Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.12.2017, Az. I ZR 186/16

1. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 1214

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Verletzung des Schutzrechts des Filmherstellers: Haftung des Teilnehmers einer Internettauschbörse für ein Angebot zum Herunterladen von Dateifragmenten als Mittäter - Konferenz der Tiere


Leitsatz

Konferenz der Tiere

Der Teilnehmer einer Internettauschbörse, der Dateifragmente in der Tauschbörse zum Herunterladen anbietet, die einem urheberrechtlich geschützten Werk zuzuordnen sind, das im zeitlichen Zusammenhang mit der beanstandeten Handlung in der Tauschbörse zum Herunterladen bereit gehalten wird, haftet regelmäßig als Mittäter einer gemeinschaftlich mit den anderen Nutzern der Internettauschbörse begangenen Verletzung des Rechts zur öffentlichen Zugänglichmachung des Werks.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] ([X.]) vom 22. Juli 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin behauptet, Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Film "[X.]" zu sein. Dieser Film sei vom 22. bis zum 24. März 2011 über den dem Beklagten zuzuordnenden [X.]anschluss in einer Tauschbörse im [X.] zum Herunterladen angeboten worden.

2

Die Klägerin hat den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 6. April 2011 abgemahnt. Sie verlangt von dem Beklagten die Zahlung von Schadensersatz und Abmahnkosten.

3

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600 € betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 24. Mai 2013 zu zahlen,

2. den Beklagten zu verurteilen, an sie 506 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 24. Mai 2013 zu zahlen.

4

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

5

I. Das Berufungsgericht hat die mit der Klage verfolgten Ansprüche als unbegründet angesehen. Hierzu hat es ausgeführt:

6

Aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe sich nicht, dass über den [X.]anschluss des [X.]n eine lauffähige Version des Films oder eines Teils davon zum Herunterladen angeboten worden sei. Dies sei für die Geltendmachung von urheber- und leistungsschutzrechtlichen Ansprüchen jedoch erforderlich.

7

II. Die Revision der Klägerin hat Erfolg.

8

1. Gegen die Zulässigkeit der Berufung, die auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. [X.], Versäumnisurteil vom 30. März 2017 - [X.], [X.], 785 Rn. 12 mwN), bestehen mit Blick auf den 600 € übersteigenden Wert des [X.] (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) keine Bedenken. Dieser Wert beläuft sich allerdings - entgegen der erstinstanzlich erfolgten Festsetzung - nicht auf 1.106 €, sondern lediglich auf 1.083,23 €.

9

Bei der Berechnung der Beschwer sind die Abmahnkosten dem Wert des Schadensersatzanspruchs hinzuzurechnen, soweit sie nicht als Nebenforderung im Sinne des § 4 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO, sondern als Hauptforderung geltend gemacht werden. Soweit mit der Abmahnung ein im Streitfall nicht anhängig gemachter Unterlassungsanspruch verfolgt worden ist, beziehen sich die Kosten der Abmahnung auf einen Anspruch, der vom geltend gemachten Hauptanspruch unabhängig ist (vgl. [X.], Beschluss vom 17. Januar 2013 - [X.], [X.], 448 - [X.]; Urteil vom 12. Mai 2016 - [X.], [X.], 1275 Rn. 17 = [X.], 1525 - [X.]).

Das Amtsgericht hat die Klage wegen des Anspruchs auf Schadensersatz in einer Mindesthöhe von 600 € und der nach einem Gegenstandswert von 10.000 € berechneten Kosten der Abmahnung in Höhe von 506 € abgewiesen. Mit der Abmahnung hat die Klägerin einen gerichtlich nicht mehr anhängig gemachten Unterlassungsanspruch verfolgt und Zahlung eines auf 450 € bezifferten Schadensersatzes verlangt, so dass von den Abmahnkosten auf das Unterlassungsbegehren 95,5% von 506 €, mithin 483,23 € entfallen. In dieser Höhe stellen die Abmahnkosten neben dem Schadensersatzanspruch eine Hauptforderung dar.

