Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.10.2011, Az. 29 W (pat) 550/10

29. Senat | REWIS RS 2011, 2205

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Liebt Euch günstiger" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 077 591.2

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2011 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die Richterinnen [X.] und Dorn

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

[X.] günstiger

3

ist am 11. Dezember 2008 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 3: Mittel zur Schönheitspflege, Seifen, Parfümeriewaren, ätherische Öle; kosmetische [X.], -fluids,-öle zur Steigerung der sexuellen Stimulanz;

5

Klasse 5: pharmazeutische Erzeugnisse, Desinfektionsmittel, medizinische Erzeugnisse für die Pflege der Gesundheit, soweit nicht in Klasse 5 enthalten, Potenzmittel, Deodorants nicht für den persönlichen Gebrauch, medizinische Sexualhilfsmittel soweit in Klasse 5 enthalten; Erotikmittel, nämlich [X.], [X.], [X.] und -Gele;

6

[X.]: [X.], Tonbänder, Computer-Disketten, [X.]-ROMs, DVDs, herunterladbare Computerprogramme, Filmrollen (belichtet), magnetische und faseroptische Datenträger, kinematografische Filmapparate;

7

Klasse 10: ärztliche und gesundheitliche Instrumente und Apparate, einschließlichkünstlicher Gliedmaßen, Vibratoren, hygienische Gummiwaren, Präservative, Sexualhilfsmittel und Mittel zur Steigerung der sexuellen Stimulanz soweit in Klasse 10 enthalten, Massagegeräte zur Schönheitspflege;

8

Klasse 16: [X.], Bücher, Magazine, Papier und Pappe und Waren aus diesem Material, soweit in Klasse 16 enthalten;

9

Klasse 18: Leder- und Lederimitationswaren, soweit in Klasse 18 enthalten; Peitschen;

Klasse 21: Bürsten und Schwämme zur Schönheitspflege;

Klasse 25: Bekleidungsstücke, Unterwäsche, Reizwäsche, Dessous, Bekleidungsstücke aus Lack, Leder und Lederimitat, soweit in Klasse 25 enthalten; Damen- und Herrenschuhe und Kopfbedeckungen;

Klasse 28: Spielkarten, Sex-Spielzeug, Erotikspiele soweit in Klasse 28 enthalten;

Klasse 35: telefonische und/oder computerisierte Bestellannahme für Teleshopping Angebote, Online Werbemarktung, Online Marketing, Newsletter Marketing, Direkt-Marketing, [X.], Marktforschung, Präsentation von Unternehmen und Produkten im [X.] mit allen Diensten, soweit in Klasse 35 enthalten, Zusammenstellung, Systematisierung, Pflege und Aktualisierung von Daten in Computerdatenbanken;

Klasse 37: Wartung von Computerhardware; [X.]-Serviceleistungen, nämlich Installation von Festplattenspeicherplatz (Hardware) um Informationen dem [X.] zugänglich zu machen;

Klasse 38: Telekommunikation im Bereich [X.], telefonische Hotlinedienste, nämlich datenverarbeitungsgestützte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste für offene und geschlossene [X.], Ton-, Bild- und Datenübertragung durch Kabel, Satellit, Computer, Telekommunikation, Telekommunikation durch faseroptische Netzwerke, Übermittlung von Nachrichten, Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer, elektronische Nachrichtenübermittlung, Verbreitung von Bildern und/oder Informationen auch über lokale und globale Computernetzwerke für Dritte, Dienstleistungen eines [X.] Service Providers, nämlich Vermittlung und Vermietung von Zugriffsmöglichkeiten und -zeiten zu Datennetzen und Computerdatenbanken im [X.], Betrieb von Foren und Chats über das [X.], Datenübermittlung auf bestehende [X.], Bereitstellung und Zurverfügungstellung und Vermietung von Zugangsmöglichkeiten und/oder Zugriffszeiten zu ([X.] (Homepages) im [X.], Einstellen von [X.]- ([X.] in Suchmaschinen für Dritte, Bereitstellen des Zugriffs auf Computerdatenbanken; Betrieb von Mailboxen; Vermittlung und Vergabe von Zugangsberechtigungen (Software) für Benutzer zu unterschiedlichen Kommunikations- und/oder Datennetzen;

Klasse 41: Veröffentlichung von Bildern und/oder Informationen auch über lokale und globale Computernetzwerke für Dritte, digitaler Bilderdienst;

