 KR 37/18 R (REWIS RS 2019, 4131)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 4131

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