2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit §§ 19a, 94 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht verneint werden.

a) In der Revisionsinstanz ist mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass die Klägerin Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Film "[X.]" ist, dieser Film urheberrechtsschutzfähig ist und der [X.] in dem von der Klägerin dargelegten Zeitraum über seinen [X.]anschluss dem genannten Film zuzuordnende Datenpakete zum Herunterladen angeboten hat.

b) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, eine Haftung des [X.]n nach § 97 Abs. 2 Satz 1 [X.] bestehe nicht.

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe sich nicht, dass über den [X.]anschluss des [X.]n eine lauffähige Version des Films oder eines Teils davon zum Herunterladen angeboten worden sei. Dies sei für die Geltendmachung von urheber- und leistungsschutzrechtlichen Ansprüchen jedoch erforderlich. Eine nur teilweise zur Verfügung gestellte Datei sei regelmäßig nicht lauffähig und konsumierbar, weshalb es sich nicht um eine Nutzung des geschützten Werks oder seiner Teile handele, sondern lediglich um "Datenmüll". Die Klägerin habe nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, dass diese [X.] zumindest auch im Sinne des § 11 [X.] nutzbare Werkteile enthielten. Dasselbe gelte für das Leistungsschutzrecht des [X.], weil dieser nicht in stärkerem Umfang geschützt werden könne als der Urheber des Films. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

bb) Nach § 97 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist, wer das [X.] oder ein anderes nach dem [X.]sgesetz geschütztes Recht widerrechtlich sowie vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Die Klägerin hat ihre Klage auf eine Verletzung ihrer ausschließlichen Verwertungsrechte gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 [X.] und damit auf ein nach dem [X.]sgesetz geschütztes Recht gestützt. Nach dieser Bestimmung hat der Filmhersteller das ausschließliche Recht, den Bildträger oder Bild- und Tonträger, auf den das Filmwerk aufgenommen ist, zu vervielfältigen, zu verbreiten und zur öffentlichen Vorführung, Funksendung oder öffentlichen Zugänglichmachung zu benutzen. Das Anbieten von Musikstücken oder Filmwerken mittels eines Filesharing-Programms in sogenannten "Peer-to-Peer"-Netzwerken im [X.] verletzt das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung des Leistungsschutzberechtigten (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Februar 2009 - [X.]/07, [X.]. 2009, [X.] = [X.], 579 Rn. 26 ff. - [X.]Tele2; Urteil vom 15. September 2016 - [X.]/14, [X.], 1146 Rn. 81 ff. = [X.], 1486 - [X.]/[X.]; [X.], Beschluss vom 19. April 2012 - [X.], [X.] 2012, 587 Rn. 32 f.; [X.], [X.], 1275 Rn. 22 - [X.]; [X.], Urteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 154/15, [X.], 386 Rn. 10 = [X.], 448 - Afterlife).

cc) Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche nicht verneint werden. Dies gilt einmal dann, wenn auch [X.] dem Leistungsschutzrecht des [X.] nach § 94 f. [X.] unterliegen (dazu nachfolgend [X.]] und [2]), jedenfalls aber deshalb, weil eine mittäterschaftliche Haftung des [X.]n für die öffentliche Zugänglichmachung des Gesamtwerks über die [X.]tauschbörse in Betracht kommt (dazu nachfolgend [X.] [3]).

(1) Nach Auffassung des Senats kann das angegriffene Urteil schon deshalb keinen Bestand haben, weil die Werkqualität der im Wege des Filesharing zum Herunterladen angebotenen Datenpakete im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 6 [X.] keine Voraussetzung für den Leistungsschutz des [X.] nach § 94 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist.