Klasse 42: Erstellen und Pflege von Computerprogrammen oder auch einzelner Teilanwendungen, AdOn-Lösungen (Software) oder Software-Tools für die Datenverarbeitung, Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten und Software, Design von Computersoftware, Aktualisieren von Computersoftware, Wiederherstellen von Computerdaten und -banken, Wartung, Lizenzvergabe von Computersoftware, Dienstleistungen eines Grafikers, digitale Bildbearbeitung, [X.]-Serviceleistungen (auch [X.]-Shopping/Online-Shops), nämlich Zurverfügungstellung von Speicherplatz, um Informationen dem [X.] zugänglich zu machen ([X.] und Hosting), Verwaltung und Pflege von [X.]präsenzen, Erstellung von [X.]/Intranet/Extranet genutzten Seiten, Erstellung von Datenübermittlungsprogrammen auf Datenträgern, Erstellen von Computerprogrammen zur Verbindung von [X.] und -programmen, Erstellung und Entwicklung von Software für Marketingkonzepte, Business to Business (B2B) Konzepte, Business to Consumer (B2C) Konzepte, [X.], [X.], Speicherung von Daten in Computerdatenbanken, Erstellen von Webseiten in [X.], insbesondere im [X.] ([X.]), aber auch in allen anderen [X.]diensten soweit in Klasse 42 enthalten, Erstellen von Computerprogrammen für die Arbeit in und mit Datennetzen und Online Diensten, Erstellen von Websites für das [X.] für Dritte, Speichern von Informationen und Daten bei der Erstellung und Abwicklung von [X.]-Online-Diensten, soweit in Klasse 42 enthalten.

Mit Beschluss vom 12. Juli 2010 hat die Markenstelle für Klasse 16 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] teilweise zurückgewiesen, und zwar für die Waren und Dienstleistungen der

Klasse 3: Mittel zur Schönheitspflege, Seifen, Parfümeriewaren, ätherische Öle; kosmetische  [X.], -fluids,-öle zur Steigerung der sexuellen Stimulanz;

Klasse 5: pharmazeutische Erzeugnisse, Desinfektionsmittel, medizinische Erzeugnisse für die Pflege der Gesundheit, soweit nicht in Klasse 5 enthalten, Potenzmittel, Deodorants nicht für den persönlichen Gebrauch, medizinische Sexualhilfsmittel soweit in Klasse 5 enthalten; Erotikmittel, nämlich [X.], [X.], [X.] und -Gele;

[X.]: [X.], Tonbänder, Computer-Disketten, [X.]-ROMs, DVDs, herunterladbare Computerprogramme, Filmrollen (belichtet), magnetische und faseroptische Datenträger;

Klasse 10: ärztliche und gesundheitliche Instrumente und Ap-parate, einschließlich künstlicher Gliedmaßen, Vibratoren, hygienische Gummiwaren, Präservative, Sexualhilfsmittel und Mittel zur Steigerung der sexuellen Stimulanz soweit in Klasse 10 enthalten, Massagegeräte zur Schönheitspflege;

Klasse 16: [X.], Bücher, Magazine;

Klasse 18: Leder- und Lederimitationswaren, soweit in Klasse 18 enthalten; Peitschen;

Klasse 25: Bekleidungsstücke, Unterwäsche, Reizwäsche, Dessous, Bekleidungsstücke aus Lack, Leder und Lederimitat, soweit in Klasse 25 enthalten; Damen- und Herrenschuhe und Kopfbedeckungen;

Klasse 28: Spielkarten, Sex-Spielzeug, Erotikspiele soweit in Klasse 28 enthalten;

Klasse 35: telefonische und/oder computerisierte Bestellannahme für Teleshoppingangebote, Online Werbemarktung, Online Marketing, Newsletter Marketing, Direkt-Marketing, [X.], Marktforschung, Präsentation von Unternehmen und Produkten im [X.] mit allen Diensten, soweit in Klasse 35 enthalten, Zusammenstellung, Systematisierung, Pflege und Aktualisierung von Daten in Computerdatenbanken;

