Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2006, Az. XI ZB 28/05

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 2557

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[X.] BESCHLUSS [X.] ZB 28/05 vom 18. Juli 2006 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.], [X.] [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] Dr. Schmitt am 18. Juli 2006 beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Be-schluss des 9. Zivilsenats des [X.] vom 31. August 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen. Der Gegenstandswert beträgt 192.500 •.
Gründe: [X.] Das [X.] hat die auf Rückabwicklung eines Darlehensver-trages gerichtete Klage abgewiesen. Über die Zustellung des Urteils an den Kläger liegt ein [X.] vor, das rechts weitgehend ne-ben der Unterschrift seines Prozessbevollmächtigten den [X.] "20. Mai 2005" trägt. Zu einem kleinen Teil überschneiden sich die 1 - 3 - Unterschrift und der [X.]. Die Berufung des [X.] ist am Dienstag, den 21. Juni 2005, bei Gericht eingegangen. Nach [X.] und gerichtlichem Hinweis auf das im [X.] angegebene Datum hat der [X.] des [X.] anwaltlich versichert, das Urteil des [X.]s sei ihm erst am 22. Mai 2005 zugestellt worden. Der Datumsstempel auf dem [X.] sei nicht in seinem Büro gesetzt worden. Die Überprüfung aller in seinem Büro befindlichen Stempel habe ergeben, dass sich dort kein Stempel mit der auf dem [X.] abge-bildeten Schriftart befinde. Das [X.] habe sein Büro oh-ne Datumsstempel verlassen. Er hat am 3. August 2005 Wiedereinset-zung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist [X.] und die Berufung innerhalb der verlängerten Begründungsfrist am 19. August 2005 begründet.
Mit Beschluss vom 31. August 2005 hat das [X.] die Berufung des [X.] als unzulässig verworfen und den Antrag auf [X.] in den vorigen Stand zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Berufung sei nicht fristgerecht eingelegt worden. Aufgrund des [X.]s auf dem [X.] sei von einer Zustellung des landgerichtlichen Urteils am 20. Mai 2005 auszugehen. Den ihm obliegenden Beweis für die Fristwah-rung habe der Kläger nicht erbracht. Der [X.] halte es für ausgeschlos-sen, dass der [X.] nachträglich auf der Post- oder Ge-schäftsstelle des [X.]s aufgebracht worden sei. Es erscheine auch unwahrscheinlich, dass der Prozessbevollmächtigte des [X.] das [X.] undatiert unterschrieben habe. Der Zweck ei-nes [X.]ses liege gerade in der Bestätigung eines be-2 - 4 - stimmten Zustelldatums. Soweit der Prozessbevollmächtigte des [X.] versichert habe, es gebe in seinem Büro keinen Stempel mit der fragli-chen Schriftart, könne der Stempel inzwischen verloren gegangen oder ausgesondert worden sein. Hinzu komme, dass der Beklagten das Urteil unstreitig ebenfalls am 20. Mai 2005 zugestellt worden sei. Der Prozess-bevollmächtigte des [X.] habe auch nicht dargelegt, wie er zu der Angabe komme, das Urteil sei erst am 22. Mai 2005 zugestellt worden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden, weil nicht auszuschließen sei, dass an dem Fristversäumnis ein dem Kläger gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden seines Prozess-bevollmächtigten mitgewirkt habe. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.].
I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. 3 1. Sie ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzu-lässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen ([X.], 42, 43; 151, 221, 223; 155, 21, 22; [X.] [X.]Z 159, 135, 137), sind erfüllt. Eine Entscheidung des [X.] ist zur Sicherung einer einheitli-chen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich, da die angefochtene Entscheidung, wie die Rechtsbeschwerde zu Recht gel-tend macht, das Verfahrensgrundrecht des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. 4 - 5 - 5 Art. 103 Abs. 1 GG gibt den Verfahrensbeteiligten ein Recht auf Äußerung zum gesamten Verfahrensstoff. Insbesondere zu Tatsachen und Beweismitteln, die das Gericht von Amts wegen in den Prozess ein-führt und die es bei seiner Entscheidung berücksichtigen will, hat es die Beteiligten zu hören ([X.] 70, 180, 189; 101, 106, 129). Dies ist hier nicht geschehen. Das [X.] hat in dem angefochtenen Be-schluss eine telefonisch eingeholte Auskunft der zuständigen Geschäfts-stelle des [X.]s verwertet, ohne sie den Parteien zuvor zur Kenntnis zu bringen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Es ist nicht auszuschließen, dass die Gewährung rechtlichen Gehörs zu einer anderen Entscheidung geführt hätte (vgl. hierzu [X.] 86, 133, 147; 89, 381, 392 f.), etwa weil der Kläger dann weiteren Beweis ange-treten hätte.
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. 6 a) Der angefochtene Beschluss beruht, wie dargelegt, auf einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). 7 b) Das [X.] hat ferner seine Hinweispflicht gemäß § 139 Abs. 1 ZPO verletzt. Es hätte den Kläger darauf hinweisen müs-sen, dass es die anwaltliche Versicherung seines Prozessbevollmächtig-ten zur Glaubhaftmachung der Rechtzeitigkeit der Berufung nicht für aus-reichend erachte, und ihm Gelegenheit geben müssen, Zeugenbeweis anzutreten (vgl. [X.], Beschlüsse vom 7. Dezember 1999 - [X.], [X.], 814 und vom 27. Mai 2003 - [X.], NJW 2003, 2460). 8 - 6 - c) Schließlich hat das [X.] die teilweise Überschnei-dung von Unterschrift und [X.] auf dem [X.] verfahrensfehlerhaft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 ZPO) nicht zum Anlass ge-nommen, ein Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, in welcher zeitlichen Reihenfolge Unterschrift und Stempel auf das [X.] gelangt sind. 9 3. Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben und die Sa-che zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). 10 [X.] [X.] Joeres
[X.] Schmitt Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 19.05.2005 - 2/23 O 340/04 - [X.], Entscheidung vom 31.08.2005 - 9 U 56/05 -

Meta

XI ZB 28/05

18.07.2006

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2006, Az. XI ZB 28/05 (REWIS RS 2006, 2557)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2557

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