Hierauf stellt der Senat im Streitfall allerdings nicht entscheidend ab, weil er mit Beschluss vom 1. Juni 2017 ([X.], [X.], 895 [Vorlagefrage 1] = [X.], 1114 - Metall auf Metall III) dem [X.] die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat,

ob ein Eingriff in das ausschließliche Recht des [X.] zur Vervielfältigung seines Tonträgers aus Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/[X.] vorliegt, wenn seinem Tonträger kleinste Tonfetzen entnommen und auf einen anderen Tonträger übertragen werden,

und eine Antwort des Gerichtshofs noch nicht vorliegt. Die im Streitfall relevante Frage, ob [X.] dem Leistungsschutzrecht des [X.] gemäß Art. 3 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/[X.] unterfallen, kann nicht unabhängig von der Vorlagefrage beantwortet werden.

Nach Auffassung des erkennenden Senats ist Schutzgegenstand des Schutzrechts des [X.] nach §§ 94 f. [X.] die im Filmträger verkörperte organisatorische und wirtschaftliche Leistung des [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 22. Oktober 1992 - [X.], [X.]Z 120, 67, 70 - Filmhersteller; Urteil vom 20. Dezember 2007 - [X.], [X.]Z 175, 135 Rn. 16 - [X.]; [X.], [X.], 895 Rn. 18 - Metall auf Metall III; [X.] in Dreier/[X.], [X.], 5. Aufl., § 94 Rn. 20; [X.]/[X.] in [X.], [X.], 5. Aufl., § 94 [X.] Rn. 5). Danach ordnet § 94 [X.] ebenso wie das in § 85 Abs. 1 [X.] geregelte Schutzrecht des [X.] das Ergebnis eines besonderen unternehmerischen Aufwands mit den Mitteln eines Schutzrechts demjenigen zu, der den Aufwand als Unternehmer getätigt hat (vgl. [X.]Z 120, 67, 70 - Filmhersteller). Da der Filmhersteller diese unternehmerische Leistung für den gesamten Ton- oder Filmträger erbringt, gibt es keinen Teil des Ton- oder Filmträgers, auf den nicht ein Teil dieses Aufwands entfällt und der daher nicht geschützt ist. Mithin stellt nach Auffassung des Senats selbst die Entnahme kleinster Partikel einen Eingriff in die durch § 94 Abs. 1 Satz 1 [X.] geschützte Leistung des Filmträgerherstellers dar (vgl. [zu § 85 Abs. 1 Satz 1 [X.]] [X.], Urteil vom 20. November 2008 - [X.], [X.], 403 Rn. 14 = [X.], 308 - Metall auf Metall I; Urteil vom 11. Juni 2015 - [X.], [X.], 176 Rn. 27 = [X.], 57 - [X.]; Urteil vom 11. Juni 2015 - [X.], [X.], 184 Rn. 20 = [X.], 66 - [X.]I; [X.], [X.], 895 Rn. 18 - Metall auf Metall III).

Es stellt keinen Wertungswiderspruch dar, kleinsten Partikeln eines Film- oder Tonträgers Leistungsschutz zuzubilligen, während Teile eines Musikwerks nur dann [X.]sschutz genießen, wenn sie für sich genommen den urheberrechtlichen Schutzvoraussetzungen genügen (zum Schutz von Teilen eines Werks nach Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.] vgl. [X.], Urteil vom 16. Juli 2009 - [X.]/08, [X.]. 2009, [X.] = [X.], 1041 Rn. 39 - [X.]/[X.]). Die Unterschiede im Schutzumfang ergeben sich aus dem gänzlich unterschiedlichen Schutzgegenstand dieser Rechte. Während das verwandte Schutzrecht am Tonträger den Schutz der wirtschaftlichen, organisatorischen und technischen Leistung des [X.] zum Gegenstand hat, schützt das [X.] am Musikwerk die persönliche geistige Schöpfung des Komponisten ([X.], [X.], 403 Rn. 16 - Metall auf Metall I; [X.], 895 Rn. 19 - Metall auf Metall III).