Klasse 38: Telekommunikation im Bereich [X.], telefonische Hotlinedienste, nämlich datenverarbeitungsgestützte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste für offene und geschlossene [X.], Ton-, Bild- und Datenübertragung durch Kabel, Satellit, Computer, Telekommunikation, Telekommunikation durch faseroptische Netzwerke, Übermittlung von Nachrichten, Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer, elektronische Nachrichtenübermittlung, Verbreitung von Bildern und/oder Informationen auch über lokale und globale Computernetzwerke für  Dritte, Dienstleistungen eines [X.] Service Providers, nämlich Vermittlung und Vermietung von Zugriffsmöglichkeiten und -zeiten zu Datennetzen und Computerdatenbanken im [X.], Betrieb von Foren und Chats über das [X.], Datenübermittlung auf bestehende [X.], Bereitstellung und Zurverfügungstellung und Vermietung von Zugangsmöglichkeiten und/oder Zugriffszeiten zu ([X.] (Homepages) im [X.], Einstellen von [X.] ([X.] in Suchmaschinen für Dritte, Bereitstellen des Zugriffs auf Computerdatenbanken; Betrieb von Mailboxen; Vermittlung und [X.] von Zugangsberechtigungen (Software) für Benutzer zu unterschiedlichen Kommunikations- und/oder Datennetzen;

Klasse 41: Veröffentlichung von Bildern und/oder Informationen auch über lokale und globale Computernetzwerke für Dritte, digitaler Bilderdienst.

Zur Begründung wurde ausgeführt, das angemeldete Zeichen enthalte zunächst den allgemeinen Aufruf "[X.]", der sich im Zusammenhang mit den hier beanspruchten Waren auf den [X.] "verkehrt sexuell miteinander" reduziere. In Kombination mit dem weiteren Begriff "günstiger" werde ein Bezug zu günstigen Produkten hergestellt. Im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren der Klassen 3, 5, 9, 10, 18, 25 und 28, die selbst Erotikprodukte bzw. [X.] seien, erschöpfe sich die Wortfolge "[X.] günstiger" somit in einem anpreisenden Sachhinweis auf preiswerte Waren, die für den Geschlechtsverkehr bestimmt seien. Da beim sexuellen Verkehr auch das Umfeld stimmen müsse, bestehe hinsichtlich der Waren der vorgenannten Klassen, die nicht direkt den [X.] bzw. [X.]n zuzuordnen seien, wie beispielsweise "Parfümeriewaren, ätherische Öle, Desinfektionsmittel, [X.], [X.], Bekleidungsstücke", jedenfalls ein enger beschreibender Bezug zu der angemeldeten Wortfolge. Darüber hinaus könnten sich die zurückgewiesenen medialen Produkte der Klassen 9 und 16, wie [X.] oder bespielte Datenträger, inhaltlich mit günstigen Produkten, die für die Liebe bzw. für den Geschlechtsverkehr bestimmt seien, befassen. Die Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 41 könnten sich inhaltlich ebenfalls auf ein solches Angebot bzw. allgemein auf die Thematik "[X.] günstiger" beziehen. Im Übri-gen müsse sich der Anmelder die beschreibende Verwendung dieses Slogans, die sich aus den von ihm vorgelegten [X.] (Anlage AS1 zum Schriftsatz vom 29. Juli 2009, [X.]. 41 - 50 VA) ergebe, entgegenhalten lassen. Der angemeldeten Wortfolge komme damit keine [X.] im Hinblick auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen zu.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er beantragt,

den Beschluss des [X.] vom 12. Juli 2010 aufzuheben, soweit die Markenanmeldung zurückgewiesen wurde.

Er ist der Ansicht, die angemeldete Wortfolge sei aufgrund ihrer Mehrdeutigkeit ein origineller prägnanter Slogan, der ein Mindestmaß an Interpretation zulasse. Die Aussage "[X.]" beziehe sich nicht nur auf die sexuelle Liebe, sondern es würden sämtliche Arten der Liebe zwischen Menschen angesprochen, so auch die Liebe unter Verwendung von Gesten, [X.]icken und Handlungen. Vor diesem Hintergrund würden die unter dem Anmeldezeichen angebotenen beanspruchten Waren der Klassen 3, 5, 10 und 25 aus Sicht des Verbrauchers nicht (nur) der Vorbereitung von sexuellen Handlungen dienen. Auch müsse es möglich sein, die beanspruchten Leder-/Lederimitationswaren (Klasse 18), Bekleidungsstücke (Klasse 25) und Spielkarten (Klasse 28) unter dem Anmeldezeichen anzubieten, ohne dass das angesprochene Publikum hier gleich an sexuelle Handlungen denke. Die beanspruchten medialen Produkte der [X.] könnten nicht nur sexuelle Handlungen zum Inhalt haben, sondern beispielsweise auch Spielfilme, die sich mit dem Thema Liebe in allen Facetten beschäftigten. Aufgrund der Mehrdeutigkeit der angemeldeten Wortfolge sei auch nicht anzunehmen, dass die angesprochenen Verkehrskreise das Zeichen als rein beschreibende Angabe für die beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35, 38 und 41 auffassten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist unbegründet.

1. Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens "[X.] günstiger" als Marke steht in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen.

a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 f. - [X.]; [X.], 825, 826 Rdnr. 13 - [X.]; [X.], 850, 854 Rdnr. 18 - [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] - [X.]; a. a. [X.] - [X.]; [X.], 411 Rdnr. 8 - [X.]; 778, 779 Rdnr. 11 - [X.]; 949 f. Rdnr. 10 - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. [X.] GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 -SAT 2; [X.], 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.] - [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. [X.] GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - [X.]; [X.], 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; [X.], 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti [X.]; [X.], 417, 418 – [X.]; a. a. [X.] Rdnr. 19 - [X.]; [X.], 952, 953 Rdnr. 10 - [X.]) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.], 1043, 1044 - [X.]; [X.] GRUR 2003, 1050, 1051 - [X.]; a. a. [X.] - [X.]).

b) Hiervon ausgehend ist die Wortfolge "[X.] günstiger" nicht geeignet, als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen zu dienen, da sie sich in einem reinen Werbeslogan erschöpft.

aa) Die um Schutz nachsuchende Wortfolge "[X.] günstiger” setzt sich [X.] aus drei zum [X.] Sprachschatz gehörenden und daher allgemein verständlichen Wortelementen zusammen.

Die in der mündlichen Verhandlung übergebenen Recherchebelege des Senats (vgl. Anlagen zum Protokoll vom 19. Oktober 2011, [X.]. 40 - 61 [X.]) belegen, dass der Aufruf "[X.]" ein dem angesprochenen Publikum aus verschiedenen Zusammenhängen    geläufige   sloganartige   allgemeine   ([X.] ist, wie beispielsweise:

"[X.] billiger! Verhütungsmittel auf [X.] - mit Sicherheit billiger einkaufen" ([X.], [X.]. 42 [X.]);

- "Zum Valentinstag: [X.], aber sicher! Mit der Präventionskampagne "[X.]" gegen Aids" ([X.].presseportal.de..., [X.]. 43 [X.]);

- "[X.] - Liebt euch - reduzierte Versandkosten …" ([X.].brands4friends.de..., [X.]. 44 [X.]);

- "[X.] (mit [X.]) … Wie gewohnt bekommt Ihr alle Infos in Sachen [X.]" ([X.]4.unserding.de…, [X.]. 45/46 [X.]);

- "[X.] - [X.] - Album und [X.]-Single" ([X.], [X.].    48 [X.]);

- "liebt euch!" (für T-Shirts, [X.].supergiro.de …, [X.]. 49/50 [X.]);

- "[X.] der Woche: [X.] - Liebt euch, aber klärt euch auf" (Online-Artikel vom 26. März 2010, [X.], [X.]. 51 - 53 [X.]);

- "[X.] - Wir kümmern uns um den Rest - Unser Ziel ist die völlige Gleichstellung von Lebenspartnerschaft und Ehe!" (Veröffentlichung der [X.], [X.]. [X.], [X.]. 54 [X.]);

"Contra Heirat - [X.] einfach!" (Online-Artikel unter [X.].sueddeutsche.de..., [X.]. 55 - 58 [X.]).

Vergleichbar sind auch die folgenden benutzten Werbeslogans aus verschiedenen Branchen:

- "[X.] und werdet durstig" (Marke: Afri-Cola, Branche: Getränke; [X.].slogans.de …, [X.]. 60 [X.]);

- "Wer liebt, vertraut [X.] 53" (Marke: [X.] 53, Branche: Gesundheit/Pharma, [X.].slogans.de…, [X.]. 61 [X.]);

- "Sie liebt sie alle" (Marke: [X.] Serie, Branche: Kosmetik, [X.].slogans.de..., [X.]. 61 [X.]).

