Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2010, Az. VII ZR 50/09

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 9939

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[X.]BESCHLUSS [X.] ZR 50/09
vom 28. Januar 2010 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 28. Januar 2010 durch [X.] Dr. [X.], [X.] Kuffer, die Richterin [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Der Beschwerde der Beklagten wird stattgegeben. Das Urteil des 22. Zivilsenats des [X.] vom 20. Februar 2009 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Streitwert: 55.222,35 • Gründe: [X.] Die Beklagte wendet sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von [X.] und Abweisung ihrer Widerklage aus einem Vertrag über die Herstellung von drei Aufzugsanlagen. 1 Die Klägerin hat den Vertrag nach teilweiser Leistungserbringung aus Gründen, die zwischen den Parteien streitig sind, gekündigt. 2 - 3 - Sie verlangt Zahlung von Werklohn. Die Beklagte verlangt die Abweisung der [X.] und begehrt mit der Widerklage die Rückzahlung geleisteter Zahlungen mit der Begründung, sie habe den Vertrag wegen [X.]n der Beklagten wirksam gemäß § 123 Abs. 1 BGB angefochten. 3 4 Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Es hat die Ansicht vertreten, die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sei nicht innerhalb einer Frist von einem Jahr (§ 124 BGB) erfolgt. Nach eigenem Vortrag der Beklagten sei die [X.] aufgrund [X.] jedenfalls ab Februar 2007 allgemein bekannt gewesen. Die am 22. September 2008 (richtig: 2. Oktober 2008) erfolgte Anfechtung sei verspätet gewesen. Soweit die Beklagte dargelegt habe, erst kurz vor der [X.] erfahren zu haben, sei der Vortrag verspätet (§ 531 Abs. 2 ZPO). Die Beklagte habe sich erstinstanzlich auf die Anfechtung berufen, dabei habe es ersichtlich auch des [X.] bedurft. Darüberhinaus bestehe auch kein Anfechtungsgrund, weil ein Verstoß gegen kartellrechtliche Bestimmungen regelmäßig nicht zur Nichtigkeit des [X.] führe, sondern allenfalls zur Teilnichtigkeit der Preisvereinbarung. 5 I[X.] 1. Das Berufungsgericht hat, soweit es den Vortrag der Beklagten und den hierfür angebotenen Beweis, sie habe erst kurz vor der Erklärung der An-fechtung im Schriftsatz vom 2. Oktober 2008 vom [X.] erfahren, ge-mäß § 531 Abs. 2 ZPO als verspätet behandelt, den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. 6 - 4 - Mit diesem Vortrag ist die Beklagte der mit der [X.] ver-tretenen Auffassung der Klägerin entgegen getreten, die Anfechtung sei verspä-tet. Die Presseinformation, auf die die Beklagte Bezug nehme, stamme vom 7. Februar 2007 und die Beklagte habe selbst vorgetragen, diese Presseerklä-rung sei im Jahre 2007 allgemein bekannt gewesen. 7 8 Es ist schon nicht nachvollziehbar, dass das Berufungsgericht dieser Auffassung mit der Begründung folgt, die Beklagte habe sich bereits erstin-stanzlich auf die Anfechtung berufen, dabei bedürfe es ersichtlich auch des [X.]. Denn die Beklagte hat erstinstanzlich die Presseinformation in einem anderen Zusammenhang vorge-legt und nicht die Anfechtung erklärt, wie das Berufungsgericht in anderem [X.] auch zuvor feststellt. Selbst wenn erstinstanzlich die Anfechtung erklärt worden wäre, hätte es keines Vortrags zur Einhaltung der [X.] bedurft. Denn die Darlegungslast trägt insoweit der [X.] ([X.], Urteil vom 11. März 1992 - [X.]I ZR 291/90, NJW 1992, 2346, 2347). Bedenklich erscheint es dem Senat auch, den Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz dazu, das [X.] habe bei der Berechnung des [X.] die allgemein bekannte Preisabsprache übersehen, dahin auszule-gen, auch die Beklagte habe diese bereits mit Erscheinen der Pressemitteilung gekannt. 9 Jedenfalls hätte das Berufungsgericht den klarstellenden Vortrag, das sei nicht der Fall gewesen, nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückweisen dürfen. Denn dieser Vortrag war überhaupt erst durch die [X.] der Klägerin veranlasst, so dass der Beklagten keine Nachlässigkeit zur Last fällt. Die Zurückweisung des Vortrags der Beklagten findet im Gesetz keine Stütze 10 - 5 - und verletzt den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG. 11 2. Unter weiterem Verstoß gegen den Anspruch der Beklagten auf [X.] Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, hat das Berufungsgericht in der [X.] angenommen, es liege kein Anfechtungsgrund vor. Das Berufungsgericht hat sich in der Folge nicht mit der Anfechtung befasst, sondern lediglich mit der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts nach §§ 134, 138 BGB. Diese Ausführungen zeigen, dass es [X.] des Vortrags der Beklagten zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Darin liegt ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, denn die Anfechtung kann für die Entscheidung des Rechtsstreits von zentraler Be-deutung sein (vgl. [X.], NJW-RR 1995, 1033). 3. Der Gehörsverstoß kann entscheidungserheblich sein. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einer anderen Beurteilung ge-langt wäre, wenn es den Vortrag der Beklagten in der gebotenen Weise zur Kenntnis genommen hätte. Wurde die Beklagte zur Abgabe der [X.] (vgl. dazu [X.], Urteil vom 11. Juli 2001 - 1 StR 576/00, [X.]St 47, 83) bestimmt, unterliegt der [X.] gemäß § 123 Abs. 1 BGB. Ist die Anfechtung rechtzeitig erfolgt, stehen der Klägerin keine vertraglichen Ansprüche zu und die Beklagte kann gemäß § 812 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Zahlungen haben. 12 Eine rechtliche Würdigung, ob ein Anfechtungsgrund vorliegt, ist dem Senat nicht möglich, da es dazu an den erforderlichen Feststellungen fehlt. Das 13 - 6 - Berufungsurteil war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung zurückzuverweisen. [X.] Kuffer [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 02.07.2008 - 25 O 16/08 - [X.], Entscheidung vom 20.02.2009 - [X.]/08 -

Meta

VII ZR 50/09

28.01.2010

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.01.2010, Az. VII ZR 50/09 (REWIS RS 2010, 9939)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9939

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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