Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.05.2015, Az. 26 W (pat) 72/14

26. Senat | REWIS RS 2015, 11302

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Shopping Compass" – Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 040 833.0

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 11. Mai 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], des Richters [X.] und der Richterin Werner

beschlossen:

1. Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 38 des [X.] vom 12. November 2013 und 16. Oktober 2014 werden aufgehoben, soweit die Anmeldung bezüglich der Waren und Dienstleistungen der

Klasse 9: Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -Instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; Rechenmaschinen, Hardware für die Datenverarbeitung, Computer;

Klasse 35: Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Einzelhandelsdienstleistungen (auch über das [X.] und sonstige Kommunikationsnetze), betreffend wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -Instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; Rechenmaschinen, Hardware für die Datenverarbeitung, Computer;

Klasse 38: Dienstleistungen von Presseagenturen; Vermietung von Telekommunikationsgeräten; Auskünfte über Telekommunikation;

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;
Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware; technische Beratung; Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten; Gestaltung von Webseiten für Dritte.

zurückgewiesen worden ist.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

2

[X.]

3

ist am 10. Juli 2013 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 9: Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, [X.], Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -Instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; [X.]; Rechenmaschinen, Hardware für die Datenverarbeitung, Computer; [X.], DVDs und andere digitale Aufzeichnungsträger; Computersoftware; elektronisch gespeicherte Daten (herunterladbar); elektronische Publikationen (herunterladbar);

5

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Sammeln, Systematisierung, Zusammenstellung und betriebswirtschaftliche Analyse von Daten und Informationen in Computerdatenbanken; Einzelhandelsdienstleistungen (auch über das [X.] und sonstige Kommunikationsnetze), betreffend Waren der Klasse 9;

6

Klasse 38: Telekommunikation; Dienstleistungen von Presseagenturen; Vermietung von [X.]; Auskünfte über Telekommunikation;

7

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;

8

Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware, -software und Datenbanken; Wartung von Software; technische Beratung; elektronische Datenspeicherung; Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten; Gestaltung von Webseiten für Dritte.

9

Mit Beschlüssen vom 12. November 2013 und 16. Oktober 2014, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 38 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das [X.] Wort „[X.]“ werde mit Einkaufen übersetzt. Der [X.] Begriff „[X.]“ bzw. das fast wortgleiche [X.] Wort „Kompass“ werde nicht nur für ein Messgerät zur Bestimmung der Himmelsrichtung, sondern aktuell auch im Sinne von „Wegweiser, Gebrauchsanleitung, Hinweisgeber“ verwendet („Der [X.] Marktplatz ist der [X.] mit Geschmack und redaktioneller Kompetenz.“, [X.], Anlage zum angefochtenen Erinnerungsbeschluss, [X.]. 74 VA). Das Anmeldezeichen sage daher aus, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen Kompasse, Hinweisgeber, [X.] oder Wegweiser für das Einkaufen darstellten oder damit in Verbindung stünden. In diesem Sinne werde die angemeldete Wortfolge auch tatsächlich eingesetzt. Dementsprechend seien bisher zahlreiche Markenanmeldungen mit dem Bestandteil „compass“ bzw. „kompass“ zurückgewiesen worden. Nach ständiger höchstrichterlicher nationaler und [X.] Rechtsprechung komme selbst identischen Voreintragungen keine Bindungswirkung zu.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,