bb) Vor diesem Hintergrund wird die angemeldete Wortfolge "[X.] günstiger" von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres als reine Werbeaussage aufgefasst werden, nämlich, dass es sich um ein Angebot günstiger Waren und/oder Dienstleistungen rund um das Thema Liebe in allen ihren Facetten handelt, also nicht beschränkt auf die sexuelle Liebe. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers verlangt die gegenständliche Wortfolge vom Publikum daher kein Mindestmaß an [X.], auch weist sie keine Originalität oder Prägnanz auf. Soweit der Beschwerdeführer auf die verschiedenen Arten der Liebe zwischen Menschen und damit auf unterschiedliche Sinngehalte des Aufrufs "[X.]" hinweist, vermag eine solche begriffliche Vagheit bzw. Unbestimmtheit für sich allein eine Unterscheidungskraft nicht zu begründen ([X.] GRUR 2000, 882 Rdnr. 17 - Bücher für eine bessere Welt).

cc) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit das Anmeldezeichen die beanspruchten Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibt oder einen engen beschreibenden Bezug zu diesen aufweist. Denn bei der angemeldeten Wortfolge steht die anpreisende allgemeine Werbeaussage so stark im Vordergrund, dass der Gedanke fern liegt, es könnte sich überhaupt um einen betrieblichen Herkunftshinweis handeln ([X.] - [X.]). Diese eine Unterscheidungskraft ausschließende rechtliche Bewertung trifft auf sämtliche beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen zu. Im Übrigen begründet die bloße Tatsache, dass ein Slogan keine die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen unmittelbar beschreibende Bezeichnung darstellt, noch nicht seine Unterscheidungskraft, zumal Werbesprüche ohnehin in der Regel weniger konkret beschreibende Aussagen, sondern eher allgemeine Anpreisungen enthalten ([X.], 1042, 1043 - [X.] UND [X.]; a. a. [X.], 1045 - [X.]; GRUR 2002, 1070, 1072 - Bar jeder Vernunft; [X.] (pat) 26/07 - JA; [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 8 Rdnr. 144 m. w. N.).

dd) Zwar schließen sich im Rahmen der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Zeichen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] deren Werbewirkung einerseits und die Identifizierungsfunktion andererseits nicht gegenseitig aus. Vielmehr unterliegen schlagwortartige Wortkombinationen weder strengeren noch geringeren, sondern den gleichen Schutzvoraussetzungen wie andere Wortmarken. Die Tatsache allein, dass ein Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbeslogan wahrgenommen wird, reicht nicht aus, um die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen (vgl. [X.] GRUR 2010, 228 Rdnr. 44 - Vorsprung durch Technik). Ferner kann selbst dann, wenn ein Zeichen zugleich oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst wird, dessen Schutzfähigkeit in Betracht kommen, sofern es zugleich auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufgefasst wird (vgl. [X.] a. a. [X.] Rdnr. 45 - Vorsprung durch Technik). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, da das angesprochene Publikum in dem angemeldeten Slogan "[X.] günstiger" aus den oben genannten Gründen ausschließlich eine anpreisende Werbeaussage erkennen wird, hinter der eine behauptete [X.] völlig zurücktritt.

Es ist im Übrigen weder vorgetragen noch sonst feststellbar, dass es sich bei dem Anmeldezeichen - anders als bei der Wortfolge "Vorsprung durch Technik" - um einen bekannten Slogan handelt, der seit vielen Jahren vom Anmelder verwendet wird und sich deshalb u. U. als betrieblicher Herkunftshinweis eignen könnte (vgl. [X.] a. a. [X.] Rdnr. 59 - Vorsprung durch Technik).

ee) An diesem Ergebnis vermag der Umstand, dass eine Benutzung des Slogans "[X.] günstiger" in dieser konkreten Form in der Werbung bislang nicht feststellbar bzw. belegbar ist, nichts zu ändern. Denn auch Neubildungen oder bisher noch nicht verwendeten Kombinationen kann die Unterscheidungskraft fehlen, sofern sie sich - wie hier - in einer reinen Werbeaussage erschöpfen ([X.] GRUR 2004, 1027, 1029 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT).

c) Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] vorliegt, kann aus Sicht des Senats dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus für die fraglichen Waren und Dienstleistungen freihaltungsbedürftig gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ist.

Meta

29 W (pat) 550/10

19.10.2011

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.10.2011, Az. 29 W (pat) 550/10 (REWIS RS 2011, 2205)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2205

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