(2) Diese Sichtweise steht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht in Widerspruch zu der zum Schutzrecht des [X.] nach § 85 [X.] ergangenen Entscheidung des [X.] vom 31. Mai 2016 ([X.] 142, 74).

Das [X.] hat ausgesprochen, dass die grundsätzliche Anerkennung eines Leistungsschutzrechts zugunsten des [X.] in § 85 Abs. 1 Satz 1 [X.], das den Schutz seiner wirtschaftlichen, organisatorischen und technischen Leistung zum Gegenstand hat, mit Blick auf das Grundrecht der Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich unbedenklich ist ([X.] 142, 74 Rn. 77). Es hat weiter ausgeführt, die Bejahung eines Eingriffs in das Recht des [X.] aus § 85 Abs. 1 Satz 1 [X.] schon bei der Entnahme einer nur kurzen Rhythmussequenz stelle für sich genommen noch keine ungerechtfertigte Beeinträchtigung der Kunstfreiheit dar ([X.] 142, 74 Rn. 93 ff.). Die Kunstfreiheit sei im Rahmen der Anwendung des Rechts auf freie Benutzung gemäß § 24 [X.] angemessen zu berücksichtigen ([X.] 142, 74 Rn. 95 ff.). Das [X.] hat zugleich klargestellt, dass der Schutz des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 GG die Lizenzpflichtigkeit solcher Nutzungshandlungen erfordert, die nicht von der Kunstfreiheit erfasst sind oder die aufgrund ihres Umfangs oder ihres zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhangs mit dem Originaltonträger für dessen Hersteller nicht hinnehmbare wirtschaftliche Risiken mit sich bringen ([X.] 142, 74 Rn. 108).

Diese für das Verhältnis von Eigentumsschutz und Kunstfreiheit maßgeblichen Erwägungen sind im Streitfall unabhängig davon nicht einschlägig, dass aufgrund des unionsrechtlichen Hintergrunds des dem Filmhersteller zustehenden Leistungsschutzrechts der öffentlichen Zugänglichmachung in Art. 3 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/[X.] ausschließlich Unionsgrundrechte zu prüfen sind, soweit die Richtlinie den Mitgliedstaaten keinen Umsetzungsspielraum überlässt, sondern zwingende Vorgaben macht (vgl. [X.] 142, 74 Rn. 115; [X.], [X.], 895 Rn. 42 ff. - Metall auf Metall III). Der [X.] vermag sich zur Rechtfertigung seiner Teilnahme an einer [X.]-[X.] nicht auf das Grundrecht der Kunstfreiheit zu berufen und beruft sich auch nicht darauf.

(3) Selbst wenn sich das Leistungsschutzrecht des [X.] gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht auf [X.] erstreckt, kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts eine Haftung des [X.]n im Streitfall nicht verneint werden. In Betracht kommt, dass der [X.] als Mittäter einer gemeinschaftlich mit den anderen Nutzern der [X.]tauschbörse begangenen Verletzung des Leistungsschutzrechts der Klägerin zur öffentlichen Zugänglichmachung des Films "[X.]" oder urheberrechtsschutzfähiger Teile hiervon haftet.

Die Frage, ob sich jemand als Täter, Mittäter, Anstifter oder Gehilfe in einer seine zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an einer deliktischen Handlung beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Grundsätzen. Täter ist danach, wer die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täterschaft begeht (§ 25 Abs. 1 StGB). Mittäterschaft (vgl. § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB) erfordert eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 25. April 2012 - [X.], [X.], 1279 Rn. 38 = [X.], 1517 - [X.]; Urteil vom 5. Februar 2015 - [X.], [X.], 485 Rn. 35 = [X.], 577 - Kinderhochstühle III; Urteil vom 14. Januar 2016 - [X.], [X.], 946 Rn. 40 = [X.], 958 - Freunde finden).