Sie trägt vor, die Bezeichnung „[X.]“ werde in dieser Zusammensetzung in der [X.] nicht verwendet, wie eine [X.]recherche (Anlage 1, [X.]. 19 – 28 [X.]) ergeben habe. Die [X.] habe 4.800 Treffer geliefert, die entweder die Homepage der Beschwerdeführerin (www.shoppingcompass.de) oder Portale anzeigten, die einen Download der [X.] App anbieten. Der teilweise angezeigte Begriff „[X.]“ richte sich an das [X.] und nicht an das [X.] Publikum. Der vom Amt vorgelegte Ausdruck der Webseite „wie einfach“ belege nur eine einmalige Verwendung in einem Fließtext ohne schlagwortartige Bedeutung. Um auf die Gesamtbedeutung „[X.]“ oder „Wegweiser“ für das Einkaufen zu kommen, müssten die angesprochenen Verkehrskreise die beiden Begriffe zergliedern und analysieren. Denn für die beiden [X.]n Wörter gebe es vielfältige Übersetzungsmöglichkeiten (www.leo.org, Anlage 2, [X.]. 29 f. [X.]). „[X.]“ werde mit „die Einkäufe, das Einkaufen, der Einkauf, der Ladenbesuch“ und „[X.]“ mit [X.], Zirkel, Ausdehnung, Bereich, Marschkompass und Sphäre übersetzt. Die von der Markenstelle angenommenen Bedeutungen „Wegweiser, Gebrauchsanleitung oder Hinweisgeber“ könnten dem [X.] nicht entnommen werden (www.duden.de, Anlage 3, [X.]. 31 – 33 [X.]). Sie träfen vielmehr auf das [X.] Wort „guide“ zu (www.leo.org, Anlage 4, [X.]. 34 [X.]). Besonders erschwerend komme hinzu, dass der Gesamtbegriff einen gewissen Widerspruch beinhalte. Während das Wort „[X.]“ einen modernen Anglizismus darstelle, bezeichne der aus dem 12. Jahrhundert stammende Begriff „Kompass“ ein – leicht antiquiertes – Messgerät zur Bestimmung der Himmelsrichtungen. Dieser werde aus seinem Kontext gerissen, so dass es einen nicht unerheblichen Interpretationsaufwand erfordere, um zu einem beschreibenden Aussagegehalt zu gelangen. Im Zusammenhang mit dem modernen Wort „[X.]“ werde eher ein deutlich jüngerer Begriff wie „GPS“ erwartet, zumal es für „[X.]“ keiner Anzeige der Himmelsrichtungen, sondern der verschiedenen Einkaufsläden bedürfe. Bei dem [X.] „[X.]“ handele es sich daher um eine neu gebildete Fantasiebezeichnung, die im Wortschatz der angesprochenen Verkehrskreise nicht existiere und deren Bedeutung sich auch nicht unmittelbar erschließe. Ferner fehle jeder unmittelbare oder enge beschreibende Bezug zu den angemeldeten Waren und Dienstleistungen. Das Anmeldezeichen sei vergleichbar mit der für Dienstleistungen der Klassen 35 und 42 eingetragenen Wortmarke „[X.]“ (398 03 896) und der für Dienstleistungen der Klasse 35 eingetragenen Wortmarke „[X.] (30 2009 037 310), die das [X.] beide für schutzfähig erachtet habe (33 W (pat) 200/99 - [X.], [X.]. 63 – 69 VA; 29 W (pat) 539/10 – [X.], Anlage 5, [X.]. 35 – 39 [X.]). Mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz sei es zudem unvereinbar, dass zahlreiche Marken mit dem Bestandteil „[X.]“, „Kompass“ oder „Guide“ eingetragen worden seien. Wegen der Voreintragungen im Einzelnen wird auf die Anlage 1 zum Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 22. Oktober 2013 ([X.]. 13 – 32 VA) und das [X.] 1 zum Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 11. März 2014 ([X.]. 51 – 61) Bezug genommen.Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat überwiegend Erfolg, weil einer Eintragung des angemeldeten Zeichens für die im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen Schutzhindernisse nicht entgegenstehen. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

nicht im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]:

Klasse 9: [X.]; [X.], DVDs und andere digitale Aufzeichnungsträger; Computersoftware; elektronisch gespeicherte Daten (herunterladbar); elektronische Publikationen (herunterladbar);

Klasse 35: Werbung; Sammeln, Systematisierung, Zusammenstellung und betriebswirtschaftliche Analyse von Daten und Informationen in Computerdatenbanken; Einzelhandelsdienstleistungen (auch über das [X.] und sonstige Kommunikationsnetze), betreffend [X.]; [X.], DVDs und andere digitale Aufzeichnungsträger; Computersoftware; elektronisch gespeicherte Daten (herunterladbar); elektronische Publikationen (herunterladbar);

Klasse 38: Telekommunikation;

Klasse 42:Entwurf und Entwicklung von Computersoftware und Datenbanken; Wartung von Software; elektronische Datenspeicherung.

a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.], 228 [X.]. 33 - [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 608 [X.]. 66 f. - [X.]; [X.], 270 [X.]. 8 - Link economy; [X.], 825 [X.]. 13 - [X.]; [X.], 935 [X.]. 8 - Die Vision). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] a. a. O. - [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 233 [X.]. 45 - Standbeutel; [X.], 229 [X.]. 27 - BioID; [X.], 949 [X.]. 10 - My World; GRUR, 2008, 710 [X.]. 12 - [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.], 569, 570 [X.]. 10 – [X.]; GRUR 2014, 872, 873 [X.]. 12 – [X.]; a. a. O. - [X.]; [X.], 411 [X.]. 8 - [X.]; [X.], 778 [X.]. 11 - Willkommen im Leben; a. a. O. - My World). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.], 428 [X.]. 53 - [X.]; [X.], 1151 - marktfrisch; [X.] 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.], 411 [X.]. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943 [X.]. 24 - [X.] 2; [X.], 376 [X.]. 11 - grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.], 674, [X.]. 86 - Postkantoor; [X.], 270 [X.]. 11 - Link economy; [X.], 952 [X.]. 10 - [X.]; [X.], 850 [X.]. 19 - [X.]) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.], 872, 874 [X.]. 21 - [X.]; [X.], 1100 [X.]. 20 -[X.]!; a. a. O. - [X.]; [X.], 1050 - [X.]; [X.], 1043 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen ([X.], 1204 [X.]. 12 - [X.]; a. a. O. [X.]. 16 - [X.]; a. a. O. [X.]. 23 - [X.]!; a. a. O. [X.]. 28 f. - [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.], 146 [X.]. 32 - [X.]; a. a. O. [X.]. 97 - Postkantoor; a. a. O. [X.]. 38 - [X.]; [X.], 58 [X.]. 21 - [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer [X.] entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.] 2007, 204 [X.]. 77 f. - [X.]; a. a. O. [X.]. 98 - Postkantoor; a. a. O. [X.]. 39 f. -[X.]; [X.] a. a. O. [X.]. 28 - [X.] 2; a. a. O [X.]. 16 - [X.]).

b) Den vorgenannten Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt das Anmeldezeichen „[X.]“ bereits zum Anmeldezeitpunkt nicht. Im Zusammenhang mit den vorgenannten versagten Waren und Dienstleistungen hat das Zeichen einen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt bzw. weist einen engen sachlichen Bezug zu diesen auf.

aa) Bei den hier angesprochenen Verkehrskreisen handelt es sich sowohl um Unternehmensinhaber bzw. Angehörige der unternehmerischen Führungsebene als auch um Endverbraucher.

bb) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden [X.]n Substantiven „[X.]“ und „[X.]“ zusammen.

aaa) Das Wort „[X.]“ ist die Substantivierung des [X.]n Verbs „shop“ mit der Bedeutung „einkaufen“, das zum [X.]n Grundwortschatz gehört, der auch dem inländischen Durchschnittsverbraucher geläufig ist, und mit der Bedeutung „Einkaufen“ auch Eingang in die [X.] Sprache gefunden hat (www.duden.de). Dieses Substantiv wird mit „Einkauf, Einkaufen, Ladenbesuch, Einkäufe“ übersetzt (www.leo.org).