Der objektive Tatbeitrag des einzelnen Teilnehmers an einer [X.]tauschbörse liegt in der Bereitstellung von [X.]n, die gemeinsam mit weiteren von anderen Teilnehmern der [X.] bereitgestellten [X.]n auf dem Computer des herunterladenden Nutzers zur Gesamtdatei zusammengefügt werden können. Das Filesharing über sogenannte [X.] dient der Erlangung und Bereitstellung funktionsfähiger Dateien. Jeder Teilnehmer eröffnet anderen Teilnehmern des Netzwerks die Möglichkeit, von ihm heruntergeladene Dateien oder [X.] ihrerseits von seinem Computer herunterzuladen; der Download geht also mit dem Angebot zum Upload einher. Typischerweise bezieht ein Teilnehmer, der eine Datei herunterlädt, [X.] von vielen verschiedenen Teilnehmern. Jedes Dateifragment lässt sich anhand des sogenannten Hashwerts als zu einer bestimmten Gesamtdatei zugehörig identifizieren und hat eine Nummer, die seine Position in der [X.] kennzeichnet (vgl. zum Vorstehenden [X.]/Bärenfänger, [X.], 567 f.; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 279 f.). Die zum Herunterladen bereitgestellten [X.] sind somit - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - kein "Datenmüll", sondern individuell adressierte Datenpakete, die auf dem Computer des herunterladenden Nutzers zur Gesamtdatei zusammengefügt werden können. Aus der Funktionsweise des Peer-to-Peer-Netzwerks als arbeitsteiliges System folgt zugleich, dass den [X.] der Teilnehmer eine kumulative Wirkung zukommt und die Gesamtheit der im Netzwerk verfügbaren [X.] eine funktionsfähige Kopie der [X.] ergibt (vgl. [X.], Urteil vom 22. Juni 2011 - [X.], [X.], 1018 Rn. 61 = [X.], 1469 - Automobil-Onlinebörse; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 279, 282; [X.]/[X.], [X.], 169, 180). In der Revisionsinstanz ist mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der Klägerin zu unterstellen, dass im zeitlichen Zusammenhang mit dem vom [X.]anschluss des [X.]n vorgenommenen Angebot zum Herunterladen über die [X.] eine vollständige Version des Films "[X.]" oder eines urheberrechtsschutzfähigen Teils hiervon zum Herunterladen angeboten worden ist.

Das Bereitstellen von Dateien oder [X.]n über ein Peer-to-Peer-Netzwerk erfolgt regelmäßig im Rahmen eines bewussten und gewollten Zusammenwirkens der Teilnehmer. Dem steht nicht entgegen, dass die Teilnehmer der [X.]n anonym bleiben und nicht untereinander kommunizieren. Mittäterschaft kommt auch in Betracht, wenn die Beteiligten einander nicht kennen, sofern sich jeder bewusst ist, dass andere mitwirken und alle im bewussten und gewollten Zusammenwirken handeln (vgl. [X.], Urteil vom 12. November 2009 - 4 StR 275/09, [X.], 342 Rn. 14; [X.]/Weißer in [X.]/[X.], StGB, 29. Aufl., § 25 Rn. 72). Die Funktionsweise von [X.]tauschbörsen, die schon seit mehr als zehn Jahren Gegenstand der medialen Berichterstattung und der zivil- und strafrechtlichen Rechtsprechung sind, ist deren Teilnehmern regelmäßig jedenfalls insofern geläufig, als sie sich im Klaren darüber sind, nicht nur Dateien oder [X.] von den Computern anderer Teilnehmer auf ihren Computer herunterzuladen, sondern zugleich im [X.] anderen Nutzern das Herunterladen von Dateien oder [X.]n zu ermöglichen, um eine funktionsfähige Gesamtdatei zu erhalten. Auch wenn es an technischem Spezialwissen fehlt, ist den Teilnehmern einer [X.]tauschbörse regelmäßig bewusst, dass sie auf diese Weise im arbeitsteiligen Zusammenwirken mit anderen Teilnehmern des Netzwerks das Herunterladen vollständiger und funktionsfähiger Dateien ermöglichen. Sie wirken daher bei der öffentlichen Zugänglichmachung der Dateien mit den anderen Teilnehmern der [X.] bewusst und gewollt zusammen (vgl. [X.], [X.], 399 Rn. 18; [X.]/[X.], [X.]sverletzungen im [X.], Rn. 787 ff.; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 279, 283; [X.], Urteil vom 12. Februar 2014 - 308 O 227/13, juris Rn. 51; [X.], Urteil vom 20. Mai 2014 - 57 C 16445/13, juris Rn. 18; [X.]/Bärenfänger, [X.], 567, 570 f.). Dass es dem Teilnehmer einer [X.]tauschbörse in erster Linie darauf ankommen mag, selbst in den Genuss der heruntergeladenen Dateien zu gelangen, steht der Annahme vorsätzlichen Zusammenwirkens mit den anderen Teilnehmern nicht entgegen. Weiß er, dass im Rahmen der arbeitsteiligen Funktionsweise der [X.] die Bereitstellung der von ihm heruntergeladenen Dateien oder [X.] im Netzwerk eine notwendige Begleiterscheinung des Herunterladens auf den eigenen Computer ist, so nimmt er diese Folge seines Handelns mindestens billigend in Kauf. Dies reicht für die Annahme von Mittäterschaft aus (vgl. [X.]/Weißer in [X.]/[X.] aaO § 25 Rn. 99).

3. Aus den vorstehenden Gründen hat auch die Abweisung des Anspruchs auf Zahlung von Abmahnkosten gemäß § 97a [X.] in der Fassung vom 7. Juli 2008 keinen Bestand.

III. Eine Vorlage an den [X.] nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, [X.]. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - [X.]; Urteil vom 1. Oktober 2015 - [X.]/14, [X.]. 2015, 1152 Rn. 43 - [X.], mwN). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht zweifelsfrei zu beantworten ist.

IV. Danach ist das angegriffene Urteil aufzuheben und die Sache, da sie nicht zur Endentscheidung reif ist, zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Büscher     

      

Schaffert     

      

[X.]

      

Koch     

      

Feddersen     

      

Meta

I ZR 186/16

06.12.2017

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Frankenthal, 22. Juli 2016, Az: 6 S 22/15, Urteil

§ 4 Abs 1 ZPO, § 511 Abs 2 Nr 1 ZPO, § 2 Abs 1 Nr 6 UrhG, § 19a UrhG, § 85 Abs 1 S 2 UrhG, § 94 Abs 1 S 1 UrhG, § 97 Abs 2 S 1 UrhG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.12.2017, Az. I ZR 186/16 (REWIS RS 2017, 1214)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 416-417 REWIS RS 2017, 1214

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZR 186/16 (Bundesgerichtshof)


I ZR 15/16 (Bundesgerichtshof)

Bemessung des Gegenstandswerts: Unterlassungsanspruch wegen Urheberrechtsverletzung durch Angebot eines Films in einer Tauschbörse


I ZR 19/14 (Bundesgerichtshof)

Urheberrechtsverletzung durch Beteiligung an einer Internet-Musiktauschbörse: Nachweis der Inhaberschaft von Tonträgerherstellerrechten; Nachweis der öffentlichen Zugänglichmachung …


I ZR 7/14 (Bundesgerichtshof)

Urheberrechtsverletzung im Internet: Umfang der Aufsichtspflicht von Eltern eines minderjährigen Kindes hinsichtlich des Verbots der …


I ZR 1/15 (Bundesgerichtshof)

Urheberrechtsverletzung im Internet: Gegenstandswert eines urheberrechtlichen Unterlassungsanspruchs – Tannöd


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.