bbb) „[X.]“ in der für den [X.]n Verbraucher naheliegenden Übersetzung „Kompass“ ([X.]-Oxford – Großwörterbuch [X.], a. a. O.) bedeutet in erster Linie „Gerät zur Feststellung der Himmelsrichtung“ ([X.] – [X.], 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]; [X.] – [X.], 9. Aufl. 2007 [CD-ROM]). Darüber hinaus wird der Begriff im [X.]n Sprachgebrauch – dabei insbesondere in Verbindung mit einem Substantiv, mit dem der Themenbereich angegeben wird – auch als „Wegweiser, Leitfaden, Lotse“ oder „Orientierungshilfe“ verstanden und in diesem Sinne auch in zahlreichen Wortverbindungen oder Wortzusammenstellungen verwendet, wie z. B. „[X.], data [X.], [X.], [X.], [X.], [X.]“ etc. (vgl. [X.] 29 W (pat) 539/10 – [X.]; 25 W (pat) 287/01 – [X.]; 27 W (pat) 155/09 – [X.]; 25 W (pat) 74/11 – WÜRZKOMPASS).

c) In ihrer Gesamtbedeutung weist die für die angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres verständliche Wortfolge „[X.]“ in Bezug auf die zu versagenden Waren und Dienstleistungen daher darauf hin, dass diese als Einkaufsratgeber dienen oder einen Wegweiser, Leitfaden oder eine Orientierungshilfe für das Einkaufen zur Verfügung stellen. Wie eine [X.]recherche des Senats ergeben hat, deren Belege der Anmelderin mit einer Hinweisverfügung des Senats übersandt worden sind ([X.]. 52 – 60 [X.]), wird der Begriff „Einkaufswegweiser“ in diesem Sinne auch schon häufig verwendet. Die schutzsuchende Wortfolge erschöpft sich somit in einer Sachaussage über die Art, Bestimmung und den Gegenstand der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen oder stellt einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen her.

aa) Die in Klasse 9 aufgeführten Waren „[X.]; [X.], DVDs und andere digitale Aufzeichnungsträger; Computersoftware; elektronisch gespeicherte Daten (herunterladbar); elektronische Publikationen (herunterladbar)“ können einen Einkaufswegweiser oder –ratgeber zum Inhalt haben (vgl. [X.]beleg: „[X.][X.]: Preisvergleich per App für Online- und Offline-Shops“, [X.]. 64 [X.]). Dieser für die Waren beschreibende Begriffsinhalt erstreckt sich auch auf die in Klasse 35 angemeldeten Einzelhandelsdienstleistungen mit ihnen. Denn die Tätigkeit des Einzelhandels setzt zu veräußernde Gegenstände voraus. Wegen dieses engen funktionalen und damit beschreibenden Zusammenhangs zwischen den angemeldeten Vertriebsdienstleistungen und den zu vertreibenden Waren wird der Verkehr die Bezeichnung „[X.]“ als reinen Sachhinweis und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen (vgl. [X.] 29 W (pat) 41/12 – [X.]; 29 W (pat) 525/10 – fashion.de; 29 W (pat) 196/10 - Küchenzauber; 29 W (pat) 62/10 – [X.]; 29 W (pat) 505/10 - Klebewelten.de; 29 W (pat) 43/04 - print24).

bb) Bei der in Klasse 35 angemeldeten „Werbung“ wird das angesprochene inländische Publikum in dem Anmeldezeichen einen beschreibenden Hinweis entweder auf die Einkaufsbranche (vgl. [X.]belege, [X.]. 61 – 63 [X.]) oder auf Einkaufswegweiser als das Medium sehen, in welchen die Werbung erbracht werden kann, weshalb auch hier der beschreibende Charakter der Wortfolge im Vordergrund steht ([X.], 949, 951 [X.]. 24 – My World).

cc) Bei den Dienstleistungen „Sammeln, Systematisierung, Zusammenstellung und betriebswirtschaftliche Analyse von Daten und Informationen in Computerdatenbanken“ (Klasse 35) und „Entwurf und Entwicklung von Computersoftware und Datenbanken; Wartung von Software; elektronische Datenspeicherung“ (Klasse 42) gibt die angemeldete Bezeichnung den Gegenstand der Datenverarbeitung, der Datenbanken sowie der Software an.

dd) Für die in Klasse 38 beanspruchte Dienstleistung „Telekommunikation“ fasst das angesprochene Publikum das Anmeldezeichen wegen seines thematischen Bezugs nur als [X.] auf. Denn zu den Telekommunikationsdienstleistungen in Klasse 38 gehört neben der rein technischen Komponente auch die inhaltliche Bereitstellung und Übermittlung von Informationen. Zwischen der technischen Dienstleistung und der Contentvermittlung besteht ein so enger Bezug, dass das entsprechende Verkehrsverständnis zwischen Technik und Inhalt insoweit nicht mehr trennt ([X.] 29 W (pat) 223/04 – Dating TV; 29 W (pat) 59/10 – [X.]; 27 W (pat) 525/14 – Therapie.TV; 29 W (pat) 525/13 – [X.]; vgl. auch [X.] [X.], 1100, 1102 [X.]. 22 – [X.]!).

2. Da es der angemeldeten Bezeichnung hinsichtlich der vorgenannten Waren und Dienstleistungen an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kann dahingestellt bleiben, ob ihrer Eintragung auch ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an ihrer freien Verwendbarkeit entgegen steht (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]).

3. Die von der Beschwerdeführerin genannte eingetragene Wortmarke „[X.]“, die vom [X.] für schutzfähig erachtet wurde (33 W (pat) 200/99) unterscheidet sich von dem vorliegenden Anmeldezeichen dahingehend, dass sich der Sinngehalt der Wortkombination „[X.]“ den angesprochenen Verkehrskreisen sofort offenbart, während sich der Sinngehalt der Wortneubildung „[X.]“ nicht ohne weiteres aufdrängt. Die beteiligten Verkehrskreise ordnen den Wortbestandteil „Brand“ spontan der [X.] zu und bringen ihn nicht ohne weiteres mit dem [X.]n Begriff für „Marke“, sondern vielmehr mit Feuer in Verbindung. Wegen des erforderlichen weitergehenden Denkprozesses, den diese Wortneubildung auslöst, wurde sie als schutzfähig eingestuft.

4. Die von der Beschwerdeführerin angeführten Voreintragungen sind entweder nicht vergleichbar oder liegen schon zu lange zurück. Die am 3. Mai 2013 eingetragene Wortmarke „[X.]“ (30 2012 049 473) bezieht sich auf andere Waren, nämlich solche der Klasse 16, sowie auf Dienstleistungen der Klasse 35, u. a. nämlich „Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung“ für die das Anmeldezeichen ebenfalls als schutzfähig angesehen wird. Dies gilt auch für die am 23. April 2013 registrierte Marke „[X.]“ (30 2009 037 310).

Soweit die Beschwerdeführerin auf ähnliche Gemeinschaftsmarken verweist, reichen diese Eintragungen nicht aus, um die Schutzhindernisse im Inland auszuräumen. Die im Ausland, in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] auf der Grundlage des harmonisierten Markenrechts oder vom Harmonisierungsamt aufgrund der Gemeinschaftsmarkenverordnung getroffenen Entscheidungen über absolute Eintragungshindernisse sind für nachfolgende Verfahren in anderen Mitgliedstaaten unverbindlich ([X.] [X.], 428, 432, Nr. 63 – [X.]; [X.], 674 [X.]. 43 f. - Postkantoor). Sie vermögen nicht einmal eine Indizwirkung zu entfalten ([X.], 569, 572 [X.]. 30 - [X.]; [X.], 778, 779 [X.]. 18 – Willkommen im Leben).

im Tenor aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35, 38, 41 und 42 weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf, noch handelt es sich um eine Angabe, durch die ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt werden kann.

Meta

26 W (pat) 72/14

11.05.2015

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.05.2015, Az. 26 W (pat) 72/14 (REWIS RS 2015, 11302)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 11302

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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